Elektromarkt USA: Es geht aufwärts

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Cadillac

Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 6 min

So langsam kommen auch die USA auf den Elektrogeschmack. Im dritten Quartal gab es im Vergleich zum Vorjahr einen stattlichen Zuwachs um 50 Prozent. Erstmals konnte dabei die Marke von 300.000 Neuzulassungen geknackt werden.

Die Vereinigten Staaten von Amerika haben bei vielen einen Ruf, als seien sie ein Land der Elektroautos. Doch das Bild ist falsch und rührt insbesondere von dem seit Jahren laut tönenden Tesla-CEO Elon Musk und der Tatsache, dass viele mit den USA insbesondere die Küstenregionen und speziell den Bundesstaat Kalifornien verbinden, der als E-Auto-Eldorado gilt. Doch die Realität sieht in unterschiedlicher Hinsicht ganz anders aus, denn abseits der Küstenregionen ist von den Elektromodellen nicht mehr viel zu sehen. Die zweitgrößte Autonation der Welt hinkt im Hinblick auf Elektroautos China ebenso hinterher wie Europa.

Chevrolet

Der Grund ist nicht allein der mittlere Westen mit seinen mächtigen Weiten, sondern auch die Südstaaten oder die nördlichen Regionen Richtung Kanada. Hier wählen die Kunden nach wie vor einen Verbrenner und in den allermeisten Fällen einen leistungsstarken Benziner. Allen Öko-Tendenzen zum Trotz sind die Full-Size-Pick-Ups dabei begehrter denn je und nach den Lieferschwierigkeiten aufgrund der Teileversorgung geht es auch für die Bestseller Ford F-Serie, Chevrolet Silverado und Ram wieder zurück zu alten Dimensionen.

Elektro-Pick-Ups in den Startlöchern: Ford F-150 Lightning vorne, Konkurrenz holt auf

Daran ändert auch nichts, dass diese Massenmodelle im kommenden Jahr auch komplett als Elektroversionen zu bekommen sein werden. Bisher ist seit rund eineinhalb Jahren allein der Ford F-150 Lightning mit Elektroantrieb zu bekommen. Die Nachfrage ist gut, doch nicht mehr so gigantisch wie vor zwei bis drei Jahren, als den Ford Dealern nahezu die Türen der Autohäuser eingerannt wurden.

Im kommenden Jahr folgen mit einiger Verzögerung der Chevrolet Silverado und der Ram REV 1500 mit elektrischen Antrieben. Das dürfte weniger für gigantische Verkaufszahlen sorgen, da die Fertigungen erst langsam hochgefahren werden, sondern ist vielmehr wichtig für einen Stimmungswechsel bei den Antrieben. Tesla ist trotz stattlicher Verkaufszahlen unter Druck, denn gerade die Konkurrenz aus Deutschland greift die in die Jahre gekommenen Tesla-Modelle mehr denn je an. Von den hochpreisigen Versionen des Tesla Model X und Model S spricht kaum noch jemand – diese stehen sich oftmals bei den Händlern die Reifen platt, das Geschäft wird allein durch Model Y und Model 3 gemacht. Letzterer bekam jüngst die überfällige Überarbeitung – das Model Y soll bald folgen und keiner weiß, wann der mehrfach verschobene Cybertruck in nennenswerten Zahlen zu den Kunden rollt.

Elektroautos knacken die 300.000er-Quartalsmarke in den USA

Auch wenn es langsam aufwärts geht, blicken die meisten Autohersteller positiv in die Zukunft, wenn es um die Elektromodelle geht. Immerhin legte der US-Markt für Elektroautos nunmehr seit 13 Quartalen in Folge zu und viele Hersteller konnten ihre Verkäufe in diesem Jahr nennenswert nach oben drücken. Doch auch wenn es nennenswerte Zuwächse gab und erstmals die 300.000er-Quartalsmarke geknackt werden konnte, liegt der Verkaufsanteil der Elektroautos USA-weit mit knapp acht Prozent noch immer deutlich unter der Zehntelmarke. Damit hat sich die Zulassungszahl in den vergangenen drei Jahren immerhin verdreifacht. Bis zum Jahr 2030 soll ein Drittel der neu zugelassenen Modelle in den USA mit einem Elektromotor angetrieben werden.

Chevrolet

Nicht nur der Hochlauf von neuen Modellen der Importmarken aus den Konzernverbünden von Hyundai, Stellantis oder Volkswagen soll die Anteile bis 2025 nennenswert nach oben drücken. Nach der Hängepartie mit dem Tesla Cybertruck und dem Erstlingsboom des Ford F-150 Lightning hat sich die Elektrostimmung jedoch auch bei den Pick Ups abgeschwächt. General Motors und Ford haben sich als Heimspieler aus dem US-Bundesstaat Michigan ebenfalls der Elektromobilität verschrieben.

General Motors will den Volumenmarkt mit Elektromodellen von Chevrolet wie Blazer EV, Equinox EV und insbesondere dem elektrischen Silverado fluten, der die Pick-Up-Fans mit klassischem Design und schneller Ladgeschwindigkeit locken soll. „Chevrolet hat den Silverado immer wieder revolutioniert, um ihn zu dem Kraftpaket zu machen, das er heute ist“, sagt Steve Hill, Vice President von Chevrolet, „die Ultium-Plattform ist ein entscheidender Faktor für die Leistung eines Pickups der nächsten Generation, sowohl für Flotten- als auch für Privatkunden, unabhängig davon, ob sie derzeit einen Silverado fahren oder zum ersten Mal einen Pickup in Betracht ziehen.“

Cadillacs Elektro-Offensive: Luxus und Tradition im Wandel

Cadillac will endlich auch weltweit zu einer echten Luxusmarke aufsteigen – mit Elektrohilfe. Noch über dem eleganten Lyriq ist der Escalade IQ positioniert und mit dem Celestiq ist der Autobauer aus Detroit irgendwo in einer Luxuswelt zwischen Bentley und Rolls-Royce unterwegs – natürlich mit allem nur erdenklichen Luxus und komplett elektrisch soll das Topmodell in den historischen Fahrspuren von Cadillac V16 Aerodynamic Coupé von 1933 und einem 1957 Eldorado Brougham reisen. Dieses Dreigestirn wird zwar nicht für Stückzahlen sorgen, soll jedoch für ein neues Elektroimage sorgen, das auch auf die anderen Marken unter dem General Motors Dach abfärbt. Da hinkt Ford aktuell hinterher, denn der Autobauer aus Dearborn hat mit F-150 Lightning und Mustang Mach-E zwar zwei Modelle frühzeitiger als die Konkurrenz auf der Straße, doch es fehlt ein größerer Volumen-SUV mit Elektroantrieb nach Explorer-Vorbild.

Cadillac

Und was ist mit den Asiaten, denn gerade sie dominieren in vielen Segmenten den US-Markt? Aktuell sind die meisten Fahrzeuge mit traditioneller Verbrennertechnik unterwegs. Toyota, Lexus, Acura oder Honda setzen entweder auf Benziner oder Hybridmodelle – bevorzugt ohne Stecker. Anders sieht es im Hyundai Konzern aus. Auch bei Hyundai und Kia gibt es viele Hybridversionen, doch die beiden koreanischen Volumenmarken bekennen sich bei ihren zukünftigen Modellen mehr als die asiatischen Wettbewerber zum Elektroantrieb. Selbst Edelableger Genesis will zukünftig insbesondere mit Stecker punkten.

Ladenetzwerk in den USA: Investitionen und Herausforderungen für eine flächendeckende Infrastruktur

Ein großes Problem bleibt die mangelnde Akzeptanz von Elektroantrieben, doch vornehmlich hat das Ladenetzwerk in den USA gigantische Lücken, die auch Elektropionier Elon Musk mit seinen Superchargern nicht schließen konnte. Denn eine solide Ladeinfrastruktur gibt es bisher allenfalls an Ost- und Westküste sowie an den großen Interstates. Gerade an Wochenenden kommt es an den Ladesäulen der Einkaufszentren oft zu langen Wartezeiten, weil die wenigen Schnelllader von Shoppingfamilien belegt werden.

Allen voran Electrify America bemüht sich mit Hochdruck, das Ladenetz auszubauen und insbesondere die Ladegeschwindigkeiten zu erhöhen. Aktuell läuft der sogenannte Cycle III des National Zero Emission Plans. Hierin will Electrify America mit einem Invest von 35 Millionen Dollar in vielen Städten und entlang der großen Verkehrskorridore für Hypercharger sorgen. Davon soll nicht nur die Millionenagglomeration Los Angeles, sondern auch Städte wie Dallas, Detroit, Nashville oder Orlando profitieren.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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Spiritogre:

Naja, der Anteil an neuen BEV in den USA liegt aktuell bei ca. 7 Prozent, das ist nicht mal die Hälfte der meisten europäischen Länder, die irgendwo bei 16 Prozent liegt. Das Problem sind da schlicht die riesigen Strecken, Amerikaner fahren im Schnitt mehr als doppelt so viele Kilometer wie Europäer, und sie haben anders als Europa nur das Tesla Supercharger-Network, das vernünftig funktioniert.

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