Fahrbericht des Lancia Ypsilon: Eleganz statt Sportlichkeit

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Lancia

Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 4 min

Viele hatten erwartet, dass der Kosten-strenge Stellantis-Konzern die Marke Lancia bei seiner Neuausrichtung komplett einstampft. Doch stattdessen gibt es mit bekannter Plattformtechnik einen neuen Ypsilon. Dabei hat das neue Elektromodell viel Charme und jede Menge Styling.

Wenn Stellantis die Marke Lancia eingestellt hätte, wäre der Aufschrei in der Automobilwelt wohl sehr überschaubar geblieben, zumindest außerhalb Italiens. Doch das Führungsdoppel aus Carlos Tavares als Konzern- und Luca Napolitano als Marken-CEO belebte die Traditionsmarke, zuvor nur noch in Italien mit einem betagten Einzelstück wie dem Ypsilon im Markt vertreten, nun neu. Technisch eng verwandt mit Modellen wie Opel Corsa, Citroën C3 oder Peugeot 208 und auf deren gleicher e-CMP-Plattform unterwegs, wagt der Autobianchi-Nachfahre nunmehr wieder den Sprung über die Landesgrenzen und soll den Weg bereiten für einen Neustart der Marke, der zumindest ganz Europa einnehmen soll.

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Optisch ist der neue Lancia Ypsilon ein Hingucker. Nicht mehr so klein, nicht mehr so niedlich wie seine Vorgänger; doch wer einen Lancia Ypsilon fährt, der fällt auch zukünftig im Straßenverkehr auf. Der italo-geneigte Kunde hat die Wahl, ob reines Elektromodell oder ein kleiner Benziner mit Elektrounterstützung, der insbesondere den Heimatmarkt beruhigen soll. Im vergangenen Jahr belegte der ausgelaufene Ypsilon mit mehr als 45.000 Einheiten immerhin noch Platz drei in der italienischen Zulassungsstatistik. Da darf beim Nachfolgemodell nichts anbrennen und eine reine Elektroversion hätte nicht nur wegen seines Preises die italienischen Bestandskunden verprellt.

Denn statt der bisherigen rund 17.000 Euro Listenpreis kostet die Elektroversion ohne Zuschüsse rund das Doppelte. Subventionen von Land und Stellantis reduzieren den Stecker-Preis auf 22.900 Euro. Immer noch ein stattliches Aufgeld von fast 6000 Euro und das Problem, dass die Infrastruktur in Italien insbesondere unterhalb einer Linie von Turin nach Venedig stattliche Lücken aufweist. Daher dürften sich auf dem Heimatmarkt die allermeisten Kunden für die Hybridversion entscheiden, die gerade einmal 74 kW / 100 PS stark mit lokalen Zuschüssen 20.900 Euro kosten soll.

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Europaweit sieht das anders aus, denn hier will Lancia mit einem Ausblick auf die größeren Modelle Delta und Gamma bis 2028 zur Elektromarke werden. Mit dem Elektromotor an der Vorderachse ist der immerhin 4,08 Meter lange Lancia Ypsilon flott unterwegs und perfekt für die City. 115 kW / 156 PS und 260 Nm sind Leistungsdaten, die man bereits bestens von den Schwestermodellen Opel Corsa Electric oder Peugeot e-208 kennt. Nicht gerade sportlich, aber ganz im Ernst: mehr Leistung braucht ein E-Auto ohnehin kaum zu bieten. Das gilt auch für die Reichweite von 400 Kilometern und eine Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h.

Selbst das lahme Ladetempo von maximal 100 kW fällt, zumindest im Pendlerverkehr, kaum ins Gewicht. Und lange Autobahnfahrten, bei denen die 100 kW DC-Ladung nerven würden, die sind wohl eher selten mit dem 54-kWh-Akkupaket zwischen den Achsen. Dabei ist der Reisekomfort des Ypsilon-Modells mehr als in Ordnung. Solide Sitze mit Heizung sowie Massage, ordentliche Displays und eine einfache Bedienung – hier kann der in Spanien produzierte Italiener allemal nicht nur in seiner Heimat glänzen.

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Die Abstimmung von Federn und Dämpfern ist dabei ungeahnt stramm, wobei die Lenkung sehr leichtgängig ist. Der niedrige Schwerpunkt ist klasse und auch, wer es flott angehen lässt, kann dem Lancia Ypsilon im Grenzbereich auf der Landstraße einiges abverlangen. Wirklich glänzen dürfte der Ypsilon jedoch zumeist in der Innenstadt, wo er mit seinem italienischen Design punktet, das deutlich besser passt als der allzu ambitionierte Premiumanspruch.

Viele Oberflächen im Innenraum wirken hier eher wie typisch Kleinwagen, denn Premiumliga, in der die Verantwortlichen den Lancia Ypsilon in Abgrenzung zu Alfa, Peugeot oder Opel sehen. Praktisch und nett anzuschauen ist die kreisrunde Ablage in der Mitte der Armaturentafel, die hinten das Smartphone lädt und vorne Platz für Schlüssel, Haarspange oder Kleingeld bietet. Darüber geben die beiden 10,25-Zoll-Bildschirme Informationen über alles Wichtige. Der Kofferraum bietet 340 Liter Platz – mehr als ausreichend. Abwarten, wie sich der Neuling schlägt und der Neustart der Marke Erfolgsaussichten hat. Nach Deutschland kommt der Lancia Ypsilon übrigens erst im kommenden Frühjahr.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.
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Uli:

Mein erstes Auto vor 37 Jahren war der Y10. Genial klein außen, riesig innen und extrem sparsam. Heute würde sich keiner von uns in die Konsevendose setzen, 630 kg und null passive Sicherheit. Mein Traum damals natürlich der Integrale HF.
Und heute? Ein für mich beliebig designtes Fahrzeug auf der Stelantisplattform. Kann man mich damit begeistern oder zurück zur Marke holen? Leider nein! Zu teuer, zu beliebig, zu wenig begeisternd. Trotzdem viel Glück einer Marke der wir wahnsinnig viele Innovationen (selbstragende Karosserie …) verdanken.

Michael Neißendorfer:

4,08 Meter. Steht auch im Text, versteckt zwischen den ganzen anderen Daten ; )

Philipp:

Wie lang ist er denn geworden?

Der Delta war ursprünglich zwischen 3,9 und 4,1m lang, bis er im letzten Modell auf 4,5m aufgebläht wurde.

Dieser Lancia sieht eher wie ein Delta und weniger wie ein Y aus.

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