EU-Daten: Plug-in-Hybride fast genauso umweltschädlich wie Verbrenner

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Michael Neißendorfer
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Die Automobilindustrie möchte Plug-in-Hybride (PHEV) auch nach 2035 in der EU zulassen dürfen, als vermeintlich klimafreundliche und technologieoffene Übergangslösung auf dem Weg zur vollständigen Elektrifizierung des Pkw-Verkehrs. EU-Daten von Tausenden Fahrzeugen zeigen allerdings, dass Plug-in-Hybride im Durchschnitt nur 19 Prozent weniger CO2 pro km ausstoßen als Verbrenner. Der versteckte Kraftstoffverbrauch kostet den durchschnittlichen Fahrer 500 Euro mehr pro Jahr, so eine aktuelle Analyse von Transport & Environment (T&E).

Plug-in-Hybride sollen Emissionen und Kraftstoff einsparen, indem sie zwischen Batteriebetrieb und Verbrennungsmotor wechseln. In der Realität sind die CO2-Emissionen von Plug-in-Hybride jedoch fast fünfmal so hoch wie in offiziellen Tests angegeben. Daten aus der Praxis weichen erheblich von den offiziellen WLTP-Tests ab, bei denen Fahrzeuge so gefahren werden, wie es die Aufsichtsbehörden als normal erachten, so T&E.

Laut der Analyse stoßen Plug-in-Hybride in der Praxis durchschnittlich 135 g CO2 pro km aus. Zum Vergleich: Verbrenner stoßen durchschnittlich 166 g CO2/km aus. Die Analyse basiert auf Daten der Europäischen Umweltagentur (EEA), die von Kraftstoffmessgeräten in 127.000 Fahrzeugen erfasst wurden, die 2023 zugelassenen wurden.

Der Verbrenner im Plug-in-Hybrid läuft selbst im Elektromodus

Selbst im Elektromodus verbrauchen die Verbrennungs-Motoren von Plug-in-Hybriden laut EEA-Daten durchschnittlich 3 Liter Benzin pro 100 km. Dadurch stoßen sie im Elektromodus 68 g CO2/km aus – 8,5-mal so viel wie in offiziellen Tests angegeben. Das liegt daran, dass die Elektromotoren in PHEVs meist nicht über genügend Leistung für höhere Geschwindigkeiten oder hohe Steigungen verfügen und der Verbrenner zugeschaltet werden muss. Im Schnitt unterstützt der Motor während knapp eines Drittels der zurückgelegten Strecke.

Und das wird teuer: Plug-in-Hybride kosten Autofahrer jährlich 500 Euro mehr als angegeben, da sowohl im Elektro- als auch im Verbrennungsmodus versteckte Kraftstoffkosten anfallen, so das Ergebnis der T&E-Analyse. PHEVs sind zudem nicht nur teuer im Unterhalt, sondern auch teurer in der Anschaffung als umweltfreundliche Alternativen. Ihr durchschnittlicher Verkaufspreis liegt laut Bloomberg Intelligence in Deutschland bei 55.700 Euro in diesem Jahr. Das sind 15.200 Euro mehr als der Durchschnittspreis eines Elektroautos.

T&E

„Plug-in-Hybride dürfen nicht zum trojanischen Pferd der Flottengrenzwerte werden. Sie auch nach 2035 zuzulassen wäre falsch, denn Plug-in-Hybride sind nicht nur sehr teuer für Autofahrer, sie stoßen auch fast genauso viele Emissionen aus wie Verbrenner. Selbst im Elektromodus sind sie achtmal umweltschädlicher als in offiziellen Tests angegeben“, kommentiert Sebastian Bock, Geschäftsführer bei T&E Deutschland.

„Die Bundesregierung muss unsere Automobilwirtschaft aus dieser technologischen Sackgasse herausführen, um den Automobilstandort fit für die Zukunft zu machen“, so Bock weiter. „Die kurzfristigen Gewinne der Hersteller mit der Technik von gestern, dürfen nicht wichtiger sein als die Jobs von Tausenden Beschäftigten von morgen.“

Plug-in-Hybride mit großer Reichweite verursachen mehr Emissionen

Die Emissionen von PHEVs steigen auch aufgrund des Trends zu größeren elektrischen Reichweiten, da größere Batterien die Autos schwerer machen und sie daher im Motorbetrieb mehr Kraftstoff verbrauchen. Diese schwereren Fahrzeuge verbrauchen auch mehr Energie als kleinere Autos, wenn sie im Batteriebetrieb gefahren werden. Plug-in-Hybride mit einer elektrischen Reichweite von mehr als 75 km stoßen laut den Daten im Durchschnitt sogar mehr CO2 aus als solche mit einer Reichweite zwischen 45 und 75 km.

Die Analyse der EU-Daten zeigt, dass bei Mercedes der Unterschied zwischen den offiziellen und tatsächlichen Emissionen am größten ist. In der Realität waren sie durchschnittlich 494 Prozent höher. Die GLE-Klasse hat die höchste Emissionsdifferenz aller 2023 verkauften Fahrzeuge. Sie überschreitet den offiziellen Wert um 611 Prozent. Die anderen großen europäischen Automobilhersteller emittierten rund 300 Prozent mehr als ihre offiziellen CO2-Werte.

T&E

Einige deutsche Hersteller wollen auch nach Ablauf der EU-Frist für emissionsfreie Fahrzeuge im Jahr 2035 weiterhin Plug-in-Hybride verkaufen dürfen. Nun fordert der europäische Herstellerverband ACEA außerdem, dass die EU die „Nutzfaktoren” aufhebt, die sie zur Korrektur der CO2-Bewertung von Plug-in-Hybriden festgelegt hat. Die für 2025 und 2027 festgelegten Nutzfaktoren korrigieren schrittweise die Lücke zwischen offiziellen und realen Emissionen, was bedeutet, dass die CO2-Ziele der Autohersteller in der EU strenger werden und die Hersteller dazu gedrängt werden, mehr E-Autos zu verkaufen.

Sebastian Bock sagt: „Die aktuelle Lage ist abstrus: Europäische Autohersteller versuchen europäische Gesetze zu manipulieren, die ihnen eigentlich helfen, wieder Anschluss am Weltmarkt zu finden. Sie wollen auch nach 2035 den Markt mit teuren, umweltschädlichen Plug-in-Hybriden überschwemmen und gefährden damit europaweit die Investitionssicherheit für Elektroautos, während chinesische Hersteller ihren Vorsprung immer weiter ausbauen.“

Quelle: T&E – Pressemitteilung vom 16.10.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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