Tesla: Musk überschätzte Nachfrage nach Cybertruck massiv

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Der Cybertruck von Tesla sorgte bei seiner Vorstellung im Jahr 2019 für Aufsehen. Mit kantigem Design, robuster Edelstahl-Karosserie und großen Ankündigungen weckte er hohe Erwartungen. Tesla-Chef Elon Musk versprach ein Elektroauto mit hoher Reichweite, viel Leistung und einem Einstiegspreis von 39.900 US-Dollar (ca. 36.900 Euro). Vier Jahre später ist von dieser Vision nur wenig übrig. Seit dem Verkaufsstart im November 2023 wurden nur knapp über 46.000 Exemplare des Cybertrucks ausgeliefert. Im Vergleich zu Musks Ankündigung, jährlich 250.000 Einheiten zu verkaufen, fällt das Ergebnis deutlich ab. Der Produktionsstandort in Texas könnte über 125.000 Fahrzeuge pro Jahr herstellen.

Tatsächlich sinken die Verkaufszahlen jedoch. Allein im vergangenen Februar gingen sie laut Schätzungen von Cox Automotive um mehr als 30 Prozent zurück. Ein Grund dafür liegt in den zahlreichen Rückrufen. Seit Markteinführung musste Tesla acht Rückrufaktionen durchführen. Probleme betrafen unter anderem die Scheibenwischer, das Strompedal und die Kraftübertragung auf die Räder. Zuletzt wurde bekannt, dass beim Cybertruck ein falscher Kleber für die Verkleidung verwendet wurde und deshalb Teile der Karosserie abfallen. Diese Qualitätsprobleme verunsichern viele potenzielle Käufer:innen.

Noch maßgeblicher dürfte jedoch der Preis sein. Ursprünglich für rund 39.900 US-Dollar angepriesen, konnte Tesla dieses Versprechen nie einlösen. Stattdessen lag der Einstiegspreis bei über 60.000 US-Dollar (55.400 Euro). Das Sondermodell „Foundation Series“ wurde gar für knapp 100.000 US-Dollar (92.400 Euro) verkauft – mit nur wenigen Extras. Für viele frühzeitige Interessenten war diese Preisentwicklung ein Ausschlusskriterium.

Die wenigsten Reservierungen führten zu Käufen

Elon Musk sprach zwischenzeitlich von mehr als einer Million Reservierungen für den Cybertruck. Allerdings handelte es sich hierbei um nicht verbindliche Vorbestellungen mit einer geringen Anzahlung – anfangs 100 (92 Euro), später 250 US-Dollar (231 Euro). Die Hoffnung auf eine hohe Konversionsrate erfüllte sich nicht. Experten schätzen, dass unter fünf Prozent der Reservierungen tatsächlich in Käufe umgewandelt wurden.

Ferner gibt es mittlerweile eine Reihe von Konkurrenzmodellen, die mit dem Cybertruck mithalten können, beziehungsweise stärkeren Anklang bei traditionellen Pick-up-Kund:innen finden, wie beispielsweise der Rivian R1T oder der elektrische Ford F-150. Alleine schon aufgrund des vertrauteren Designs. Eben dieses Design wirkt sich auch auf die Produktion aus. Die Edelstahl-Karosserie und die spezielle Bauweise treiben die Kosten bei Tesla in die Höhe. Fachleute gehen davon aus, dass Tesla pro verkauftem Cybertruck Geld verliert, wie Wired berichtet. Um die Entwicklungskosten zu decken, seien jährliche Verkaufszahlen von bis zu 300.000 Einheiten notwendig. Davon ist das Unternehmen weit entfernt.

Inzwischen versucht Tesla, die Lagerbestände abzubauen. Sonderangebote, niedrige Zinsen für Finanzierungen und kostenlose Extras wie unbegrenztes Schnellladen sollen den Absatz fördern. Sogar bereits produzierte Fahrzeuge der Foundation Series wurden umetikettiert, um sie als Standardvarianten verkaufen zu können. Auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt häufen sich Angebote. Erste Händler versuchen, über diesen Weg überschüssige Modelle loszuwerden. Einige Kunden berichten davon, ihre Reservierungen zurückgezogen zu haben. Verzögerungen, unklare Kommunikation und eine Preisentwicklung, die viele nicht mittragen wollen, führen zu Vertrauensverlust.

Musk enttäuscht immer wieder mit nicht eingelösten Versprechungen

Kritiker erinnern an frühere Ankündigungen, die Tesla nicht einhalten konnte. Schon der Cybertruck kam drei Jahre später als geplant auf den Markt. Auch die versprochene Selbstfahrfunktion ist bis heute nicht serienreif. Viele Anleger stellen sich daher die Frage, wie belastbar Musks Aussagen tatsächlich sind.

Die schwierige Marktlage des Cybertrucks ist Teil eines größeren Problems. Das übrige Tesla-Portfolio wirkt mittlerweile veraltet. Bis auf das zuletzt hauptsächlich optisch überarbeitete Model Y gibt es kaum frische Impulse. Andere Marken, insbesondere aus China, ziehen bei Technologie und Ausstattung davon. XPeng, Nio oder Li Auto investieren massiv in autonomes Fahren und smarte Funktionen.

In der Zwischenzeit erlebt der Cybertruck einen rasanten Abstieg. Was einst als Symbol für Teslas Innovationskraft galt, wirkt nun wie ein Mahnmal für überschätzte Erwartungen. Selbst Musk räumte in einem Gespräch mit Investoren ein, dass das Unternehmen mit dem Cybertruck möglicherweise sein eigenes Grab geschaufelt habe. Bleibt die Entwicklung so wie bisher, könnte er damit ausnahmsweise recht behalten haben.

Quelle: Wired – ‘Over 1 Million’ People Wanted a Cybertruck. Where Are They?

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Silverbeard:

Ich bin Ü50 und benötige kein Schiebedach.

Beifahrerbildschirme gibt es hauptsächlich in chinesischen Autos, aber überhaupt nicht bei Tesla. Was genau ist Ihr Vorwurf?

Viele Assistenzsysteme sind gesetzliche vorgeschrieben. Und mMn. in einer Gesellschaft mit 22% Ü65 auf notwendig, auch wenn diese Bevölkerungsgruppe das Gegenteil behauptet.

Silverbeard:

Sie müssen bedenken, dass auch U30 Autos kaufen wollen, die deren Geschmack entspricht. In China können die Hersteller die altbackenen deutschen Opaautos nicht mehr loswerden. Nicht mal zum Niedrigpreis auf der Resterampe.

Calitry:

Warum denn so reisserisch und negativ?
Sind die Journalisten hier ebenfalls nur an Skandalen aus der Klatschpresse interessiert?

Der Cybertruck verkauft sich viel schlechter als das Model Y, ist aber trotzdem der meistverkaufte BEV-Truck.
Verkauft sich also besser als F150 lightening oder Rivian.

Warum wird dies nicht erwähnt?
Hat der Autor hier ohne Recherche einfach mal drarauf losgeschrieben?
Oder wollte hier einfach Stimmung gegen Tesla gemacht werden?

Oder warum wurden sehr viele wichtige Details unterschlagen?
Unwissenheit oder Stimmungsmache?

Beides ist schlecht für einen Reporter von „Elektroauto-News“

Es heisst ja nicht Elektroauto-skandale oder Elektroauto-fakenews oder Elektroauto-aus…

brainDotExe:

Zumindest folgende der ursprünglich genannten Punkte würde ich altersunabhängig sehen:

– Riesenglasdächer ohne Öffnungsfunktion
– fehlende Schalter und Taster, Bedienung über Touch oder Bildschirm
– nutzlose Assistenzsysteme
– Beifahrerbildschirme
– Warngebimmel

Peter:

Oder es liegt daran das du einfach alt wirst, frag mal deinen Opa was er über die normalen Dinge des heutigen Lebens denkt.

Peter Bigge von Berlin:

Vielleicht sind es auch nur die kleinen Dinge, die bei futuristischen Autos nerven, wie z B… :
– einfahrbare Griffe
– Riesenglasdächer ohne Öffnungsfunktion
– fehlende Schalter und Taster, Bedienung über Touch oder Bildschirm
– sinnfreie Sprachbedienungen
– nutzlose Assistenzsysteme
– Beifahrerbildschirme
– Warngebimmel
– Lampenlametta
– Design mag Geschmackssache, schon, ja, manchmal
-…

Sven:

Ist mir gar nicht aufgefallen, gut aufgepasst.

Marius:

Probleme mit dem Gaspedal?
Tesla versucht Lagerbestände aNzubauen?
;)

Daniel W.:

Donalds Cyber Duck – quack, quack …

Hoffentlich bleibt dieses „Comic-Heft“ die letzte Ausgabe.

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