Nio ET5: Konkurrenz für deutsche Premium-Marken

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Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 5 min

Gerade die europäischen Premiumhersteller kommen derzeit kaum zur Ruhe. Bestes Beispiel ist der neue Nio ET5, mit dem der chinesische Autobauer Modelle wie Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse angreifen will. Nicht nur dessen Design präsentiert sich als überaus gefällig, sondern auch die Technik passt.

Mehr als andere chinesische Automarken bekennt sich Nio ebenso lautstark wie selbstbewusst zum ertragreichen Premiumsegment und geht mit Community-Gedanken oder trendigen Nio-Houses auf Konfrontationskurs mit dem deutschen Premiumtrio sowie Wettbewerbern von Tesla oder Polestar. Der neue ET5 ist gefällig, mit einer Länge von knapp 4,80 Metern im Herzen der edlen Mittelklasse und bietet Fahrleistungen, die bei den allermeisten Kunden kaum Wünsche offenlassen dürften. Der Kunde hat dabei kaum eine Wahl, denn das ET5-Paket gibt einem abseits der neun unterschiedlichen Außenfarben und vier Kolorationen innen kaum Varianz.

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Obligatorisch wird die viertürige Mittelklasselimousine dabei von zwei Elektromotoren angetrieben, die imposante 360 kW / 480 PS und ein maximales Drehmoment von 700 Nm leisten. Aus dem Stand schafft der Allradler den Imagespurt auf Tempo 100 in vier Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 200 km/h abgeregelt. Der gewaltige Schub ist angesichts dieses Antriebspakets wenig überraschend.

Doch wie viel Dampf Fahrer und Passagiere fühlen, hängt stark vom jeweiligen Fahrprogramm ab. Bissig wird es in den beiden Sportmodi – ansonsten geht es zaghafter, aber kaum weniger nachdrücklich zu. Das Fahrwerk ist dabei vergleichsweise komfortabel und an die Lenkung muss man sich gewöhnen, denn die Rückmeldung des Steuers ist im Vergleich zu so manchem Wettbewerber deutlich künstlicher und man vermisst den direkten Kontakt zur Fahrbahn. Angenehm auch bei höheren Geschwindigkeiten – die geringen Windgeräusche, die zur hohen Aufenthaltsqualität im Innern beitragen.

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Der Innenraum ist großzügig, wirkt edel und dabei gut verarbeitet. Für ein neues Fahrzeug dürften sowohl das 12,8-Zoll-Zentraldisplay als auch die 10,2-Zoll-Instrumente hinter dem Lenkrad größer dimensioniert sein. Die Stühle mit der etwas zu hohen Sitzposition sind bequem, Türtafeln und Armaturenbrett wirken nüchtern, geradezu skandinavisch kühl gestaltet, während das serienmäßige Panoramadach viel Licht ins Innere bringt.

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Die Kunstledersitze könnten für ein Fahrzeug der 60.000-Euro-Liga jedoch edler sein und dem Kunden auch in einem edlen Ausstattungspaket keine Echtledersitze anzubieten, ist ebenso ein Versäumnis wie das fehlende Head-up-Display. Auf der Armaturentafel sitzt der freundliche Bedienassistenz Nomi Mate, der den Fahrer mit seiner künstlichen Intelligenz für Anfragen aller Art unterstützt. Wem der Mate zu aufdringlich lächelt, kann sich für die optisch wie sprachlich zahmere Version des Nomi Halo entscheiden, die die konservativeren Kunden ansprechen soll. Viel Aufwand für wenig reale Unterscheidung und daher anzunehmen, dass man sich im Hause Nio beizeiten für einen der beiden Charaktere entscheiden wird. Das Ladevolumen liegt bei überschaubaren 386 Litern – nicht viel, aber allemal ausreichend.

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Bei der Preisgestaltung wird trotz kompletter Ausstattung komplizierter als bei der direkten Konkurrenz. Es geht mit dem kleinen 75-kWh-Akkupaket für 47.500 Euro los. Hört sich überaus günstig an – ist es aber nicht, denn bei diesem Einstandspreis fehlt die Batterie im Unterboden. Diese lässt sich Nio weitere 12.000 Euro kosten, wenn es das kleine Paket sein soll, mit dem eine elektrische Reichweite von 456 Kilometern drin ist.

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Die meisten Kunden dürften sich für die Version mit dem größeren 100-kWh-Akkupaket interessieren, die jedoch inklusiv Akkupaket 21.000 Euro zusätzlich kostet und dem Fahrer 590 Kilometer bis zum nächsten Tankstopp schenkt. Das Komfortpaket mit klimatisierten Massagesitzen, Lenkradheizung und Sitzheizung im Fond kostet 1.500 Euro.

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Wer das Batteriepaket kauft, der kann jedoch nicht an die Wechselstationen fahren, um den sonst üblichen Ladestopp durch den automatisierten Akkutausch auf fünf Minuten zu verkürzen. Dabei lässt die Ladeleistung von maximal 140 Kilowatt für ein neues Auto der Elektromittelklasse einige Wünsche offen. BMW bietet seinen i4 mit 195 kW und Tesla lässt den Doppelpack aus Model 3 / Model Y mit bis zu 250 kW nachtanken. Wer das Akkupaket nicht kauft, bezahlt an zusätzlicher Akkumiete zwischen 169 und 289 Euro monatlich. Für viele dürfte ohnehin das Auto-Abo-Modell der einfachste Weg sein, in einem Nio zu kommen. Hier verspricht sich der chinesische Autobauer langfristig die größte Nachfrage. Die Kosten 978 bis 1.238 Euro pro Monat.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.
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Groß:

Ja.
und ich werde nie mehr auf einen Verbrenner zurück gehen.

Sonnenanbeter:

Frage in die Runde. Fahrt Ihr ein vollelektrisches Fahrzeug?

Groß:

In China fallen, außer Tesla, alle und nicht nur die Deutschen Hersteller durch.
Die Entwicklung in China gerade im E-Autobereich ist so rasant, dass andere nur noch hinterher rennen können.
Gerade NIO, Li oder BYD stossen in den Premium-Bereich vor.
Vernetzung ist hier alles. Selbst das was von den europäischen Hersteller als Studie gezeigt wird kann man teilweise bei diesen schon in Serie kaufen.
Gerade Li hat mit dem Upgrade ein Vernetzung und Ausstattung in die Serie gebracht welche Teilweise nicht mal in Europa angeboten wird.
Nio arbeitet an der Klasse über dem ET7 und mit dem Upgrade von ES8, der größere Bruder von EL7, kommt in China eine Premium-Ausstattung in die Serie welche man so in Europa nicht kaufen kann.
Die Angebote in Europa und Deutschland sind nur ein Teil dessen was in China angeboten wird.
Gerade NIO mit dem zwischenzeitlich immer besser ausgebauten Netz von Wechselstationen ist mehr und mehr etabliert. Gerade in den Klassen welche NIO bedient, werden die Europäer in China immer mehr verdrängt.
Bei vielen in Deutschland und Europa wir auch verschwiegen, dass NIO ein Entwicklungszentrum im München und den USA hat und mit dem gleichen Zulieferer wie BMW, VW und Mercedes zusammen arbeitet. Auch dies wissen viele nicht.

MMM:

Gerade im Premium-Segment sehe ich nicht, warum deutsche Hersteller hier Angstschweiß auf der Stirn haben sollten.

In Deutschland nicht, in Europa vermutlich auch nicht. In den USA weiß ich das nicht, aber in China ist Nio etabliert. Da müssen sich die Deutschen längst an Marken wie diesen messen lassen.
Und das reicht im Grunde ja schon, um die Stimmung zu verderben. China ist ein Standbein bei den Deutschen, wenn das wegbricht, werden ein paar Leute noch große Augen machen.
Übrigens im Volumensektor noch mehr als im Premiumsektor. Die Chinesen besetzen das längst, nur halt bisher noch nicht bei uns – oder nicht in einem Maße, dass uns hier Angst und Bange werden muss.
In China ist das Thema schon fast durch.

Tom:

…also gegen eine Tesla Model 3 oder auch einen BMW i4 sehe ich hier sehrwohl Chancen.
Auch bei Tesla gibt bis heute erhebliche Service-Lücken und die Leute kaufen trotzdem.
Selbst bin ich erstaunt… sehe ich schon bald alle Tage irgend einen „Chinesen“ auf der Strasse. BYD und MG reißen das Volumensegment gerade erst an. Das sind direkte Gegner zu ID3 oder Renault….
Qualität können sie auch. Die Fahrzeuge sind meistens annähernd voll ausgestattet.
Wenn sie nicht reihenweise grobe Fehler machen und die Skepsis sinkt, dann haben in absehbarer Zeit einige klassische Marken ein Problem.
Ich bin mir sicher… sie kommen um zu bleiben ;-)

Martin:

Ein nettes Wägelchen. Wäre er deutlich günstiger, könnte man ja mal Händlernetz und Ersatzteilversorgung checken, um einen ernsthaften Vergleich zu etablierten Marken zu ziehen.

Abseits eines Leasingvertrags zählt auch Langzeitqualität. Diese müssen die ganzen Herausforderer erst noch beweisen. Gerade im Premium-Segment sehe ich nicht, warum deutsche Hersteller hier Angstschweiß auf der Stirn haben sollten. (Auch wenn hier teilweise der Ruhm vergangener Zeiten aufgezehrt wird..(!) Wenn sie wollen, können deutsche Autobauer Qualität liefern.) Seit Jahren baut Lexus tolle Autos, die z.B. in Amerika deutschen Oberklasselimousinen ernsthafte Konkurrenz bietet. In Europa läuft das anders…
An einen chinesischen Erfolg im Premiumsegment glaube ich einfach nicht.

Solange nicht über den Preis das Einstiegssegment oder gar die untere Mittelklasse attackiert werden, sehe ich noch nicht die höchste Alarmstufe. Allerdings kann sich das sehr schnell ändern. Tesla hat hier schon mal demonstriert, dass Sie entschlossen sind, aggressiv Maktanteile zu verteidigen.

Es gibt aktuell, gerade auch durch China, viele Automarken. Zu viele, um für alle dauerhaften Bestand zu gewährleisten. Der Kampf um die Marktführerschaft im Volumenmarkt hat dabei (hierzulande) noch nicht einmal richtig begonnen…

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