Studie: Elektroautos bald günstiger als Verbrenner – auch ohne Verbrenner-Verbot

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Über ein Fahrzeugleben hinweg sind Elektroautos in einigen Segmenten schon heute günstiger als ein vergleichbarer Diesel oder Benzin. Ähnlich äußern sich nun Forschende aus Jülich: Ab dem Jahr 2025 werde ein durchschnittlicher batterieelektrischer Mittelklasse-Pkw günstiger sein als ein solcher mit Verbrennungsmotor. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von Wissenschaftler:innen des Forschungszentrums Jülich. Sie haben mithilfe eigens dafür entwickelter Modelle untersucht, welche Kosten im Verkehrssektor künftig zu erwarten sind und welche Szenarien sich daraus zum Erreichen der Klimaschutzziele ergeben.

Batterie und Brennstoffzellen werden demnach in Zukunft dominieren – E-Fuels hingegen werden nach Ansicht der Forscher:innen des Instituts für Energie- und Klimaforschung (IEK-3) im Straßenverkehr nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.

Nach 2035 dürfen in der EU keine neuen Benzin- oder Dieselautos mehr zugelassen werden. Eine Ausnahme vom Verbrenner-Verbot bilden neue Pkw, die mit E-Fuels betrieben werden. Das haben die EU-Staaten im März dieses Jahres entschieden. Ein generelles Verbrenner-Aus ist damit vom Tisch und es stellt sich die Frage: Welche Antriebssysteme werden sich im Pkw-Bereich künftig durchsetzen?

Unsere Analysen zeigen, dass schon in den nächsten Jahren die Elektromobilität in den allermeisten Fällen die preisgünstigere Alternative werden wird und sich dieser Trend langfristig weiter verstärken wird„, erklärt Detlef Stolten, Direktor des Jülicher Instituts für Techno-ökonomische Systemanalyse. „Gründe sind die positive technische und ökonomische Entwicklung der Elektromobilität, sowie die gleichzeitig steigenden Kraftstoffkosten auf Seiten der Verbrenner“, so Stolten.

Vor allem Vorteile hinsichtlich des Wartungsaufwands und der Effizienz führen dazu, dass die batterieelektrische Variante schon ab der Mitte dieses Jahrzehnts nach den Berechnungen der Forscher:innen des IEK-3 geringere Gesamtkosten über die Lebensdauer aufweist. Die Herstellungskosten der elektrifizierten Antriebe werden dagegen auch im Jahr 2025 noch oberhalb derer eines konventionellen Verbrenner-Pkws liegen.

Diese Entwicklung trifft nicht nur auf Pkw, sondern auch auf Busse und Sattelzugmaschinen zu. „Ob sich die Batterie oder Brennstoffzelle lohnt, hängt von der jeweiligen Anwendung und der Entwicklung der Strom- und Wasserstoffkosten ab. Eines ist jedoch eindeutig: Der Verbrenner wird in allen untersuchten Fällen die teuerste Variante“, so Thomas Grube, Leiter des Teams Verkehrstechnik und zukünftige Mobilität.

E-Fuels für Pkw ohne Subventionen kaum wirtschaftlich

Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren können klimaneutral betrieben werden, wenn sie mit synthetischen Kraftstoffen fahren. In puncto Energieeffizienz, und damit in den Betriebskosten, schneiden die Verbrenner im Vergleich mit E-Autos allerdings schlecht ab, wenn man die Kraftstoffherstellung der E-Fuels mitberücksichtigt.

Um ein Fahrzeug mit E-Fuels anzutreiben, braucht es rund fünfmal mehr erneuerbaren Strom, als wenn man den Strom direkt in einer Fahrzeugbatterie zwischenspeichert oder damit Wasserstoff produziert“, erläutert Grube. In einer solchen Gesamtrechnung benötige das Batterieauto im Jahr 2045 etwa 15 kWh erneuerbaren Strom je 100 km gefahrener Strecke, das Brennstoffzellenauto 28 kWh und der Verbrenner mit E-Fuels 72 kWh. Zudem sei bei Verbrennungsmotoren auch langfristig noch mit lokalen Schadstoffemissionen, wie Stickoxiden und Partikeln zu rechnen, sowie mit Motorenlärm.

Die Unterschiede in der Effizienz werden sich auch in den Kosten widerspiegeln. Daneben ist auch die Umsetzbarkeit zu beachten, wobei der hohe Energieaufwand für die Herstellung der E-Fuels den Ausbaubedarf erneuerbarer Energien um den Faktor 4 bis 5 im Vergleich zum Batterieauto erhöht“, erläutert Stolten.

Bestandsflotte auf synthetische Kraftstoffe angewiesen

Die reinen Verbrauchskosten (ohne Steuern und Abgaben) von Pkw mit Batterie und Brennstoffzelle werden gemäß der Studie im Jahr 2045 mit den heutigen vergleichbar sein. Pkw-Fahrer:innen, die mit E-Fuels unterwegs sind, würden demgegenüber mit 60 bis 90 Prozent höheren Kosten rechnen müssen – und das obwohl die bestehende Versorgungsinfrastruktur von Flüssigkraftstoffen im Vergleich zu der von Strom und Wasserstoff günstiger ist und eine weltweite E-Fuel-Produktion an wind- und sonnenreichen Standorten angenommen wird.

Trotzdem gebe es auch für diese synthetisch hergestellten Kraftstoffe künftig einen, wenn auch deutlich geringeren, Bedarf. Denn auch nach 2035 sind noch Bestands-Pkw mit Verbrenner und Plug-in Hybridantrieb auf deutschen Straßen unterwegs. Um diese in Einklang mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 zu bringen, müssen sie zunehmend mit E-Fuels betrieben werden.

Allerdings wird die benötigte Menge an E-Fuels um ein Vielfaches geringer sein als die heutige Nachfrage nach Benzin und Diesel. Denn der absehbar steigende Anteil an Elektrofahrzeugen hat zur Folge, dass die Nachfrage nach klassischen Raffinerieprodukten und Antrieben mit Verbrennungsmotoren sinken wird – während die Strom- und Wasserstoffnachfrage stark wachsen wird.

Entwicklung der deutschen Pkw-Flotte bis 2045

Neben den Analysen der Fahrzeugkosten haben die Forscher:innen des IEK-3 Szenarien zur Entwicklung des Verkehrssektors, inklusive Neuzulassungen und Fahrzeugbeständen, im Einklang mit den nationalen Treibhausgasreduktionszielen bestimmt. Dazu haben die Forscher:innen ein Modell entwickelt, welches die Kosten des gesamten Systems optimiert. Als Eingangsdaten des Modells dienen unter anderem die Ergebnisse der detaillierten Fahrzeugkostenanalyse. Darüber hinaus werden – ausgehend von Mobilitätsdaten – Fahrprofile simuliert, um das Nutzerverhalten abzubilden.

Die Ergebnisse zur Entwicklung der Fahrzeugflotte zeigen demnach ein eindeutiges Bild. Im Pkw-Bereich werde sich die Elektromobilität in den Neuzulassungen durchsetzen. Dabei dominiere bis zum Ende dieses Jahrzehnts die Batterie. Ab den 2030ern werde auch die Brennstoffzelle aufgrund der Kostenreduktionen im Antriebsstrang und der Wasserstoffproduktion signifikante Marktanteile gewinnen.

Im Nutzfahrzeugbereich werde der Markthochlauf der elektrifizierten Antriebe etwas später beginnen. Dennoch gehört der Elektromobilität den Jülicher Forscher:innen des IEK-3 zufolge auch hier die Zukunft – wobei sich das Verhältnis zwischen Batterie und Brennstoffzelle bei größeren und schwereren Fahrzeugen voraussichtlich mehr in Richtung der wasserstoffbetriebenen Brennstoffzelle verschieben wird.

Die Jülicher Forscher:innen haben ihre Modelle zur Verkehrsanalyse in einem interaktiven Webtool zugänglich gemacht. Neben den von den Experten angenommenen Randbedingungen bietet das Tool darüber hinaus die Möglichkeit eigene Annahmen zu treffen und die Auswirkungen auf die Kostenentwicklung der Fahrzeuge zu erkennen.

Quelle: Forschungszentrum Jülich – Pressemitteilung vom 12.12.2023

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Oliver:

Komisch, ich kann diesem nicht beipflichten. Fahre zum Glück keinen gleichwertigen Verbrenner mehr. Habe jährlich in jeder Hinsicht Einsparungen durch den Wechsel auf Elektro. Wir fahren aktuell ein MY u. einen Mini SE. Beide Vollkasko (SB 300€, 15 tkm/Jahr) u. bezahlen für beide Fahrzeuge zusammen im Jahr 2024 550 Euro. Auch durch die Stromkosten im Vergleich zu den fossilen Treibstoffen haben wir erhebliche Einsparungen. Dies wird sich in den kommenden Jahren noch weiter verbessern, da die Kosten für die fossilen Brennstoffe weiter stärker steigen werden. Hier habe ich nicht nicht Mal die THG-Erlöse mit eingerechnet, mit denen wir unsere kompletten Versicherungskosten in den letzten Jahren zahlen konnten. Auch fällt keine kfz Steuer an. Meiner Meinung nach sind die HEV ja eh sehr kostenintensiv u. das schlechte aus „beiden Welten“….

Matthias Geiger:

Solange man Studien, Doktorarbeiten und umfangreiche Analysen benötigt, um die breite Bevölkerung von der E-Mobilität zu überzeugen wird das nichts mit dem Durchbruch der E-Mobilität.
1.) Durchschnittspreis der E-Autos in Deutschland größer 52.700 Euro Tagesschau 12.12.2023 um 18:19 Uhr Branchenexperten von CAM
2.) Strompreise an öffentlichen Ladesäulen grösser 49 ct/kWh mit Tarifen ohne Grundgebühr, ja sogar 79 ct/kWh
3.) WTI Reichweiten und Verbräuche häufig enorm geschönt.
4.) Im Winter wird das E-Auto oft als untauglich bezeichnet, siehe Skiurlaub 800 km entfernt.
5.) Anhängerbetrieb nur Theorie
6.) Versicherungen deutlich teurer
7.) Ladevorgang häufig komplex, außer bei TESLA
Alle die Punkte müssen nach und nach gelöst werden, damit die Breite Bevölkerung mehrheitlich ein E-Auto kauft.
Ich selbst fahre seit 2018 ein E-Auto

panibodo:

Ich denke, die Erklärung liegt z.T. darin, dass nicht zuletzt durch die Sozialen Medien Fakten immer weniger eine Rolle spielen. ‚Man‘ informiert sich über die Facebook Uni und dort nicht etwa über gut gemachte Beiträge, sondern mittels der zu 85 % inhaltsleeren bis dummen Kommentare.
Wie anders könnte man erklären, dass seit Jahren immer wieder gähnend langweiliges Geschmiere verbreitet wird wie „e-Auto Schrott“, natürlich ohne jede Begründung, oder das nachgewiesen falsche Gebrabbel vom miesen CO2 Fußabdruck des Akkus, ohne die Einbeziehung von energieintensiver Herstellung und Transport der fossilen Brennstoffe. Dass Verbrenner zwanzig und mehr Jahre umwelt- und gesundheitsschädigende Gase in die Luft pusten, will man auch nicht sehen.

panibodo:

Ich denke schon, dass die Wissenschaftler die einzelnen Parameter besser ‚durchleuchten‘ können als Du. Von daher dürfte eher deine Kristallkugel blinde Flecken haben, die die Durchsicht trüben.

panibodo:

Das wurde ja auch explizit in diesem Sinne angesprochen !

Andreas E.:

Auch wenn alle e-Autos günstiger sind als die Verbrenner, einige sind es ja jetzt schon, wird die Fossile-Lobby es schaffen den Leuten einzureden, dass der Verbrenner das günstigere Fahrzeug ist.
Bestes Beispiel dafür ist, dass viele immernoch davon überzeugt sind, dass Atomstrom der billigste Strom ist, obwohl längst klar belegt ist, dass die erneuerbaren Energien am günstigsten Strom produzieren, auch in Deutschland.
Es ist mir ein Rätsel warum es immernoch soviele Menschen gibt, die angesichts der klaren Zahlenlage, weiter die erneuerbaren Energieen und e-Autos verteufeln und in Atomstrom, Ol-, Gasheizungen und Verbrenner-Autos die Zukunft sehen.
Unabhängig vom jetzt faktischen Kostenvorteil der erneuerbaren Energien und e-Autos, verpesten diese nicht die Luft, lärmen nicht unnötig rum und verursachen keinen jahrzausendelang strahlenden Restmüll.

Der Meister:

Ja, die fossilen Kraftstoffe werden politisch gewollt immer teurer (CO2 Steuer). Aber auch die Stromkosten in D werden noch weiter steigen. Der Ausbau der EE macht vielleicht die Kosten der Stromerzeugung günstiger, aber der Verkaufspreis an Endverbraucher wird durch andere Kostenelemente politisch gewollt (z.B. Netzentgelte) beeinflusst, so dass der Strom insgesamt teurer wird. Einzige Abhilfe: Strom selber machen (PV aufs Dach, kleines Windrad im Garten).

Sledge:

Nur ein Beispiel aus unserer Familie- Wir haben unseren Tiguan durch ein Model Y ersetzt. Das Model Y ist sowohl in der Anschaffung als auch im Unterhalt günstiger wie ein vergleichbarer Tiguan. Das muss jetzt nicht in jedem Fall so sein, aber die Tendenz ist klar.
Während CO2 Steuern die fossilen Kraftstoffe immer teurer machen, wird Strom durch den Ausbau der EE immer günstiger.

Daniel W.:

Die Wasserstoff-Fans träumen schon so lange von einem Durchbruch, von über 100% Wirkungsgrad, von spottbilligen Brennstoffzellen und Wasserstoff, dass man es für eine Religion halten könnte und die Wasserstoff-Lobbyisten für die hohen Priester dieser Religion

Die FCEV müssten erstmal beim Herstellungspreis auf das BEV-Niveau kommen, ohne mit großen Akkus und mickrigen BZ zu schummeln, damit sie überhaupt einen Käufer finden, der nicht nur auf die hohen Subventionen spekuliert und als Stadtwerke-Chef die Stadt und ihre Bürger mit den Verlusten sitzen lässt.

Peter:

Da siehste mal Jk und Toyota hat H2 im PKW beerdigt…gerade jetzt wo es so richtig losgeht

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