Auto China 2024: Der Druck steigt

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Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 4 min

Der Druck gerade für die europäischen Hersteller ist auf der größten Automesse des Jahres in Peking größer denn je. Die echten Modellneuheiten der deutschen Marken auf ihrem wichtigsten Spielfeld sind überschaubar und so sind viele gespannt, was BYD, Geely oder SAIC in diesem Jahr zu bieten haben.

Die Auto China findet jedes Jahr alternierend im Monat April in den Millionenmetropolen von Peking und Shanghai statt. Bei der Auto China 2023 in Shanghai waren die europäischen Hersteller bei der ersten internationalen Neuauflage nach dreijähriger Covid-Pause mit Pauken sowie Trompeten untergegangen, während die Heimmarken ein gigantisches Feuerwerk an Neuheiten abfeuerten. In den Führungsetagen in Paris, Wolfsburg, Amsterdam oder Detroit gingen trotz langjähriger Prognosen alle Warnleuchten an. Doch so schnell lässt sich ein träger Tanker eben kaum in eine andere Richtung steuern und der aktuellen Schlagzahl in China haben die europäischen Hersteller, egal ob Volumen- oder Premiummarken, mit ihrem gigantischen Entwicklungsaufwand und hohen Produktionskosten kaum etwas entgegenzusetzen.

Doch der Schock der Shanghai Motorshow 2023 hat gesessen, und viele Marken haben einige Weichen neu gestellt. Es heißt mit Blick auf den wichtigsten Automarkt der Welt nicht nur schneller, sondern auch schlanker und günstiger, effizienter zu werden. Volkswagen will seine Topposition in China zurück, die ihnen im vergangenen Jahr der chinesische Hersteller BYD erstmals nach über drei Jahrzehnten abgenommen hatte. BYD verkaufte im vergangenen Jahr auf dem Heimatmarkt Dank eines Zuwachses von rund 40 Prozent über 2,5 Millionen Fahrzeuge und überholte damit Volkswagen, die immerhin noch auf knapp 2,3 Millionen Verkäufe kamen.

Auf Platz drei mit deutlichem Rückstand Toyota, die ebenso wie Honda und Changan ebenfalls mehr als eine Million Fahrzeuge absetzen konnten. Von den Premiummarken konnte sich Audi als einziger Anbieter zweistellig verbessern, damit jedoch nicht ganz Mercedes oder BMW überholen. Tesla bietet auf dem chinesischen Markt mit dem Model Y das meistverkaufte Premiummodell an, das aktuell Platz drei der Verkaufsstatistik belegt. Vor dem amerikanischen Elektro-SUV, gefertigt nahe Shanghai, liegen mit BYD Song und BYD Yin zwei kompakte Heimspieler.

Plug-in-Hybride kommen wieder

Der chinesische Markt erlebt bei allen Elektrotrends die große Renaissance der Plug-in-Hybriden. Reine Elektromodelle tun sich mittlerweile bei vielen einheimischen Marken schwer. Allein mehr als 2,6 Millionen Neuzulassungen im Jahre 2023 entfielen in China auf die Hybridmodelle mit Stecker. Bei Marktführer BYD beispielsweise ist fast jedes zweite im Land verkaufte Fahrzeug ein Plug-in-Hybrid. Volkswagen bietet aktuell jedoch in China kaum ein Modell als Hybridversion an. Bei Li Auto, einem stark aufstrebenden Premiumanbieter mit Luxusanspruch, sind es immerhin noch 14 Prozent.

Kein Wunder, dass auch die europäischen Hersteller wieder auf den Hybridgeschmack kommen müssen, um auf dem Massenmarkt zu reüssieren, der gut ein Drittel des Weltmarkts ausmacht. Viele hatten sich eher früher als später von den Teilzeit-Elektrikern trennen und sich allein auf Elektroautos konzentrieren wollen. Das wird so kaum funktionieren und serielle Hybriden spielen in China keine nennenswerte Rolle, weil nur diese Modelle eine entsprechende Einstufung bekommen, wenn das Auto auch als Hybridversion eine nennenswerte Reichweite rein elektrisch zurücklegen kann. So manche chinesische Plug-in-Version schafft rein elektrisch 120 Kilometer oder mehr, ehe der Verbrenner anspringt oder nachgeladen werden muss. Das macht es unter anderem den japanischen und koreanischen Marken schwer.

Ohne umfassende Digitalisierung geht es nicht

Was den Druck auf viele europäische Hersteller zudem erhöht, ist die große Bedeutung der Digitalisierung. Große Displays mit freundlich lächelnden Avataren sind neben der maximalen Einbindung des Chatdienstes WeChat ins Auto wichtiger denn je. Mit WeChat lässt sich in China nicht nur elektronisch chatten, sondern auch alles bezahlen und zahlreiche Funktionen im Alltag vernetzen. Problem: hier können selbst die großen Konzerne VW, Toyota, Renault-Nissan, Hyundai, Ford oder General Motors ihre internationalen Technik-Plattformen nur eingeschränkt nutzen und gerade die Premiummarken stehen hier bisweilen nennenswert hinter den chinesischen Herstellern zurück. Daher sind nahezu alle Marken dabei, ihre chinesischen Entwicklungszentren selbst oder mit lokalen Partnern deutlich zu erweitern.

Der chinesische Markt ist für die Transformation von Audi hin zu einem führenden globalen Anbieter von Premium-Elektromobilität von zentraler Bedeutung“, sagt daher nicht nur Audi-CEO Gernot Döllner, „mit dem neuen Werk in Changchun, lokal entwickelten Elektromodellen sowie modernster und auf die Benutzerbedürfnisse zugeschnittenen, digitalen Angeboten verfolgen wir unseren Plan für nachhaltigen Erfolg in China mit aller Konsequenz.“ So präsentiert Audi in China die so wichtige Langversion des erst jüngst vorgestellten Audi Q6 e-tron.

Nicht anders sieht es bei Mercedes aus. Die Schwaben betreiben in China die größte Produktionsstätte des Unternehmens und ihr wichtigstes Forschungs- und Entwicklungszentrum außerhalb Deutschlands. Es nimmt eine wesentliche Rolle im globalen Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk von Mercedes-Benz ein. In den vergangenen Jahren hat der Hersteller seine Forschung und Entwicklung in China stetig ausgebaut, insbesondere in den Bereichen Elektrifizierung und Digitalisierung. Auf der Messe will Mercedes insbesondere mit seiner elektrischen G-Klasse glänzen. Ebenfalls zu sehen: der neue Mercedes AMG GT 63 S E-Performance und der seriennahe Ausblick auf den kommenden Mercedes CLA – rein elektrisch angetrieben. Da ist Mini schon einen Schritt weiter und enthüllt in Peking die Serienversion des elektrischen Aceman-SUV.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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Spiritogre:

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Steven B.:

Bitte doch am Gesamtmarkt orientieren, nicht immer Tesla-Like Äpfel mit Birnen mischen. BYD verkauft ja auch Hybride und Elektro. Ich denke schon, dass die deutschen Hersteller gut daran tun, auch mehr Hybride anzubieten, auf dem Heimatmarkt haben sie ein gute Auswahl vom Kleinsten bis zum grössten Model. Die Gefahr ist gross, wenn man dieses Segment nicht besetzt, dass man an Boden verlieren kann. BMW, Audi und auch VW wären gut daran diese Karte in China endlich auszuspielen, auch Mercedes hat hier gute Modelle die die Anforderungen an Hybride erfüllt.

Steven B.:

Schon klar, wenn man alles kopiert und nicht das Original kaufen kann, dann machen die Kopierer schon ihre Umsätze. Ich denke jedoch auch, dass ein ausländisches Auto einen besonderen Status hat. Ich habe mir einige Reportagen über die Einwohner in China angesehen, Stadt- und Landbewohner gleichermassen. Die Städter bevorzugen schon so etwas materialistisches um sich abzusetzen, hingegen die Landbevölkerung mehr auf die Funktion achtet und erst dann auf ein Label schaut. Ja, viele in den Städten bedauern nur ein günstiges Auto zu fahren, aber sofern das Budget nicht mehr zulässt, dann nehmen sie die Heimatmarken und später einmal ein ausländisches Fahrzeug, wenn es besser geht.

Spiritogre:

Schaue dir lieber die realen Zahlen an als den üblichen Social Media FUD.

Spiritogre:

China hatte bei Volkswagen ein geringes Wachstum von 1,6 Prozent mit 3,2 Millionen verkauften Autos. Massive Anteile verloren sehe ich da nicht, gerade wenn es eine Steigerung gab. Kaum ein chinesischer Hersteller verkauft in China soviele Autos. Toyota ist übrigens bei 2 Millionen.

Alle chinesischen Marken zusammen kommen in China mal gerade auf 55 Prozent Marktanteil und von dem entfällt ein großer Batzen auf das, was man in Japan „Kei Car“ nennt, also günstige Miniautos.

Zahlen gehen halt vor Propagandaartikeln in Medien!

Robert:

das war einmal aber die Chinesen stellen immer mehr fest das Deutschland nicht mehr so vorbildlich ist wie sie mal waren als Made in Germany noch eine echte Qualitätsmarke war, inzwischen ist das nicht mehr so früher waren unsere Autos einmal der inbegriff von hoher Qualität und jetzt? ständig gehen sie kaputt und auch den Dieselskandal darf man nicht vergessen, wenn unsere Hersteller nicht schleunigst zu den alten Tugenden zurückkehren gibt es keinen Grund ein doppelt so teures Auto aus Deutschland zu kaufen wenn ich eine gleichwertige Qualität zum halben Preis kriegen kann, und auch unsere immer feindseliger werdende Politik China gegenüber darf man auch nicht vergessen, wenn Europa einen Handelskrieg anfängt, und alles deutet darauf hin wären die Chinesen doch blöd ein Deutsches Auto zu kaufen wenn dann Sanktionen drohen und dann keine Ersatzteile mehr zu bekommen sind.

Gregor:

XPeng und Zeekr, bzw. CATL und CATB treiben das Schnelladen an…ich bin sehr gespannt. Ab Mitte 2024 gibt es in DE eine Modellflut an Neuheiten aus China. Da müssen sich die Premium Marken hier warm anziehen.

Gregor:

„Chinesen lieben deutsche Autos“ also die News der letzten 2 Jahre war anders. VW hat massiv an Anteilen verloren, eben weil die Chinesen mehr und mehr feiern, wie toll die Autos aus der Heimat sind. Werbung und passende Propaganda wird da ihr übriges tun.
Aber sie können ja gern die Zahlen vom VW Absatz in China mal nachschlagen und mich vom Gegenteil überzeugen.

Spiritogre:

Die deutschen Marken sind weniger betroffen. Denn auch in China gelten große Markennamen mehr als selbst hierzulande, wo das immer klein geredet wird. Chinesen lieben deutsche Autos! Und gerade die teureren Modelle gelten als Luxus und Statussymbol. Da kann auch ein noch so tolles einheimisches Brand wenig dran ändern, außer der Staat versucht da irgendwelche Riegel vorzuschieben.

Aber gerade in Ländern wie China gilt, wer reich ist und meint was zu melden zu haben, der will das zeigen. Und deutsche Marken wie BMW, Mercedes, Porsche oder Audi eignen sich dafür hervorragend. Nur aus politischer Motivation würden reiche Chinesen ein chinesisches Fabrikat kaufen.

Solche Artikel sollen entsprechend meiner Ansicht nach nur „Panik“ verbreiten.

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