Lamborghini will Strom: CEO Winkelmann skeptisch gegenüber E-Fuels

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Lamborghini

Felix Katz
Felix Katz
  —  Lesedauer 6 min

Dass die EU beim Aus für Verbrennermotoren ab 2035 eine Ausnahme für E-Fuels beschlossen hat, dürfte gerade für Sportwagenhersteller wie Porsche, Ferrari und Co. interessant sein. Doch Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann steht der Thematik rund um synthetische Kraftstoffe noch eher skeptisch gegenüber. Es gäbe kein Grund, die Elektroauto-Produktstrategie zu ändern.

Der italienische Sportwagenhersteller Lamborghini beschleunigt seinen Nachhaltigkeitskurs mit konkreten Maßnahmen, die in wenigen Jahren zu einer Reduzierung von Emissionen führen sollen. Dazu zählt vor allem eine auf Elektromobilität ausgelegte Produktstrategie. Erst vor wenigen Tagen hat Lamborghini das neue Modell Revuelto präsentiert. Seines Zeichens Aventador-Nachfolger und erster Supersportwagen der Marke mit V12-Plug-in-Hybridantrieb. Er leistet bis zu 1015 PS und kombiniert einen 6,5 Liter großen Verbrenner mit drei Elektromotoren. Und der Benzinverbrauch? Dürfte Käufer vermutlich eher weniger interessieren. Sowieso dürften sich Sportwagenhersteller wie Porsche, Ferrari und Co. darüber freuen, dass die EU jüngst beschlossen hat, auch nach dem offiziellen Verbrenner-Aus im Jahr 2035 noch Fahrzeuge zuzulassen, die mit E-Fuels, also synthetischen Kraftstoffen, betrieben werden können.

Doch laut Automotive News Europe nimmt Lamborghini eine vorsichtige Haltung gegenüber E-Fuels ein. Zumindest soll sich der CEO Stephan Winkelmann bei der Präsentation des neuen PHEV-Supersportwagens am Firmensitz im italienischen Sant’Agata Bolognese eher skeptisch über synthetische Kraftstoffe geäußert haben, anders als die Konkurrenten Ferrari und Porsche, die die neue Verbrenner-Regelung begrüßen. Jedenfalls sehe der Vorstandsvorsitzende „noch keine Notwendigkeit, die Produktstrategie der Marke zu ändern“. Gleichwohl soll er mehr Klarheit über die zukünftigen Vorschriften gefordert haben. „Wir müssen wissen, wie der regulatorische Rahmen ab 2032 aussehen wird, wenn die Autos, die in diesem und im nächsten Jahr auf den Markt kommen, das Ende ihrer Lebensdauer erreichen“, sagte er laut Medienberichten. Zudem habe er hinzugefügt, dass Lamborghini angesichts des fünfjährigen Zeitrahmens für die Entwicklung neuer Produkte spätestens 2027 ein klares Bild haben muss, um sich auf den 2032 beginnenden Modellzyklus vorzubereiten.

Lamborghinis Zukunft: CEO Winkelmann zeigt sich skeptisch gegenüber E-Fuels
Die vierte Modellreihe von Lamborghini soll elektrisch werden – in Form eines 2+2-sitzigen Gran Turismo (2028) | Bild: Lamborghini

Lamborghinis Zukunft ist erst hybridisch, dann elektrisch

Nach dem Revuelto werde es sowohl für den Sportwagen Huracan als auch für den Geländewagen Urus hybridisierte Versionen geben, die bereits im Jahr 2024 auf den Markt kommen sollen. Darüber hinaus sollen 2028 und 2029 zwei vollelektrische Modelle folgen, ein E-SUV als Urus-Nachfolger und womöglich ein Zwei-plus-zwei-Sitzer in Form eines Grand Touring Coupés, wie das Onlineportal weiter berichtet. Die Zeitpunkte für die Markteinführung habe Lamborghini zwar noch nicht bekannt gegeben, aber beide Newcomer „werden Autos sein, die für den täglichen Gebrauch und nicht nur für Wochenendausflüge konzipiert sind“, so Winkelmann weiter.

Künftige Sportwagen, die die Nachfolge von Revuelto und Huracan antreten könnten, hätten andere Leistungsanforderungen und könnten durch die derzeitige Batterietechnologie begrenzt sein. Doch laut Winkelmann müsse man zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht über die genaue Spezifikation entscheiden. Man habe also noch Zeit, den Markt und den Fortschritt bei der Batterieentwicklung zu beobachten. Die nächste Generation von Lamborghini werde jedenfalls „leichter und leistungsfähiger“, heißt es weiter. „Lamborghini und andere Autohersteller brauchen nicht nur Klarheit über die Vorschriften, sondern auch Einheitlichkeit in den verschiedenen Regionen“, so Winkelmann. Ein Drittel der Lamborghini-Verkäufe entfallen auf Europa, aber auch Amerikas Automarkt bewegt sich in Richtung Nullemissionen, was neue Möglichkeiten und Märkte eröffnen könnte.

Die Energieminister der 27 EU-Mitgliedsstaaten haben kürzlich offiziell Regeln verabschiedet, wie die Autohersteller ihre CO2-Emissionen in den nächsten zwölf Jahren auf Netto-Null reduzieren müssen. Nach Verhandlungen erhielt Deutschland Bestimmungen darüber, wie besonders leistungsfähige Luxus- und Sportwagen dennoch nach 2025 zugelassen werden können, wenn sie ausschließlich mit E-Kraftstoffen betrieben werden. Andere Hersteller wie Porsche oder Ferrari zeigen sich hinsichtlich der erneuerbaren Kraftstoffe da schon etwas optimistischer. Die Zuffenhausener hab erst kürzlich ein E-Fuel-Pilotwerk in Chile in Betrieb genommen und fördern die Technologie aktiv. Und der Vorstandsvorsitzende von Ferrari, Benedetto Vigna, hat laut Automotive News Europe auf einer Veranstaltung von Reuters Newsmaker gesagt, dass „die Entscheidung der EU für uns sehr interessant ist, weil sie es ermöglicht, dass Verbrennungsmotoren über das Jahr 2036 hinaus eingesetzt werden können“. Im Vergleich zu Lamborghini hören sich diese Worte noch mehr danach an, dass der Verbrenner auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Sportwagenbau spielen dürfte.

Lamborghinis Zukunft: CEO Winkelmann zeigt sich skeptisch gegenüber E-Fuels
Porsche forscht bereits intensiv an E-Fuels. Hier zu sehen ist die Pilotanlage „Haru Oni“ in Chile | Bild: Porsche

„Mit E-Fuels betriebene Sportwagen könnten auf Ablehnung stoßen“

Carlos Tavares, CEO von Stellantis, soll hingegen gesagt haben, dass E-Kraftstoffe die EV-Strategie des Automobilherstellers nicht „signifikant“ ändern würden. Die Industrie müsse eben nachweisen, dass sie kohlenstoffneutral sind, und zwar sowohl in Bezug auf die Herstellung als auch im aktiven Fahrzeugbetrieb. So könnten leistungsstarke V12-Modelle wie der Revuelto auch nach 2035 noch auf den Markt kommen, wenn sie mit E-Kraftstoff betrieben werden können. Winkelmann ist jedoch der Meinung, dass E-Kraftstoffe, die idealerweise mit nachhaltigen Energiequellen hergestellt werden, eine Reihe von Problemen aufwerfen. Erstens würde ein begrenztes Angebot an E-Fuels zunächst der Schifffahrts- oder Luftfahrtindustrie zugutekommen, da batterieelektrischer Strom für Schiffe und Flugzeuge aufgrund des Gewichts im Allgemeinen unpraktisch ist. Zweitens mag synthetisches Benzin bei seiner Gewinnung CO2-neutral sein, aber Autos, die damit betrieben werden, produzieren immer noch Emissionen, darunter Feinstaub und Stickoxide (NOx).

„Um diese Emissionen zu reduzieren, müssen die umstrittenen Euro-7-Normen eingeführt werden“, sagt er. Doch ganz so einfach ist auch das nicht. Viele Automobilhersteller haben den Euro-7-Vorschlag kritisiert, weil er zusätzliche Investitionen in Verbrennungsmotoren bedeutet und damit Ressourcen von dem eigentlichen Ziel der vollelektrischen Autos ablenkt. Weitere Probleme im Zusammenhang mit E-Kraftstoffen sind mögliche Fahrverbote für Autos mit Verbrennungsmotoren in Städten – und gesellschaftlicher Druck. „In einer Ära der Elektrofahrzeuge könnten Sportwagen, die mit teuren E-Kraftstoffen betrieben werden, bei einer Mehrheit der Bevölkerung auf Ablehnung stoßen“, so der Lamborghini-Manager.

Ende 2021 sagte Winkelmann bereits: „In Sachen Nachhaltigkeit war Lamborghini bereits wegbereitend in der Automobilbranche, als das Thema von großen Unternehmen noch gar nicht oder nur teilweise angegangen wurde. Wir engagieren uns bereits seit 2009 mit einer Reihe von Programmen und Investitionen, die 2015 dazu führten, dass wir die Zertifizierung „CO2-neutral“ für das gesamte Werk erhielten. Und jetzt beschleunigen wir auf unserem Weg mit dem Ziel, Lamborghini von einem CO2-neutralen Werk zu einem vollständig CO2-neutralen Unternehmen nach einem ganzheitlichen Ansatz zu entwickeln, der Produkt, Werk, Logistik und Lieferkette einbezieht.“

Um eine noch nachhaltigere Zukunft zu gestalten, hat man sich bei Lamborghini bis 2030 zu einem ehrgeizigen Programm verpflichtet: Es nennt sich „Direzione Cor Tauri“, nach dem hellsten Stern im Sternbild Stier (Taurus) benannt, dem Symboltier der Marke. Dieser epochale Transformationsprozess werde durch die größte Investition in der Geschichte des Unternehmens – 1,5 Milliarden Euro über vier Jahre – vorangetrieben. Derzeit läuft es bei Lamborghini jedenfalls wie geschmiert, in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 haben die Italiener 7430 Autos verkauft, acht Prozent mehr als in der gleichen Periode des Vorjahres und damit so viele wie noch nie. Der Umsatz stieg dabei um stolze 30,1 Prozent auf 1,93 Milliarden Euro, der Gewinn gar um 68,5 Prozent auf 570 Millionen Euro.

Quellen: t3n – Lamborghini-Chef nicht überzeugt von E-Fuels / Automotive News Europe – Lamborghini Takes cautious stance on e-fuels / Auto Motor und Sport – Die vierte Baureihe wird ein Elektro-GT / Lamborghini – Pressemitteilung vom 18.05.2021

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Felix Katz

Felix Katz

Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.
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Markus Wolter:

Jeder, der 1+1 zusammenzählen kann, weiß natürlich, dass es eFuels für den Autoverkehr nur in vernachlässigbaren Mengen geben wird. Auch Porsche weiß das. Der Unterschied der Firmen besteht nur darin, wie man das den potentiellen Autokäufern darstellt. Das ist wie in der Politik. Es werden die gewählt, die die angenehmsten Geschichten erzählen und nicht die, die die Wähler mit der harten Realität konfrontieren. Man sieht das sehr gut an den aktuellen Umfragen zur e-Mobilität.

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