Strom-Drosselung: Klingt schlimm, ist aber großartig

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
  —  Lesedauer 3 min

Ein Kommentar von Daniel Krenzer

Ab dem 1. Januar greift der neue Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Was von vielen Medien als „Strom-Rationierung“ panikstiftend als Horrorszenario ausgeschrien wurde – teils aus Unwissenheit, teils leider wohl auch aus innovationsfeindlicher Absicht –, ist in Wahrheit eine sehr gute Nachricht für die Mobilitätswende. Doch dafür muss man ein wenig tiefer eintauchen, als dies so manche Berichterstattung zuletzt ermöglicht hat. Teilweise führte das dem Vernehmen nach zu absurden Aktionen, dass Menschen aus Angst vor Stromausfällen vermehrt Kerzen und batteriebetriebene Lampen kauften. Was das neue Gesetz tatsächlich bedeutet, hatte ich an dieser Stelle bereits sachlich ausformuliert.

Wer in den vergangenen Tagen allerdings Schlagzeilen zum Thema gelesen hat, der konnte es mit der Angst zu tun bekommen. „Regierung will unseren Strom rationieren“ und „Autos sollen langsamer laden, wenn Industrie Strom braucht“ titelte beispielsweise die Bild. Das ist nicht nur eine einseitige Beleuchtung des Themas, sondern schlichtweg falsch.

Denn es geht dabei überhaupt nicht um das von boulevardesken Medien und rechten politischen Kreisen gerne heraufbeschworene Szenario von drohenden großflächigen Blackouts aufgrund des größer werdenden Anteils erneuerbarer Energien im Stromnetz. Es geht stattdessen – wie zum Beispiel bei den Themen Deutsche Bahn, schnelles Internet und marode Autobahnbrücken – wieder einmal um die nicht mehr zeitgemäße Infrastruktur in Deutschland.

Vergleichbar mit Ausbau des Internets

Natürlich muss der Ausbau der Erneuerbaren massiv vorangetrieben werden, damit auch in Zukunft immer genug Strom zur Verfügung steht – das ist aber eine völlig andere Baustelle. Denn der Strom für Wallboxen, Wärmepumpen und stationäre Stromspeicher (und nur für die!) soll nur deshalb gedrosselt werden können, weil in Deutschland vielerorts das Niederspannungsnetz – also der letzte Teil der Stromversorgung vor dem Hausanschluss – häufig noch nicht für sehr große Strommengen ausgelegt ist.

Wer in den vergangenen Jahren erlebt hat, dass sein Internet vor allem am frühen Abend plötzlich Aussetzer hatte, der weiß was es bedeutet, wenn zu viele Nutzer neuer Technik diese gleichzeitig verwenden wollen, obwohl die Infrastruktur nicht für eine solche – einige Jahre zuvor noch undenkbare – Nachfrage ausgelegt ist.

Doch so wie der Datendurchlass für das Internet in den vergangenen Jahren stetig ausgebaut wurde und weiter ausgebaut wird, so wird dies in Zukunft auch mit dem Stromnetz passieren. Bislang hatten die Netzbetreiber dazu keinen allzu konkreten Anlass, zumal sie die Möglichkeit hatten, die Installation von Gerätschaften mit sehr hohem Strombedarf wie Wallboxen mit mehr als 11 kW Ladeleistung schlichtweg zu untersagen.

Das wird ab 2024 besser: Zwar dürfen die Netzbetreiber im Notfall punktuell die Stromlieferung an Wallbox und Wärmepumpe auf bis zu 4,2 kW Leistung herunterfahren. Allerdings sind sie dann dazu verpflichtet, diese Drosselung öffentlich zu machen und in den Ausbau des betroffenen Teils des Stromnetzes zu investieren. Das ist doch großartig!

Was im ersten Moment nach einem Einschnitt für den Kunden klingt, ist also letztendlich ein Beschleuniger für die dringend notwendige Verbesserung der Netze. So wird für viele die Türe weit aufgestoßen, um von diesen neuen Technologien ebenfalls profitieren zu können – und es wird zunehmend egal, was der Netzbetreiber dazu sagt. Und bis hierhin waren die Vorteile, die die Steuerbarkeit durch den Netzbetreiber durch bidirektionales Laden für die Netzstabilisierung mit sich bringt, nicht einmal erwähnt.

Lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen! Und erwerben Sie nicht mehr Kerzen, als sie in der Adventszeit für eine besinnliche Atmosphäre benötigen – vielleicht ja in der bereits mittels Wärmepumpe auf gemütliche Temperaturen geheizten Wohnung, während ihr Elektroauto in der Garage mehr als ausreichend schnell lädt.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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Zoe Fahrer:

Wohnen Sie in einem Schloss?
Ich habe hier für 220m2 beheizte Fläche eine 8 kw Luft/Wasser Wp.

Zoe Fahrer:

Nei das kann er eben nicht. Das würde ja alle seine „Argumente“ entkräften…

Frank:

Wärmepumpen mit Solewasser sind super, aber bei uns nicht leider nicht möglich. Es werden gerade zwei Wärmepumpen Luft/Wasser mit je 100kW gebaut und eine 200kW Gasheizung zur Unterstützung (300kW werden benötigt).

Frank:

Ich kenne leider nicht den genauen Anteil, aber man kann in vielen Ortschaften die alten Oberleitungen sehen und dann sieht man wieviele Phasen ins Haus gehen und wenn man mit den zuständigen Leuten beim Überlandwerk spricht, erfährt man schon wie die Netze ausgelegt sind, ein Chef hat mir gesagt: “ Weihnachtsgans, wenn in jeden zweiten Haus der Ofen am ersten Weihnachtsfeiertag gleichzeitig läuft „.
Als Unternehmer, weist Du doch, dass das nicht geht, hattet ihr doch im Studium, warum schreibst Du sowas ?

Frank:

Natürlich wenn der Lithiumakku voll ist hat er 4% Verluste beim entladen, aber das hat doch nichts mit der Batterieeffizienz zu tun.
Warum wird den dein Keller warm, bei einen 5kWh Akku und 4% sind das bei 5Std. 40W, damit bekommt man keinen Keller warm.
Nachdem Du ja Elektrotechnik studiert hast, hast Du ja bestimmt schonmal die Ladespannung und die Entladespannung gemessen und mal die Zeit, dann kannst Du ja grob ausrechnen wo die Reise hingeht. Und das sind nur die Neuwerte, wenn der Elektrolyt trocknet wird die Übergangsspannung immer höher.
Wenn das nicht gute Werte sind, würde CATL nicht so angeben mit ihren neu entwickelten CIIC Akkusystem.

Ma():

Danke für diesen interessanten Artikel.

Was ich allerdings nicht begreife:
Unabhängig von Partei, Parteizugehörigkeit und Klima ist es doch ein absolutes großes Plus, sich unabhängig von anderen Ländern / fossilen Brennstoffen mit Energie versorgen zu können. Das war sogar schon meinen konservativen Großeltern klar.

Wobei ich Sonnenenergie vor Windenergie sehe. Atomstrom wiederum macht erneut abhängig von Brennstäben/ Uran und ist in vielerlei Hinsicht teuer: Hohe Sicherheitsvorkehrungen, hohe und lange Entsorgungskosten und potentielles Angriffsziel. Man schaue sich einfach die enorme Entwicklung bei Drohnen an, denen es offenbar zunehmend gelingt, auch unterm Radar weite Strecke mit „Beladung“ zu fliegen.

Allerdings bin ich immer davon ausgegangen, dass die letzten Jahre dazu genutzt wurden, den Umstieg auf erneuerbare Energien fundiert zu planen und durchzurechen.
Ist aber offenbar unterblieben, sonst hätte wir ja nicht so ein Chaos und so viele Unabwägbarkeiten.
Ist für mich absolut unverständlich.

Johannes:

Dein Problem ist du argumentierst mit extremen Randfällen. Also wenn du den einen Tag im Jahr erwischst an dem dein Akku leer gefahren ist UND du am nächsten Tag 300 km fahren willst UND die Wallbox auf 4.2 kW abgeregelt ist – dann fährste halt 20 Minuten zu DC Lader und machst den Rest an der gedrosselten Wallbox.

Johannes:

Mit Batterieeffizienz meinst du das Verhältnis von eingespeicherter zu entnommener Energie ohne Stromrichterverluste? Bleiakkus haben da vielleicht 75%, mit Lithiumakkus bist du eher bei 96%.

Wolfbrecht Gösebert:

Zitat: „Es gibt Straßen, da darf man nicht … [Rest der haarsträubenden Heißmangel-/3-Phasen-/Durchlauferhitzer-/Fälle gelöscht]“
Wenn Du bitte solide Quellen für den relevanten *Anteil* der privaten Stromverbraucher, die „sowas“ betrifft, benennen würdest!

Zitat: „Bestehende Installationen die gefördert wurden, sind abschaltbar, sonst hat man keine Förderung bekommen.“
Das ist 2-facher Unfug:
1. Eine *im Einzelfall real nutzbare* Eingriffsmöglichkeit in die Wallbox war nie Vorraussetzung für die Förderung!
2. der Begriff »abschaltbar« ist reine Polemik, wenn schon EnWG-Bezug, muss er „reduzierbar“ lauten!

Melvin:

Ich habe ja nicht geschrieben, dass an jedem Ort und in jeder Hausinstallation eine 11 kW Wallbox problemlos installiert werden kann.

Die Gleichzeitigkeitsbetrachtung ist erwiesenermaßen auch nicht durch ein „alle laden und kochen gleichzeitig und es macht Peng“ abzubilden.

Die durch KFW 440 geförderten Wallboxen mussten lediglich eine Möglichkeit zur Kommunikation anbieten, um zukünftig ggf. geregelt werden zu können. Es gab aber keine Abforderung zur Abschaltbarkeit, auch wenn das technisch nichts anderes als eine Regelbarkeit ist. Da war zu dem Zeitpunkt noch gar keine technische Unsetzung definiert.

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