Wie Japans Autohersteller CO2-neutral werden wollen

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Patrick Solberg
Patrick Solberg
  —  Lesedauer 5 min

Auch die japanischen Autohersteller haben sich der Reduzierung ihrer CO₂-Emissionen verschrieben, wenn auch mitunter nicht ganz so ambitioniert wie die Wettbewerber aus Europa, China oder den USA, vor allem was die Elektrifizierung der Modellpaletten betrifft. Doch CO₂ lässt sich auch auf vielen anderen Wegen einsparen.

Toyota stellt sich breit auf

Wer an Toyota denkt, der kommt um das Thema Nachhaltigkeit nicht herum. Bis zum Jahre 2030 will der größte Autobauer der Welt den eigenen Ausstoß um 35 Prozent senken und spätestens 2050 komplett CO₂-neutral sein. Dabei geht es insbesondere nicht um die Fahrzeuge, denn anders als andere Marken setzt Toyota nicht allein auf Elektromotoren, sondern lässt auch Verbrennern weiter eine Chance. Langfristig sieht der Autobauer die Brennstoffzelle als Antriebsquelle Nummer eins.

Dabei geht es nicht allein um Brennstoffzellensysteme für Pkw, sondern auch Lastwagen, Busse und Stromgeneratoren. Der erforderliche Wasserstoff wird aktuell per Elektrolyse erzeugt. In Thailand laufen jedoch Versuche, Wasserstoff aus Viehdung herzustellen, wodurch Biogas entsteht. In Fukushima nutzt das Unternehmen die Wasserelektrolyse, um lokal sauberen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. In Zusammenarbeit mit Zulieferer Denso wurde eine Anlage entwickelt, die durch Einsatz von elektrischer Energie Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet.

Doch es geht auch kleiner. So speist eine 4000 Quadratmeter große Photovoltaikanlage auf dem Dach des Logistikzentrums Köln-Marsdorf die Deutschland-Zentrale mit grüner Energie. In den ersten 15 Monaten seit Inbetriebnahme haben die Solarpanels mehr Strom produziert, als das Unternehmen vor Ort benötigt. Mit einer Leistung von 750 Kilowatt-Peak hat das Solardach von August 2021 bis Oktober 2022 mehr als 900 Megawattstunden Strom erzeugt, benötigt wurden in dieser Zeit nur 816 MWh. Der überflüssige Strom kam ins öffentliche Stromnetz.

„Mit unserem großflächigen Solardach leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung: Die Sonnenenergie macht uns über lange Zeiträume nicht nur unabhängig und autark vom öffentlichen Stromnetz, sondern spart auch rund 415.000 Kilogramm CO₂ ein“, freut sich Andre Schmidt, Geschäftsführer von Toyota Deutschland. „Die regenerative Energieversorgung ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die Klimaneutralität, den Toyota in Deutschland genauso konsequent verfolgt wie weltweit.“

Mazda setzt auf erneuerbare Energien

Mazda will die eigenen Werke bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden lassen. Die gesamte Lieferkette inklusiv Produktion, Herstellung, Transport, Fahrzeugnutzung und Recycling soll bis 2050 folgen. Die Reduzierung soll durch weitreichende Maßnahmen in den Bereichen Energieeinsparung, Umstellung auf erneuerbare Energien und klimaneutrale Kraftstoffe für den innerbetrieblichen Transport gelingen. Große Potenziale versprechen hierbei die Verwendung von Niedrigtemperatur-Härtungslacken und die Optimierungen der Verarbeitungstechnologien.

Der Strom für eigene Werke kommt langfristig aus einer kohlenstofffreien Erzeugung durch erneuerbare Energien. Der innerbetriebliche Transport soll in Zusammenarbeit mit dem Hiroshima Council for Automotive Industry-Academia-Government Collaboration durch Biokraftstoffe der nächsten Generation erfolgen. Nachdem sich die einzelnen Umstellungen in den Stammwerken bewährt haben, soll dies auf die Produktionsstätten außerhalb von Japan ausgeweitet werden.

Nissan setzt auf Mitsubishi und Renault auf Weg zur Klimaneutralität

Nissan will ebenso bis zum Jahr 2050 CO₂-neutral unterwegs sein. Das soll nicht nur durch neue Elektromodelle im Systemverbund mit den Kooperationspartnern Mitsubishi und Renault gelingen, sondern insbesondere durch den sukzessiven Umstieg auf neue Akkutechnologien wie Festkörperbatterien, sondern auch eine nachhaltige Stromerzeugung bei eigenen Gebäuden und neue Produktionsanlagen. Durch das Projekt der Intelligent Factory Initiative will sich das japanische Unternehmen auf eine höhere Energie- und Materialeffizienz setzen.

„Wir sind entschlossen, zur Schaffung einer klimaneutralen Gesellschaft beizutragen und die globalen Bemühungen gegen den Klimawandel zu beschleunigen“, sagt Nissan-CEO Makoto Uchida, „wir werden unser Angebot an elektrifizierten Fahrzeugen weltweit weiter ausbauen und damit einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Nissan klimaneutral wird.“ Auf den Kernmärkten in Japan, den USA, China und Europa sollen bis Anfang der 2030er-Jahre alle neuen Nissan-Modelle elektrisch angetrieben werden. Zeitgleich hat es Nissan zur Aufgabe gemacht, die CO₂-Emissionen im Vergleich zu 2019 mindestens um 40 Prozent zu reduzieren.

Honda geht CO₂-Neutralität ebenfalls an

Ebenfalls bis zum Jahr 2050 will Honda CO₂-neutral unterwegs sein. Zehn Jahre zuvor plant der japanische Autobauer sein Modellportfolio rein auf Elektromodelle umzustellen. Um die Emissionen seiner nordamerikanischen Produktionsstätten zu senken, hat Honda langfristige Stromabnahmeverträge für erneuerbare Wind- und Solarenergie abgeschlossen, die mehr als 60 Prozent des von Honda in Nordamerika verbrauchten Stroms abdecken sollen. Auf diese Weise kann das Unternehmen den verbleibenden kohlenstoffintensiven Netzstrom, der in seinen Automobilwerken in Ohio, Indiana und Alabama verbraucht wird, vollständig ausgleichen. Honda fördert außerdem umweltbewusste Geschäftspraktiken bei seinen Zulieferern und Einzelhandelspartnern in ganz Nordamerika.

Am Standort in Offenbach hat Honda R&D Europe eine Produktionsanlage für grünen Wasserstoff entwickelt. Die Anlage nutzt überschüssige Solarenergie aus Photovoltaikanlagen, um im Elektrolyseverfahren grünen Wasserstoff zu erzeugen, indem die insgesamt 749 Kilowatt-Peak Solarenergie aus mehreren Photovoltaikanlagen, eine Speichereinheit aus Second-Life-Batterien, sowie bidirektionale Ladesysteme kombiniert. Wenn die Photovoltaikanlagen überschüssige Elektrizität zur Verfügung stellen, wird diese über das Elektrolyseverfahren in grünen Wasserstoff umgewandelt.

Suzuki will nachhaltig werden. Nur nicht ganz so schnell…

Bei Suzuki gibt es im Hinblick auf CO₂-Neutralität ein Problem: das Unternehmen ist zusammen mit Kooperationspartner Maruti besonders stark in Indien und hier ist es mit der Nachhaltigkeit noch nicht ganz so weit her. Daher will der japanische Autobauer in Japan und Europa zwar bis 2050 CO₂-neutral sein; in Indien jedoch erst im Jahr 2070. Daran ändert auch die sogenannte „Smart Factory Creation“ nichts, die die Produktion im Jahr 2030 darstellen soll. Durch die Kombination von Suzukis Fertigungsprinzip „Sho-Sho-Kei-Tan-Bi“ (kleiner, weniger, leichter, kürzer, schöner) mit einer zunehmenden Digitalisierung soll der Fluss von Daten, Dingen und Energie optimiert werden, um kohlenstoffneutral zu werden.

Im größten Werk Kosai reduzieren sich die Emissionen der Lackieranlagen durch die Erneuerung der Lackieranlagen um 30 Prozent. Die dortige Fertigung produziert außerdem grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, einschließlich der Erzeugung von Solarstrom. Im Motorradwerk Hamamatsu soll der Energieverbrauch durch die Umstellung auf erneuerbare Energien so reduziert werden, dass es bis Anfang 2028 karbonneutral wird, während das indische Pkw-Angebot auf Biogas-Modelle umgestellt werden soll.

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Stefan S.:

Kein schlechter Artikel, nur fehlt mir leider ein Aspekt, bei dem die Japaner absolut führend sind, und der mir vielversprechender erscheint, als Autohersteller einen großen SUV einfach durch einen neuen E-SUV in der eigenen Sortimentspalette zu ersetzen. Ich rede von Nachrüstung von Verbrennern hin zu E-Autos. Das spart Geld für die Verbraucher, ist allemal umweltfreundlicher als ganz neue Autos zu produzieren, und man muss auch keine 10 Monate oder mehr für ein neues Auto warten.
Ich glaube nicht, dass ich hier andere Artikel verlinken darf, aber einfach mal „japan ev convert“ oder „ガソリン車→EV“ (für japanischsprachige Artikel zu dem Thema) googlen, da findet sich mehr als genug Material dazu. In diesem Aspekt ist Japan allemal nachhaltiger, als z.B. unsere deutschen Autokonzerne, die meiner Meinung nach mehr darauf aus sind, aus dem Trend zu EV gierigerweise finanziellen Profit zu schlagen, anstatt wirklich auf echte Klimaneutralität hinzuarbeiten (welche sich eben mit umgerüsteten Verbrennern besser erreichen lässt als mit einem EV-Neukauf).

egon_meier:

Das hat mit „deutschem Wege“ nichts zu tun – das ist ein Trend in allen Industriestaaten (außer Japan .. )

und komisch .. wenn die Japaner nix tun ist es Geniestreich – wenn die deutschen Unternehmen langsamer als Tesla sind, dann sie sie Versagen ..

das verstehe noch jemand.

Johannes:

Genau das müssen Manager können, in die Zukunft schauen mithilfe eine gewissen Vorstellungskraft.
Ist eine kritische Masse überschritten, ist Verbrennerfahren ungefähr so angesagt wie sich im Restaurant eine Zigarette anzustecken. Außerdem ist es jetzt im Lebenszyklus schon teurer fossil statt elektrisch unterwegs zu sein. In naher Zukunft wird das auch für die Anschaffungskosten gelten.

Wer in dieser Situation dann noch kein elektrisches Modellportfolio hat, macht den Kodak.

Hanno:

Vielleicht springen die Japaner ja aus sehr guten Gründen nicht hier so auf. Aufspringen auf technische Trends und Chancen ja -aber eben auch d.h wissen wo mehr und wo weniger gerade richtig sind. Ich halte auch hier die Japaner – genau richtig, für smarter als die deutschen „Weltretter“. Am deutschen Wege soll/ muss die Welt genesen???

Marc:

Das würde ich auch ganz gerne wissen. Was hier vorgestellt wurde, ist absoluter Standard und wird nicht hinreichen, ambitionierte Ziele zu erfüllen. Mir ist auch gar nicht richtig klar, warum die Japaner, die bisher jeden technischen Trend aufnehmen, beim Thema Elektromobilität offenbar die Chancen nicht verstanden haben.

Ein Elektroauto ist ein sehr unkomplexes Fahrzeug. Es hat, einfach gesprochen, nur den Motor und den Akku. Tendenziell werden sich sogar die Bremsanlagen zurück entwickeln, Getriebe braucht man nicht, keine Kupplungen und keine Kardanwellen. Ebenso benötigt man keine teuren Einspritzsysteme und Abgasreinigungen. Vor allen Dingen ist ein Elektroauto ein sehr sparsames Fahrzeug, wenn es um den Verbrauch von Energie geht.

Wenn ich auf die deutschen Hersteller schiele, hatten sich besonders Leute, die gar kein deutsches Premiumauto fahren, große Gedanken gemacht, warum man im Elektrozeitalter noch einen Mercedes benötigt. Indessen weiß man, die Markenwerte gelten auch im Elektrozeitalter. Vielmehr hilft es, Erfahrung bei Premium-Fertigungsqualität zu haben, weil im leisen Elektroauto Störungen noch mehr auffallen. Das alles könnte auch für die Japaner sprechen, denn die Qualität war immer gut. Zudem sind sie wahre Spezialisten im Großserienbau.

So wird VW anscheinend nach vorne gezwungen. Dabei wollen sie ja gar nicht. Aber alle anderen scheinen es nicht eilig zu haben.

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