Neue Gigafactory: Wird Porsche bald zum eigenen Batterie-Hersteller?

Cover Image for Neue Gigafactory: Wird Porsche bald zum eigenen Batterie-Hersteller?
Copyright ©

Porsche

Felix Katz
Felix Katz
  —  Lesedauer 6 min

Die Batteriezelle ist der Brennraum der Zukunft – diese kommt allerdings zumeist von Zulieferern aus Fernost. Um Unabhängigkeit zu erlangen, arbeiten die Autohersteller mit Hochdruck an eigenen Lösungen, darunter auch der Sportwagenbauer Porsche. Nun werden neue Pläne bekannt, eine Gigafabrik in Nordamerika bauen zu wollen.

Die Entwicklung und Produktion von E-Auto-Akkus ist bisher fest in asiatischer Hand. Industrie und Politik wollen das ändern – und zwar schon lange. So gab Sportwagenhersteller Porsche bereits vor zwei Jahren bekannt, mit dem Joint-Venture-Partner Customcells in die Fertigung von Hochleistungs-Batteriezellen einzusteigen. An den Plänen hat sich inzwischen zwar nichts geändert, an den Rahmenbedingungen hingegen schon. Die bereits vor längerem geplante Batteriefabrik ist aktuell im Bau und wird im Industriegebiet Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt ab voraussichtlich 2024 ihre Produktion beginnen.

Damals war noch die Rede von einer Kapazität um die 100 MWh pro Jahr, welche nur für etwa 1000 Fahrzeuge gereicht hätte. Viel zu wenig, denn die Anforderungen sind inzwischen stark gestiegen, auch mit Hinblick auf neue geplante Elektromodelle. Zudem seien die Kapazitäten am Standort laut einem Bericht der Automobilwoche auf 1,3 Gigawattstunden begrenzt und würden für weitere Pläne nicht ausreichen.

Wird Porsche bald zum eigenen Batterie-Hersteller?
Die Chemie der in Reutlingen gefertigten Hochleistungszellen setzt auf Silizium als Anoden-Material und bietet viel Potenzial | Bild: Porsche

Hochleistungsbatterien mit Siliziumanoden

Nichtsdestotrotz habe die dort entwickelte Zelle großes Potenzial. Die Chemie setzt auf Silizium als Anoden-Material. Damit sei es möglich, die Energiedichte gegenüber aktuellen Serienbatterien erheblich zu steigern. Die Batterie kann bei gleichem Energieinhalt kompakter ausfallen. Die neue Chemie verringert zudem den Innenwiderstand der Batterie. Dadurch könne diese mehr Energie bei der Rekuperation aufnehmen und sei zugleich beim Schnellladen leistungsfähiger. Eine weitere Besonderheit der Cellforce-Batteriezelle: Sie soll hohe Temperaturen besser vertragen. Dies alles sind vor allem im Motorsport hoch geschätzte Eigenschaften.

Andererseits verlangt die Rennstrecke nicht unbedingt, dass die Batterie auch bei Minusgraden funktioniert und jahrelang über viele Ladezyklen hinweg stabil bleibt – Ziele, die die neue Zelltechnologie ebenfalls gewährleisten soll. „Bis heute kann man die Technik, die den Kern unserer Hochleistungssportwagen ausmacht, nicht zukaufen. Wir entwickeln sie selbst“, sagte damals  Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner. Daher sei es nur logisch, dass Porsche die Schlüsseltechnologie der Zukunft, die Batteriezelle, selbst entwickelt und baut. Wo genau die Hochleistungszellen aus dem Werk bei Tübingen eingesetzt werden, ist noch nicht offiziell. „Am Rande der Präsentation des neuen Hypercar-Konzepts Mission X war zu hören, dass die Batterie nicht unbedingt aus dem Joint-Venture stamme, aber ‚einen vergleichbaren Hintergrund‘ habe“, so Auto Motor und Sport.

Wird Porsche bald zum eigenen Batterie-Hersteller?
Trotz neuer Pläne in Amerika hält Porsche am Standort Deutschland fest: So soll die Cellforce-Batteriefabrik in Reutlingen nach Fertigstellung aussehen | Bild: Porsche

Europa als Standort neuer Gigafactory zu teuer

Um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden, denkt Porsche laut Automobilwoche nun also über eine neue Gigafactory nach. Bei einer Telefonkonferenz zu den Halbjahreszahlen hätten CEO Oliver Blume und Finanzchef Lutz Meschke die Pläne nun konkretisiert. Inzwischen stünden Kapazitäten für Hochleistungszellen von bis zu 20 GWh im Raum, was für 180.000 bis 200.000 Elektroautos ausreichen würde. Aufgrund dieser gestiegenen Menge wäre zum Beispiel denkbar, dass Porsche die Akkus für den neuen Elektro-Cayman und -Boxster einsetzen möchte. Beide E-Sportler sollen ab 2025 auf unseren Straßen stromern.

Eine eigene Gigafactory in Nordamerika wäre für Porsche ein großer Schritt. Laut Informationen des Branchenmagazins sucht die Porsche-eigene Batteriegesellschaft Cellforce nun Investoren, die sich am Aufbau der neuen Gigafactroy in Amerika beteiligen sollen. Immerhin seien für das neue Werk bereits Kosten von rund zwei bis drei Milliarden Euro eingeplant.

„Eine solche Investition könne nur mit starken Partnern gestemmt werden. Entscheidend für den Standort seien niedrige Energiekosten, heißt es bei der FAZ. „Wenn der Strompreis um nur einen Cent niedriger sei, bedeute das für die energieintensive Zellproduktion geringere Kosten von 100 Millionen Euro im Jahr“, zitiert die Zeitung Meschkes Rechnung. Fakt ist: Mit seinen hohen Energiepreisen sei Deutschland im Nachteil gegenüber Ländern wie Amerika. Dort locken überdies hohe Fördermittel durch das Subventionsprogramm „Inflation Reduction Act“. Auch VW habe davon schon profitiert.„In Nordamerika sind die Energiekosten deutlich niedriger, auch gibt es weniger Bürokratie, Entscheidungen werden schneller getroffen“, betonte Blume. Neben den USA gilt auch Kanada als aussichtsreicher Kandidat. Man halte weiterhin zu Deutschland und habe mit Cellforce in Baden-Württemberg investiert. „Aber am Ende muss es eine positive Kalkulation sein“, so Meschke weiter im Bericht der Automobilwoche.

Wird Porsche bald zum eigenen Batterie-Hersteller?
„In Nordamerika sind die Energiekosten deutlich niedriger, auch gibt es weniger Bürokratie, Entscheidungen werden schneller getroffen“, so Porsche- und VW-Vorstand Blume | Bild: Porsche

Customcells hat sich aus Joint Venture zurückgezogen

Cellforce ist überdies kein Gemeinschaftsunternehmen mehr. Der Joint-Venture-Partner Customcells hat sich vor kurzem aus dem Unternehmen zurückgezogen. Die Porsche AG hat die Anteile der Customcells Holding GmbH übernommen und ist seit Mitte Mai Alleineigentümer der Cellforce Group. Genannte Gründe sind die Vervielfachung der geplanten Fertigungskapazitäten und die dafür notwendigen Investitionen. Was den Standort Reutlingen angeht, muss dem Porsche laut Manager Magazin noch über eine Milliarde Euro in die Zellfabrik investieren. Die Produktion selbst soll in sehr kleinen Volumina kommendes Frühjahr starten, die Massenfertigung in zwei bis drei Jahren beginnen. Getrennte Wege würden Customcells und Porsche allerdings dennoch nicht gehen. „Über ihren Venture Capital-Arm bleibt die Porsche AG als Gesellschafter bei Customcells engagiert“, werden die Zuffenhausener zitiert. 

Porsche will bis Ende des Jahrzehnts mehr als 80 Prozent seiner Fahrzeuge mit vollelektrischem Antrieb ausliefern. Verglichen mit den Verkaufszahlen von 2022, in dem die Zuffenhausener fast 310.000 Fahrzeuge verkauft haben, wären 80 Prozent davon 248.000 Stück – also eine ganze Menge. Das klingt etwas weit hergeholt, da die Produktion des bislang einzigen reinen E-Modells bereits ins Stocken geraten ist. Wegen Lieferkettenproblemen sei die Produktion des Taycan um knapp fünf Prozent auf 17.991 Stück weiter abgesackt, berichtet die FAZ. Da auch bei Porsche die Verbrenner weiterhin das Geld in die Kassen spülen, stieg der Gewinn von Porsche trotzdem um knapp elf Prozent auf 3,9 Milliarden Euro, die Umsatzrendite erreichte knapp 19 Prozent.

Quellen: Automobilwoche – Porsche favorisiert für Gigafabrik Nordamerika / Auto Motor und Sport – Wird Porsche zum Batterie-Zell-Hersteller? / FAZ – Porsche sucht neue Investoren für Zellfabriken

worthy pixel img
Felix Katz

Felix Katz

Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Marc:

Das stimmt, die Größe war auch nicht bezogen nur auf den Luxusbereich.

Dark Erebos:

Porsche ist mit Abstand der größte Hersteller im Luxusbereich.

Marc:

Man muss schon sehr staunen über Porsche. Als eher kleiner Hersteller im Luxusbereich hätte man gut verstanden, wenn man behutsam elektrifiziert und dafür gute Zellen zukauft. Aber man ist schon mitten in einem nicht-umkehrbaren Prozess, alle verkaufsstarken Baureihen als Elektrofahrzeug zu bringen. Zeitgleich will man die Zellen selber bauen und gab unlängst Statements gegen den Diesel ab. Und es wird verdächtig oft -ohne gefragt worden zu sein- geantwortet, niemand hat die Absicht, den 911 zu elektrifizieren…Da könnte man fast glauben, die Grünen haben Porsche gekauft.

Marc:

Nein, das bedeutet es nur, wenn die Bezugsgrundlage die kWh ist. Aber davon steht da nichts, das hast du angenommen.

Marius:

Steffen hat schon recht; es geht darum, dass man pro Jahr 100 Mio € spart, wenn die kWh nur 1 ct günstiger wäre. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Fabrik 10 TWh im Jahr verbraucht, oder 27,4 GWh pro Tag.

Philipp:

Vielleicht hat sich der Text ja geändert, aber von TWh finde ich nichts.
Zudem ist nicht der Stromverbrauch gemeint, sondern die Summe der produzierenden Batterien gemeint, gemessen in als Summe deren Energiespeicherfähigkeit. Wenn man 10GWh im Jahr fertigt, kann man 100.000 x 100kWh Batterien fertigen, also Batterien für 100.000 Fahrzeuge.

Steffen:

Eine Fabrik soll 10 TWh verbrauchen, im Jahr?!
Wer den Quatsch glaubt……
100 Millionen und ein Cent wären eben diese Menge….

Ähnliche Artikel

Cover Image for Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Neuen Klasse startet BMW ab Ende 2025 in eine neue Ära des rein elektrischen Fahrens. Eine entscheidende Komponente: die Batterien.

Cover Image for Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Michael Neißendorfer  —  

Der Ioniq 6 N soll den Erfolg des Ioniq 5 N fortsetzen und integriert Technologien aus dem Motorsport in ein alltagstaugliches E-Auto.

Cover Image for BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

Michael Neißendorfer  —  

Ohne das starke Absatzplus der elektrifizierten Fahrzeuge wäre das Minus bei BMW deutlich schmerzhafter ausgefallen.

Cover Image for Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Michael Neißendorfer  —  

Weltweit steigt der Anteil von E-Autos an Neuwagenverkäufen von 20 auf 25 Prozent, trotz Wachstumsschwäche in wichtigen Märkten.

Cover Image for Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Michael Neißendorfer  —  

Mit dem EV5 bringt Kia ein weiteres E-Auto in das beliebte Kompakt-SUV-Segment, die größte und am schnellsten wachsende Fahrzeugklasse in Europa.

Cover Image for Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Wolfgang Plank  —  

Erfreulich gegen den Trend ist der Mazda 6e in Sachen Karosserie unterwegs. Leider muss man sagen aber auch bei der Ladeleistung.