Volkswagen: „Wir wollen führend sein in der Zelltechnologie“

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Volkswagen

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Der Volkswagen-Konzern setzt voll auf den Elektroantrieb. Der Konzernvorstand Technik der Volkswagen AG und CEO der Volkswagen Group Components Thomas Schmall verantwortet mit den Bereichen Batterie, Ladeinfrastruktur und Fahrzeugkomponenten wesentliche Teile dieser Aufgabe, einen der größten Automobilhersteller der Welt zu transformieren. In einem Beitrag im Porsche Consulting Magazin gewähren Schmall und VW einige detaillierte Einblicke in dieses Unterfangen.

Der eigenständig organisierte Geschäftsbereich Volkswagen Group Components gilt mit weltweit 75.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an 45 Standorten als ein Kernelement des Konzerns. Der intern schlicht „Komponente“ genannte Bereich fertigt neben klassischen Fahrzeugteilen wie Getriebe, Motoren und Gussrohteilen nun auch einiges, was für das Zeitalter der Elektromobilität wichtig ist, wie etwa Batteriesysteme und Antriebe für E‑Fahrzeuge, und gestaltet zudem weitere Zukunftsthemen wie etwa die Ladeinfrastruktur und die Einbindung von Elektroautos ins Stromnetz.

Einer der aktuell wichtigsten Bereiche sei dem Bericht zufolge die Gesamtverantwortung für das neue Geschäftsfeld Batterie entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die in einen Rohstoffkreislauf münden soll: Von der Rohstoffverarbeitung angefangen, über die Entwicklung und Fertigung eines einheitlichen Zellformats bis hin zur Steuerung der sechs geplanten europäischen Gigafabriken sowie zu Geschäftsmodellen für ausgediente Fahrzeugbatterien und Recycling.

Technikvorstand Thomas Schmall sagt, dass der Konzern „lieber voll auf die neuen Themen“ setzt, „als tatenlos abzuwarten, wie lange man mit den alten noch überleben kann“. Die Elektromobilität sei für Volkswagen die Zukunft des Automobils und eine Fahrt ohne Wendemöglichkeit, die keinesfalls scheitern dürfe. Die Transformation innerhalb des Geschäftsbereichs Komponente erfordere radikale Veränderungen: Es gelte, neues Know-how und neue Geschäftsfelder aufzubauen, die internationalen Werke schrittweise umzustellen und effizient zu vernetzen, die Belegschaften neu einzuschwören und umzuqualifizieren für die E‑Welt. Im Jahr 2025 soll gut die Hälfte der Komponente-Mitarbeiter in der E‑Mobilität eingesetzt sein, so Schmall.

„Die Einheitszelle wird technologisch State of the Art sein“

Künftig will VW bei seinen Elektroautos deutlich mehr Teile selbst produzieren als bislang, wie Schmall erklärt: „Bei den aktuellen E‑Modellen deckt unsere Eigenfertigung rund 40 Prozent der Wertschöpfung ab. Mit der Batteriezelle kommt künftig noch das wertvollste Bauteil des E‑Autos hinzu.“ Aktuell macht der Akku eines E-Autos gut ein Drittel der Wertschöpfung aus. Ein wichtiger Teil der Strategie ist Volkswagens Plattformgedanke, also möglichst viele Fahrzeuge auf einer Architektur entstehen zu lassen, welche bei VW Modularer E‑Antriebsbaukasten (MEB) genannt wird. Bis 2030 will der Konzern insgesamt rund 26 Millionen E‑Autos produzieren, einen Großteil davon auf MEB-Basis, welche vor allem von den Volumenmarken Volkswagen, Škoda, Seat und Cupra genutzt wird. Auch Dritte können den Baukasten nutzen: Ford entwickelt derzeit ein rein elektrisches Modell auf MEB-Basis im Fiesta-Format, weitere MEB-Ford sollen folgen.

Als nächsten Schritt peilt Volkswagen einen konzernweit einheitlichen Baukasten an, welcher ab 2026 die bestehenden E‑Auto-Plattformen – neben dem MEB auch die PPE-Plattform des Premium-Segments von Audi und Porsche – ablösen soll. Sie wird Scalable Systems Platform (SSP) genannt und hole beim Thema Effizienz das Maximum heraus, da sich jede Marke etwa bei den E‑Modulen bedienen kann.

In Sachen Batteriezellen dominieren aktuell asiatische Anbieter, was VW allerdings bald ändern will: „Wir wollen führend sein in der Zelltechnologie“, sagt Schmall. Um dies zu erreichen ist der Ansatz der Wolfsburger, nicht mehr wie aktuell üblich die Batterie ins Fahrzeug hinein zu entwickeln, sondern das Fahrzeug von Anfang an um die Batterie herum zu designen. So könne ein einheitliches Batterieformat entwickelt werden, welches kosteneffizient produziert werden kann. „Die Einheitszelle wird technologisch State of the Art sein“, kündigt Schmall an. Mit der neuen Zelle, die ab 2025 gefertigt werden soll, sollen in Zukunft 80 Prozent aller Fahrzeuge aus dem VW-Konzern bestückt werden können.

„Die Feststoffzelle wird ein echter Quantensprung sein“

Etwas später will Volkswagen den nächsten technologischen Schritt gehen und ab spätestens 2026 Pilotanlagen für Feststoffzellen in Betrieb nehmen. Feststoffzellen versprechen im Vergleich zur aktuellen Technologie weniger Gewicht, mehr Reichweite, kürzere Ladezeit und eine höhere Sicherheit. „Sie wird ein echter Quantensprung zu dem, was wir heute als Batterie kennen“, sagt Schmall. Im Wettbewerb mit anderen Autohersteller werde es „entscheidend“ sein, wer sie als erster in Serie bringen kann. Volkswagen arbeitet bei der Entwicklung der neuen Batterietechnologie eng mit dem US-amerikanischen Unternehmen QuantumScape zusammen.

Wir sind gut beraten, Technologiepartner an Bord zu holen und mit ihnen den Transformationsprozess zu gestalten“, sagt Schmall über Kooperationen dieser Art. Und davon ist VW schon mehrere eingegangen: Etwa mit dem schwedischen Unternehmen Northvolt AB und dem chinesischen Unternehmen Gotion für die Entwicklung und Produktion von Batteriezellen. Oder mit Umicore, 24M Technologies und Vulcan Energy, um die Industrialisierung der Batterietechnologie und die Großserienproduktion von nachhaltigeren und innovativen Batterien voranzutreiben. Auch mit dem Zulieferer Bosch arbeitet VW zusammen, um Fertigungsprozesse für Batteriezellen zu industrialisieren. Mit Maßnahmen und Partnern wie diesen will der Konzern es schaffen, bis zum Jahr 2030 allein in Europa sechs neue Gigafabriken zur Zellfertigung mit einer Produktionskapazität von 240 Gigawattstunden pro Jahr zu errichten. Das soll ausreichen, um bis zu vier Millionen Elektroautos pro Jahr mit Batterien auszustatten.

Und auch in Sachen Vehicle-to-Grid (V2G) will Volkswagen aktiv werden. Werden Elektroautos als mobile Stromspeicher genutzt und zu einer Art riesigen Schwarmspeicher intelligent vernetzt, können sie z.B. tagsüber erzeugte Solarenergie oder Nachts erzeuge Windkraft aufnehmen und bei den Lastspitzen am Morgen und dem Abend wieder ans Netz abgeben. Das werde VW zufolge quasi nebenbei und ganz ohne Einschränkung der Mobilität funktionieren, da die Batterien moderner E‑Autos so leistungsstark sein werden.

Quelle: Porsche Consulting Magazin – Operation Powerhouse

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Urs Kaufmann:

habe schon 1 Jahr Freude mit dem ID4, kleine Kinderkrankheiten begreife ich bei einer neuen Technologie. Ich würde mich besonders freuen, wenn man meinen ID 4 so umrüsten könnte, dass er als Puffer für die Solaranlage dienen könnte.

Wilfried:

Ist schon einmal jemandem aufgefallen,dass wir immer nur lesen was in ferner Zukunft sein wird?

Tom62:

Die anderen sind (beim Werkeln) schon längst woanders… :)

VestersNico:

Von der ppe zur ssp, als Ergänzung zum MEB mit Hilfe von 24M Technologien vorantreiben damit V2G aktiv wird. Dem Schmallhans prophezeien wir eine große Karriere — und „Komponente“-Mitarbeiter aufgepasst: die Hälfte von euch steht künftig am Band. Falls irgendwelche Zweifel bestehen, was Transformationsprozess bedeutet, gern stehe ich zur Verfügung…

Tobi:

Ich will KEINEN PR Volkswagen. Ich will ein Auto das fährt. Hab mir gerade wieder einen Tesla bestellt. Da weiss man was man hat und das was man hat hält was es verspricht.

Wolfbrecht Gösebert:

He-he-he!
–> König von Taka-Tuka-Land wollte ich schon eher sein! :-P

Stone:

2025 modernste Zelle, 2030 Feststoffzelle. Was machen denn die anderen in der Zeit??

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