Aral-Chef: „Elek­tromobilität ist die zentrale Klimaschutz-Lösung“

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Aral

Michael Neißendorfer
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  —  Lesedauer 4 min

Aral-Chef Achim Bothe geht davon aus, dass der wichtigste Antrieb der Zukunft der rein elektrische ist. „Wir glauben fest daran, dass die Elektromobilität eine zentrale Rolle beim Klimaschutz im Verkehr spielt“, sagte er in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Genau darauf stellt sich einer der größten Tankstellenbetreiber Deutschlands auch schon ein, und hat „seit 2021 mehr als 2600 Ladepunkte für E-Autos in Deutschland in­stalliert. Das Thema Laden ist für uns ein wichtiges Wachstumsfeld“, so Bothe.

Der Frage, ob ein Mangel an Ladepunkten den Verkauf von Elektroautos in Deutschland ausbremse, widerspricht – wie viele andere Branchenexperten und Verbände – auch der Aral-Chef: „Es mangelt uns nicht an Ladesäulen. Die Ladeinfrastruktur in Deutschland ist für den heutigen Bedarf absolut ausreichend“, sagt Bothe, die Auslastung sei „sicher nicht an der Kapazitätsgrenze“ und habe „noch viel Potential“.

Das Netz von Aral wächst dennoch stetig weiter, allein im vergangenen Jahr habe das Unternehmen „100 Millionen Euro in den Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität investiert“. Und es hätten noch ein paar Millionen mehr sein können, wenn Aral nicht ausgebremst würde durch „die Dauer der Baugenehmigungen für die benötigten Transformatoren und die Bürokratie um den Stromnetzzugang“, wie Bothe erklärt. „Wir könnten schon 1000 Ladepunkte mehr haben, wenn es diese Hindernisse nicht gäbe“. Das Fernziel sei aber dennoch erreichbar: „Bis 2030 wollen wir in Deutschland 20.000 Ladepunkte haben“.

Oft kritisiert werden Schnellladeanbieter wie Aral oder auch Ionity für ihre vergleichsweise hohen Stromkosten, Aral etwa hat 79 Cent je Kilowattstunde als Standardtarif. „Das ist ein fairer Preis angesichts unserer hohen Investitionen in den Aufbau des Ladenetzes und des Ladekomforts, den wir mit unseren ultraschnellen Ladepunkten bieten“, findet Bothe. Außerdem müsse man berücksichtigen, dass die wenigsten Ladevorgänge an Schnellladestationen stattfinden, sondern die meisten „daheim oder am Arbeitsplatz, wo die Kosten niedriger sind“, und E-Auto-Fahrer somit eine Mischkalkulation hätten. Unterm Strich ergebe sich im Schnitt „beim Aufladen von E-Autos ein Kostenvorteil gegenüber Verbrennerautos“, so der Aral-Chef. [Anm. d. Red.: In dieser Mischkalkulation zahlen E-Auto-Fahrer im Jahr 2023 etwa nur die Hälfte dessen, was sie für Benzin oder Diesel zahlen müssten.]

„Klimaschutz beim Tanken hat einen Preis“

Um auch für Verbrenner-Antriebe die Dekarbonisierung im Mobilitätssektor voranzutreiben, führt Aral auch CO2-reduzierte Kraftstoffe ein. Diese sind zwar deutlich klimafreundlicher, bringen allerdings viele Einschränkungen mit sich, wie Bothe erklärt. Der Treibstoff Futura etwa, den Aral derzeit an acht seiner 2400 Tankstellen anbietet, verursache 25 Prozent weniger CO2 als fossiler Kraftstoff. „Allerdings ist dieser Kraftstoff teurer in der Herstellung und im Transport. Der Preis von Aral-Futura ist um mindestens 10 Cent je Liter höher“, so der Vorstandsvorsitzende der Aral AG. „Klimaschutz beim Tanken hat einen Preis“, so Bothe weiter: „Viele Kunden wollen einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, aber wenn das dann mehr kostet, scheiden sich häufig die Geister“.

Zudem gebe es die Problematik, dass die Biokomponente von CO2-ärmeren Kraftstoffen wie E5 und E10 aus Getreide oder Zuckerrüben hergestellt wird, was in Konkurrenz zur Produktion von Nahrungsmitteln steht. Bei synthetischen Kraftstoffen, die aus pflanzlichen und tierischen Abfällen hergestellt werden – etwa die fast vollständig aus solchen Stoffen bestehende Diesel-Sorte HVO100 –, gebe es dieses Problem zwar nicht. Allerdings gebe es nicht genügend solcher Abfälle, um den gesamten Diesel-Bedarf damit auch decken zu können. Aral etwa könne den Treibstoff nur an rund 40 seiner 2400 Tankstellen anbieten. Und auch HVO100 sei teurer als herkömmlicher Diesel: „Ob es dann die Bereitschaft gibt, dafür auch mehr zu bezahlen, wird man sehen. Denn HVO100 wird einen höheren Preis haben als herkömmlicher Diesel“, räumt Bothe ein.

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E-Fuels wiederum, die für eine möglichst gute CO2-Bilanz aus grünem Wasserstoff hergestellt werden müssen, werden woanders dringender gebraucht als im Pkw-Bereich, so der Aral-Chef: „Wir müssen beim Klimaschutz breiter denken und nicht nur auf den Autoverkehr blicken. Wir müssen ja auch den Luft- und Schiffsverkehr CO2-ärmer machen“, gibt Bothe zu bedenken, „und bei Flugzeugen und Schiffen ist, anders als beim Auto, der Elektroantrieb Stand heute technisch keine Option“. Deshalb sei man bei Aral der Meinung, „dass der Kraftstoff zunächst dort bevorzugt zum Einsatz kommen sollte“, und stellt klar: „Wir müssen bei E-Fuels realistisch sein, sie werden auf absehbare Zeit sehr knapp sein und auch deutlich teurer“.

Im FAZ-Interview bekräftigt er daher ein zweites Mal: „Wir glauben, dass im Autoverkehr die Elektromobilität die zentrale Klimaschutz-Lösung ist – ergänzt um die HVO- und Futura-Kraftstoffe, über die wir eben sprachen, und möglicherweise um Bioerdgas, Wasserstoff und eben auch E-Fuels“. Wobei Aral seine Wasserstoff-Tankstellen bereits wieder geschlossen hat. Bothe erklärt, warum: „Weil es damals keine Nachfrage dafür gab, die Hersteller bieten kaum Automodelle mit Brennstoffzelle an.“

Quelle: FAZ – „79 Cent je Kilowattstunde sind ein fairer Preis“

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Klaus:

Auch 0,39€ sind zuviel, es würden locker 0.25€ ausreichend sein!!!!
Die müssen sich die Taschen nicht immer überfüllen bis zum Rand!!!!!!

Daniel W.:

Es sind die vielen „Wegelagerer“, die ihre Hand aufhalten und die Kosten in die Höhe treiben – trotz massiver Förderungen aus Steuergeldern.

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Hohe Ladeleistungen kosten deutlich mehr

Kommen wir mal zu den DC Schnellladern. Eine Ladestation kostet, je nach Ausstattung bis zu 130.000 €. Je nach Förderaufruf können bis zu 80 Prozent der Kosten mit max. 80.000 € an Förderungen beantragt werden. Der Netzanschluss im Mittelspannungsnetz ist noch teurer und abhängig von der Struktur des Netzbetreibers am Standort, wo die Station aufgebaut werden soll. Auch hier gibt es max. 100.000 € Förderung pro Anschluss, bis zu 80 Prozent der Gesamtmaßnahme. Je höher die Ladeleistung ist, je teurer ist ein Anschluss. Im innerstädtischen Bereich kommt die Netzkapazität dazu. Hohe Kosten entstehen auch im laufenden Betrieb. Denn bei einer DC Station erwartet der Nutzer natürlich volle Leistung mit Beginn des Ladevorganges. Das heißt, dass die verfügbare Leistung stets vorhanden sein soll. Quasi eine Lastspitze, die zwischen Netzbetreiber und Ladestationsbetreiber vereinbart wird. Je nach Förderaufruf gibt dieser auch eine Mindestleistung vor. Neben dieser Ladeleistung ad hoc wird auch eine hoher Grundgebühr fällig.
Quelle >> emobicon.de/ladeinfrastruktur-was-kostet-der-betrieb-einer-oeffentlichen-ladestation/
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Das E-Auto kann nur durch die „Energiewende von unten“ gewinnen, also günstige Wallbox plus PV-Anlage bzw. Haushaltsstrom über Nacht.

Die E-Autos, die auf Firmenparkplätzen tagsüber rund 8 Stunden stehen, könnten mit PV-Anlagen und günstigen Wallboxen geladen werden.

Bürokratieabbau wäre auch hilfreich, damit die Arbeitgeber das Laden nicht an externe Anbieter auslagern müssen, die fette Renditen wollen.

Herwig:

Bitte rasch Schnellladestationen mit oben beschriebener Kostenstruktur errichten, wenn’s so einfach ist!

Daniel W.:

Angeblich glauben ARAL und viele Autohersteller an das E-Auto – aber woher kommen dann die vielen Verbrenner-Lobbyisten?

Mir scheint, dass da auch viel Heuchelei dabei ist, wenn man Elek­tromobilität predigt und mit Kraftstoffen Geschäfte machen will.

Und die Aussage „79 Cent je Kilowattstunde sind ein fairer Preis“ ist für mich der blanke Hohn.

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Studie: Stromgestehungskosten erneuerbare Energien
Dr. Christoph Kost, Fraunhofer ISE | Juni 2021

Aktuell erzielen PV-Anlagen je nach Anlagentyp und Sonneneinstrahlung Stromgestehungskosten zwischen 3,12 und 11,01 €Cent/kWh.

Beim Windstrom führen sinkende Anlagekosten zu Gestehungskosten von 3,94 bis 8,29 €Cent /kWh für Onshore-Windenergieanlagen, …
(Quelle: ise.fraunhofer.de)
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Beim Schnellladen können mehr E-Autos geladen und somit mehr kWh verkauft werden, also sollten sich die Schnellladesäulen schneller rechnen.

Warum werden Wind- und Solarparks nicht entlang der Autobahnen errichtet und die Schnelllader gleich daneben gestellt?

Laden 10 E-Auto pro Tag und Ladepunkt jeweils rund 50 kWh, dann wären das 500 kWh bzw. pro Ladesäule 1.000 kWh.
Bei 10 Cent pro kWh Stromgestehungskosten und 39 Cent pro kWh an der Lädesäule wären es abzügl.19% MwSt. rund 227 Euro pro Tag.
227 pro Tag mal 365 Tage wären 82.855 Euro pro Jahr und Ladesäule – beim Ladepark mit nur 5 Ladesäulen 414.275 Euro pro Jahr.

Wenn Poltik und Ladesäulenbetreiber keine Unsummen an Gebühren und Abgaben bzw. Gewinne draufschlagen, denn müssten doch 39 Cent pro kWh am Schnelllader für alle Beteiligten ausreichend sein und den Betrieb von E-Autos günstiger machen.

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