Neustart mit Partnern: VinFast baut Händlernetz auf

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min
VinFast verändert seine Strategie für Europa grundlegend. Statt wie bisher auf Direktvertrieb mit eigenen Showrooms zu setzen, übernimmt künftig ein klassisches Händlermodell den Verkauf und Service. Erste Partnerbetriebe in Deutschland und Frankreich stehen bereits fest. In Deutschland kooperiert VinFast mit Schachtschneider Automobile und dem Autohaus Hübsch, in Frankreich mit Astrada Simva. Diese Händler betreiben Showrooms, bieten Probefahrten an und übernehmen auch Wartung und Garantieleistungen.

Die Entscheidung für diesen Richtungswechsel wurde nicht öffentlich angekündigt, vollzieht sich jedoch sehr konsequent. Nach Informationen, die Elektroauto-News.net exklusiv vorlagen, hatte das Unternehmen am 9. Mai 2025 sämtliche eigenen Showrooms und Service-Center in Europa geschlossen. Interne Unterlagen belegten dabei, dass dieser Schritt bereits Anfang Mai intern kommuniziert wurde. Der Plan sah vor, rund 90 Prozent der betroffenen Mitarbeitenden zu kündigen. Einige wenige sollen zu den neuen Handelspartnern wechseln. Bis Ende Mai sollten demnach auch Mietverträge gekündigt und Vermögenswerte liquidiert werden.

Als Gründe nannte VinFast die wirtschaftliche Lage, Handelskonflikte und anhaltende Unsicherheit auf dem Markt. Der bisherige Direktvertrieb habe sich unter diesen Bedingungen nicht mehr als tragfähig erwiesen. In einer Stellungnahme erklärte das Unternehmen, dass das Franchise-Händlermodell nicht nur effizienter sei, sondern auch langfristig besseren Service und mehr Kundennähe ermögliche. Der Umstieg sei Teil einer globalen Strategie, die schon Ende 2023 beschlossen worden sei.

VinFast reagiert auf angespannte wirtschaftliche Gesamtsituation

Mit dem Rückzug aus dem Direktgeschäft reagiert VinFast auch auf die angespannte wirtschaftliche Gesamtsituation. Zwar stiegen die Auslieferungen 2024 auf fast 97.400 E-Autos und der Umsatz legte um 58 Prozent auf 1,8 Milliarden US-Dollar zu, doch unterm Strich stand ein Verlust von rund 3,18 Milliarden Dollar. Das ist mehr als im Jahr zuvor. Die internationale Expansion – etwa der Bau neuer Werke in Indien und Indonesien – bleibt bestehen, doch der Fokus soll sich stärker auf asiatische Märkte richten. Das deutete Finanzchefin Lan Anh Nguyen bereits bei der Präsentation der letzten Quartalszahlen an.

Die Situation des Mutterkonzerns Vingroup verschärft den Druck zusätzlich. Analysten zeigen sich zunehmend skeptisch. Zwei große US-Ratingagenturen bewerten inzwischen sogar Anleihen der Vingroup-Tochter Vinhomes als nicht mehr investitionswürdig. Seit dem Börsengang von VinFast im August 2023 hat der Konzern etwa die Hälfte seines Marktwerts verloren.

Während intern Umstrukturierungen laufen, treibt VinFast parallel den Aufbau eines neuen Händlernetzes voran. In Deutschland soll Schachtschneider Automobile drei Standorte übernehmen, das Autohaus Hübsch zwei. Astrada Simva betreibt einen Showroom in Südfrankreich. Auch in den Niederlanden plant VinFast diesen Weg zu gehen. Unterstützt wird der neue Vertriebsweg durch Servicepartnerschaften mit ATU in Deutschland, Norauto in Frankreich und LKQ in den Niederlanden. Damit sollen Wartung und Reparatur auch außerhalb der Händlerfilialen möglich bleiben.

Im Zentrum der Europa-Strategie stehen weiterhin zwei E-Autos: der kompakte VF 6 und das größere Modell VF 8. Beide Modelle werden im vietnamesischen Werk Haiphong produziert.

Auch wenn das operative Geschäft in Europa deutlich gestrafft wurde, bleibt das Ziel bestehen, auf dem Kontinent Fuß zu fassen. Der Wechsel zur neuen Struktur soll dabei helfen, effizienter zu arbeiten und näher an den Bedürfnissen der Kund:innen zu agieren. VinFast verspricht sich davon langfristig eine stärkere Marktstellung, auch wenn der aktuelle Rückbau zunächst einen gegenteiligen Eindruck erwecken könnte.

Quelle: VinFast – Pressemitteilung per Mail

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Max Burth:

Dieser Firma gebe ich keine 2 Jahre mehr auf dem deutschen Markt und dann wird diese Episode beendet sein.

Egon_meier:

Ich sehe da keine Chance für Vinfast. Es fehlt jedes Alleinstellungsmerkmal – eingeschränkte Leistung, sehr ambitionierter Preis, kein Kundendienstnetz, ein fragwürdiges technisches Konzept …
Warum sollte man einen Vinfast kaufen?

Der Wagen bzw das Unternehmen ist bislang nicht am Vertriebskonzept sondern an mangelnder Attraktivität der Fahrzeuge gescheitert. Da ändert sich nix.

Gastschreiber:

Warum kommt mir, bei Artikeln zu Vinfast immer der Spruch mit den gerittenen, toten Pferden in den Sinn?
Bei Vinfast fehlt der Innovationszyklus der Chinesen, wie BYD oder ein enorm günstiger Preis, der über all die Einschränkungen hinwegsehen lässt, die die Fahrzeuge mit sich bringen.
Meine Prognose, so wird der Verkauf in Europa auch nicht derart anziehen, dass es wirtschaftlich für ein Unternehmen ist.

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