VW: Elektroauto-Krise zwingt zu Kürzungen

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Volkswagen

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Die Managementinformation (MMI) bei Volkswagen (VW) – eine digitale Zusammenkunft von VW-Managern weltweit – am Montag war alles andere als langweilig. Markenchef Thomas Schäfer hielt eine Brandrede vor rund 2000 Managern aus aller Welt. „Der Dachstuhl brennt“, warnte er, „dies ist der letzte Weckruf“. Die Wirtschaft steuere auf eine Rezession zu, und VW verdiene nur ein Drittel bis die Hälfte dessen, was seine Wettbewerber im gleichen Segment verdienen. Schäfer sprach von einem „perfekten Sturm“ im negativen Sinne und verhängte einen sofortigen Ausgabenstopp. Nur gesetzlich vorgeschriebene Ausgaben und große Investitionen seien noch erlaubt. Eine solche Regelung gab es zuletzt während der ersten Phase der Corona-Pandemie.

Schäfer hat ehrgeizige Ziele: Die Kernmarke des Volkswagen-Konzerns erzielte 2022 eine operative Rendite von 3,6 Prozent. Bis 2026 soll diese auf 6,5 Prozent steigen. Um das Ergebnis in den nächsten drei Jahren um zehn Milliarden Euro zu verbessern, hat Schäfer einiges vor. Allerdings dürfte dies angesichts der aktuellen Lage sehr schwierig werden. „Unser Fahrzeuggeschäft ist krank“, zitierten Teilnehmer der Sitzung Schäfers Finanzchef Patrik Andreas Mayer. Ohne Lizenzeinnahmen aus China und das gute Teilegeschäft (Aftersales) bleibe vom Gewinn nichts übrig.

Rückgang der Nachfrage nach Elektroautos

Die Situation für VW dürfte in den nächsten Monaten noch schwieriger werden, insbesondere in Bezug auf die Nachfrage nach Elektroautos. Noch vor einem Jahr konnte VW seine E-Modelle nicht schnell genug produzieren, um die Bestellungen zu erfüllen. Dies hat sich geändert. Der ID.3 hatte eine Lieferfrist von 13 Monaten, der ID.4 ebenso. Für Audis Kompakt-SUV Q4 e-tron betrug die Lieferzeit sogar 18 Monate. Doch inzwischen ist die Nachfrage nach Elektroautos von VW eingebrochen. Der Konzernvertrieb in Wolfsburg zweifelt bereits an den Jahreszielen. Erste Prognosen liegen laut VW-Planern um bis zu 300.000 unterhalb der angepeilten 9,5 Millionen verkauften Autos weltweit.

Auch andere Autohersteller wie Renault, Audi, Mercedes, Porsche und sogar Tesla haben Schwierigkeiten, ihre Elektroautos loszuwerden. Der Boom der vergangenen Jahre scheint vorbei, die weltpolitisch unsichere Lage führt zu Zögernis bei größeren Anschaffungen wie etwa einem Auto. Die Strategen der Konzerne bereiten nun schmerzhafte Korrekturen vor, die auch die eigene Belegschaft treffen werden.

Die gefährliche Trendwende ist von außen noch kaum sichtbar. Die Zulassungszahlen scheinen noch in Ordnung zu sein. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) meldete für das erste Halbjahr deutschlandweit ein Elektroplus von 31,7 Prozent. Aber diese Zahlen basieren hauptsächlich auf den Restaufträgen von 2022. Mit der ersten Senkung des staatlichen „Umweltbonus“ für E-Autos zum Jahreswechsel scheint auch das Interesse der Käufer an den Stromern zurückgegangen zu sein. Preise werden sinken müssen, um neues Interesse zu schüren.

Der neue Sparkurs bei VW

Kurzfristig bedeutet dies vor allem: Kosten senken, um die ambitionierten Margenziele noch zu erreichen. Der Ausgabenstopp ist der erste Schritt, der nächste wären die Personalausgaben. Noch greift Markenchef Schäfer in den Werken nicht komplett durch. Aber die Richtung ist klar. In der Fabrik in Emden haben seine Produktionsstrategen die Fertigung bereits gedrosselt und die ersten 300 der 1500 Leiharbeitskräfte wieder nach Hause geschickt. Auch die restlichen Zeitkräfte werden ihre Stellen nach jetzigem Stand mittelfristig verlieren.

Die Zukunftsaussichten sind düster. Wenn es so weitergeht, „laufen wir irgendwann im Herbst leer“, sagt ein Insider aus dem Konzern. Schäfer bereite daher weitere Kürzungen vor. Aktuell wird etwa im Werk Zwickau auf zwei Fertigungslinien produziert, die Bänder laufen im Dreischichtbetrieb. Schäfers Plan, falls es nicht besser wird: Er wolle auf Zweischichtbetrieb reduzieren, das Tempo der Bänder aber erhöhen. Unterm Strich hieße das aber: weniger Autos, weniger Arbeitskräfte.

Die aktuelle Krise bei VW wirft grundlegende Fragen auf. Können die Autohersteller die Transformation zur Elektromobilität ohne staatliche Hilfe überhaupt bewältigen? Oder krankt das System, in dem Dividenden für Großaktionäre wichtiger erscheinen als eine echte, auch preislich abgebildete Beziehungen zu Kunden, generell? Die mangelnde Begeisterung in der Masse für Elektroautos trifft selbst Branchenstars mit riesiger Fanbasis wie Tesla. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in den kommenden Monaten entwickelt – und welche Maßnahmen VW ergreifen wird, um die Krise zu bewältigen.

Quelle: Manager Magazin – Weckruf in Wolfsburg – die Brandrede von VW-Chef Thomas Schäfer

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Philipp:

Hält hier jemand Selbstgespräche?;)

Smartino:

„Da brennt also die Hütte komplett.“

Diese Falschmeldung hast du schon Jahren noch unter dem Pseudonym David verbreitet. Also müsste die Hütte mittlerweile längst komplett abgebrannt sein.

Wetten, dass du diesen Quatsch weiterhin regelmässig prophezeien wirst?
Man kann sich ja einmal irren, aber schlaue Leute lernen aus den begangenen Irrtümern.
Die andern wiederholen sie.

SDSD:

Nettolohn zu Kaufkraft ist in Deutschland schlechter als in vielen anderen Ländern. Und die Schere klafft immer weiter auseinander es gibt wenige mit extrem hohen Löhnen und immer mehr mit sehr niedrigen Löhnen.

Werner:

Der Zug ist abgefahren, VW hat es nur noch nicht gemerkt.
Batteriehersteller wie BYD verkaufen ihre Fahrzeuge zu Preisen, dafür bekommen deutsche Hersteller nicht einmal die Batterie. Und dank der Masse und Technologieführerschaft bei den in China hergestellten Batterien, besteht auch praktisch keine Chance für Europäer, auf diesem Sektor länger mitzuhalten.
Der Markt ist faktisch aufgeteilt. Wo die Welt noch Verbrenner braucht, da darf VW auf Absatz hoffen. Wo aber E-Autos gefragt sind und die Kunden nach Preis-Leistung entscheiden, wird VW bei E-Autos sehr schnell gar nichts mehr verdienen.

Philipp:

Wenn wenige hochpreisige Autos einen Einfluß haben müßten, dann müßte der Preis schon das zehn- bis hunderfache betragen. Haben sie aber nicht. Das reine Luxussegment mit Preisen >200k€ ist handverlesen und war vor 10 Jahren nicht kleiner.

Da die Stückzahlen in dem Segment aber nicht so hoch sind und schon gar nicht im Verhältnis zu den Volumenmodellen der unteren Preisklasse, ist deren Einfluß einfach zu vernachlässigen.

Mach doch mal eine Aufstellung nach Anzahl der verkauften Einheiten und Du wirst sehen, dass dein Ansatz einfach unwirklich ist:

Aktuelle KBA-Zulassungszahlen (Summe Jan-Jun)
1 VW Golf 37.798
2 VW T-Roc 36.365
3 VW Tiguan 33.095
4 Tesla Model Y 27.825
5 Opel Corsa 25.838
6 Mercedes C-Klasse 25.444
7 VW Passat 23.630
8 Skoda Octavia 23.011
9 Mini 21.791
10 Fiat 500 19.045

50 VW Up 7914

Und all die Kleinwagen ohne Golf haben Zuwächse gegenüber dem letzten Jahr.

In den Top 50 ist nicht ein einziger Porsche dabei, auch kein 7’er oder S-Klasse, schon gar kein Bentley oder Austin Martin, Ferrari oder sonstwas in der Klasse 200k+.

SDSD:

DIe Autos sind generell viel zu teuer geworden. Ein Transporter Transit hatte vor 10 Jahren gut 21000€ gekostet jetzt kostet das entsprechende Nachfolgemodell ab 42000€!!!
Elektroautos sind ja noch viel teurer bzw. es gibt gar keine bezahlbaren im Kleintransportersegment. Und dann die Unsicherheit des Wertverlustes mit angezählter Batterie nach 3-4 Jahren.
Die Dividenden der Großaktionäre und die Boni der Vorstände sind immer üppiger geworden aber die Gehälter der Durchschnittsbürger eben nicht.

Philipp:

Es ist der Preis was im Schnitt die Gesellschaft bereit ist für einen Neuwagen auszugeben

Das ist genau der Trugschluss, weil es durch wenige hochpreisige Anschaffungen verzerrt wird.
Nur weil 1000 Käufer 100k€ für einen Neuwagen bezahlt haben, gilt für den Rest das 40k€ zumutbar sind?

Die Rechnung wäre realistischer wenn die Einzelverkäufe gewichtet und nach Preiskategorien gestaffelt wären.

Z.B. Anschaffungspreis :

  • 100k€ mit 10%
  • 75k€ mit 25%
  • 50k€ mit 50%
  • 25k€ mit 100%
Robert:

da bin ich aber gespannt bisher waren die aussagen von Marc immer falsch und es ist das Gegenteil eingetreten siehe Tesla meistverkauftes Auto (Model Y) der Welt höchste Auslieferung und Produktionen im letzen Quartal Tesla eilt von Rekord zu Rekord, hat vom Model Y mehr mehr verkauft als ger gesamte VW-Konzern mit seine vielen vielen Untermarken wird dieses Jahr sein Ziel von 1,7 Millionen Autos übertreffen ich rechne mit 1,9 – 2 Millionen

Sven:

Gut informiert durch das Handelsblatt? Was ist eigentlich aus den Tesla-Files geworden?

Philipp:

Das Blöde am Durchschnitt ist, das dieser zwar mathematisch korrekt ist, aber aufgrund der ungleichen Einkommensverhältnisse nur einen sehr geringen Teil der potentiellen Kaufinteressenten berücksichtigt, wenn man ihn als Preisreferenz heranzieht.
Daran kranken leider nicht nur die Märkte, sondern auch die Politik mit ihren Umfragewerten.
Der Rechtsruck in Europa kommt zum großen Teil daher, da zu viele Einzelschicksale nicht mehr abgeholt bzw. berücksichtigt werden, da diese zu weit unter dem Durchschnitt liegen

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