Agora Verkehrswende: E-Fuels und Wasserstoff für Luft- und Seeverkehr werden dringend benötigt

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Vor dem Hintergrund der Klimaschutzherausforderungen und einer weltweit steigenden Nachfrage nach Kraftstoffen sollten Regierungen eine aktivere Rolle zur Steigerung der Produktion von strombasierten Kraftstoffen übernehmen, empfiehlt der Thinktank Agora Verkehrswende. Das langsame Tempo bei der Markteinführung nachhaltiger PtX-Kraftstoffe – also von Wasserstoff und E-Fuels, die mit Hilfe von erneuerbarem Strom erzeugt werden (Englisch: Power to X) – bedrohe insbesondere die Klimaschutzbemühungen im internationalen Luft- und Seeverkehr. Um Angebot und Nachfrage in diesen Bereichen politisch zu stimulieren, eigne sich am ehesten eine Kombination aus Quotenregelungen, die die Abnahme sichern, und staatlichen Auktionsmechanismen für Produzenten und Abnehmer.

„Der Einsatz von strombasierten Kraftstoffen im Luft- und Seeverkehr muss dringend beschleunigt werden. Denn hier gibt es kaum Möglichkeiten, von fossilen Kraftstoffen auf direktelektrische Antriebe umzusteigen. Mit mehr politischem Ehrgeiz kann die Nutzung von Wasserstoff und E-Fuels im Verkehr schnell gesteigert und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit gesichert werden“, sagt Wiebke Zimmer, Stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende.

Das größte derzeitige Hindernis für die breite Nutzung sei die Preisdifferenz zwischen den teuren PtX-Kraftstoffen und den noch günstigen konventionellen Alternativen. Dies führe zu einer Pattsituation: Potenzielle Abnehmer, die es gewohnt seien, kurzfristig günstige konventionelle Kraftstoffe zu kaufen, zögerten damit, langfristige Kaufverträge für teurere PtX-Kraftstoffe abzuschließen. Infolgedessen hätten die Hersteller keine Gewissheit, dass ihre Produkte einen Markt finden. Dies verhindere Investitionen in die Produktion und schränke gleichzeitig den Kapitalfluss ein. „Klare und durchsetzbare Vorschriften, die die Einführung von PtX-Kraftstoffen fördern, sind unerlässlich, um das Vertrauen der Marktteilnehmer zu stärken“, so Zimmer.

Quotenregelungen könnten zwar durch die Vorgabe einer PtX-Kraftstoffbeimischung in einem festen Prozentsatz für Nachfragesicherheit sorgen. Quoten allein reichten aber nicht, um den Markthochlauf voranzutreiben, da sie keine langfristige Preisstabilität gewährleisten, die für die Gewinnung von Großinvestitionen unerlässlich sei. Um dieses Problem anzugehen, sollten Regierungen marktbasierte Maßnahmen wie zum Beispiel doppelseitige Auktionsmechanismen einführen oder ausbauen. Bei diesen schließen staatlich unterstützte Zwischenhändler mit Produzenten langfristige Abnahmevereinbarungen und bieten Abnehmern PtX-Kraftstoffe zu subventionierten Preisen an. Dies schaffe verlässliche Bedingungen für alle Marktteilnehmer. Die Auktionen könnten mit Einnahmen aus CO2-Preismechanismen oder einer zweckgebundenen Abgabe auf konventionelle Kraftstoffe finanziert werden.

Internationaler Vergleich zeigt unterschiedliche Ambitionen

Agora Verkehrswende hat in seiner Analyse regulatorische und marktorientierte politische Maßnahmen in insgesamt acht Staaten untersucht und miteinander verglichen – in Brasilien, der Europäischen Union, Deutschland, Indien, Japan, Südafrika, den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich. Die politischen Ambitionen seien sehr unterschiedlich. Alle in der Studie untersuchten Staaten strebten den Einsatz von Wasserstoff und E-Fuels im Verkehrssektor an, insbesondere im Schiffs- und Flugverkehr. Die Schwellenländer hätten jedoch bislang überwiegend unverbindliche Regelungen dazu beschlossen. Dabei hätten Brasilien, Indien und Südafrika das Potenzial, nicht nur zu wichtigen Produktionszentren für PtX-Kraftstoffe zu werden, sondern aufgrund ihres schnell wachsenden Kraftstoffverbrauchs auch zu bedeutenden Nachfragemärkten.

Die EU, Deutschland und das Vereinigte Königreich hätten die ehrgeizigsten und umfassendsten politischen Regelungen eingeführt, so Agora Verkehrswende. Neben einer umfassenderen Strategie für die Wasserstoffwirtschaft und Nachhaltigkeitsstandards bestünden hier verbindliche Regulierungsmaßnahmen wie Beimischungsquoten sowie marktbasierte Anreizmaßnahmen wie eine CO2-Preisgestaltung und auch Auktionssysteme. Trotz dieser Maßnahmen befänden sich in den drei Staaten strombasierte Kraftstoffe noch immer in einem sehr frühen Stadium der Markteinführung. Dies unterstreiche die Notwendigkeit, die finanzielle Unterstützung für Auktionsmechanismen auszuweiten, so der Thinktank.

Internationale Zusammenarbeit unerlässlich

Für die globalen Klimaneutralität sei es schließlich unerlässlich, politische Maßnahmen für den Ausbau strombasierter Kraftstoffe international miteinander abzustimmen. Ein erfolgreicher globaler Hochlauf erfordere die Harmonisierung von Nachhaltigkeitsstandards und die Umsetzung von Maßnahmen wie Quoten und CO2-Bepreisung in einer Vielzahl von Ländern. Für Schwellenländer sei die internationale Unterstützung von entscheidender Bedeutung – nicht nur für den Aufbau von Kapazitäten, sondern auch für die Entwicklung einer inländischen Wertschöpfung, die nicht ausschließlich auf Exporte ausgerichtet ist.

Quelle: Agora Verkehrswende – Pressemitteilung vom 30.04.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Daniel W.:

Zufällig über YouTube wieder auf das Thema “Autarkie bei Häusern durch PV-Stromspeicherung” gestoßen – und auf eine Insolvenz.

Über Google habe ich dazu diesen Artikel gefunden.

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Saisonale Speicher für Wasserstoff

Pionier HPS ist insolvent

Ganzjährig selbst produzierte Energie fürs eigene Heim? Damit wollte die HPS Home Power Solutions einen Markt aufrollen, den es so wohl gar nicht gab.

Der Wasserstoffspeicher für den Heimbereich wurde zum Flop: Die Berliner Herstellerfirma HPS Home Power Solutions AG ist pleite. Anfang April hat das Amtsgericht Charlottenburg das Insolvenzverfahren eröffnet, der Geschäftsbetrieb ist inzwischen eingestellt. Laut dem jüngsten vorliegenden Geschäftsbericht von 2023 beschäftigte das Unternehmen zuletzt 251 Mitarbeiter.

Bereits im Jahr 2023 war das Eigenkapital des Unternehmens nach einem Jahresverlust von 45,7 Millionen Euro ins Minus gefallen.

>> taz.de/Saisonale-Speicher-fuer-Wasserstoff/!6077761/ (10.4.2025)
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Damit muss ein weiterer Punkt von der Liste der Wasserstoff-Freunde gestrichen werden.

Es bleiben wohl nur noch “Wasserstoff für Luft- und Seeverkehr” sowie für die Chemie- und Stahlindustrie übrig.

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