Kurt Sigl: Schluss mit der Spaltung der Gesellschaft

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Vor dem Spessart-Forum konnten Teilnehmer der eMOKON ihre Fahrzeuge ausstellen. / Foto: Daniel Krenzer

Daniel Krenzer
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  —  Lesedauer 4 min

„Lassen Sie uns Dinge pragmatisch angehen und nicht mitmachen, die Bevölkerung bei diesem wichtigen Thema weiter zu spalten“, richtete sich Kurt Sigl als Präsident des Bundesverbandes eMobilität an die 120 Experten, die sich zum Fachkongress für Transformation und Mobilität im hessischen Bad Soden-Salmünster (Main-Kinzig-Kreis) zusammengefunden hatten. Diese ermutigte Sigl, Pläne zu schmieden und Lösungen zu finden. Erstmals setzte der ursprünglich als E-Mobilitäts-Kongress konzipierte Fachtag auch auf weitere Aspekte wie Wasserstofflogistik, Mobilitätskonzepte und Brandschutzfragen.

Fachleute aus dem Themenbereichen Energie, Speicher und Mobilität müssen zusammenkommen und gemeinsam die Mobilitätswende vorantreiben, lautete Sigls Credo. Er berichtete von der E-Mobilitätsmesse Power2Drive in München, dass man dort erfreulicherweise regelrecht überrannt worden sei. „Das war wie beim Oktoberfest“, freute sich Sigl über den Zuspruch. Zudem stellte er fest, dass Elektroautos nicht nur beim Lösen von Mobilitätsfragen helfen können: „Das wird der größte Speicher sein für Energie“, spielte er auf das zukünftig wohl immer häufiger werdende bidirektionale, netzdienliche Laden hin, mit dem Elektroautos das Stromnetz stabilisieren können.

Sigl: Politik muss endlich handeln

Die Politik müsse aber endlich ins Handeln kommen und das Thema E-Mobilität so angehen wie seinerzeit die Mobiltelefonie. „Wir brauchen leicht verständliche Tarife“, griff Sigl als Beispiel heraus. Allerdings gebe es auch in der Branche selbst Probleme, allen voran der Fachkräftemangel. „Wir müssen in den Schulen schon klar machen, dass auch der Weg in den Mittelstand ein guter Weg sein kann“, stellte er fest. Zudem forderte er, dass die Bahn im Sinne einer gelungenen Verkehrswende umgekrempelt werden müsse. „Ein 49-Euro-Ticket reicht da nicht.“

Am Nachmittag sprach zudem Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), per Videoschalte zu den Teilnehmern. Der VDA bekenne ich zur klimaneutralen Mobilität, sagte sie. Die Elektromobilität sei eine große Chance, Europa zu einem starken Markt machen zu können. „Wenn aber der Aufbau der Ladeinfrastruktur den Ambitionen so weit hinterherhinkt, dann ist das schwierig„, stellte Müller fest.

Obwohl Deutschland in Europa weit vorne liege, seien die Zahlen ernüchternd: Knapp 50 Prozent aller Kommunen hätten gar keine Ladepunkte, nur sehr wenige böten Schnellladepunkte. „Die Ertüchtigung des Stromnetzes macht mir viele Sorgen. Wir müssen auf digitale und moderne Lösungen im Stromnetz setzen, da muss viel mehr passieren“, forderte sie.

Müller: Müssen über E-Fuels nachdenken

Allerdings dürfe man den Bestand nicht aus den Augen verlieren. „Wir haben 2030 noch mehr als 30 Millionen Verbrenner in Deutschland, ohne Lösung hierfür sind die Klimaziele nicht zu erreichen“, stellte Müller fest. Da müsse man über E-Fuels nachdenken. „Ich rede da jetzt bewusst nicht von Neufahrzeugen, aber bin persönlich nicht für Verbote“, fügte sie an. Es sei richtig, sich Ziele zu setzen, aber doch bitte nicht jede einzelne Technologie dafür solle vorgegeben werden.

„Die dritte Auflage des eMOKON MKK war ein großer Erfolg. Mit diesem Kongress für Transformation und Mobilität leisten wir einen wichtigen, einen zukunftsweisenden Beitrag für die gesamte Wirtschaftsregion. Wir wollen Perspektiven aufzeigen und zur Diskussion anregen. Beides ist gelungen“, bilanzierte Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann den Kongress für den Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises. Gemeinsam mit Organisator Walter Dreßbach, Leiter des Referates Wirtschaft, Arbeit und digitale Infrastruktur, dankte er allen Beteiligten für deren Interesse und die intensive Beteiligung an den Diskussionen.

Kommunalpolitiker blieben trotz Einladung fern

Trotz der inhaltlichen Zufriedenheit wurde am Kongresstag deutlich, dass die Veranstalter auf eine höhere Resonanz gehofft hatten. Zwar sind viele Experten in die Kurstadt im Kinzigtal gekommen, jedoch blieben die vielen eingeladenen Vertreter aus der Politik und vor allem der Kommunalpolitik fern, an die sich der Kongress eigentlich unter anderem richten soll. Damit verpassten sie wertvolle Impulse, wie die Verkehrswende auf lokaler Ebene positiv gestaltet werden kann.

Neben der terminlichen Überschneidung mit der Messe in München könnte aber auch die Themensetzung weg vom ursprünglichen Thema Elektromobilität viele Enthusiasten und Akteure der Branche abgeschreckt haben. Denn auch wenn das Gros der Referenten betonte, dass Elektromobilität zumindest im Pkw-Bereich die zu bevorzugende Lösung sei, könnte der technologieoffene Programmansatz von vielen kritisch gesehen worden sein. Dabei gab es sehr interessante Vorträge, unter anderem über das Recycling von E-Auto-Batterien, aber auch E-Motoren, an dem Fraunhofer intensiv tüftelt. Alle Beiträge sollen demnächst auch online auf Youtube zu finden sein.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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Marko Weiss:

WTF?
Deutschland liegt bei den Ladepunkten weit vorne?
Österreich hat pro 100.000 Autos 2x so viele und Holland noch mal 3x mehr!
100 vs. 200 vs. 600 öffentliche Ladepunkte pro 100.000 Autos.
Deitschland ist unter dem EU-Schnitt!
Deutschland hat sich völlig in Schnelllader verannt und vergisst völlig auf Laternenparker, wo das Auto eh die ganze Nacht zeit hat und netzschonend laden kann.
Ebenso gehören Parkhäuser und Firmen in die Pflicht genommen!

Marc:

Der sogenannte technologieoffene Ansatz ist ja zum Glück nicht technologieoffen. Man schaue sich nur die Fördersummen und Projektgröße im Vergleich zum Elektroauto an. Das zerstörerische ist eher, dass Menschen, die nicht umdenken können, damit Hoffnung gemacht wird.

Dabei ist klar: Akku-Elektromotor. Einfacher und effizienter geht es nicht. Es braucht halt die Stückzahlen wie beim Verbrenner, um die Skaleneffekte zu heben und erschwingliche Einsteigermodelle zu bringen.Da ist VW vorbildlich mit seinem 25k und später 20k Elektroauto. Das wird also werden.

Und die Ladeinfrastruktur muss wachsen. Damit meine ich überzeugende Lösungen für alle Stellplätze in Mehrfamilienhäusern. Da ist aktuell zu wenig Bewegung und man muss eventuell helfen. Gleiches gilt für den Aufbau eines Megacharging-Netzwerkes für LKW. Zudem sollte man endlich proaktive Einfahrverbotszonen für Verbrenner einrichten. Da muss man nicht auf 2030 warten. Dann wäre eFuel nur noch beim historischen Motorsport auf Rennkursen am Ende der Welt für 18€/Liter eine Option. Dafür reichen auch die geplanten Mengen.

Robert:

ich habe persönlich nichts gegen E-fuels wenn sie 100% Ökologisch hersgestellt werden aber ich bin dagegen daß hier für eine Klientel der Reichen die die e-fuels bezahlen können, Steuergelder in Form von Subventionen nutzlos verschleudert werden

Djebasch:

Immer wieder EFuels… Leute es wird nie genug geben um auch nur Ansatzweise Deutschland damit zu versorgen, hört endlich auf der Öl Lobby nach dem Maul zu reden , wir haben nur noch dieses Jahrzehnt ansonsten leben wir in einer Welt in der nur noch wenige vernünftig leben können…

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