E-Fuels: Hoffnungsträger mit begrenztem Markt

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Porsche | eFuel im Porsche Mobil 1 Supercup, Silverstone, Vereinigtes Königreich

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Ende 2022 reisten zwei Porsche-Vorstände an das andere Ende der Welt. Ihr Ziel: die windige Region Patagoniens im Süden Chiles. Dort tankten sie einen eigens eingeflogenen Porsche 911 – nicht mit gewöhnlichem Benzin, sondern mit einem neuartigen Kraftstoff. Dieser wurde aus Windstrom, Wasser und CO₂ hergestellt. Porsche nannte ihn klimafreundlich und sah darin eine Option, Verbrennungsmotoren künftig ohne fossile Energie zu betreiben. Mit einem solch schön durch Worte gezeichneten Bild beschreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) das Abenteuer E-Fuels bei Porsche.

Die kleine Produktionsstätte mit dem Namen Haru Oni liegt in einer abgeschiedenen, kaum bewohnten Gegend. Die Windbedingungen gelten als ideal für die Stromerzeugung. Der erzeugte Strom treibt die Herstellung des synthetischen Sprits an. Die Pilotanlage entstand durch eine Partnerschaft mit dem chilenischen Unternehmen Highly Innovative Fuels (HIF), an dem sich Porsche mit 75 Millionen Dollar beteiligte. Zusätzlich flossen 8,2 Millionen Euro an deutschen Fördergeldern. Siemens Energy lieferte die technische Ausrüstung.

Statt 500.000 Liter E-Fuels bisher „nur“ 100.000 Liter pro Jahr

Ziel war es, aus dem Pilotprojekt eine Industrieproduktion zu entwickeln. Die Vision: aus anfänglich 130.000 Litern sollten bis 2026 über eine halbe Milliarde Liter E-Fuel werden. Doch diese Erwartung erfüllte sich bislang nicht. Im Jahr 2024 lag die Produktion bei unter 100.000 Litern. Der geplante Ausbau stockt, eine finale Investitionsentscheidung steht aus. HIF rechnet mit Kosten in Höhe von rund 1,3 Milliarden Dollar. Ob und wann das Projekt weiter wächst, ist offen.

Bisher nutzt Porsche die geringe Menge des Kraftstoffs ausschließlich für den Rennsport. Im Porsche Supercup treten Sportwagen mit diesem synthetischen Treibstoff gegeneinander an. Für den Einsatz im Alltag reicht die verfügbare Menge nicht aus. Ein Hauptproblem sind Genehmigungen. Um die Produktion auszuweiten, muss HIF einen großen Windpark in der Nähe errichten. Dieser soll 384 Megawatt Leistung bringen und aus mehreren Dutzend Anlagen bestehen. Doch die Genehmigungsverfahren dauern – auch wegen Umweltauflagen wie dem Vogelschutz. Die Situation erinnert an ähnliche Projekte in Europa. Trotz der Abgeschiedenheit Patagoniens ist der Bau großer Windkraftanlagen nicht einfach.

Porsche hatte gehofft, ein Modell für die internationale Herstellung und den Export klimafreundlicher Kraftstoffe zu schaffen. Der Gedanke: lieber Windräder in windreichen, dünn besiedelten Gegenden errichten als in dicht besiedelten Regionen Europas. Die Realität zeigt jedoch: auch in Chile stoßen solche Vorhaben auf Widerstände.

HIF ist nicht der einzige Akteur mit ähnlichen Plänen. Total aus Frankreich möchte ebenfalls in Südchile grünen Wasserstoff produzieren und ein zugehöriges Windkraftwerk bauen. Auch dieses Vorhaben befindet sich noch im Genehmigungsprozess.

E-Fuels Produktion aufwendiger als zunächst vermutet?

Der Produktionsweg für E-Fuels ist aufwendig. Zuerst wird Wasserstoff mithilfe von Strom aus Wasser gewonnen. Anschließend verbindet man ihn mit Kohlendioxid. Das CO₂ wird in der chilenischen Anlage aktuell mit dem Tanklaster aus einer Brauerei angeliefert. In Zukunft soll eine sogenannte Direct-Air-Capture-Anlage Kohlendioxid direkt aus der Luft filtern. Meerwasser wird vor Ort entsalzt, um Wasser für die Elektrolyse zu gewinnen.

Während der technologische Aufwand hoch ist, fehlt bisher ein ausreichender Markt. In Europa liegt der Fokus beim Klimaschutz klar auf dem Elektroantrieb. Der Verband der deutschen Autoindustrie VDA fordert deshalb in seinem 10-Punkte-Plan eine stärkere Berücksichtigung synthetischer Kraftstoffe. Auch Porsche-Vorständin Barbara Frenkel sieht die Politik in der Pflicht. Sie fordert klare gesetzliche Rahmenbedingungen und die Anerkennung von E-Fuel-betriebenen Verbrennern als CO₂-neutral.

Allerdings sprechen wirtschaftliche Argumente gegen eine schnelle Verbreitung. Der Preis für E-Fuels liegt deutlich über dem konventioneller Kraftstoffe. Laut Siemens Energy beträgt der Unterschied an günstigen Standorten wie Chile bis zu 40 Prozent. An anderen Orten sind es sogar das Eineinhalb- bis Doppelte. Hinzu kommt: Der Energiebedarf ist extrem. Batterieelektrische Autos benötigen etwa um den Faktor 6 weniger Strom für die gleiche Strecke. Trotzdem halten viele Befürworter an E-Fuels fest. Ihr wichtigstes Argument: Auch wenn neue Autos künftig elektrisch fahren, bleiben weltweit noch über eine Milliarde Verbrenner auf den Straßen. Diese könnten durch den Einsatz synthetischer Kraftstoffe einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Stopp von USA-Subventionen gefährdet E-Fuel-Produktion

In den USA gerät die Entwicklung ebenfalls ins Stocken. Präsident Donald Trump kündigte an, Steuervergünstigungen für grünen Wasserstoff streichen zu wollen. Sollte das geschehen, wären fast alle geplanten Elektrolyseprojekte gefährdet. Branchenvertreter warnen, dass China dann die Führungsrolle in der Wasserstoffwirtschaft übernehmen könnte.

In Europa wurde im Sommer 2024 ein weiteres Projekt gestoppt. Der dänische Energiekonzern Ørsted gab den Bau einer E-Fuel-Fabrik in Schweden auf. Der Grund: mangelnde Nachfrage. Kaum ein Kunde war bereit, langfristige Abnahmeverträge abzuschließen. Doch es gibt auch neue Initiativen. In Frankfurt nahm das Start-up Ineratec eine kleine E-Fuel-Anlage in Betrieb. Dort wird synthetischer Kraftstoff für Flugzeuge hergestellt. Größere Mengen entstehen im dänischen Kassø. Dort betreibt das Unternehmen European Energy gemeinsam mit Mitsui die bisher größte E-Methanol-Fabrik Europas. Die Anlage nutzt Strom aus einem benachbarten Solarpark. Die Technik kommt – wie in Chile – von Siemens Energy.

Die dort produzierten E-Fuels werden nicht für Autos genutzt. Hauptabnehmer ist der Logistikriese Maersk, der seine Schiffe klimafreundlicher antreiben will. Die Straße bleibt vorerst außen vor.

Quelle: FAZ – Warum der grüne Sprit von Porsche nicht fließt

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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