VDA: „Politik muss E-Auto-Wende unterstützen“

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Im Interview mit Hildegard Müller, der Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), geführt von Tobias Schmidt von noz.de, wird deutlich, dass die deutsche Autoindustrie fest zur Elektromobilität und zum Pariser Klimaschutzabkommen steht. Allerdings ist es so, dass diese auf wesentliche Unterstützung und Rahmenbedingungen durch die Politik angewiesen ist.

Müller betonte, dass es nicht darum gehe, das Ziel eines Verbrennerverbots ab 2035 in der EU grundsätzlich infrage zu stellen. Wobei wir hier von Seiten EAN einordnen möchten, dass es das „Verbrennerverbot“ an sich nicht gibt. Vielmehr gibt es gibt nur ein Verbot von Verbrenner-Neufahrzeugen, die mit Diesel oder Benzin betankt werden. Ab dann sollen nur noch CO2-neutrale Neufahrzeuge zugelassen werden, etwa indem Verbrenner mit E-Fuels betrieben werden.

Unabhängig davon gibt die Präsidentin des VDA zu verstehen, dass umfangreiche Reviewprozesse klären müssen, welche Maßnahmen von der Industrie und der Politik ergriffen werden müssen, um dieses Ziel tatsächlich zu erreichen. „Wir brauchen keine Ziel-Debatte, sondern eine Zielerreichungs-Debatte“, betonte Müller. Die deutschen Autohersteller investieren massiv in die Forschung und Entwicklung neuer Antriebe, insbesondere in die Elektromobilität. Müller sprach von rund 280 Milliarden Euro, die innerhalb weniger Jahre in diesen Bereich fließen, zusätzlich zu 130 Milliarden Euro, die in den Umbau der Werke investiert werden. Diese Investitionen sollen die Anzahl der verfügbaren E-Auto-Modelle steigern und durch Skaleneffekte die Kosten für Elektroautos senken, sodass sie perspektivisch günstiger als Diesel oder Benziner werden, was bereits in wenigen Jahren eintreffen dürfte.

Ein zentrales Problem sieht Müller in der laut ihr unzureichenden Infrastruktur und der unsicheren Versorgung mit Rohstoffen und CO₂-freiem Strom. Sie kritisiert den Mangel an Ladesäulen und betont die Notwendigkeit stabiler Stromnetze. „Das Allerwichtigste, um die E-Mobilität hierzulande wieder in Schwung zu bringen, sind Ladesäulen, Ladesäulen, Ladesäulen und Netze, Netze, Netze!“ forderte Müller nachdrücklich im Interview mit Schmidt. Ohne einen schnelleren und vorausschauenden Ausbau der Ladeinfrastruktur drohe ein Chaos, bevor die Zielmarke der Bundesregierung von 15 Millionen E-Autos erreicht werden könne. Wobei dieses Ziel mittlerweile, begründet durch Zahlen, Daten und Fakten in Frage gestellt wird.

Engagierte europäische Energiepolitik macht künftig den Unterschied

Auch auf die Energiepolitik und internationale Partnerschaften ging Müller ein. Sie sieht die Notwendigkeit einer engagierten europäischen Energiepolitik und fordert die EU auf, Verträge mit Regionen wie Afrika und Lateinamerika abzuschließen, um die Versorgung mit günstigem Grünstrom zu sichern. „Deutschland und Europa brauchen eine engagierte Energiepolitik“, betonte sie. Sie kritisierte zudem den mangelnden Fortschritt bei wichtigen Freihandelsabkommen, die für die Automobilindustrie entscheidend sind, und forderte mehr Druck auf Brüssel, um diese Abkommen voranzutreiben. Sie beklagte, dass sich die EU zu oft in Details verliere oder durch Eigeninteressen einzelner Länder blockiert werde.

Ein weiteres Problem sieht Müller in den steigenden Produktionskosten in Deutschland. Sie warnt vor einer schleichenden Deindustrialisierung, da Deutschland bei den Produktionskosten nicht mithalten könne. Die Bürokratie türme immer neue Hürden auf, und es sei an der Zeit, dass die Politik endlich die richtigen Maßnahmen ergreife, um Deutschland für Unternehmen wieder attraktiver zu machen. „Nur ein Prozent der mittelständischen Unternehmen unserer Industrie sieht sich in der Lage, seine Investitionen in Deutschland zu erhöhen, ein klares Warnsignal!“, betonte Müller.

Auch auf das Thema Strafzölle auf E-Autos aus China ging Müller ein. Sie hält diese nicht für ein geeignetes Mittel zum Schutz der deutschen Automobilbranche und warnte vor Gegenmaßnahmen Chinas, die Deutschland als Exportnation hart treffen könnten. Sie plädierte für intensivere Gespräche zwischen Brüssel und Peking, um eine faire und WTO-konforme Handelspartnerschaft zu erreichen.

Zum Ende der Lichtblick: Denn trotz der zahlreichen Herausforderungen glaubt Müller fest an die Zukunft der deutschen Autoindustrie. Sie betonte, dass die deutsche Autoindustrie technologisch und innovativ international wettbewerbsfähig sei und gute Autos baue. „Es geht allein um die Rahmenbedingungen. Aber nur, wenn die Politik endlich das Richtige tut, sind die Jobs in Deutschland auf Dauer zu halten“, sagte sie abschließend.

Quelle: noz.de – Auto-Präsidentin: „Deutsche reagieren allergisch auf Verbote“

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Dino Nizetic:

Das Problem ist eigentlich folgendes:

– Unverträglichkeit der meisten Immobilien in Deutschland mit Elektroautos. Immobilien haben sich seit einem ganzen Jahrhundert an Autos mit Verbrennungsmotor angepasst

– Fokussierung der Strategie darauf, Batterien nur noch über Nacht zu laden, also alle Objekte mit Wallboxen auszustatten

– Immobilien verkaufen Autos, nicht Marketing. Zeigen Sie mit dem Finger auf nicht angepasste Immobilien als Hauptverursacher des langsamen Verkaufs von Elektroautos und beginnen Sie dann dringend mit der Lösung dieses Problems

– zuerst die Immobilienwende und dann erst die Energiewende

E. Wolf:

Zitat: „… unzureichenden Infrastruktur … CO₂-freiem Strom. Sie kritisiert den Mangel an Ladesäulen… “

Was für ein Bullshit !

https://www.virta.global/de/blog/wie-viele-ladesaulen-gibt-es-in-deutschland-das-bundesland-ranking : Stand 1/4/23:
– Normalladepunkte: 72.441
– Schnellladepunkte: 15.875
Bei den aktuell gemeldeten Anzahl von Ladepunkten handelt es sich ausschließlich um öffentlich zugängliche Ladepunkte, da nur diese der Anzeigepflicht der Bundesnetzagentur unterliegen.

VerbrenerTankstellen: ca. 14.000 Tendenz sinkend!

Ergo es gibt kein LadesäulenMangel !!

Sie macht einen auf Trump und merkt nicht, daß die Welt sich weiter gedreht hat.

Und das Thema CO₂-freiem Strom haben die Hersteller selbst in de Hand.

Aber, das Ladesäulengeschäft selbt liegt schon wieder in der Hand der Großen: u.a. RWE, EWE, EnBW, Shell !

Kein Wunder das der günstige Solarstrom (Stichwort: dyn./flex. Tarife) NICHT an der Ladesäule ankommt. Roaming à la Mobilfunk wäre vielleicht eine Lösung.

Robert:

nur auf Platz 13? das ist beschämend für eine Industrienation wie Deutschland, also sind 12 Länder in Europa sind schon weiter als Deutschland
und in 5 Jahren sind wir wahrscheinlich wie bei allen Zukunftsgebieten Schlusslicht in Europa

Manfred:

Deutschland steht in Europa auf Platz 13 was die Dichte der Ladesäulen betrifft. Die Anzahl der Ladepunkte wird ständig erhöht. Also daran liegt es nicht. Es sind immer noch die derzeit relativ teuren E-Autos. Auch das ändert sich langsam. Betrachtet man die Vorteile der E-Autos über den Lebenszyklus relativiert sich der Preisunterschied zum Verbrenner. Mittelfristig werden die Verbrenner auch in der Neuanschaffung teurer als E-Fahrzeuge gleicher Klasse sein. Was noch fehlt sind objektive Informationen und vertrauensbildende Maßnahmen für die kleine Frau und den kleinen Mann. Das Bashing gegen E-Autos muss aufhören oder es muss von qualifizierter Seite argumentativ aktiv dagegen Position bezogen werden. Und zwar Massenwirksam. Der Rest kommt mit der Zeit ganz von allein. Die Autobauer müssen ruhige Nerven und einen langen Atem bis dahin haben.

Peter:

Nicht zu vergessen die 8Mrd/a Subvention von Dieselkraftstoff

Ediwi:

Da ist sie schon wieder, die Lobbyistin die für Geld alles tut und die, wie Gerd es schreibt, mehr zur Belustigung beiträgt als irgendeinen kostruktiven Beitrag zu leisten.
„Diese Investitionen sollen die Anzahl der verfügbaren E-Auto-Modelle steigern und durch Skaleneffekte die Kosten für Elektroautos senken, sodass sie perspektivisch günstiger als Diesel oder Benziner werden, was bereits in wenigen Jahren eintreffen dürfte.“
Perspektivisch günstiger als Diesel oder Benziner – Was für eine Irreführung. Diesel oder Benziner sind nur deshalb (scheinbar) günstiger, weil die Umweltkosten bei Förderung, Transport, Produktion und Verbrennung in dieser Einschätzung, wie so oft, unterschlagen werden.

Gerd:

Der VDA wird immer mehr so etwas wie die FDP der Lobbyverbände. Trägt mehr zur Belustigung bei als zu Inhalten oder gar zum handeln.
Es ist auch noch nicht lange her, da schoß der VDA aus allen Rohren gegen Elektromobilität. Allen voran Thomas Geiger als Auftragsschreiber.
Jetzt haben beide ihren Irrtum (und die wirtschaftliche Notwendigkeit) erkannt und, siehe da, das Fähnlein dreht sich in den Wind.
Industriepolitik ohne jeglichen, unternehmerischen Mut; immer sind andere in der Verantwortung. Und da sind wir wieder beim FDP-Vergleich.

Wolfbrecht Gösebert:

Wenn sie zum x-ten Mal fordert, das Allerwichtigste seien „Ladesäulen, Ladesäulen, Ladesäulen und Netze, Netze, Netze!”, dann ist Hildegard „Die-Anderen-sollen’s-bezahlen“ Müller wieder so ganz in ihrem Metier …

Statt durch energ(et)ische Eigenversorgung(!) soll durch schnelle Verträge mit Regionen wie Afrika und Lateinamerika die Versorgung mit sog. „günstigem Grünstrom“ für die Industrie erreicht werden – wieso nur erinnert mich das an eine Art Neuauflage »kolonialer Ausbeutung«, wenn genau die in Frage kommenden Länder nicht einmal selber eine stabile und preiswerte Grünstrom-Versorgung für die eigene, breite Bevölkerung bereitstellen?

Und vermutlich merkt sie auch nicht einmal die krasse Selbstironie, wenn sie beklagt, „dass die EU zu oft durch Eigeninteressen einzelner Länder blockiert werde“ … (sic!)

Kaum noch nötig zu sagen, dass ich von der generellen Versorgung mit preiswertem Strom für hiesige Verbraucher – AUCH an der Ladesäule – da ebenfalls nichts lese … natürlich genausowenig über 20–30K€-eAuto-Angebote –> was aber eben ein klares Stückzahl-Erfordernis für die zügig notwendige eAuto-Verbreitung wäre!

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