Analyst warnt vor erhöhten EU-Zöllen auf chinesische E-Autos

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MG Motor

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Die Europäische Kommission (EK) hat Chinas Elektroautoherstellern eine deutliche Warnung geschickt. Wer bis spätestens 4. Juli auf den verpflichtenden Anti-Subventions-Fragebogen der Kommission nicht antwortet, muss künftig mit einem zusätzlichen Zoll von bis zu 38,1 Prozent auf Elektroautos aus China rechnen, die in Europa verkauft werden sollen. Dieser Strafzoll kommt dann zusätzlich zu dem bisher bestehenden 10 Prozent Zoll hinzu. Nicht alle Hersteller sind jedoch in gleicher Höhe betroffen.

Die EU-Kommission hat also ihre Pläne in die Tat umgesetzt und erhebt Strafzölle auf Elektroautos aus China, in unterschiedlicher Höhe und gestaffelt nach der Kooperationsbereitschaft, die die Hersteller in der jüngsten Vergangenheit zur Zusammenarbeit gezeigt haben. Betroffen sind Stand 12.06.2024 Modelle der Hersteller BYD, Geely und SAIC. Für BYD soll demnach ein zusätzlicher Importzoll von 17,4 Prozent, für Geely von 20 Prozent und für den staatlichen chinesischen Volkswagen-Partnerkonzern SAIC von 38,1 Prozent gelten. Hierbei ist zu erwähnen, dass zu den Konzernen weitere Marken gehören, die ihre E-Autos bereits in Europa vertreiben.

Druck auf SAIC und andere Hersteller

SAIC bewegt sich derzeit mit seiner vor allem in Großbritannien beliebten Marke MG Motor in einem Zollumfeld, das den Absatz künftig sehr erschweren dürfte. 220.000 Pkw aus China wurden im vergangenen Jahr in Europa zugelassen. Die Hälfte davon war rein elektrisch. Sollte SAIC seinen Fragebogen noch ausfüllen, könnten diese auch von der gemäßigten Erhöhung von 17,4 Prozent profitieren. Was in Summe zu einem Zoll von um die 25 Prozent führt, der vor Bekanntgabe der EU-Kommission durch den Markt als vertretbar erachtet wurde. Man darf zudem davon ausgehen, dass andere Hersteller ihren Einfluss bei SAIC ausüben, um für den gesamten chinesischen E-Automarkt zu einer hinnehmbaren Lösung zu gelangen.

Tesla hat als einziger Hersteller eine separate Untersuchung beantragt. Der amerikanische Automobilhersteller will beweisen, dass es keine unfairen Vorteile aus China zieht. Tesla hat auch angekündigt, die Preise für das Model 3 in Europa aufgrund der erwarteten Zollerhöhung zu erhöhen, was möglicherweise auch als Marketingstrategie genutzt wird.

Vorläufige Ausgleichszölle sollen am 4. Juli eingeführt werden. Die Mitgliedstaaten der EU haben dann bis zum 4. November Zeit, darüber abzustimmen. Eine qualifizierte Mehrheit (55 Prozent der Mitgliedstaaten und mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung) ist erforderlich. Gelingt dies nicht, hat die Europäische Kommission das letzte Wort. Es wird erwartet, dass China Druck auf Länder ausüben wird, die für ihre Exporte nach China anfällig sind, wie Frankreich mit seinen Luxusgütern und der Luftfahrtindustrie oder Deutschland mit seiner Premium-Autoindustrie.

Auswirkungen auf den gesamten Pkw-Markt

Sollte China erfolgreich gegen die höheren Zölle lobbyieren, könnten diese bis zum 5. November wieder auf 10 Prozent sinken, so Automobil Analyst Matthias Schmidt in seinem aktuellsten Report. CEOs großer deutscher Autohersteller wie BMW, Mercedes und Volkswagen haben sich bereits gegen eine Erhöhung der Zölle ausgesprochen, da sie erhebliche Marktanteile in China halten.

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat eine eindeutige Meinung zu den nun erhobenen Strafzöllen. “Insgesamt gilt: Die nun von der EU angekündigten Maßnahmen werden die Herausforderungen für die europäische und deutsche Automobilindustrie nicht lösen, im Gegenteil: Der von der EU-Kommission beabsichtigte Zweck von Ausgleichszöllen könnte sich bei einem Handelskonflikt entsprechend schnell negativ auswirken. Der Fokus muss vielmehr nun endlich auch auf den europäischen Industriestandort gerichtet sein”, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Der Marktanteil von Elektroautos in Westeuropa stagniert seit Ende letzten Jahres bei 17 Prozent. Der Anteil chinesischer Marken an diesen Neuzulassungen scheint ebenfalls zu stagnieren. Während Tesla zuletzt einen Marktanteil von 17 Prozent erreichte, schafften es chinesische Hersteller nicht, dauerhaft mehr als 10 Prozent Marktanteil zu erreichen. Im Jahr 2024 wuchs der Marktanteil chinesischer Elektroautos um 14,9 Prozent, jedoch unter der Marktrate von 12,5 Prozent im April.

Höhere Zölle in Europa könnten jedoch auch Auswirkungen auf den heimischen Markt in China haben. Chinesische Hersteller könnten ihre Preise dort anheben, um die höheren Kosten in Europa auszugleichen. Dies könnte westlichen Herstellern in China helfen, ihren Marktanteil wieder zu erhöhen. In Europa jedoch werden chinesische Marken wahrscheinlich die höheren Zölle in ihren aktuellen Gewinnspannen absorbieren müssen, während westliche Premium-Marken möglicherweise die Preise erhöhen können, so Schmidts abschließende Einschätzung.

Quelle: Matthias Schmidt – European Electric Car Market Intelligence Study / April 2024

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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pionierska:

„… weniger an China als an der eigenen Autoindustrie, welche weiterhin voll auf Verbrenner setzen wollen, …“

Ich sehe eher, dass die europäischen OEM eindeutig auf die E-Mobilität setzen, sich aber eine Hintertür offen halten möchten, sei es um für ein Kippen des Verbrennerverbots gewappnet zu sein oder um aussereuropäische Märkte bedienen zu können.

Robert:

nicht die Umwelt ist der Verlierer sondern der Mensch. Klimaschutz ist nichts anderes als Menschenschutz, die Welt und das Klima können auch ohnen den Menschen auskommen, der Mensch ohne Klima kann das nicht.

Roman L.:

Videos und Bilder zeigen idente Innenraumgestaltung, techn. Daten weißen auf den APP310 (weil 170ps, 310nm) mit 52khw Akku hin. Also ID3 PURE.

Du merkst bestimmt selbst, dass es hier gewaltig hakt und viel mehr dahinter steckt.

Spiritogre:

Das Interieur ist weniger wertig, andere Sitze etwa und der Akku ist kleiner außerdem hat er weniger PS, also einen schwächeren Motor.

Davon ab kostet die Produktion natürlich auch nur einen Bruchteil in China.

Spiritogre:

Auch ohne Zölle sind die chinesischen Autos hier teurer als die hiesigen, das gilt insbesondere für Elektroautos. Das günstigste chinesische Elektroauto auf dem Markt kostet 33.000 Euro, das günstigste europäische 17.000 (in China gabaut) oder dann 23.000 (in Europa gebaut). Von der Wertigkeit unterscheidet sich das 33.000 Euro China Auto nicht sonderlich, es sieht zu Teilen sogar merklich billiger aus.

Den chinesischen Herstellern ist es völlig egal ob wir ihre Benziner oder Elektroautos kaufen, genau wie jedem Hersteller. Nur sie haben es mit ihren Benzinern hier erst gar nicht versucht, weil die alle super schlecht sind. Bei Elektro können sie ein wenig mitspielen, nur preislich halt nicht, weil sie zu gierig sind und in Europa 100 Prozent Preisaufschlag betreiben. In anderen Märkten sind sie weitaus genügsamer und erhöhen maximal um 50 Prozent. Und dort, wie etwa in Australien, sind sie auch dadurch weitaus erfolgreicher. Weil dort ein BYD Seal dann nämlich plötzlich viel günstiger als ein Model 3 ist und nicht noch teurer, wie hierzulande.

Roman L.:

Auf der chinesischen VW Website konnte ich keine 20.000€ Unterschiede erkennen. Der CCS Anschluss wird es wohl nicht sein. Ernsthaft, bitte um Info was es sein könnte.

Wollen sie offensichtlich nicht. Alle spielen die gleichen Spielchen.

Peter Bigge von Berlin:

In China wird die Sozialistische Marktwirtschaft chinesischer Prägung ausgeübt und ist somit nicht mit einer sozialen oder kapitalistischen Marktwirtschaft vergleichbar. Soll heißen, Preise werden meist staatlich fixiert, können sich aber ebenso an Marktpreisen orientieren. In China selber wird sicherlich keiner die Verkaufspreise erhöhen, wenn das Zentralkommite keinen Sinn darin sieht.
Autos und Waren werden im Ausland aber mit einer riesigen Marge verkauft, und spielt China somit viel Kapital ein, womit erst der Marktvorteil entsteht.
China wird aber selbst mit Zöllen noch gut verdienen, welches zu weiteren Zollsteigerungen führen wird, oder zur Errichtung von vielen Fabriken im Ausland.
Das eigentliche Problem liegt weniger an China als an der eigenen Autoindustrie, welche weiterhin voll auf Verbrenner setzen wollen, weil sie den Trend zur Elektromobiltät nicht unterstützen wollen. Gewinnmaximierung ohne Investitionen in kostenintensive Zukunftstechnologien bringt zusätzlichen Gewinn, vergleichbar mit Blutdiamanten.
Nun können wir fragen, ob die EU eigenmächtig handelt, ohne die Lobby der Verbände zu befragen?
Nein, tut sie nicht, die Zölle kommen aus den Reihen der Autohersteller, kein anderer hat einen Nutzen.
Verhindert werden die Etablierung der Chinesen in der EU, und der Vertrieb preiswerter Elektromobile, insbesondere in den unteren Autoklassen, wo die Chinesen nur Chance habe einen Fuß reinzukommen.
Somit bleibt die Elektromobilität ein Sozialproblem, einkommensschwache Haushalte werden nach wie vor nicht mit Strom fahren, sondern auf Öl setzen.
Irgendwie kann dies doch nicht sein.
Größter Verlierer wird die Umwelt sein.

Spiritogre:

VW verkauft seine in China gebauten ID.3 nicht hierzulande, die Autos sind ohnehin nicht identisch. Der Cupra Tavascan oder wie der heißt soll in China gebaut werden. Das ist ja VWs Schuld, wenn sie da auf die billige Produktion spekuliert haben. Gleiches Spiel bei BMW und Co. die sollen gefälligst alle ihre Autos in Europa bauen und die Wirtschaft hier fördern und nicht billig in China und die Gewinne zu unserem Schaden einstreichen.

Roman L.:

Na dann.. 50% Aufschlag auf den ID3 aus China, dann schaffen sie es den Wagen in DE für unter 30k€ anzubieten. Los gehts…
China Zahlen Mai 2024, 6743 ID3 für durchschnittlich ca. 18k€

Nachtrag:
Oder ganz frisch (726 Zulassungen) den BMW i5 um 50k€ + 10% + 21% = 66k€
Vielleicht einfach mal nett die Händler fragen.

Spiritogre:

Eigentlich spricht alles was im Artikel steht doch für die Zölle…
Ich verweise erneut auf Carnewschina und den Seal U von BYD. Gewinnmarge in China ist 1400 Dollar, in Europa beinahe 15.000 Dollar. Mit Zoll ist die Gewinnmarge immer noch knapp über 5000. BYD könnte nun einen niedrigeren Preis hierzulande aufrufen um weniger Zoll zu zahlen und dennoch die gleiche Marge, also die 5000 Dollar, am Ende rauszuhaben. Gewinn für alle in Europa.

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