XBus: Mit ElectricBrands ist es nun endgültig vorbei

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ElectricBrands

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Anfang Februar hat ElectricBrands beim Amtsgericht Darmstadt einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt – wir berichteten. Demnach arbeitete das Unternehmen daran, eine vollständige Sanierung der Gesellschaft zu erzielen. Davon betroffen sind schlussendlich auch der modulare E-Transporter XBus, die kleine Variante XBus S sowie der Microlino-Marktbegleiter Evetta. Doch wie man nun liest und aus der Branche erfährt, war es das jetzt mit den Elektro-Leichtfahrzeugen. Von Seiten Electric Brands äußerte man sich nicht auf Nachfrage unsererseits.

Von Seiten EAN müssen wir uns auch ein wenig an die eigene Nase fassen und eingestehen, dass wir nach besten Wissen und Gewissen gehandelt und auch die Gespräche mit ElectricBrands geführt haben, aber eben von der Gesamtsituation überfahren wurden. Im Detail war die gesamte Entwicklung so für uns von außen nicht abzusehen. Angesichts dessen haben wir uns entschlossen, auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen nun ein wenig Aufklärung zu betreiben.

XBus: Zuletzt sah es vermeintlich so vielversprechend aus

Zuletzt hatte ElectricBrands augenscheinlich eine noch recht gute Figur abgegeben. Max Brandt war im EAN-Podcast zu Gast, den damaligen Vorstandsvorsitzenden von ElectricBrands konnten wir zur aktuellen Situation des Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf die angekündigte Insolvenz, die Restrukturierungsmaßnahmen, das Kernprodukt XBus und die Strategie des Unternehmens für die Zukunft befragen.

Für ein Update stand er dann im April 2024 nicht mehr zur Verfügung. So gab er gegenüber EAN lediglich zu verstehen: „Ich bin seit dem 1.4.2024 nicht mehr VV (Anm. d. Red. Vorstandsvorsitzender) der ElectricBrands AG. Ich bin also nicht berechtigt, Stellungnahmen oder Informationen abzugeben.“ Auf direkte Rückfrage an die ElectricBrands AG, dem Unternehmen hinter dem XBus und der Evetta, gab es ebenfalls keine Auskunft.

Im Podcast äußerte er sich als damaliger Vorstandsvorsitzender noch, dass es der neue XBus S als ein kleinerer Elektrotransporter richten soll. Zumindest so lange, bis die XBus-Variante als L7e-Fahrzeug erscheinen kann. Ob das nach über sechs Jahren noch irgendwann der Fall sein würde, schien schon mehr als fraglich. Eigentlich sollte der XBus, letzten Hinweise zufolge, bereits 2023 ausgeliefert werden, doch das Elektro-Leichtfahrzeug ließ weiter auf sich warten. Zuletzt wurde damit gerechnet, dass Anfang 2025 die ersten Fahrzeuge an Kund:innen ausgeliefert werden können. Fehlanzeige, wie wir nun wissen.

TYN-e als Sieger der Auseinandersetzung mit ElectricBrands

Was wir sicher nicht sehen werden, ist der XBus S. Dessen Aus ging ein Rechtsstreit mit Marktbegleiter TYN-e voraus. Die Geschäftsführung des Marktbegleiters TYN-e hatte Bedenken angemeldet, da der XBus S ihrer Meinung nach ein Plagiat ihres eigenen Modells darstellt, des TYN-e TX2. Besonders brisant war gewesen, dass auf den von XBus verbreiteten Bildern des XBus S-Prototypen im Hintergrund sogar ein TYN-e TX1 zu erkennen gewesen sei. Markus Graf, der Geschäftsführer von TYN-e, betonte gegenüber EAN: „TYN-e hat die exklusiven Rechte für den europäischen Markt. Diese Rechte können nicht von XBus erlangt werden“. Man würde gegen ElectricBrands rechtliche Schritte einleiten, wie aus der zugehörigen Pressemitteilung von TYN-e hervorging.

ElectricBrands hatte zeitnah Stellung zu den Vorwürfen bezogen. In entsprechender Mitteilung hieß es, dass das Unternehmen Shandong Horche Intelligent Automobile als Auftragsfertiger für ElectricBrands tätig sei. In Zusammenarbeit mit diesem sei ein Leichtfahrzeug der L7e-Klasse entwickelt worden. Dieses Fahrzeug, der XBus S, basiere auf einem bereits bestehenden Modell. Es bestehe eine verbindliche Vereinbarung, die die Exklusivität für Homologation und Vertrieb des Fahrzeugs in der L7e-Klasse in Europa und weiteren Weltregionen sicherstellt, hieß es damals.

Behauptungen, die so nicht wahr waren. Davon konnte sich EAN bei einer Presseveranstaltung am heutigen 11.04.2024 am Standort von TYN-e überzeugen. Liu Chuanfu, der Präsident von Shandong Horche Intelligent Automobile, gab vor Ort deutlich zu verstehen, dass man in Europa exklusiv mit einer Marke zusammenarbeite: TYN-e. Über XBus hat Chuanfu kein Wort verloren. Stattdessen aber über das gemeinsame Joint-Venture, welches man mit TYN-e in einer deutsch-chinesischen Partnerschaft anstrebe. Dazu bald mehr in einem gesonderten Artikel.

XBus-Aus: Händler und Mitarbeiter:innen stehen vor einem Scherbenhaufen

Doch damit weiterhin nicht genug für die Macher hinter dem XBus. In einer der letzten Pressemitteilungen gab ElectricBrands zu verstehen: „Wir haben bereits seit Jahren ein erstklassiges Vertriebsnetz mit 800 Händlern über ganz Europa aufgebaut“, Händler, die alles andere als erfreut über die Entwicklungen des Start-Ups sind.

Ein Großteil der Händler plant aber auch künftig weiterhin mit dem Absatz von Leichtelektrofahrzeugen. Aber eben nicht mehr aus dem Hause ElectricBrands, sondern aus dem Hause TYN-e, wie man uns vor Ort in deren Firmenzentrale Waiblingen bestätigte. Auch wolle man gemeinsame mit womöglich verärgerten XBus-Vorbestellern (und Anzahlern) eine Lösung finden, dass diese mit einem „blauen Auge“ und trotz allem auch mit einem Elektro-Leichttransporter davonkommen.

Für die Mitarbeiter:innen von ElectricBrands schaut es leider nicht so gut aus. Rund ein Viertel der auf LinkedIn ersichtlichen Angestellten wirbt auf dem eigenen Profil offen damit, einen neuen Job zu suchen. Die Daumen sind für diese gedrückt, nachdem XBus, XBus S und die Evetta nun der Vergangenheit angehören.

Quelle: eurotransport.de – Kampf in der Leichtgewicht-Klasse beendet – Insolvenz beendet Plagiat-Steit / TFB – Chris – E-Mobility – Wer hat jetzt von wem was abgeguckt? #xbus #electricbrands #tyne / Informationen per Mail

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Mato:

Der letzte Satz trifft den Nagel auf den Kopf !!

Kai:

AUS, AUS es ist AUS!!!
Durch Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 01.04.2024 ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gesellschaft ist aufgelöst. Sehr, sehr bedauerlich, dass eines der besten Konzepte, die es am Markt im L7e-Bereich gab, es dann doch nicht geschafft hat. Alle anderen sind dann eher „Kreisliga“ und werden nach und nach ebenfalls vom Markt verschwinden – zumindest dessen Wahrnehmung. ElectricBrands hätte ein Zugpferd in dieser Klasse für alle Fahrzeugbauer der L7e-Klasse werden können … hätte, hätte Fahrradkette …

Hans:

Spätestens mit Übernahme der insolventen Artega war klar, dass das so nicht funktionieren wird. Ab dem Zeitpunkt mussten Arbeiter bezahlt werden, ohne dass es ein serienreifes Produkt gibt. Und insolvent war Artega nicht ohne Grund. Der vorherige Geschäftsführer hatte ja jahrelang ähnlich seriös agiert hat wie Electric Brands. Stichwort: Microlino 1.0 vs. Artega Karo vs. Electric Brands Evetta.
Glück im Unglück hatte 2023 zumindest die Artega Sparte „Paragon Semvox“ welche von „VW Cariad“ einverleibt wurde. Man kann leider nichts anderes tun als den restlichen Artega Mitarbeitern die Daumen zu drücken.

Daniel W.:

E-Autos können die deutschen Startups nicht, siehe Sono Motors, und wie sich jetzt zeigt auch keine L7e-Fahrzeuge.

Bei Pedelecs mit Dach verlangen deutsche Startups Mondpreise, siehe Hopper Mobility, und ob die genug Kunden finden, um zu überleben, das ich fraglich.

Bei günstige E-Fahrzeugen führt wohl kein Weg an China vorbei, dort produziert man sehr günstig dank Massenfertigung und trotz der weiten Transportwege sind diese E-Fahrzeuge in Deutschland sehr günstig für die Kunden. Afrika ist ganz am Anfang und mit dem heimischen Markt ausgelastet, also eher kein Export.

Bei YouTube gibt es viele Videos mit günstigen E-Fahrzeugen aus China und Händlern, die ihr Firmengelände vollstehen haben und von hoher Nachfrage reden. Bei mir im Ort ist davon kaum etwas zu sehen, ab und zu ein Seniorenmobil oder der immer gleiche knatternde 2-Takt-Ape-Kabinenroller. Aber ich schaue auch nicht dauernd aus dem Fenster und da die E-Fahrzeuge keinen Lärm machen, kann es gut sein, dass ich deshalb nichts davon mitbekomme.

Wenn die deutschen Startups bei den Kosten nicht mithalten können, dann sollten sie sich auf den Import aus China konzentrieren und ihre Wünsche bei den chinesischen Hersteller äußern, damit diese die Ideen in die Produktion einfließen lassen können. Dadurch würden die Startups die hohen Entwicklungskosten sparen und durch günstigere E-Fahrzeuge mehr Kunden finden, so dass sich die ganze Sache rechnet anstatt auf die Exklusivität für wenige Kunden zu schielen.

Vielleicht lernen ja die künftigen Startups aus dem Scheitern von Sion und XBUS – nicht jedes Startup hat klappbare E-Tretroller als Finanzpolster im Rücken.

Frank2:

Wow – das ging ja dann noch schneller als gedacht :-)

Es wird gelogen und betrogen was das Zeug hält um an das Geld von naiven Investoren zu kommen.

Ich habe vor ca. einem Monat hier geschrieben, dass die Firma unseriös ist.
Ich korrigiere das hiermit.
Die Geschäftsleitung von ElectricBrands ist ein Haufen Gangster die genau wussten wo die Reise hingeht.

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