Ladeinfrastruktur: E-Lkw könnten zum Ladenhüter werden

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MAN

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Karina Schnur, Betriebsratschefin von MAN und der VW-Nutzfahrzeug-Tochter Traton, zeigt sich über die aktuelle Situation am Markt für Lkw alles andere als erfreut. Denn der Umstieg auf die Elektromobilität, Strafen für zu hohen CO₂-Ausstoß sowie die Verschärfung der Abgasnormen sei zu viel. Vor allem, wenn alles auf einmal kommt.

Wir können nicht alles gleichzeitig machen“, so Schnur. „Die Politik überfordert unsere Branche massiv. Das könnte im schlimmsten Fall Tausende Jobs kosten.“ Der Vorstandschef des Bus- und Lkw-Herstellers MAN, Alexander Vlaskamp, offenbarte zuletzt auf der IAA Nutzfahrzeuge im Jahr 2022 die wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Elektrifizierung des Unternehmens. „Ab 2024 sind wir bereit, in größere Stückzahlen zu gehen. Wir gehen davon aus, dass 2030 die Hälfte unserer verkauften Lkw mit Strom fahren wird“, so Vlaskamp.

Man befinde sich somit voll im Umbau zur Elektromobilität. So soll ab 2024 das MAN-Stammwerk München Elektro-Lkw für den Schwerlast- und Fernverkehr fertigen. Gleichzeitig entsteht im Motorenwerk Nürnberg eine Batteriefertigung. Dabei reicht es nicht nur aus, die Werke umzubauen, sondern man müsse auch die eigenen Mitarbeiter entsprechend schulen. Bald soll dann bereits die Hälfte der neuen Lkw des Münchner Herstellers elektrisch sein. So will es auch die Politik und verschärft die Flottengrenzwerte ab 2025 schrittweise. Diese sind nur mit starker Elektrifizierung zu erreichen, werden diese nicht eingehalten, dann drohen massive Strafen.

CO₂-Strafzahlungen dürften Realität werden

Schnur geht davon aus, dass solche Strafen durchaus ausgesprochen werden könnten. Der Grund liege hierfür aber nicht im Unternehmen selbst begründet, sondern vielmehr an der fehlenden Ladeinfrastruktur. „Wir haben die nötigen E-Fahrzeuge in wenigen Monaten im Angebot, doch noch gibt es keine Ladesäulen dafür“, so die Betriebsratschefin von MAN weiter. Die Fakten liegen somit vor, aber keine Ladestationen für die Lkw und selbst dann, wenn Spediteure diese in Eigenregie aufbauen, dauert es viel zu lang. Den deutschen bürokratischen Hürden sei Dank. Zusammen mit Partnern will der MAN-Mutterkonzern Traton selbst 1700 Schnelllader errichten, doch das werde bei weiten nicht reichen. „Deshalb muss die Politik hier endlich liefern.“

Abgasnorm Euro 7 parallel zum E-Mobilität Umstieg nicht umsetzbar

Und dann gibt es da noch die Abgasnorm Euro 7. Die möchte Schnur aber nicht ganz so schnell umgesetzt sehen. Derzeit stehe hierfür Mitte 2027 im Raum. Wie Schnur allerdings ausführt, sei diese nicht zielführend: „Die Norm zwingt uns nun, eine Milliarde Euro in eine aufwendige Weiterentwicklung des Verbrenners zu investieren, obwohl das Geld bei der E-Mobilität viel dringender benötigt wird. Außerdem müssen wir dafür 400 Entwickler aus der E-Mobilität abziehen, die dort dann fehlen. Wir brauchen technisch machbare Grenzwerte, und der Start von Euro 7 muss in Richtung 2030 verschoben werden.“

Vonseiten der Behörden sei dies wohl eh kaum zu schaffen. Da nach aktueller Beurteilung sowohl Lkw als auch Autos in 2027 für die Euro 7-Norm fällig werden. „Dann müssen Tausende Pkw und Lkw gleichzeitig zertifiziert werden, und zwar jede Variante einzeln – vom Feuerwehrauto bis zum Betonmischer. Den Behörden fehlen dafür aber die Mitarbeiter und die Prüfstände.“ Es drohe ein riesiger Rückstau samt Verkaufs- und Produktionsstopp für noch nicht zertifizierte Modelle. „Die Mitarbeiter, die sie produzieren, müssten wir dann wohl in Kurzarbeit schicken“, so Schnur.

Zum Ende des Interviews mit Merkur.de äußert sie dann einen versöhnlichen Wunsch: „Statt uns zu Investitionen in allen Bereichen zu zwingen, sollte die Politik uns lieber beim ohnehin schwierigen Umstieg auf die E-Mobilität unterstützen. Nur so bleiben Europas Nutzfahrzeughersteller konkurrenzfähig. Auch für den Klimaschutz wäre das sinnvoller.“ Dazu gehöre auch Unterstützung beim Aufbau der Ladeinfrastruktur. Sonst war es das mit elektrischen Lkw.

Quelle: Merkur.de – „Die Politik überfordert Europas Lkw-Hersteller massiv“

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Roland:

Ja genau, jetzt kommt alles auf einmal. Seit 10 Jahren hätte MAN sich auf Euro 7 vorbereiten können. Stattdessen hat man lobbyiert und versucht die Norm zu sabotieren.

Genau wie es diese Lobbys seit Jahrzehnten tun. Und immer wieder wird die Arbeitsplatz Keule geschwungen.

Frau Schnur, hätte Ihre Branche die Zeit statt mit verhindern mit investieren in die Zukunft verbracht wäre nicht ein einziger Arbeitsplatz gefährdet.

Wenn jetzt tatsächlich Arbeitsplätze verschwinden, ist das einzig und alleine Ihre Schuld! Versuchen Sie ja nicht dass der Gesellschaft in die Schuhe schieben zu wollen!

Manager wie Sie kotzen mich echt an. Ihr seid samt und sonders ************************. Euer Horizont reicht, wenn überhaupt, nur bis ******************. Alles andere soll die Gesellschaft regeln und ist Euch sch.. egal. Ihr hockt derweil **********************************.

Und der ehrliche Arbeiter den Ihr nach Strich und Faden abgezockt habt, sitzt auf der Strasse. Und versucht sich und seine Familie irgenwie durchzubringen. Elender Turbo Kapitalismus!

[Edit: Etwas übers Ziel hinausgeschossen. / Michael]

Robert:

nicht zu vergessen das Chineschische Euro 7 Pedant tritt schon am 01.06.2023 in Kraft

Robert:

„Die Norm zwingt uns nun, eine Milliarde Euro in eine aufwendige Weiterentwicklung des Verbrenners zu investieren“
so ein schmarrn in Kalifornien sind die Grenzwerte bis zu dreimal strenger als euro 7
und dort können deutsche Hersteller die Norm einhalten, also muss überhauüt nichts Entwickelt werden sondern einfach die vorh. technik einbauen fertig kostet halt eben eine Handvoll Euros mehr und schmälert im Peanutsbereich die Gewinne

Jonas:

Ich kann das Gejammer nicht nachvollziehen. Einla heißt es Fachkräftemangel, dann wieder Kurzarbeit. Euro 7 lohnt sich nicht mehr, es braucht den Druck aber, um endlich auf E umzusteigen. Deutschland ist dabei, die Technologie zu verschlafen. Dann wird wieder gejammert, dass China schneller war.

Djebasch:

Fassen wir mal zusammen, die Erstellung der Euro 7 hat mehr als 10 Jahre gedauert.
Das was man erreichen wollte wurde reichlich zusammen gestrichen und trotzdem ist keiner zufrieden , weder die Hersteller noch die Umwelt Vertreter und jetzt meinen die Hersteller „oh Sorry ist mir doch zu schwer, konnte ja keiner ahnen…“
Tja macht ihr ruhig, sollte Tesla den Semi in der Menge Produzieren können wie geplant wird vom Markt für LKW nicht mehr viel übrig bleiben…
Das LKW Hersteller meckern das Sie keine Lademöglichkeiten haben bringt gar nichts, Sie sollten sich lieber der Tank und Rast Klage anschließen denn genau aus diesem Grund wird Sie unter anderem Gemacht denn LKW Lader lohnen sich in Großer Menge nur an den Autobahnraststätten und nicht wie Supercharger meist ein wenig abgelegen von der Autobahn.

Jan:

MAN muss eine betriebswirtschaftliche Entscheidung treffen – wie alle anderen LKW-Hersteller auch: Will man noch auf Euro 7 umstellen und dafür 1 Milliarde Euro ausgeben? Oder will man lieber auf Elektro-LKW setzen und dafür z. B. für 1 Milliarde Euro die fehlenden Ladesäulen bauen? Alle Hersteller stehen vor denselben Fragen. Die Politik kann ihnen die Entscheidung nicht abnehmen. Aber vielleicht löst Tesla das Problem ja für MAN: Wenn die entsprechende Ladesäulen einrichten, können die MAN-LKWs die ggf. ja auch nutzen.

Wolfbrecht Gösebert:

Nichts als Partikular-Interessen und „gewerbliches Geheule“ um Versäumisse der Vergangenheit, die jetzt andere richten sollen: Euro 7 ist doch seit mehreren Jahren bekannt – aber angeblich käme jetzt alles auf einmal – typisch!
Dann natürlich die „Drohung“, das könnte im schlimmsten Fall Tausende Jobs kosten … weiß Frau Schnur eigentlich, dass allein die im Windkraft-, Solar- und Wärmepumpen-Bereich tätigen Unternehmen praktisch sofort die mehr als 10-fache Menge an Mitarbeitern einstellen könnte, wenn es sie denn gäbe?

Ganz anders äußert sich das (ebenfalls) zur VW-Nutzfahrzeugtochter Traton gehörende Unternehmen scania.com in:
c&p–>electrive.net/2023/05/10/scania-und-abb-e-mobility-testen-mcs-ladevorgaenge/

„Scania will [zusammen mit ABB E-Mobility] Kunden bereits im laufenden Jahr E-Lkw mit einer Vorabversion des MCS-Standardsteckers anbieten und die Produktion dann 2024 beginnen.“

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