Streit um Verbrenner-Aus 2035: Wissing lehnt EU-Kompromiss ab

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Felix Katz
Felix Katz
  —  Lesedauer 5 min

Das Verbrenner-Aus ab 2035 sorgt für hitzige Diskussionen und Unverständnis, vor allem gegenüber dem deutschen Verkehrsminister. Erst wurde es von der EU verkündet und galt als beschlossen, dann schlugen sowohl Teile der Autoindustrie als auch der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) Alarm und lehnten den fertigen Gesetzentwurf überraschend ab – mit Wirkung: Die EU-Kommission bot der Bundesregierung einen Kompromiss an und unterbreitete einen Vorschlag zur E-Fuel-Nutzung. Doch Wissing ist das nicht genug … Und nun?

Nach monatelangen Verhandlungen einigten sich die EU-Länder und das Europäische Parlament im vergangenen Jahr auf das Gesetz zum Verbrenner-Aus. Doch das deutsche Verkehrsministerium erhob in letzter Minute Einwände. Die Kernforderung des Ministeriums bestand darin, dass die EU den Verkauf von Neuwagen, die mit E-Kraftstoffen betrieben werden, auch nach 2035 erlaubt. Die Europäische Kommission knickte ein und entwarf laut Nachrichtenagentur Reuters einen Plan, der den Verkauf von neuen Autos mit Verbrennungsmotoren weiterhin erlaube. Allerdings nur, wenn sie mit klimaneutralen E-Kraftstoffen betrieben werden können. Der Entwurf sehe auch vor, dass solche Fahrzeuge mit einer Technologie ausgestattet werden, die erkenne, wenn andere Kraftstoffe verwendet werden. Dazu gehöre ein „Betankungsindikationssystem“, das den Start des Fahrzeugs verhindern soll, wenn es mit nicht kohlenstoffneutralen Kraftstoffen betankt werde, heißt es. Der Vorschlag könnte den Autoherstellern die Möglichkeit bieten, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auch nach dem Jahr 2035 zu verkaufen, obwohl ein geplantes EU-Gesetz den Verkauf neuer CO2-emittierender Autos verbieten wird.

Streit um Verbrenner-Aus 2035: Wissing lehnt EU-Kompromiss ab
FDP-Verkehrsminister Volker Wissing kämpft für Technologieoffenheit und eine Zukunft von E-Fuels-Fahrzeugen | Bild: www.volker-wissing.de

Wissing lehnt Verbrenner-Kompromiss der EU ab

Berichten zufolge soll dieser Entwurf von Verkehrsminister Volker Wissing mit Unterstützung von FDP-Parteichef Christian Lindner bereits abgelehnt worden sein. Begründet wurde diese Ablehnung demnach nicht, das Verkehrsministerium soll aber offenbar einen Gegenentwurf vorstellen. „Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing wolle den Vorschlag der Kommission nicht komplett ablehnen, sondern ihn eher verbessern“, heißt es bei Reuters. Die Parteien streben eine Einigung bis zum EU-Gipfel an diesem Donnerstag (23. März) an. Doch, ob sich der Streit tatsächlich so schnell beilegen lässt, darf bezweifelt werden.

Die Kommission lehnte es ab, sich zu dem Entwurf zu äußern, verwies aber auf die Äußerungen des EU-Klimachefs Frans Timmermans, der letzte Woche sagte, jede Lösung müsse mit dem im letzten Jahr vereinbarten Ausstiegsgesetz für 2035 übereinstimmen. „Die Gespräche zwischen der Kommission und den deutschen Behörden sind noch nicht abgeschlossen“, habe eine Sprecherin gesagt. Währenddessen sorgt die anhaltende deutsche Blockade des geplanten Aus‘ neuer Verbrenner ab 2035 für Unmut bei europäischen Partnern. Berichten zufolge sollen EU-Diplomaten in Brüssel von einem Vertrauensbruch gesprochen und harsche Kritik an der Regierung in Berlin geäußert haben.

Synthetische Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt, werden noch nicht in großem Umfang hergestellt. Eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Potsdam-Instituts für Klimaforschung soll zu dem Ergebnis gekommen sein, dass alle weltweit geplanten E-Fuel-Projekte in den nächsten Jahren nur genug Treibstoff produzieren würden, um zehn Prozent des deutschen Bedarfs in den Bereichen Luftfahrt, Schifffahrt und Chemie zu decken. Wissing habe sogar vorgeschlagen, dass es keinerlei Vorgaben für die Zulassung von Verbrennungsmotoren nach 2035 geben solle. Laut dem Spiegel sollen seiner Meinung nach die Autobauer „eine Geldsumme für die Herstellung von E-Fuels abführen, die dem Verbrauch über die Lebenszeit entspricht“. Kritikpunkt: Jene E-Fuels müssten nicht in diesem verkauften Auto verbrannt werden – es wäre auch ein Betrieb mit fossilen Kraftstoffen oder einem Mix möglich. Das bedeutet: Autobauer könnten als „E-Fuel-only“ deklarierte Verbrenner verkaufen und dies (zu unrecht) auf ihre CO2-Flottenziele anrechnen lassen.

Experten halten Wissings Vorschlag für „rechtlich kaum umsetzbar“. Bundeskanzler Olaf Scholz soll wohl vorgegeben haben, den Streit über die E-Fuels spätestens bis zum EU-Gipfel am Donnerstag beilegen zu wollen, so der Spiegel weiter. Da die Ansichten zum Thema Verbrenner-Aus und E-Fuels aber nocht (zu weit) auseinander gehen, dürfte eine so schnelle Einigung eher unwahrscheinlich sein.

Streit um Verbrenner-Aus 2035: Wissing lehnt EU-Kompromiss ab
Im Streit um das Verbrenner-Aus geht es vor allem um die weitere Zulassung von Verbrennern, allerdings betrieben mit synthetisch hergestellten Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels | Bild: Porsche

Große Autobauer stehen E-Fuels positiv gegenüber

Für die deutsche Autoindustrie geht es um einiges. Fakt ist: Die Bedingung der EU-Kommission, dass Autos in der Lage sein müssen, CO2-neutrale Kraftstoffe von fossilen Brennstoffen zu unterscheiden, würde für die Autoindustrie mit der Entwicklung neuer Motoren einhergehen – und das kostet richtig Geld. Dennoch sollen mehrere Autohersteller Wissings Forderung nach E-Fuels unterstützen. Wie Porsche spreche sich auch der Autobauer BMW für die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe aus. „E-Fuels sind die einzige Möglichkeit, im Fahrzeugbestand einen substanziellen Beitrag zu leisten“, hat BMW-Chef Oliver Zipse auf der Jahreskonferenz Mitte März erklärt. Und weiter: „Ich stimme den Kollegen, die das befürworten, sehr zu – auch insbesondere, weil unsere Motoren darauf vorbereitet sind.“ Vermutlich dürfte das aber nicht auf jeden Motorenhersteller zutreffen.

Wie eine Lösung letztlich aussehen und ob der Kompromiss einer Abschalt-Vorrichtung beim Betanken herkömmlicher Fossilkraftstoffe doch angenommen wird, bleibt abzuwarten. Nach dem EU-Gipfel wissen wir mehr.

Quellen: Reuters – Exclusive: EU drafts plan to allow e-fuel combustion engine cars / Spiegel – EU-Kommission bietet Kompromiss beim Verbrenner an – Wissing sagt Nein / N-TV – Scholz springt Wissing beim Verbrenner-Streit zur Seite / Tagesschau – EU will Weg für E-Fuels-Autos ebnen / ZDF – EU-Partner: Berlin begeht „Vertrauensbruch“

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Felix Katz

Felix Katz

Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.
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Waldi:

Nun ja, Herr Wissing versucht einfach Wählerstimmen zu gewinnen, da seine Partei in der letzten Zeit bei jeder Landtagswahl riesige Stimmenverluste hinnehmen musste.
Ich glaube aber, dass die Menschen auf dieses Wahlkampfgetue nicht hereinfallen werden und sich zukünftig Herr Lindner und Herr Wissing wieder auf der Oppositionsbank befinden werden.
Schade nur, dass Deutschland bis dahin viel Vertrauen in der EU verspielt hat.

Kliko:

Herr Wissing treten sie zurück.

Michael:

Naja ich glaube die Preise sind das eine aber das andere Hauptproblem ist einfach das es niemals eine gute Lade Infrastruktur geben kann, da man nie alle Stellplätze mit Ladesäulen ausbauen kann und ich werde gewiss nicht jeden Tag schauen wo ich mein Auto über Nacht laden könnte und auch der Vergleich mit dem Röhrenfernseher ist nicht ganz korrekt da ja beides bis heute mit Strom läuft.

Dodo:

Noch ein Nachtrag… FDP bereitet ein Vorschlag, die Efuel betriebene Fahrzeuge sollen Steuererleichterung bekommen. Ganz klar, damit wird das erreicht was ich schon auch geschrieben habe. Viele werden dafür bezahlen, damit eine Minderheit ihre Luxusverbrenner weiterhin, auf kosten von allen fahren können. Man muss sich das vorstellen…. mit viel Klimaneutralem Strohm, produziere ich erstmal künstlichen Kraftstoff, um ihn dann komplett ineffizient zu verbrennen! Das sind Mafiöse Machenschaften! Während die Konkurrenz in China mit EV immer besser wird, entwickle ich weiterhin in veraltete Technik!

Heiko:

als ich „Abschalteinrichtung“ las, musste ich kurz lachen. Da habe ich ja gaaaaanz großes Vertrauen in die Automobilindustrie :D

Vielleicht sollte man das einfach laufen lassen. Wie berichtet wird, ist es teuer,
dafür Motoren zu entwickeln und dann sollen die Hersteller auch noch Geld zurück legen, für die Produktion von efuels. Was würde dann ein Polo kosten …. 100.000 Euro?
ein Porsche 500.000 ?
und das ganze in 12 !!! Jahren, wo es selbstverständlich sein wird, dass die passende Infrastruktur vorhanden ist und auch Diesel-Dieter [Ich, (Name vom Kommentator geändert) ] natürlich BEV fährt.
Das wird sich wohl von selbst regulieren, spätestens die Mitbewerber im Markt werden dafür sorgen. vielleicht ist ja dann auch ein Name wie BMW eine Submarke von BYD
oder sowas ….
Und die, die es sich tatsächlich leisten können, ein ab 2035 zugelassenen Porsche zu fahren, sollen von mir aus den Liter sprit für 10 Euro in der Apotheke kaufen.

Wal:

Genau so wird es kommen.

Dodo:

Bei den Unterhaltungen mit Kollegen, höre ich immer wieder die gleichen Horrorgeschichten über E-Autos. Sie brennen, rentieren sich auch Umweltspezifisch erst ab 130 T km und auch ist jeder plötzlich über Akkuentsorgung interessiert. Fast immer nennen sie ihre Quellen der Information die Öffentliche Rundfunkmedien. Ergo, die Mehrheit will die BEV nicht. Was ich sagen will, mit diesem Vorstoß der FDP, sichert man sich das herauskommen aus der Nische für die Zukunft. Dazu kommen noch die persönlichen Kontakte zur Industrie und persönliche Freundschaften mit Autobossen. Es ist ein Märchen dass Verbrenner in der Entwicklung parallel zu BEV zu viel Geld kosten, die Technik ist ausgereift, die scheinbaren Sprünge sind lediglich Werbung. Das wird also alles munter weiter so laufen. Wegen der Trägheit der Deutschen Bevölkerung und Dummheit der Mehrheit, wird es Verbrenner noch 100 weitere Jahre geben. Und trotz aller Investitionen in E-Plattform, die Infrastruktur sind die Hersteller durchaus bereit sogar die Elektrifizierung wenn nötig einzustampfen. Deswegen die Zweigleisigkeit. Man kann die Verluste schnell abschreiben. Das ist meine Meinung.

TobiT:

Es braucht auf jeden Fall BEIDE Lösungen!

Marco Z:

Statt Verbrennerverbot sollte eine kontinuierlich steigende Beimischung der eFuels zum Benzin/Diesel Pflicht werden. Jedes Jahr ein paar Prozent mehr, bis wir 2045 bei 100% angelangt sind.

Herwig:

So einen blöden Politiker hatten die Deutschen noch nie
Haben Sie Scheuer schon vergessen?
Seine Idee, die Autobahnmaut nur von Ausländern zu kassieren, würde einen Vierjährigen als unreif dastehen lassen! Oder hatte er gehofft, dass ihn die EU „zwingt“, auch bei den Deutschen abzukassieren (denn nur dann wäre richtig Geld hereingekommen). Er wäre dann ja das Unschuldslamm gewesen, das es eh nur gut gemeint hat!
Die oft wiederholte Behauptung, dass Österreicher in Deutschland gratis auf der AB rasen, aber die Deutschen bei der Durchreise nach Italien/Kroatien abgezockt werden, war sehr schwach – in Österreich müssen alle bezahlen, auch die Inländer!

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