So möchte The Mobility House die E-Mobilität besser machen

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The Mobility House

Benny Weisenfels
Benny Weisenfels
  —  Lesedauer 6 min

In einem abgelegenen Teil des Sauerlands befindet sich ein historisches Steinkohlekraftwerk aus dem Jahr 1912, in dem alte Batterien aus Elektroautos als Speicher genutzt werden. Marcus Fendt, Geschäftsführer des Technologieunternehmens The Mobility House (TMH), erläutert in einem Interview, was es damit auf sich hat. Es geht auch um die Möglichkeit für Elektroautofahrer, von der Vermarktung ihrer Ladeflexibilität zu profitieren.

Gebrauchte Akkus, so Fendt, seien Teil ihrer Vision. Ausgediente Elektroautobatterien weiterzuverwenden könne das Energienetz unterstützen und gleichzeitig das Elektroautofahren erschwinglicher machen, sagt er. In einem Container befinden sich insgesamt 48 gebrauchte Batterien – in diesem Beispiel vom Renault Zoe – , die über eine Kapazität von ungefähr einem Megawatt verfügen. Darüber sind Inverter, die schnell und flexibel an jeden Ort transportiert werden können, wo man sie eben braucht. Diese müssen also nicht dauerhaft im Gebäude verbleiben. Durch das Aufstellen des Containers stehe sofort ein Megawatt Leistung zur Verfügung, das noch weitere zehn bis 15 Jahre genutzt werden könne, erklärt das Unternehmen.

Batteriespeicher waren letztes Jahr „besonders rentabel“

Das Unternehmen möchte zur Schaffung einer nachhaltigen Energielandschaft beitragen, indem es Elektroautofahrern ermöglicht, ihre Fahrzeuge mit erneuerbaren Energien zu laden – und das idealerweise kostenfrei, also „zero zero“. Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung sei das neu eingeführte Produkt „Eyond“, das Elektroautobatterien beziehungsweise Elektroautos aktiv in den Energiemarkt integrieren kann und laut TMH eine erneuerbare Energiewelt vorantreibt.

Die Umwandlung eines alten Kohlekraftwerkstandorts hin zu erneuerbaren Energien stehe symbolisch für dieses Vorhaben. Das Unternehmen nutzt den Standort, um Primär-Regelenergie bereitzustellen, wodurch das deutsche Stromnetz stabilisiert wird. Angebot und Nachfrage auszugleichen, geht mit Batterien innerhalb von Millisekunden. Dieser Prozess erfolgt normalerweise durch konventionelle Kraftwerke wie Kohle- oder Gaskraftwerke, aber das Unternehmen demonstriert, dass auch Batteriespeicher diese Aufgabe übernehmen können.

Die finanzielle Perspektive unterstreiche die Rentabilität dieses Projekts: Im Jahr 2021 hat das Unternehmen nach eigenen Angaben durchschnittlich etwa 1500 Euro pro Batterie und im Jahr 2022 sogar 2500 Euro erwirtschaftet, wobei das letzte Jahr auf dem Energiemarkt besonders profitabel gewesen sei: „Man muss dazusagen, dass das letzte Jahr vom Energiemarkt her sehr besonders war. Es gab viele Abweichungen. Daher ist der Wert so hoch ausgefallen“, erklärt TMH.

Das langfristige Ziel der Vision „zero zero“ – emissionsfreies Fahren und Laden durch die Nutzung ausschließlich grünen Stroms, dazu kostenfrei – sei durchaus machbar, so das Technologieunternehmen. Neben den 48 Batterien vor Ort verfüge man zudem über eine beträchtliche Anzahl weiterer Batterien, was das Potential für Wachstum und Einfluss auf den Energiemarkt unterstreiche.

Second-Life-Speicher: So möchte The Mobility House die E-Mobilität besser machen
Gebündelt zu Stromspeichern können Lithium-Ionen-Batterien – hier von einem Nissan Leaf – als Backup-Stromversorgung etwa während Fußballspielen oder Konzerten dienen. Damit kann auf herkömmliche Notstromaggregate verzichtet werden | Bild: Nissan

Nissan-Leaf-Batterien versorgen im Notfall die Amsterdam Arena

In einer Halle in Elverlingsen befinden sich Second-Life-Batterien, die von den Automobilherstellern nicht mehr für ihre Versuchsfahrzeuge verwendet werden konnten. Das Unternehmen hat diese Batterien übernommen, um ihren Wert im Energiesystem zu demonstrieren. Derzeit werden etwa 17 kWh von den Batterien genutzt, während sie ursprünglich eine Kapazität von etwa 24 kWh hatten.

Insgesamt handle es sich um über 1330 Batterien, darunter sowohl Second-Life- als auch First-Life-Batterien. Die First-Life-Batterien werden beispielsweise aus Unfallfahrzeugen gewonnen. Es zeige sich, dass die neuen Akkus bei richtiger Pflege und Ladung praktisch nicht altern. Durch die sorgsame Behandlung, bei der die Batterien weder übermäßig belastet noch extremen Temperaturen ausgesetzt werden, bleibe ihre Kapazität erhalten: „Wir beschleunigen nicht, wir bremsen nicht, wir haben hier immer 25 Grad und wir fahren den Akku nicht an die Grenzen. Somit betreiben wir ihn sehr schonend, wie man hier auch schön an der Ladekurve sieht. Immer ein bisschen laden, ein bisschen entladen und darum hält er“. Dies ermögliche es, die Batterien über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren zu nutzen und sie anschließend immer noch als Ersatzteile in Fahrzeugen einzusetzen.

Die Batteriespeicher werden auch an anderen Standorten genutzt, wie zum Beispiel in der Amsterdam Arena, wo sowohl neue als auch gebrauchte Batterien des Nissan Leaf zum Einsatz kommen. Diese Batterien dienen als Backup-Stromversorgung während Fußballspielen oder Konzerten, wodurch die Arena auf den Kauf eines Notstromaggregats verzichten konnte. Im Gegensatz zu herkömmlichen Dieselaggregaten können diese Batterien das gesamte Event ohne Unterbrechung mit Strom versorgen, erklärt The Mobility House.

Second-Life-Speicher: So möchte The Mobility House die E-Mobilität besser machen
Beim Ladetarif „Eyond“  planen und steuern Kunden ihre Ladevorgänge mithilfe der Smart Charging App, während The Mobility House im Hintergrund die bereitgestellte Batterieflexibilität über den „FlexibilityAggregator“ bündelt. Dann übernimmt der FlexibilityTrader die Vermarktung der gewonnenen Ladeflexibilität im Kurzfristhandel und trägt dabei das Risiko von Prognoseabweichungen | Bild: The Mobility House

Geld zurück beim Laden von Elektroautos

Während Vehicle-to-Grid (V2G) als vielversprechende Zukunft angesehen wird, ist das Laden von Elektroautos derzeit noch einfacher. Das Unternehmen bietet dafür den bereits erwähnten Ladetarif „Eyond“ an, der smartes Laden ermöglicht. Der Hintergrund: Seit dem 1. Januar 2024 müssen neu installierte Ladestationen mit mehr als 4,2 kW Leistung nach Paragraph 14a des Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) vom Netzbetreiber steuerbar sein. Bei Netzengpässen können Betreiber die Ladeleistung vorübergehend auf 4,2 kW herunter regeln. E-Auto-Fahrer sollen im Gegenzug von reduzierten Netzentgelten profitieren. Der Tarif biete E-Auto-Fahrern die Möglichkeit, von den reduzierten Netzentgelten durch die Neufassung von Paragraph 14a EnWG zu profitieren.

Der Tarif Eyond soll mit einem festen Arbeitspreis sowie Einsparungen von 10 Cent je netzdienlich geladener Kilowattstunde die Vorteile klassischer und dynamischer Tarife bieten können – „ohne Komforteinbußen und Preisrisiken“, so das Unternehmen. Für Kunden seien damit bei einem beispielhaften Strombedarf für das E-Auto von 2500 kWh pro Jahr Einsparungen von rund 250 Euro möglich, heißt es. Durch Paragraph 14a kommen durchschnittlich rund 160 Euro dazu. Wie groß der genaue Vorteil ist, hänge von der Höhe des regionalen Netzentgelts ab.

Kunden, die ihr Elektroauto zur Verfügung stellen, erhalten Unterstützung beim Laden. Sie können etwa festlegen, dass ihr Auto nach ihrer Rückkehr mindestens auf 30 Prozent Batteriekapazität geladen sein soll. Anschließend können sie das Auto dem Unternehmen überlassen, um es bis zum nächsten Morgen oder sogar bis zum übernächsten Tag auf beispielsweise 90 Prozent aufzuladen. Während dieser Zeit werde das Auto intelligent geladen – immer dann, wenn Strom besonders günstig ist.

Das Unternehmen profitiert letztendlich von der Flexibilität seiner Kunden. Sie können entscheiden, wann sie den Strom laden möchten, basierend auf Prognosen darüber, wann Strom am umweltfreundlichsten produziert wird oder wann andere Marktteilnehmer überschüssigen Strom loswerden möchten. Kunden müssen jedoch einen Stromtarif von The Mobility House zurückgreifen. Obwohl das Unternehmen nicht den günstigsten Stromtarif anbietet, können Kunden durch die Rückvergütung andere Angebote auf dem Markt überholen. Der Vorteil für die Elektroautofahrer bestehe darin, dass sie sich um nichts kümmern müssen. Das Unternehmen hat auch ein Video veröffentlicht, in dem noch näher auf die Themen Stromspeicher und V2G eingegangen wird. Hier könnt ihr es euch anschauen.

Quelle: The Mobility House – Interview mit Move Electric: Riesiger Akkuspeicher aus fast 1400 Elektroauto-Batterien – und eine klare Vision für die Zukunft / The Mobility House – Pressemitteilung vom 14.02.2024

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Benny Weisenfels

Benny Weisenfels

Schon als Kind hatte Benny im wahrsten Sinne des Wortes eine Schraube locker. All sein Taschengeld floss in neue Modellautos, um den Spielteppich mit schönen Flitzern zu füllen. Mit dem Erwachsenwerden wurde aus seiner Leidenschaft für Miniaturen eine Faszination für die echten Vorbilder. Heute begeistert ihn alles, was sich Auto nennen darf – egal ob Oldtimer, Sportwagen oder Elektroautos. Vor allem das lautlose Stromern hat es ihm angetan, nachdem er den ersten Tesla Roadster fahren durfte (schon ein paar Jahre her). In und nach seinem Journalismus-Studium schreibt er seit nunmehr mehr als zehn Jahren mit Leidenschaft und Erfahrung für renommierte Fachmedien und Tageszeitungen, stets mit dem Ziel, technologieoffen zu bleiben.

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