Mit der Sonne um die Wette strahlen: Fahrbericht des Fiat Topolino

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Fiat

Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
  —  Lesedauer 5 min

Alle guten Dinge sind drei. Der Fiat Topolino komplettiert das Stellantis-Trio der Elektro-Würfel. Technisch baugleich mit dem Opel Rocks Electric und dem Citroën Ami versprüht der Italiener viel Charme, kostet aber auch am meisten.

Da steht er also. Der mintgrüne Würfel. Im Grunde lediglich ein anders lackierter Citroën Ami beziehungsweise Opel Rocks Electric. Das bedeutet eine Batterie mit einer Netto-Kapazität von 5,4 Kilowattstunden (brutto 7 kWh), eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h, keine Klimaanlage und keinen Komfort. Schluss. Aus. Ende. Wir könnten hier auch aufhören. Das Schlüsselwort aber lautet „könnten“. Schließlich handelt es sich hier um keinen üblichen Stellantis Elektro-Kubus, sondern um einen Fiat Topolino. Mit Namen und Tradition haben sie es ja, die Italiener. Der Fiat 500 „Topolino“ (deutsch: „Mäuschen“), der zwischen 1936 und 1955 gebaut wurde, war ein kleiner Stadtflitzer. Nichts anderes soll die Stromer Neuauflage sein. Mit dem Topspeed von 45 km/h ist auch kaum was anderes möglich.

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Schon auf den ersten Blick versprüht der kleine Italiener gute Laune. Das fängt beim Antlitz mit den Knopfaugen-Scheinwerfern an. Da kommt Cinquecento-Feeling auf. Statt in einem Grauton rollt der Topolino mit einem frischen Sommerton um die Ecke. Da stört es auch nicht, dass es den Elektrozwerg nur mit diesem Lack gibt. Bei den Vespa-Rollern heißt diese pastell-mintgrüne Farbe „Amabile“, bei der deutschen Dependance einfach nur „mintgrün“. Da müssen die teutonischen Marketingspezialisten noch das eine oder andere Glas Grappa trinken, um die passende Wortakrobatik hinzubekommen. Und wenn es nur „verde menta speciale“ ist.

Der Vergleich mit den legendären italienischen Rollern kommt nicht von ungefähr. Denn die Italo-Designer spielen die Vespa-Karte ganz bewusst. Sei es mit dem Chrom-Gepäckträger am Heck, auf Wunsch mit passender Tasche, oder den Lederriemen für die Ablage über dem Armaturenbrett. Bei den Accessoires geht es mit der verspielten Leichtigkeit weiter. Sei es beim Ventilator, dem Bluetooth-Lautsprecher oder den Sitzbezügen, die man auch als Strandtücher verwenden kann. Die Frage, ob da der Sand nicht stören kann, entlarvt uns als typischen Tedesco und wir streichen sie. Tun Sie also bitte so, als ob Sie den letzten Satz nicht gelesen hätten. Schließlich hat der putzige Italiener auf Wunsch auch eine Dusche an Bord, um den Sand loszuwerden. Wir geben uns dem mediterranen Lebensgefühl hin und genießen das Dolce Vita. So (genau genommen Dolcevita) heißt auch die Version des Topolino mit Kordeln statt Türen und einem aufrollbaren Stoffdach.

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Die Sonne strahlt mit dem Italo-Gefährt um die Wette und auch wir bekommen das Lächeln nicht aus dem Gesicht. Schon seltsam. Die harten Sitze sind die gleichen wie bei den Opel- und Citroën Brüdern, doch fühlt sich beim Topolino alles irgendwie lässiger an. Das merkt man auch bei der Fahrt durch und rings um Rüsselsheim. Die Leute lächeln, und selbst die ungeduldigen Hessen, die gerne mit der Hupe ihres Autos Brüderschaft trinken, bleiben entspannt und genießen die Heckansicht des kleinen Vehikels. Der geht aber auch bei allem Charme nicht schneller als 45 km/h, da beißt das Mäuschen keinen Faden ab.

Dass mehr drin wäre, merkt man bei ebenen Strecken oder solchen, die bergab führen. Dann beschleunigt das 6 kW / 8,2 PS-starke Elektromotörchen, bis die Elektronik eingreift, segelt kurz und dann beginnt das Spiel von vorn. Das macht das Vorankommen ein wenig unentspannter, als es sein müsste. Man muss es positiv sehen, angesichts dieser Höchstgeschwindigkeit braucht man bei den innerstädtischen Radarkontrollen, die das Tempo 50 überwachen, keine Sorgen um das Punktkonto in Flensburg haben. Hat auch was. Die Stadt ist ohnehin das natürliche Habitat des Topolino. Mit einem Wendekreis von 7,20 Metern, einer Breite von 1,40 Metern und einer Länge von 2,53 Metern wieselt der Italo-Würfel um fast jede Ecke und findet auch in noch so zugeparkten Innenstädten eine Bucht.

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Solange man nicht auf eine Weltreise geht, kommt man auch mit dem Inhalt des Stromspeichers aus, der in weniger als vier Stunden an einer herkömmlichen 230-Volt-Steckdose wieder gefüllt sind. Nach 75 Kilometern muss man den Klein-Stromer wieder einstöpseln. Bei unserem Trip durch das Rüsselsheimer Umland meldete der Bordcomputer exakt diese Reichweite. Der Verbrauch liegt laut Datenblatt bei 8,0 kWh/100 km. Wie seine beiden Brüder läuft der Topolino in der Kategorie der elektrischen vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuge (L6e) und kann bereits von 15-Jährigen bewegt werden, die über einen Führerschein der Klasse AM verfügen.

Wer einen Topolino bestellen will, kann das nur online tun und bekommt bis zu einer Entfernung von 50 Kilometern zum nächsten Fiat-Händler das Auto umsonst vor die Türe gestellt. Kommen wir zum Preis. Mit mindestens 9890 Euro ist der Standard-Topolino um 1900 Euro teurer als sein Bruder Opel Rocks Electric. Italienische Lebensart diesseits der Alpen war schon immer etwas teurer. Für die Differenz könnte man sich sogar noch einen gebrauchten 50-ccm-Roller in die Garage stellen. Mit etwas Geduld bei der Suche sogar eine mintgrüne Vespa.

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Wolfgang Gomoll

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Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!
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BenDiT:

Ein wundervoll geschriebener Fahrbericht, haben viel gelacht, Danke!

Mads Pedersen:

Nein FIAT bedeutet (F)ix (I)t (A)gain (T)ony :-)

Läubli:

Aha… natürlich, das sagst du korrekt. Ich dachte nur, dass Frauen auch richtige Frauen sind, wenn sie Angst hätten, damit zu fahren… bei Frauen versteht man das, bei Männern eben nicht. Das ist wie beim Militär, echte Männer machen da mit Freude mit, von Frauen verlangt das niemand. Aber in Zeiten der „Möchtegern Gleichberechtigung von Frau & Mann und Verweichlichung der Männer“ von heute hast du natürlich vollkommen recht damit. Sorry, dass ich dies nicht berücksichtigt habe.

Übrigens: eine volle Gleichberechtigung ist unmöglich, denn nach dem Naturgesetz von Frau und Mann, kann ja nur die Frau Kinder kriegen, der richtige Mann eben nicht – bereits da geht die Gleichberechtigung schon meilenweit auseinander. FAZIT: vergessen wir also sofort eine vollkommene Gleichberechtigung am besten wieder… es ist ja hier sowieso nicht das Hauptthema.

Wolfbrecht Gösebert:

Ich ergänze mal bitte:
»Aber für richtige Männer und Frauen ist das kein Problem!«
Danke.

Pilot:

FIAT heisst auch: F ür-I dioten-A usreichende-T echnik

Läubli:

Ja, ich denke auch, dass ein wenig mehr Selbstbeherrschung des eigenen Autos für manch einen „modernen Autofahrer“ dringend nötig wäre… viele haben ja direkt Angst, sich in ein Auto ohne ABS, Airbag, ESP usw. zu setzen, weil sie dann meinen, sie fliegen in der nächsten Kurve gleich aus der Bahn. Aber für richtige Männer ist das kein Problem!

Läubli:

Ja, das stimmt… wenn einen das „Wippen“ beim gangschalten nicht Seekrank macht. ;)

Pilot:

Mut braucht es, einen SUV zu fahren und dabei noch zu denken, dass man ein „Gutmensch“ wäre und sich bemühen würde, ökologisch sinnvoll zu leben. Es braucht keinen Mut, Microlino zu fahren, sondern vielleicht einen Hauch mehr „Fahrkönnen“ als ein normaler Autofahrer das kann. Sonst nix.

heinr:

Ok, wer mit 15 sowas haben muss…. Ansonsten ist ein gebrauchter Smart Fortwo zu dem Preis ungleich praktischer.

Läubli:

Also… du scheinst ja keine Ahnung zu haben, du redest einfach das „Trallalla“ vom Hörensagen runter, weil du es gut findest?! Sorry für meine Ehrlichkeit. Lass es am besten und lass doch die wirklich Erfahrenen sprechen, danke!
Da komme ich nun ins Spiel: Ich fahre seit Sept. 2023 als Alltagsauto für den Arbeitsweg (17km) den Microlino Pioneer Edition Nr.989 von 999 Stück. Ich weiss also genau, von was ich spreche:

1. der Microlino fährt sich bis zur Höchstgeschwindigkeit von 90km/h (abgeregelt, auch bergab geht nicht schneller) genau so sicher wie ein Suzuki Swift, du fühlst dich wie in einem viel grösseren Auto.
2. schlecht kontrollierbar ist er bei keiner Geschwindigkeit, sogar spürt man auch bei nasser Strasse das Fahrzeug sehr gut, man merkt im Voraus wenn er kommen (schleudern, ausbrechen) will… ich habe das im vergangenen Winter schon oft provoziert, es ist ein sehr ehrliches Autöchen, das dir ansagt, was es machen will, bevor es geschieht… quasi wie in einem Porsche fühlst du die Strasse perfekt, obwohl der Microlino natürlich meilenweit von dem Fahrgefühl eines Porsche entfernt ist, aber ich denke, man weiss was ich damit meine.
3. da kein ESP, ABS usw. verbaut ist, braucht es eben wie bei Oldtimern das eigene Beherrschen des Fahrzeuges, damit man keinen Unfall baut. Das ist doch früher auch kein Problem gewesen und die Oldtimerfans sehen das auch nicht als Sicherheitsmanko – wichtig ist nur, WIE man damit umgeht!
4. wer damit fährt muss nicht mutig sein, zumindest VIEL weniger mutig als mit einem Motorrad unterwegs zu sein, oder etwa nicht?
5. Auto zu fahren mit dem Microlino mach sehr viel Spass und es grinsen dich alle an… ein immer wieder herrliches Gefühl, wenn alle immer so nett zu dir sind.
6. warum muss man so perfekte Autöchen, die genau für den Alltag zugeschnitten und im Unterhalt quasi gratis sind so oft durch irgendwelche unwichtige „Sicherheitsfaktoren“ schlecht reden? Ich denke, wir sind alles verwöhnte Autofahrer, die sich ohne Airbag und ABS selber nicht mehr zu helfen wissen und Angst haben, sowas zu fahren – welch eine komische Zeit! Sind wir wirklich alles „Warmduscher / Schattenparker“ oder doch noch richtige Männer?

PS: warum meinst du, dass ein solches Auto Mut zum Fahren braucht? Ich bin der Meinung, SUV ist vor allem etwas für Weicheier, die sich nichts mehr zutrauen und von allem in der Welt Angst haben, es könnte was passieren… das kann ich nicht unterstützen. SUV sind gut, wenn sie wirklich gebraucht werden: von Bauunternehmen, von Handwerkern, Bauern, Transportunternehmen, Bergbauern usw. aber sicher nicht für Mama und Papa, der damit die Kinder zur Schule bringt, alles klar? Alle wollen immer schön „Öko“ sein, aber wenn es um die eigene, so lebenswichtige Scheinsicherheit geht, dann schaut jeder plötzlich nur noch auf sich, dann vergisst man die Umwelt plötzlich sehr schnell, sowas finde ich beschämend.
Weil ich eben nicht so denke, fahre ich auf meinem Arbeitsweg meinen geliebten Microlino und fahre damit bewusst vorsichtiger, als mit meinem TM3P was ich für Langstrecke brauche. Nicht weil ich etwa Angst hätte, sondern weil ich weiss, dass ich kein ABS und ESP unter dem Allerwertesten habe. Auch das ist aber nur auf glatter oder nasser Strasse wichtig, wenn es trocken ist, kannst du immer „Vollgas“ geben. :)

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