E-Auto-Brände: Wahrnehmung und Wirklichkeit

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Iris Martinz
Iris Martinz
  —  Lesedauer 5 min

Die Social Media Feeds sind voll von Berichten über brennende E-Autos, garniert mit aufmerksamkeitswirksamen Fotos regelrechter Feuersbrünste. Wasser auf den Mühlen der ewigen Strom-Gegner, Grund für die Verunsicherung jener, die der Elektromobilität grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Noch immer geistern Fotos und Berichte jenes Teslas durchs Web, der nach einem Unfall und Brand 2019 in Tirol wochenlang keinen Entsorger fand, der sich seiner annehmen wollte. Überhaupt scheinen Teslas deutlich öfter zu brennen als alle anderen E-Fahrzeuge. Oder doch nicht?

Muss man als E-Auto-Fahrer tatsächlich Angst haben, im Falle eines Unfalls – oder noch schlimmer, völlig überraschend während der Fahrt – in einem Feuerball zu verglühen? Darf man das Auto zuhause in der Garage noch ruhigen Gewissens an die Wallbox stecken, ohne die Feuerversicherung des Hauses deutlich aufgestockt zu haben? Was tun, wenn der gefürchtete Fall eines Fahrzeugbrandes tatsächlich eintritt?

Gleich vorweg: nein, E-Autos brennen nicht öfter als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, und Teslas nicht öfter als andere E-Modelle. Und ja, sollte der Fall dennoch eintreten, stellt er für Einsatzorganisationen und Entsorger tatsächlich eine Herausforderung dar, mit der viele noch nicht professionell umgehen können.

Pro Jahr brennen in Deutschland etwa 15.000 Fahrzeuge, kleine Schmorbrände nicht mitgerechnet. Spezialisten des TÜV SÜD haben sich genau angeschaut, wie viele davon E-Autos waren. Ihren Angaben zufolge haben „Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor statistisch gesehen eine fünf- bis zehnmal höhere Brandgefahr„, wie Dr. Robert Hermann, Geschäftsbereichsleiter für Green Energy und Sustainability des TÜV SÜD in Österreich betont. Dass dies in den Medien ganz anders dargestellt wird, liegt an der selektiven Wahrnehmung.

Die Elektromobilität ist eine junge Technologie, die polarisiert und deshalb mit Argusaugen beobachtet wird. Beinahe jeder Brandfall, und sei er aus dem hintersten Winkel der Welt, reist medial um die Welt. Aber kümmert es irgendjemanden, wenn in Hintertupfing der alte Mercedes vom Bauer Bolle abbrennt? Fakt ist, das Bild ist maximal verzerrt, die Wahrscheinlichkeit eines Fahrzeugbrandes ist bei E-Autos geringer als beim Verbrenner. Auch die Brandlast ist bei Neufahrzeugen vergleichbar, befindet sich doch in einem modernen Verbrenner ähnlich viel Kunststoff und Elektronik wie in einem E-Auto. Hersteller sind gesetzlich verpflichtet, die Batterien mit Crash- und Abuse-Tests umfassend zu testen und Schutzmaßnahmen einzubauen. Ein Stromschlag bei einem verunfallten E-Auto ist so gut wie ausgeschlossen. Keine Ausrede also, den Insassen keine Erste Hilfe zu leisten.

Tesla hat aufgrund des medialen Brand-Storms für den Zeitraum 2012 bis 2020 selbst analysiert, wie oft seine Fahrzeuge in Flammen aufgehen. Das war im genannten Zeitraum einmal pro 330 Millionen gefahrenen Kilometern der Fall. Die nationale Brandschutzvereinigung der USA (NFPA) gibt hingegen an, dass es allein auf amerikanischen Autobahnen pro 28 Millionen gefahrenen Kilometern zu einem Fahrzeugbrand kommt. Auch diese Zahlen verdeutlichen also, dass die Brandgefahr bei einem Verbrenner deutlich höher ist. Tesla hat aber dazugelernt. Im Zeitraum von 2012 bis 2018 brannte noch ein Tesla auf 170 Millionen gefahrenen Kilometern, Fahrer neuerer Modelle sind also auf der sicheren Seite.

Nicht unter den Tisch kehren darf man allerdings die Tatsache, dass im Falle eines Unfalls oder Brands eines E-Autos viele Einsatzkräfte noch mit großen Fragezeichen über den Köpfen davor stehen. Es gibt einfach noch zu wenig Erfahrung mit solchen Einsätzen, das Löschen mit viel Wasser oder Schaum ist nur bedingt geeignet. Aufklärungsarbeit und Weiterbildung sind gefragt, wie auch Hubert Springer vom Österreichischen Feuerwehrverband weiß. „Die einsatztechnischen und -taktischen Grundlagen“ seien vorhanden, wie Springer erklärt, allein es fehle die Praxis.

Einsatzorganisationen und Entsorger sind nicht untätig, sondern arbeiten gemeinsam an Lösungen, um vor Ort und nach dem Löschen des Brandes mögliche Gefahren für Personen und Umwelt gering zu halten. Speziell entwickelte Akku-Löschlanzen sollen die hohen Wassermengen begrenzen, die bisher notwendig waren, um ein brennendes E-Auto zu löschen. Der weltweit bekannte Feuerwehrausstatter Rosenbauer hat erst kürzlich ein Löschsystem entwickelt, bei dem ein Löschdorn ferngesteuert von unten in den Akku getrieben wird und das Löschwasser direkt in das Akkugehäuse einbringt. Das System ist für alle Akkubauweisen (Pouch, Prismatisch, Rundzellen) geeignet und wurde bereits von Feuerwehren in ganz Europa getestet. Libarescue wiederum ist ein feuerfester „Schlafsack“, der dem Auto übergestülpt wird, um später auftretende Nachbrände der Batterie abzufangen. Bislang musste das Fahrzeug entweder mehrere Tage in eine Container-Quarantäne, oder wurde mit Löschwasser geflutet, was mit einem Totalschaden des Fahrzeugs einhergeht. Treten unter der feuerfesten Decke noch Brände auf, werden im Gewebe Gase freigesetzt, die den Brand löschen. Entwickelt wurde diese Innovation vom nordrhein-westfälischen Unternehmen Gelkoh, in Zusammenarbeit mit dem Textilunternehmen Ibena.

Hat die Feuerwehr schlussendlich den Brand gelöscht und die Gefahr gebannt, tauchen weitere Fragen auf. Verbrannte und damit beschädigte Batterien weisen neue Lager- und Transportrisiken auf, weshalb sich „alle Mitglieder der Ressourcenwirtschaft, vom Hersteller über die Demontage, Verwertung bis zur Entsorgung an einen Tisch setzen müssen„, wie Prof. Dr. Roland Pomberger betont. Er ist Lehrstuhlleiter am Institut für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben (Steiermark) und europaweiter Pionier in Sachen Recycling von Automotive Batterien und allen damit zusammenhängenden Logistikfragen. Auf Erfahrungswerte des Recyclings herkömmlicher Autos könne praktisch nicht gesetzt werden, man brauche Platz für die sichere Aufbewahrung und das Personal müsse umfassend geschult werden.

Es ist also noch einiges zu tun, dessen sind sich alle Verantwortlichen bewusst. Und alle packen mit an, das wird allerdings nicht auf Facebook geteilt. Übrigens: die Brandursache des in Tirol gestrandeten Unfall-Teslas war nicht die Batterie, sondern ein unangemessener Kontakt zu einem herkömmlichen Baum.

Quellen: electric WOW/Ausgabe #4/2021 – Viel Rauch um nichts?, Praktisch umgesetzt//autobild.de – Geht von Elektro- und Hybridautos eine größere Brandgefahr aus?//efahrer.com – Elon Musk legt die Karten auf den Tisch: So oft brennen Teslas wirklich//lion-care.com – Brände bei Elektroautos löschen//stern.de – Österreichischer Feuerwehrausstatter entwickelt Löschsystem für Elektroautos

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Iris Martinz

Iris Martinz

Iris Martinz ist Unternehmens- und E-Mobilitätsberaterin in Österreich, mit langjähriger Erfahrung im Recycling und Second Life von E-Mobilitätsbatterien. Fährt sowohl rein elektrisch, als auch V8, und möchte die beiden Welten etwas näher zusammenbringen. Nachzulesen unter www.mustangsontour.com.
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K.S.:

Es ist auch sinnvoll sich anzuschauen welche zusätzlichen Gefahren und Folgen so ein Brand haben kann. Jedem der keine Angst vor einem Li-ion Akku hat empfehle ich mal einen kleinen anzuritzen ;) Ihr seid aber gewarnt: Ein Atemzug des Chemiecocktails in form von Rauch kann euch in wenigen Tagen niederstrecken ohne dass jemand noch etwas tun kann! Besonders hervorheben möchte ich da Flusssäure (meines Wissens hauptsächlich bei Li-Ion). Muss man sich mal mit beschäftigen. Die Erfahrung müsst ihr dann mal vor dem geistigen Auge auf eine Batterie Faktor 100x? in eurem E-Auto übertragen in dem ihr mit Familie und Kindern sitzt. Das Handy etc kann ich wegwerfen. Aber in einem Auto sitzen wir auf der Batterie, sind angeschnallt müssen u.u. erstmal anhalten, haben ggf hochmoderne elektrische Verrieglungen (die vermutlich ohne Strom nicht funktionieren, bsp. Audi A6).
Zudem.. ein Verbrenner beginnt eher zu brennen wenn er in Nutzung ist oder kurz danach. Zudem brennt es i.d.r vorn und muss sich erst zum Fahrgastraum ausbreiten. Selbst wenn Sprit z.b. auf den Auspuff unterm Fahrgastraum kommt brennt nicht sofort der ganze Tank. Beim Akku passiert es auch gern scheinbar plötzlich.. Sommerhitze?, Ladevorgang. Entläd sich sehr heftig und mit Scheidbrenner-artiger Flamme. Die Energiedichte und der Ladestand spielen auch eine Rolle. Eine volle Batterie brennt eher und besonders heftiger als eine leere.
Beim Benziner ist es übrigens umgekehrt. Die Gase in einem nahezu leeren Tank sind gefährlicher als ein voller Tank.
Ich könnte ewig weiter aufzählen warum dass für mich und meine Familie nicht in frage kommt. Aber ich übertreib mal nicht.

Übrigens Diesel brennt so ohne weiteres gar nicht.

dr.fesch:

Pro Jahr werden 66 millionen Autos (laut statista) verkauft, davon sind 92% immernoch ICEs ….

https://www.statista.com/statistics/200002/international-car-sales-since-1990/
https://www.ev-volumes.com/country/total-world-plug-in-vehicle-volumes/

VestersNico:

Brennpunkt Brennstoffzelle: Wasserstoff die zukunftsträchtigere Fortbewegungsart? Klasse Artikel am 17.Juni diesen Jahres. Wolfgang Planck ging das „Hautproblem“ an. Klar, als Fleischmütze sollte man da schon mal nachhaken… Nur mal im Ernst: was ist denn jetzt von der Wasserstoff-Diskussion für PKWs hängengeblieben? Alles heiße Luft! Danke Herr Meixner für die Vokabel „Wirkungsgrad“, denn darauf kommt’s im Grunde an! (Hybrid:zweitgrößter Betrug an der Menschheit – Fritz Indra)

Thomas Fritsch:

Weil hauptsächlich Verbrenner drin stehen…. *augenroll*

Silverbeard:

Löschdecken und Lanzen!

Aber bisher brennen hauptsächlich Verbrenner in Tiefgaragen…

Silverbeard:

Richtig, der Akku war unbeschädigt.
Das Problem beim Österreicher war, dass der Wagen gesetzlich mit einem Gefahrguttransporter zum Verwerter hätte transportiert werden müssen und der Besitzer nicht bereit war diese Kosten zu zahlen.
Und soweit ich weiss gab es auch in Österreich keinen zertifizierten Verwerter zu dieser Zeit, so dass es zusätzlich Probleme mit dem Export in ein Nachbarland gegeben hätte.
Der Besitzer hat sich einfach nur absichtlich in den Medien dumm gestellt.

Für E-Autos gibt es inzwischen auch die im Artikel genannten Löschlanzen. Das sind schwere Metallspitzen mit Griffen, die auf die Löschschläuche montiert werden. Damit können die Feuerwehrleute den Fahrzeugboden und Akkukasten durch den Innenraum durchstossen (von unten ist der stabiler wegen Steinschlag) und so Wasser direkt zu den Akkuzellen bringen.

edit: Auch Fahrzeuge, bei denen die Feuerwehr nicht sicher ist, ob ein Brand nicht nochmal aufflammt oder nicht doch noch ausbrechen könnte, gibt es inzwischen Löschdecken, nicht nur die Wassercontainer. Mit den Löschdecken wird das Auto komplett eingewickelt. Sie verhindern die Sauerstoffzufuhr beim Brand und ersticken den so gleich wieder.

Silverbeard:

Ja, wünsche ich Ihnen auch!
Suchen Sie sich Freunde, mit denen Sie reden können. Sie sind gerade am Durchdrehen!

Silverbeard:

Was ein Idiot. Alleine die Batterie ist defekt mehr wert als er mit dem Video verdienen kann.

Silverbeard:

Klar, genauso wie die 5-10-fache Menge brennender Verbrenner… (bezogen auf die Fahrleistung). Schliesslich funktioniert der Kat in diesem Moment genauso gut wie in den Thermofenstern.

Silverbeard:

Tatsache ist nun mal, das in den wenigsten Fällen, in denen ein E-Auto brennt, wirklich der Akku involviert ist.
meistens sind es die gleichen Bauteile wie im Verbrenner, die Feuer fangen.

Die enthaltene Energie im Akku ist auch kein grösseres Problem als ein gefüllte Benzintank, in Wirklichkeit viel kleiner. Strom brennt nämlich nicht, sondern nur die Bestandteile der Zellen.

Und wegen der Kohlekraftwerke sollten Sie sich nicht übermässig aufregen. Bisher bestand die Regierung aus Menschen wie Ihnen. Ideenlos, träge, ‚alles muß bleiben wie es ist‘ usw. Aber nach dem Verfassungsgerichtsurteil geht das nun mal nicht mehr. Es wird sich im Energiesektor jetzt sehr schnell sehr viel ändern. Die Hersteller und Stromversorger stehen bereit, nur die Politiker und Menschen mit Ihrer Meinung müssen noch in 2021 ankommen.

Tatsache ist, der Profit, den man mit Kohlekraft machen kann, geht gegen Null. Nach aktuellen Stand der Dinge werden Kohlekraftwerke ökonomisch nicht bis 2038 betrieben werden können. Experten gehen davon aus, dass etwa 2030 Schluss ist, es sei denn, die werden NOCH stärker subventioniert.

Aber egal, welche Tatsachen es zum Betrieb von Kohlekraftwerken gibt, wieso sollte das ein Argument gegen die Vorteile von BEVs gegenüber aller anderen Antriebskonzepte für KFZ sein? Bei den CO2 Berechnungen von BEVs werden die Kohlekraftwerke immer berücksichtigt und trotzdem ergeben sich unschlagbare Vorteile!
Es ist mir absolut unverständlich, dass Sie bei Kohlekraft total ausrasten, während die Förderung von Erdöl und die Produktion von Kraftstoff daraus unvorstellbare Umweltverschmutzung bedeutet.

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