Akute Brandgefahr: Nikola ruft alle E-Lkw zurück

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Felix Katz
Felix Katz
  —  Lesedauer 4 min

Elektro-Lkw-Hersteller Nikola ruft alle 209 seiner bisher ausgelieferten E-Trucks namens Tre zurück, nachdem es zu mehreren Zwischenfällen mit Brandfolge kam. Untersuchungen sollen nun ergeben haben, dass die Ursache ein fehlerhaftes Bauteil innerhalb der Batterie sei.

Was war passiert? Am 23. Juni kam es zu einem Brand im Nikola-Werk in Arizona. Ein Elektro-Lkw hatte Feuer gefangen, dabei wurden laut Auto Motor und Sport insgesamt fünf Trucks zerstört. Nicht einmal zwei Monate später, am 10. August, kam es zu einem weiteren Vorfall, den Hersteller Nikola als „geringfügigen thermischen Zwischenfall“ deklarierte. Zum Glück wurde bei beiden Vorfällen niemand verletzt. Interne und externe Untersuchungen sollen ergeben haben, dass der Fehler auf ein Kühlmittelleck in einem einzelnen Batteriesatz zurückzuführen sei: „Interne Untersuchungen der Sicherheits- und Ingenieurteams von Nikola deuten darauf hin, dass ein einzelnes Bauteil eines Zulieferers im Batteriepack die wahrscheinliche Ursache für das Auslaufen der Kühlflüssigkeit ist“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Akute Brandgefahr: Nikola ruft alle E-Lkw zurück
Untersuchungen sollen ergeben haben, dass der Brand des Nikola Tre im August auf ein Kühlmittelleck in einem einzelnen Batteriesatz zurückzuführen sei. Das Wasserstoff-Modell ist vom Rückruf nicht betroffen | Bild: Nikola

Verkauf neuer Lkw vorerst gestoppt

Beim Brand im August war das Unternehmen zunächst von Fremdeinwirkung als mögliche Ursache ausgegangen – basierend auf Videoaufnahmen, die ein Fahrzeug zeigen, das neben dem betroffenen Lastwagen geparkt hat und nach einem hellen Blitz und Ausbruch des Feuers schnell wegfährt. Umfangreiche interne und von Dritten durchgeführte Hypothesentests, Befragungen von Mitarbeitern und Auftragnehmern sowie die stundenlange Durchsicht von Videomaterial hätten aber ergeben, dass es unwahrscheinlich ist, dass der Vorfall durch Fremdeinwirkung oder andere externe Faktoren verursacht wurde.

Nikola ist derzeit dabei, einen freiwilligen Rückruf bei der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) einzureichen und stoppt vorübergehend den Verkauf neuer Elektro-Lkw, bis eine Lösung gefunden ist. Wie der Hersteller mitteilt, können Kundenfahrzeuge in Betrieb bleiben, jedoch werden Ihnen sofortige Maßnahmen empfohlen: „Stellen Sie den Hauptbatterietrennschalter (MBD) immer in die Position ‚ON‘, um den Betrieb der Fahrzeugüberwachung und der Sicherheitssysteme in Echtzeit zu ermöglichen.“ Und weiter: „Ziehen Sie in Erwägung, die Fahrzeuge im Freien zu parken, um Over-the-Air-Updates und eine bessere Verbindung mit Fleet Command, dem Überwachungssystem von Nikola, zu ermöglichen.“ Bemühungen zur Behebung der Probleme seien im Gange, Reparaturen werden voraussichtlich in den kommenden Wochen beginnen, teilt Nikola mit. Diese Maßnahmen beträfen im Übrigen nicht das Wasserstoff-Brennstoffzellen-Elektrofahrzeug (FCEV), das sich derzeit in der Produktion befindet, da das Batteriepaket des Lkw eine andere Konstruktion aufweise.

Akute Brandgefahr: Nikola ruft alle E-Lkw zurück
Nikola hat es aktuell nicht leicht: Erst enttäuschende Quartalsberichte, dann ein Wechsel in der Chefetage, nun Sicherheitsprobleme | Bild: Nikola

Nikola-Aktie zeitweise auf Talfahrt

Die Softwaresysteme des Unternehmens werde in Echtzeit eingesetzt, um die Lkw im Feld genau zu überwachen und die Risiken kontinuierlich zu bewerten. „Bislang ist es nur bei zwei Batteriepaketen zu einem thermischen Ereignis gekommen, von mehr als 3.100 Batteriepaketen in bisher produzierten Fahrzeugen“, relativiert der US-Hersteller. Dies seien immerhin weniger als 0,07 Prozent. Weitere Informationen, Aktualisierungen und erforderliche Kundenmaßnahmen sollen in den kommenden Wochen bekannt gegeben werden. „Bei Nikola nehmen wir die Sicherheit sehr ernst“, sagte Steve Girsky, CEO von Nikola. „Wir haben von Anfang an erklärt, dass wir, sobald unsere Untersuchungen abgeschlossen sind, ein Update geben werden. Und wir werden weiterhin transparent bleiben.“

Bevor der Tre BEV in Produktion ging, verbrachte Nikola nach eigenen Angaben viel Zeit damit, das Fahrzeug auf die Sicherheit des Fahrers und seiner Umgebung zu prüfen. „Der Lkw erfüllt und übertrifft die FMVSS- und UN GTR 20-Bestimmungen; er wurde Front-, Seiten-, Heck- und Überschlagstests unterzogen und erfüllte die Sicherheitselemente der Batterie, einschließlich der Überwachung der Isolierung des Fahrzeugs, des Widerstandes gegen das Eindringen von Wasser, der Überwachung des Auslaufens der Kühlflüssigkeit der Batterie, der Erkennung des thermischen Durchgehens der Batterie und der Erkennung von Fehlern in der Hochspannungsverriegelungsschleife“, so der Hersteller.

In jedem Fall: Der Imageschaden ist groß für Nikola. Nach einem enttäuschenden Quartalsbericht und einem Wechsel in der Chefetage bringen die aktuellen Sicherheitsprobleme weitere Unruhe ins Unternehmen, nachdem man sich jüngst über Auftragszuwächse freuen konnte. Die Aktie brach laut „Der Aktionär“ zeitweise um bis zu 15 Prozent ein.

Quellen: Nikola – Pressemitteilung vom 11.08.2023 / Auto Motor und Sport – Akute Brandgefahr bei Elektro-Trucks von Nikola / Der Aktionär – Nikola schmiert vorbörslich ab – das sind die Gründe

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Felix Katz

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Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.

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Sven:

Die hätten beim Gravitationsantrieb bleiben sollen, ist sicherer.

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