ZDF: HVO-Lobby soll Termine mit Wissing gegen Zahlung angeboten haben

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
  —  Lesedauer 4 min

Neben E-Fuels gelten Kraftstoffe aus hydriertem Pflanzen- oder Tierfett, auch bekannt als HVO, für diejenigen als potentielle Heilsbringer, die im Namen der Technologieoffenheit letztendlich unbedingt am ineffizienten Verbrennungsmotor festhalten wollen. Doch es gibt zunehmend Kritik am erneuerbaren Diesel, mit dem sich der CO2-Ausstoß um bis zu 90 Prozent verringern lassen soll. Zum einen wird offenbar in nicht unwesentlicher Menge für diesen Zweck illegales Palmöl in China zu unbedenklichen Fetten umetikettiert, zum anderen gab es in Deutschland aber einem Bericht des ZDF zufolge zumindest dubiose Machenschaften, um den Einsatz von HVO voranzutreiben – insofern erfolgreich, dass dieser Treibstoff inzwischen an deutschen Tankstellen angeboten werden kann.

„Laut Recherchen von ZDF frontal hat ein Auto-Lobbyverein dabei seine Kontakte ins Verkehrsministerium genutzt, um Unternehmen und Verbänden gegen Zahlung ,exklusive VIP-Termine‘ und andere Leistungen mit Wissing und weiteren Entscheidern anzubieten“, berichtet nun das ZDF. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gilt als einer der großen Verfechter des HVO-Einsatzes. Bei einem Event des besagten Lobbyvereins Mobil in Deutschland sagte er laut ZDF: „Ich [bin] Ihnen auch wirklich sehr dankbar, dass Sie da hartnäckig dabei sind, und jetzt brauchen wir einen Markthochlauf solcher Kraftstoffe. (…) Und ich zähle auf Sie, dass Sie weiterhin so ehrgeizig und ambitioniert bleiben.“ Und sein Staatsekretär Oliver Luksic wurde Schirmherr der Kampagne HVO100 goes Germany.

Meet the Minister für 9900 Euro?

Der Verein bot potentiellen HVO-Unterstützern in Deutschland laut ZDF die „Möglichkeit, sich bei einem exklusiven VIP-Meeting mit Minister oder Staatssekretär vorzustellen und auszutauschen“ an. Auch ein „durchgehender Austausch mit den politischen Entscheidungsträgern (z.B. [Minister] Dr. Volker Wissing, Christian Lindner, [Staatssekretär] Oliver Luksic)“ wurde in Aussicht gestellt. Kostenpunkt: 9900 Euro.

Bei diesem Angebot zugeschlagen haben sollen den Recherchen zufolge zumindest zwei Unternehmen: die Vereinigung Deutscher Autohöfe sowie der Kraftstoff-Händler FuelMotion. Auch die Möglichkeit, bei einem Event mit Wissing eine Frage stellen zu dürfen, sei zum Preis von 4900 Euro angeboten worden. Diese nahm dann allerdings ebenfalls Staatsekretär Luksic entgegen, er und Wissing trafen sich offenbar mehrmals mit dem Verein, um die Kampagne zu unterstützen.

Für die Organisation Lobbycontrol geht das wenig überraschend gar nicht. „Hier entsteht ganz stark ein Eindruck der käuflichen Politik“, sagte eine Vertreterin. Im zuständigen Fachreferat Kraftstoffe im von Wissing geführten Verkehrsministerium soll es zudem offenbar erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit von HVO gegeben haben. Das ZDF zitiert eine Einschätzung: „Das Fachreferat G 26 votiert GEGEN eine Übernahme der Schirmherrschaft, da es sich um einen sehr speziellen Kraftstoff handelt, der kurz- und mittelfristig an Tankstellen kaum verfügbar sein wird.“ 

Denn es ist gar nicht so einfach, überhaupt HVO zu beschaffen, wie erst vor kurzem auch Aral-Chef Achim Bothe in einem Interview erklärte. Aral könne den Treibstoff nur an rund 40 seiner 2400 Tankstellen anbieten, weil es nicht genug Abfälle gibt, um eine für mehr Fahrzeuge ausreichende Menge an HVO zu produzieren. Wer will schon so viele Fritten essen, um vom Fett sein Auto antreiben zu können.

Besonders der werbliche Charakter der Kampagne wurde den Recherchen zufolge vom Fachreferat kritisiert. Wissing entschied sich aber dennoch für die Schirmherrschaft Luksics, wohl um die generelle Zustimmung zur Thematik zu unterstreichen.

Verein spricht von Missverständnis, Ministerium von Unwissenheit

Dies könnte ihm aber nun genauso auf die Füße fallen wie bereits vor einigen Wochen mutmaßliche Klüngeleien bei der Förderung von Wasserstoffprojekten. Zumindest hat das Ministerium auf die Vorwürfe reagiert und lässt die Schirmherrschaft derzeit offenbar ruhen. Außerdem weist das Bundesministerium darauf hin, dass man nichts von der oben genannten Darstellung des Lobbyvereins gewusst habe. „Diese Vorwürfe der Käuflichkeit nehmen wir sehr ernst, da sie die Integrität der Hausleitung in Frage stellen“, schrieb Luksic laut ZDF in einem Brief an Mobil in Deutschland.

Der Lobbyverein indes bestätigt zwar, dass es diese Vorlage gegeben habe, diese aber nur sehr kurzfristig eingesetzt worden sei und missinterpretiert werde. „Es gab und gibt keine bezahlten Terminvermittlungen und diese wurden auch von uns weder erwogen noch angeboten noch mit Dritten diskutiert oder gar durchgeführt„, teilt Mobil in Deutschland dem ZDF mit. Die „Möglichkeit“ des persönlichen Austausches mit den Entscheidungsträgern sei lediglich als Chance im Rahmen von Veranstaltungen zu verstehen gewesen.

Und der „durchgehende Austausch“ sei lediglich als „fortwährendes Hochhalten des Themas in der Öffentlichkeit zu verstehen“. Sollte dies so sein, dann war die Kommunikation des Vereins zumindest äußerst ungeschickt. Und auch das Verhalten des Ministeriums wirft Fragen auf. Volker Wissing ist also gut damit beraten, wie im Fall Wasserstoff auch in Sachen HVO die Geschehnisse detailliert aufzuarbeiten.

Quelle: ZDF – „Kampagne für HVO100-Kraftstoff: Käufliche Lobby-Termine bei Minister Wissing?“

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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Perter.W.:

Da kommt höchstens bewegung rein wenn man die Menschen, vor allem auch Politiker und ander aus Chefetagen zur Kasse gebeten werden für den Mist den Sie da machen, das selbe Spiel beim Thema Flüssiggas. Da werden Verträge Abgeschlossen mit Amerikanischen Händlern , wo selbst die sich an den Kopf fassen was bei uns da los ist…ich zahl nicht diese erhöhung mit und dies Verträge sind auch nicht im Interesse Deutschlands! Die Politiker die das angeleiert haben müssten abgesetzt werden und die Kosten sollten die Politiker auch tragen… Aber ja im Interesse Deutschlands

DoDo:

Fahr dein Campervan ruhig damit, ist ja ok, aber völlig egal ist es nicht, mit was ich fahre. Und schon gar nicht, ob die Lobbyisten weiterhin Lügen und Unsicherheiten verbreiten. Das bremst einfach die wirklich nötige Wende!

Daniel:

Na gut, wer sich heute noch wundert, dass die FDP eine korrupte Lobbypartei ist, der hat die letzten Jahre wohl verschlafen.

Dass HVO in der Elektro-Community schlechtgeredet wird? Ebenfalls erwartbar.
Genauso, wie die negativen Umwelteffekte der E-Mobilität grundsätzlich ausgeblendet werden.
Fakt ist: Wenn ich Auto fahren will, hat mein Handeln in der einen oder anderen Art und Weise immer negative Auswirkungen.
Und was mache ich mit einem Bestandsfahrzeug? Im Camping-/WoMo-Bereich z.B. ist der Dieselanteil bei vermutlich annähernd 100%. Diese Fahrzeuge werden oft 10 Jahre oder länger genutzt.
Was mache ich dann? Weiter fossilen Kraftstoff tanken oder HVO? Wie wäge ich die vorhandenen Nachteile beider Alternativen ab?
Wie immer gibt es keine eindeutige Lösung und im Moment entscheide ich mich bei meinem Campervan für HVO, den man in Schweden übrigens an jeder Ecke findet. Das Zeug hat nämlich auch unbestreitbar Vorteile…

Und für mich ist die gesamte Diskussion ohnehin fehlgeleitet. Mit welchem Antrieb ich fahre ist zweitrangig. Was wir brauchen, sind vor allem SIGNIFIKANT weniger Autos und Individualverkehr…

Gregor:

HVO ist nur eine Nebelkerze. Die Scheichs und Putin wollen, das wir so lange wie möglich beim Öl bleiben. BEV sind denen ein Dorn im Auge. Daher wird alles getan, um die Masse an Leuten zu verblenden und damit BEV schlecht zu reden.

Es ist auch kein Frittenfett, welches in HVO verwendet wird. Es wird immer immer eine Mischung sein, bei der Öl aus katastrophalem, klimaschädlichen Anbau mit einfließen wird.
Siehe Zertifikate Betrug (woraus auch die THG Quote nach unten manipuliert wird).

Robert:

HVOs sollten nur für die Landwirtschaft genutzt werden dafür sollte es wohl ausreichen. Es muss doch jedem klar sein das wir unmöglich soviele Fritten futtern können wie notwendig wäre um den gesamten Verkehr mit Treibstoff versorgen zu können. Es gibt nun mal keine echte Alternative zum E-Auto wie lange wird es wohl dauern bis auch der letzte in Deutschland das verstanden hat? wahrscheinlich so lange bis ausser Deutchland alle in der Welt mit E-Autos fahren.

Tin:

Sehr gut zusammen gefasst auf den Punkt gebracht.

Daniel W.:

So langsam kommen die Klüngeleien ans Licht.

Für mich ist schon länger klar, dass die ganzen Alternativen zu batterie-elektrischen Fahrzeugen auf dem Mist der Mineralölwirtschaft gewachsen sind.

Die Unsicherheiten in der Bevölkerung in Bezug auf E-Autos, vermutlich von der Verbrennerlobby geschürt, sowie der Rechtsruck in der EU und in den USA kommt der Verbrennerlobby sehr gelegen, lässt sich doch in dessen Windschatten der Verbrenner als Heilbringer darstellen und das E-Auto verunglimpfen.

Dumm nur für die Verbrennerlobby, dass sich der Klimawandel und seine immer drastischen Folgen nicht mehr unter den Verbrennerteppich kehren lassen, aber die Rechten und die Verbrennerlobby werden wohl Wege finden, um den Leuten für weitere Jahre einen Bären aufzubinden – bis zum großen Knall.

Ich befürchte, dass auch diese Generation den großen Absturz braucht, so wie die Nackriegsgeneration mit der Zerstörung und dem millionenfachen Tod.

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