Hersteller beenden umstrittene CO2-Verrechnung – bis auf zwei

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Daniel Krenzer
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Derzeit gilt innerhalb der EU die Regelung, dass die von Autoherstellern verkauften Neufahrzeuge durchschnittlich maximal 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen dürfen, ohne dass eine Strafe fällig wird. Bis 2035 soll dieser Wert sukzessive bis auf 0 absinken. Hersteller, die bislang diese Grenzwerte nicht einhalten konnten, haben die Möglichkeit, sich bei anderen Herstellern mit geringeren Werten „freizukaufen“ – für reine Elektroauto-Marken wie Tesla ein lohnenswertes Zusatzgeschäft. Wie die Automobilwoche nun berichtet, sollen die meisten Hersteller zum Ende des Jahres 2024 diese umstrittene Praxis beilegen – es gibt aber offenbar zwei prominente Ausnahmen.

Mercedes-Benz möchte diese Möglichkeit offenbar aber wohl noch bis 2027 nutzen, und zwar für die Sportmarke AMG, aber auch für Smart. Dies sei der jüngsten Veröffentlichung der EU-Kommission in Brüssel zu entnehmen. „Ebenfalls über das laufende Jahr hinaus hält noch Ford einen CO2-Pool aktiv“, schreibt die Automobilwoche. Alle anderen Hersteller haben demnach angegeben, spätestens ab dem Jahr 2025 die von der EU vorgegebenen Grenzwerte einhalten zu wollen.

Der individuelle Flottenwert für jeden Hersteller wird neben des derzeit gültigen Richtwerts von 95 Gramm CO2 pro Kilometer auch anhand des Durchschnittsgewichts der verkauften Fahrzeuge ermittelt. Schwerere Fahrzeuge dürfen somit also von vornherein höhere Emissionswerte aufweisen – auch das ist freilich nicht unumstritten. Die FDP machte sich zuletzt hingegen für ein Aufweichen der CO2-Ziele stark.

Das gilt demnach auch für Volkswagen, das in der Vergangenheit seine zu hohen Flottenwerte unter anderem mithilfe der chinesischen Hersteller Nio, Xpeng und Lynk &Co ausglich. Während ein Elektroauto oder Fahrzeug mit Brennstoffzelle mit 0 Gramm CO2 pro Kilometer in die Bilanz einfließt, sind es bei einem Golf GTI beispielsweise bis zu 157 Gramm. Zuletzt lag der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Neufahrzeug in der EU bei 109 Gramm pro Kilometer. Der Grenzwert von derzeit 95 Gramm CO2 pro Kilometer entspricht einem WLTP-Verbrauch von 4,1 Liter Benzin oder 3,6 Liter Diesel. 2025 sinkt der Grenzwert auf 93,8 Gramm minimal ab.

Quelle: Automobilwoche – „CO2-Emissionen: Mercedes und Ford poolen am längsten“

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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Norbert Sele:

Endlich mal jemand, der versucht, den effektiven CO2 Ausstoss der Verbrenner darzustellen. Allerdings habe ich den CO2-Ausstos den Transports der Kraftstoffe von der Quelle bis zur Tankstelle in dieser Berechnung nicht gefunden. Ist der irgendwo eingerechnet?

Daniel W.:

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Der Grenzwert von derzeit 95 Gramm CO2 pro Kilometer entspricht einem WLTP-Verbrauch von 4,1 Liter Benzin oder 3,6 Liter Diesel.
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Das sind bei 100 km maximal 9.500 g.

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Die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom verursachte 2022 durchschnittlich 434 Gramm CO2. In 2021 … 410 und in 2020 bei 369 Gramm pro Kilowattstunde.
(Quelle: umweltbundesamt.de)
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Auch im Hinblick auf die spezifischen CO2-Emissionen sind die rheinischen Braunkohlenkraftwerke negative Spitze. Bis zu 1.188 g CO2 pro Kilowattstunde Strom emittieren die zum Teil mehr als 45 Jahre alten Kraftwerke. Aber auch die angeblich „modernsten Braunkohlenkraftwerke der Welt“, die so genannten Braunkohlenkraftwerke mit optimierter Anlagentechnik (BoA) in Niederaußem und Neurath kommen noch immer auf etwa 950 g CO2/kWh. Das ist dreimal mehr, als bei modernen Gaskraftwerken.
(Quelle: bund-nrw.de)
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Verbrenner:

Rechnet man den Strom der Raffinerie dazu (1,585 kWh/LIter) und geht von 5 Litern/100 km aus, dann sind es 7,925 kWh pro 100 km.
7,925 kWh Raffineriestrom sind 3.962,5 g CO2 (Strommix) auf 100 km plus die max. 9.500 g CO2 ergibt max. 13.462,5 g CO2 auf 100 km.
7,925 kWh Raffineriestrom sind 9.414,9 g CO2 (Braunkohle) auf 100 km plus die max. 9.500 g CO2 ergibt max. 18.914,9 g CO2 auf 100 km.

E-Auto:

Geht man von 500 g CO2 pro kWh (Strommix) und max. 9.500 g aus, dann dürften E-Autos maximal 19 kWh auf 100 km verbrauchen.
Bei Braunkohlenkraftwerken mit bis zu 1.188 g bzw. etwa 950 g CO2/kWh wären es maximal 8 bzw. 10 kWh auf 100 km.

Vergleich:

Verbrenner (Raffinerie Strommix plus max. 3,6 / 4,1 Liter/100km) max. 13.462,5 g auf 100 km – entspräche beim E-Auto knapp 27 kWh auf 100 km.
Verbrenner (Raffinerie Braunkohle plus max. 3,6 / 4,1 Liter/100km) max. 18.914,9 g CO2/100 km – wären beim E-Auto knapp 16 kWh auf 100 km.

Fazit:

Selbst bei dreckigem Braunkohlestrom wären kleine E-Autos mit Verbrennern etwa gleichauf.
Beim Strommix wären kleine E-Autos rund 1/3 sauberer als Verbrenner.

Hierbei wurden Apfel mit Äpfel und Birnen mit Birnen verglichen und nicht Äpfel mit Birnen, wie es einige Leute gerne machen.

Silverbeard:

Der Strommix wird nicht ab Steckdose (bzw. Kraftwerk) gerechnet, sondern enthält das CO2 ab Kohleförderung.

Silverbeard:

Bei den Verbrennern wird ja auch nicht berücksichtigt, dass der CO2 Ausstoß durch die Ölförderung, die Kraftstoffherstellung und den Transport etwa 15% höher ist, als am Auto gemessen werden kann.

Im Übrigen: Was wäre denn Dein Vorschlag, überhaupt keine Mobilität mehr, bis 100% CO2 Freiheit gewährleistet werden kann?

Melvin:

Stimmt – auch wenn es erstmal so klingt, als ob das BEV hier schöngerechnet würde.
Allerdings wird der CO2-Ausstoß des ICEV auch nur am Auspuff bestimmt und nicht über die Gestehungskette des Benzins – dann wäre der CO2(e)-Ausstoß eines ICEV auch nochmal um einiges höher, als er hier angerechnet wird.
Daher ist es wohl mehr oder weniger „ausgleichende Gerechtigkeit“, das eben ab Zapfsäule / Steckdose gerechnet wird.

Ich sehe es auch noch aus einem anderen Blickwinkel – in Städten und Dörfern freut man sich sicherlich darüber, dass ein Elektro eben lokal keine Abgase und deutlich weniger Lärm verursachen. Zumindest geht es mir auf jeden Fall so und umgekehrt nerven alte laute und stinkende Verbrenner teils schon.
Zumal die Filtermaßnahmen (DPF, Adblue etc.) beim ICEV, wenn vorhanden, i. d. R. vor allem im Stadtverkehr eh kaum laufen, gewschweige denn im Optimum.
Dagegen laufen die Filtermaßnahmen am Kraftwerk vermutlich eher in einem passenden Bereich.

So oder so können die durchaus sinnvollen Flottenziele nur durch Einbringung von mehr und mehr Elektrofahrzeugen (oder ähnlich emissionsarmen Antrieben, niemals aber e-Fuels und dergleichen pinke Einhörner) erreicht werden.

Gregor:

Ich finde BEV sind haushoch überlegen in Effizienz bei Mobilität. Aber diese Rechnung „Während ein Elektroauto oder Fahrzeug mit Brennstoffzelle mit 0 Gramm CO2 pro Kilometer in die Bilanz einfließt, sind es bei einem Golf GTI beispielsweise bis zu 157 Gramm. “ hier ist bullshit. Wird aber scheinbar genutzt, um ICE Autos länger am Markt zu halten. Eigentlich müssten ICE Autos extrem schnell gebremst werden oder weniger werden, damit am Ende noch ein Landstrich ohne Klimawandel übrig bleibt.

Denn statt 0g sollte hier der Mix genommen werden um die Gramm der BEV zu berechnen :D

Philipp:

Dein Punkt ist zum Teil natürlich valide, weil aktuell kein eAuto komplett CO2 frei unterwegs ist.

Aber:
Wie hoch berechnest du denn den CO2 Anteil, wenn man einen Strommix hat?
Wenn dieser Mix abhängig von Jahres- und Tageszeit ist? Wenn Teile des Mixes fix 100% bleiben, weil sie aktuell noch zur Wärmegewinnung benutzt werden?
Wenn Verträge mit Großabnehmern existieren, die zu 100% Kohlestrom beziehen und der verbleibende Mix dann bersser ist?

Und wie hoch ist er denn über die Lebensdauer des eAutos, wenn sich der CO2-Anteil jedes Jahr reduziert (ich kann daher eigentlich schon behaupten, dass jedes eAuto das heute verkauft wird, in 10 Jahren 0 CO2 mehr ausstöst, wenn die Planungen des EE-Ausbaus umgesetzt sind)?

Gerade wegen des letzten Punkts kann man durchaus mit 0 rechnen und generell gilt, dass auch für Verbrennerhersteller ein zusätzlicher Anreiz für eAuto-Umstellung vorhanden sein soll.

Gregor:

Kann mich mal jemand aufklären, warum dieser Anlasshandel genehmigt ist? Wenn ein BEV 0 g CO2 emittiert, das gilt das lokal. Aber wegen des Strommix wird für jeden km trotzdem CO2 emittiert. Da kann man sich ja gar nix schön rechnen. CO2 wurde trotzdem frei gesetzt.
Wird echt noch lustig werden, wenn wir alle wie die verrückten von Hagel und Hochwasser geplagt unser Leben leben müssen. Weil solche Taschenspieler Tricks niemandem geholfen haben, außer der Industrie und der Dividende.

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