Teurer Strom bremst Elektromobilität – dennoch kein Grund zur Sorge

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Iris Martinz
Iris Martinz
  —  Lesedauer 3 min

Kaum steigen die Strompreise, wird bereits der Abgesang auf die Elektromobilität angestimmt. Einige Experten sehen in der aktuellen Strompreisentwicklung eine akute Gefahr für die Verkehrswende. Andere wiederum beruhigen. Auch das Ziel der Bundesregierung für 2030 sei nicht in Gefahr.

15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen. Das erklärte Ziel der Bundesregierung für 2030 wirft aktuell viele Fragen auf: Wird es dafür wohl genügend Strom geben? Und wird dieser bezahlbar sein? Fakt ist, dass die momentane Strompreisralley den Kostenvorteil gegenüber Verbrennern schmälert. Ladestromanbieter erhöhen ihre Preise – bis zu 80 Cent pro Kilowattstunde an Schnellladesäulen sind keine Seltenheit mehr. Die Preise für Schnellladen stiegen im vergangenen Jahr um bis zu 76 Prozent – während die Benzin- und Dieselpreise nur um etwa 50 Prozent anzogen. „Den massiv gestiegenen Beschaffungspreisen kann sich langfristig kein Anbieter entziehen„, erklärt eine Sprecherin des Energiekonzerns E.on.

Dennoch ist ein Elektroauto im Betrieb immer noch günstiger als ein Verbrenner – aufgrund des geringeren Energieverbrauchs auf 100 Kilometer. Der Break-Even soll aktuell bei etwa 95 Cent pro Kilowattstunde liegen – kostet der Strom mehr, könnte der Betrieb eines Verbrenners günstiger kommen. Das gilt allerdings nur für jene Elektroautos, die vorwiegend im öffentlichen Schnellladenetz geladen werden. Der überwiegende Teil der E-Fahrer kann aber auf eine eigene Lademöglichkeit zu Hause oder bei der Arbeit zurückgreifen.

Experten sind dennoch besorgt: Werde ein Stromer im Verbrauch teurer als ein Benziner oder Diesel, würde sich kaum noch jemand ein Elektroauto kaufen, gibt Stefan Bratzel, Chef des Centers of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch-Gladbach zu bedenken. Um ein Abflachen des Marktanlaufs zu verhindern, müsse die Bundesregierung dafür sorgen, dass die Strompreise unter den Spritpreisen bleiben. Eine Strompreisbremse für Ladestrom solle her.

Um die 15 Millionen-Marke 2030 zu erreichen, muss der derzeitige Bestand an Elektroautos verachzehnfacht werden. Dafür muss auch der Strom irgendwo her kommen, in einem Umfeld, in dem Kohle- und Atomkraftwerke stillgelegt werden. Bisher wurde Gas als Brückentechnologie favorisiert. Bis 2030 sollten mindestens 50 neue Gaskraftwerke gebaut werden, die etwa 20 bis 30 zusätzliche Gigawattstunden liefern sollen. Dank Putins Energiekrieg scheint das heute illusorisch.

Wo wird der zusätzliche Strom für die Elektroautos also herkommen? Martin Wietschel, Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, beruhigt. Erstens scheine der zusätzliche Strombedarf für 15 Millionen Autos mit rund 42 Terawattstunden pro Jahr „viel zu sein, ist es aber nicht„. Zweitens müssten die erneuerbaren Energien ohnehin schnell ausgebaut werden. Die bis 2045 geplante Strommenge aus Wind und Sonne würde fast 800 Terawattstunden im Jahr liefern. Die Herausforderung liege eher darin, das Gas und Öl der Industrie zu kompensieren und den Bedarf an Wärmepumpen zu decken. Den zusätzlichen Strombedarf für Elektroautos sieht Wietschel als eher kleines Problem. Vielmehr könne das Elektroauto zur Energiewende beitragen, wenn es genutzt werden könnte, um „Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen„.

Grünen Wasserstoff oder E-Fuels im Auto sieht der Experte hingegen als kaum sinnvoll – der Strombedarf in der Erzeugung sei einfach zu hoch. Sie seien keine Alternative zur Batterie. Hinsichtlich der Strompreisentwicklung beruhigt Wietschel ebenfalls. Vor dem Krieg hätte man mit einem relativ stabilen Strompreis bis 2030 gerechnet – mit einem Rückgang danach. Langfristig sei immer noch davon auszugehen – die aktuelle Preisexplosion also nur ein vorübergehender Effekt.

Quelle: Berliner Zeitung – Teurer Strom: Ist die Elektromobilität am Ende?

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Iris Martinz

Iris Martinz

Iris Martinz ist Unternehmens- und E-Mobilitätsberaterin in Österreich, mit langjähriger Erfahrung im Recycling und Second Life von E-Mobilitätsbatterien. Fährt sowohl rein elektrisch, als auch V8, und möchte die beiden Welten etwas näher zusammenbringen. Nachzulesen unter www.mustangsontour.com.
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jojo:

Eigentlich sollte Ökostrom in der Beschaffung ja eben nicht so teuer sein. Den benutzen die Ladesäulenbetreiber ja eigentlich. Aber da alles vermischt wird und der ganze Elektro-Energiemarkt eine einzige Fake-Blase ist, geht das ganze für E-Auto Fahrer ziemlich nach hinten los. Die Einsparung zum Benziner/Diesel ist kaum noch der Rede wert, da die Preise kräftig gesunken sind, und so rentiert sich auch der höhere Anschaffungspreis an sich nicht.
E-Auto fahren ist weiterhin nur was für Enthusiasten, die ihrerseits kräftig abgezockt werden. :(
Danke liebe Bundesregierung!

bergfex:

Es bliebt mir ein Rätsel, woher David prophetische Fähigkeiten hat und woher er seine Weisheiten nimmt. Natürlich ist auch jetzt der richtige Zeitpunkt, in PV zu investieren. Und wer ein bisserl dahinter ist, kann sowohl PV-Zellen als auch Wechselrichter auch jetzt sofort bekommen.

Ich bin nach meiner Einschätzung ein Vielfahrer mit dem E-Auto, weil ich privat ca. 40.000 km p.a. fahre. Ich habe weder eine Firmenkarte (die den Stromverbrauch nicht senkt, sondern nur regelt, wer zahlen muss) noch einen Ladetarif mit Grundgebühr. Ich lade nur an der PV (und im Winter hin und wieder vom Netz). Das langt mir vollkommen für zwei E-Autos, die abwechselnd laden, aber auch mittels Lastmanagement gleichzeitig laden können.

Wo ist die Informationsquelle, dass Nextmove schon viele Teslafahrer zum Ladetarif von VW bewegt hat. Was sind „viele“. Gibt es Zahlen?

@David: Stehst Du richtig im Leben, oder willst Du nur provozieren? Provokationen sind wir von Dir ja hinreichend gewöhnt.

Norbert Seebach:

Vor exakt dieser Entscheidung stand ich auch. Habe mich dann für eine Luft-Wasser WP entschieden wg. der immensen Kosten für die Erdbohrung, für die es im Übrigen ja auch keine Erfolgsgarantie gibt. Aber: WP-Installation sollte aus meiner Sicht immer mit einer PV-ANLAGE auf dem Dach kombiniert werden. Da jedoch Erzeugungs- und Bedarfsprofil beim Strom für die WP quasi diametral gegenläufig sind (im Winter braucht die WP viel Strom bei gleichzeitig geringer Erzeugung durch die PV-Module, im Sommer umgekehrt) haben wir uns für einen Cloud-Anbieter entschieden, wo du in Abhängigkeit von der Anlagengröße eine bestimmte sog. Freistrom-Menge an Komfort- und Wärmestrom bekommst, den du dann beliebig übers Jahr verbrauchen kannst. Dafür zahlst du dann keine monatliche Grundgebühr, allerdings musst du die EEG-Einspeisevergütung an das Unternehmen abtreten.

Norbert Seebach:

Deinen Tipp hätte ich früher gebrauchen können – so habe ich inzwischen 2PV-Anlagen auf dem Dach mit insgesamt 23,3 kwp (Module Q-Cells und Amerisolar). Ein Anbieter für die erste Anlage hatte mir sogar zu einer noch kleineren geraten. Ich kann jedem nur raten, sein Dach sofern die Ausrichtung stimmt (muss nicht zwingend nach Süden sein, Ost-West ist in netzdienlicher Hinsicht sogar besser!) picke-packe voll zu machen. Es geht nichts über eine möglichst hohe Autarkie! Am sinnvollsten ist es mMn, das gesamte Energiesystem des Hauses auf Strom umzustellen – die einzige universelle Energieform, die -sehr zum Ärger der Monopolisten -auch der private Eigenheimbesitzer zu halbwegs vertretbaren Kosten selber herstellen kann. So verfügen wir bsw inzwischen über ein E-Auto mit WB in der Garage, 5kwh Speicher für die Nacht und eine Wärmepumpenheizung anstelle der früheren Gasheizung – eine der besten Entscheidungen ever…

David:

Deutschland ist das Land der im Detail Uninformierten. Dadurch entsteht schnell Panik, die oft in falschen Entscheidungen resultiert.

Zum Beispiel wissen die allermeisten privaten Verbraucher gar nicht genau, was die kWh Verbrauch im Endpreis dieses Jahr effektiv gekostet hat. Den nominalen Cent Betrag pro kWh haben manche Menschen noch parat, aber seltenst die Vollkosten. Der Unterschied ist groß. Das sollte man sich also anschauen und dann überlegen, was das heißt. Bei mir zum Beispiel sind die Kosten immer noch so gering, dass sich das Elektroauto laden zu Hause selbst aus dem Netz deutlich lohnt.

Da kommen wir zum Thema Solaranlagen. Wer jetzt kauft, ist nicht gut beraten. Sie sind aktuell teuer und die Lieferfristen sind lang. Es kann nur sinnvoll sein, jetzt zu kaufen, wenn es aus anderen Gründen als der aktuellen Situation geraten ist. Zum Beispiel, wenn man jetzt ein Haus baut, eine neue Heizanlage oder ein neues Dach benötigt. Wer es sich leisten kann, wartet, bis der Bauboom abgenommen hat und die Rezession die Kauflust hemmt, schaut sich dann die neueste Generation der Solartechnik an. Die wird nämlich ständig besser. Ein Elektroauto ist eh nur im Kurzstreckenbereich vom eigenen Dach zu laden. D.h., so eine Anlage nutzt nur dem, der streng genommen eh gar kein Auto gebraucht hätte.

Die drei-vier Jahre bis sich der Solarmarkt beruhigt hat, wird man nicht viel Geld durch hohe Strompreise verlieren. Unter Druck gerät man preislich meist nur, wenn man zu lange an seinem vermeintlichen Billigprovider festgehalten hat und dann zum Horrorpreis auf den lokalen Versorger umgestellt wurde. Vor allem, wenn man dann noch ein Elektroauto am Haus laden muss und/oder die Wohnräume und das Wasser mit Strom heizt. Da ist man aber ausschließlich selber schuld, hätte vorher handeln müssen.

Vielfahrer mit dem Elektroauto haben entweder eine Firmenkarte zum Laden oder einen passenden Ladetarif mit Grundgebühr. Wer vergleichen und rechnen kann, ist nicht einmal als Vielfahrer von den aktuellen Strompreisen berührt. Nextmove hat schon viele Teslafahrer zum Ladetarif von VW bewegt. Es gilt also, was immer gilt: Nur wer nicht richtig im Leben steht, zahlt drauf.

Tom 1:

Das ist so, vielen ist es einfach zu teuer in PV zu investieren,aber jetzt hat sich das Blatt gewendet und jetzt ist es noch teurer und man bekommt keine auf die schnelle. Dabei gibt es möglichkeiten in Genossenschaften,oder Mietmodelle zu investieren wer kein Eigenheim hat.
Und nach 20 Jahren Förderung erzeugt die Anlage immer noch genug Strom. Immer stößt man auf schlecht informierte Leute,dabei ist es so toll seinen eigenen Strom zu erzeugen und etwas für weniger Co 2 zu tun.

bergfex:

Diese Werte mit PV kann ich bestätigen. Ich habe auf meinem Dach 9,8 kWp installiert und lade damit zwei E-Autos. Wenn ich mit einem unterwegs bin, lädt das andere und umgekehrt. Das funktioniert super. Im Jahr 2021 hat die PV-Anlage 11.059 kWh erzeugt. Davon habe ich 5146 kWh eingespeist und 5913 kWh selbst verbraucht. Von April bis September lag der Autarkiegrad bei fast 100%, aufs Jahr gerechnet bei 77%. Das ist schon meine zweite PV-Anlage weil die erste nach 22 Jahren halt nicht mehr up-to-date war. Habe die Investition noch keine Sekunde bereut. Nach ca. 7 Jahren dürfte sie sich amortisiert haben.

Musicman:

Noch eine kleine Beispielrechnung wegen der Frage der Finanzierung: Denke mal aktuell steht der Erdgaspreis bei ca. 32 ct/kWh (Altverträge ausgenommen). D.h. konkret wenn ich mein Haus mit Erdgas beheizen müsste würde ich nach gegenwärtigem Börsenpreis ca. 3.200 Euro pro Jahr bezahlen. Wohl gemerkt für ein extrem gut isoliertes Holzhaus (KFW40+).
Hinzu kämen ca.4.400 kWh Stromverbrauch für das Haus Allgemeinstrom für aktuell sagen wir ca. 40-60 ct/kWh. Kämen nochmals min. 1.760 Euro hinzu (bei 40ct). Weitere 4.000 kWh Stromverbrauch für die ca. 25.000 km Elektroauto. Für Diesel läge ich aktuell bei ca. 250 x 7 Liter zu ca. 2,00 Euro = ca. 3.500 Euro, rein hypothetisch.
Somit müsste ich theoretisch 8.460 Euro pro Jahr für Energie bezahlen (Haus/Heizung/Mobilität). Ich kann so viel verraten, dass meine gesamte PV Anlage inkl. Wallbox und Speicher in ca. 5-6 Jahren abbezahlt ist. Zumindest wenn man diese Annahmen wie im Beispiel trifft.

Musicman:

Ich wollte immer eine Erdwärmepumpe musste dann aber feststellen, dass mein Haus so wenig Energie generell benötigt das es wohl über 30 Jahre gebraucht hätte um die Mehrkosten gegenüber einer Luft/Wasser Wärmepumpe rein zu holen. Die Bohrungen etc. macht das Ganze dann etwas teuer und das holt man eher rein wenn man z.B. einen Altbau mit größerem Heizenergiebedarf hat. Ich brauche ca. 3.600 kWh elektrische Energie um meinem Haus die benötigten ca. 10.000 kWh Heizenergie sowie Warmwasserbedarf zu zuführen. Bitte Vorsicht vor den Arbeitszahlangaben der Hersteller. Das ist ein rein errechneter Wert welcher in der Realität nie eintritt. Meine Arbeitszahl liegt bei über 5 auf dem Datenblatt. In Realität sind es ca. 2,8-2,9 was schon nicht schlecht ist.

Alexey:

Danke für die ausführliche Antwort. Es ist auch noch eins meiner Lebensziele ein möglichst autarkes Wohnhaus zu besitzen um für die Zukunft möglichst unabhängig von den Energie-Anbietern zu sein.

PV + Speicher mit Wärmepumpe war da mein Ziel, wenn denn die Finanzen mitspielen.

Setzt Du auf Luft, Erde oder Wasser als Wärmequelle für die Pumpe?

EDIT:
Zum Thema Autarkie noch was interessantes: https://www.linkedin.com/pulse/true-pioneer-goes-off-grid-michael-jensen/

Ist zwar ein teurer Spaß aber trotzdem interessant was so alles machbar ist.

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