Herbert Diess: Potenziale der E-Auto-Batterien ausschöpfen

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Elektroautos können heutzutage als mobile Stromspeicher genutzt werden, die Technologie für bidirektionales Laden ist bereits verfügbar. Herbert Diess, Verwaltungsratsvorsitzender von The Mobility House, betont in einem Artikel für den Tagesspiegel: „Werden jetzt die richtigen Rahmenbedingungen für eine intelligente Kopplung von Elektromobilität und Energiespeicherung geschaffen, könnte sich Deutschlands Autoindustrie in einem entscheidenden Technologiefeld vorne positionieren und die Energiewende sehr kostengünstig und effizient beschleunigen.“ Bidirektionales Laden ermöglicht es, Strom sowohl in die Batterie zu laden als auch wieder zurück ins Stromnetz zu speisen.

Diess erläutert, dass die Batterien von Elektroautos etwa 40 Prozent der Autokosten ausmachen, jedoch im Alltag oft nicht vollständig genutzt werden: „Die möglichen Reichweiten heutiger E-Autos liegen bei bis zu 500 Kilometern, im Schnitt werden aber nur 30 Kilometer am Tag zurückgelegt.“ Autos werden im Durchschnitt nur eine Stunde pro Tag bewegt, was bedeutet, dass ein großer Teil der Batteriekapazität 23 Stunden am Tag ungenutzt bleibt.

Diess über das E-Auto als Teil des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems

Bidirektionales Laden ermöglicht es, diese ungenutzte Kapazität effektiv zu nutzen. Wenn der Strom aus der Fahrzeugbatterie in ein Gebäude zurückgeführt wird (Vehicle-to-Home, V2H), kann die Eigenversorgung gestärkt werden. Wird der Strom ins öffentliche Netz eingespeist (Vehicle-to-Grid, V2G), kann jedes Elektroauto zur Netzstabilität beitragen. Diess erklärt: „Erst, wenn das E-Auto seine gespeicherte Energie über die Wallbox in das Verteilnetz zurückspeist, wird es zum Teil des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems.“

Im vergangenen Juni stammten rund 68 Prozent des produzierten Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen, fast 24 Prozent davon aus Solarenergie. Der Anteil erneuerbarer Energien wird weiter steigen. Elektroautos könnten als Zwischenspeicher für diese Energie genutzt werden, um Engpässe im Übertragungsnetz zu vermeiden und die Kosten für den Netzausbau zu reduzieren.

Für Verbraucher bietet das bidirektionale Laden zusätzliche Vorteile. Diess erläutert: „In Deutschland gibt es bereits heute rund 1000 Stunden mit negativen Strompreisen, was die Vision, mit Elektroautos nicht nur emissionsfrei, sondern auch kostenlos unterwegs zu sein, durchaus realisierbar macht.“ Dies könnte die Anschaffungskosten für Elektroautos relativieren und den Umstieg auf Elektromobilität attraktiver machen.

Die technische Machbarkeit von V2G wurde bereits in unzähligen Pilotprojekten nachgewiesen. Autohersteller bringen immer mehr bidirektionale E-Autos auf den Markt, und auch entsprechende Ladeboxen sind verfügbar. Diess hebt hervor, dass die Batterien diese zusätzliche Belastung gut verkraften, wenn die Ladetechnik sorgfältig angewendet wird.

Frankreich ermöglicht bidirektionales Laden noch dieses Jahr

Frankreich geht bereits einen Schritt weiter. Noch in diesem Jahr wird dort das erste kommerzielle V2G-Angebot gestartet. Die Renault-Tochter Mobilize bietet in Zusammenarbeit mit The Mobility House eine Lösung an, bei der die Batterien des neuen Renault 5 aktiv am Energiemarkt teilnehmen. Renault-Kunden können somit Geld verdienen und gleichzeitig ihren CO₂-Ausstoß reduzieren.

Auch die deutsche Bundesregierung hat die Vorteile des bidirektionalen Ladens erkannt und erste Schritte unternommen, um dessen Potenzial auszuschöpfen. Ein neues Gesetz vereinfacht die Rückspeisung vom Auto ins Haus (V2H). Allerdings gibt es noch Verbesserungsbedarf bei der Regelung zur Rückspeisung ins Netz (V2G), damit Elektroautonutzer nicht als Stromanbieter gelten und zusätzliche bürokratische Hürden überwinden müssen. Diess fordert: „Strom, der in der Autobatterie zwischengespeichert und wieder ins Netz eingespeist wird, sollte von allen Abgaben und Gebühren befreit werden.“

Die Politik kann die Voraussetzungen für eine breite Integration von Elektromobilität und Energiespeicherung schaffen. Diess betont: „Eine intelligente Sektorenkopplung kann sowohl die Marktdurchdringung der Elektromobilität als auch die Integration erneuerbarer Energien zu geringeren Gesamtkosten deutlich beschleunigen.“ Deutschland hat die Chance, in diesem Bereich eine Vorreiterrolle einzunehmen und die Dekarbonisierung voranzutreiben.

Quelle: Tagesspiegel – Die Zeit ist reif für ein Zusammenwachsen von Elektromobilität und Energiespeicherung

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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E. Wolf:

Da läßt sich die EDF (RWE in Frankreich) als Monopolist nicht die Butter vom Brot nehmen. EDF hat dies auch bei Solar gut gezeigt. Sie will vom ersten Tag an die Regeln definieren, damit keiner der Elektroinstallateure quer schießen kann.

Auch wird Renault keine Lust auf Diskussionen mit ca. 900 Netzbetreibern in DE haben. Es gilt zwar die VDE-AR 4105 aber der On-Board-Charger beim AC-BiDi ist ein Zulieferteil, dies muß zertifiziert sein und dann das eAuto als System. Darauf wird kein kostengetriebener Konzern Lust haben. Da wird Frankreich mit EDF deutlich einfacher ;-)

Interessant ist auch hier der Fokus auf V2G, obwohl dies für den PV-Dachbesitzer und eMobilisten keinen Vorteil bringen wird. V2H ist um Größenordnungen für ihn attraktiver, insbesondere dadurch das kein „Dritter“ die Hand aufhält und Bedingungen diktieren kann.

Und auch dies ist eine typische Nebelkerze (Zitat): „Ein neues Gesetz vereinfacht die Rückspeisung vom Auto ins Haus (V2H).“ Da gab es noch nie ein Thema, das eAuto ist der eHeimspeicher auf Rädern (nicht auf Stützen oder Rollen). Aber natürlich bei V2G, dies wird jetzt im Artikel auch deutlicher formuliert, macht es aber auch nicht interessanter. Und die Themen der richtigen Gegner (Energiekonzerne und Netzbetreiber, die Gaskraftwerke wollen) wird noch überhaupt nicht diskutiert.

Ein jeder möge es einmal selbst für sich betrachten, ob V2G Sinn machen würde. Einfach einmal die eigenen Kosten und Aufwendungen (Hardware, mögliche Vertragsrandbedingungen, etc.) abschätzen und sich die möglichen Ertrag für 40 kWh überlegen, zu dem es von Interesse wäre.

Wenn DC-BiDi Standard wird – und dies auch nur durch die massive Nachfrage der Kunden, kommt nicht von selbst – dann wird V2H der Igel sein.

Philipp:

@Sebastian
Wenn Frankreich das ermöglicht, dann wäre das doch ein schöner Artikel der insbesondere zeigt, wie die Abgaben und Gewinne/Steuern in Frankreich dann organisiert werden?
Klar sind Abgaben und Steuern bei Strom in Frankreich anders gestaltet, aber dennoch könnte man sich das mal ansehen.

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