Erste Testfahrt im Skoda Elroq: Gelungener Systemwechsel

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Skoda

Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
  —  Lesedauer 7 min

Mit dem Enyaq dreht Skoda die Preisschraube für E-Crossover nach unten. Und das, ohne die typischen Skoda-Attribute wie Raumangebot und Praktikabilität zu vernachlässigen. Entscheidet man sich für die vorläufige Topversion mit 210 kW / 286 PS und einer 82-Kilowattstunden-Batterie, muss man deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Herausforderung für VW: Konkurrenz aus den eigenen Reihen

Bei VW herrscht derzeit Götterdämmerung. Die Kernmarke schwächelt und will radikal den Rotstift ansetzen. Ein Grund für die wirtschaftliche Misere ist neben dem stark geschrumpften Neuwagenmarkt der bislang schleppende Verkauf von Elektroautos. „Zu teuer“ lautet häufig das Verdikt der Kunden. Hinzu kommt, dass asiatische Konkurrenten wie BYD oder Hyundai mit günstigen Preisen und viel Serienausstattung um die Kunden werben. Keine einfache Situation für den niedersächsischen Autobauer.

VW-Tochter Skoda zeigt mit dem vollelektrischen Elroq, wie man dieser verhängnisvollen Preisspirale entkommen kann. „Ausgerechnet Skoda“, werden die Manager der niedersächsischen Konzernzentrale jetzt aufstöhnen. Es ist wie früher in der Schule. Der Klassenprimus in der ersten Reihe, dessen Arm bei jeder Frage des Lehrers hochschnellt wird zwar beneidet, vielleicht sogar bewundert, aber nicht zwingend zu jeder Party eingeladen.

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Der Truppe aus Mladá Boleslav dürfte das herzlich egal sein. Was zählt, ist die normative Kraft des Faktischen. „Wir stellen mit dem Elroq erstmals bei einem Elektroauto die Preisparität zu einem Modell mit Verbrennungsmotor her“, jubelt Skoda-Chef Klaus Zellmer. Das Pendant zum Elroq ist der Karoq. Ein Blick in die Preisliste hilft beim Aufschlüsseln dieser Behauptung: Der Elroq 50 Tour mit 125 kW / 170 PS kostet 33.900 Euro. Der Einstiegs-Karoq 1,0l TSI mit Schaltgetriebe und 85 kW / 116 PS ist dagegen für 33.140 Euro zu haben. Etwas weniger, dafür aber mit deutlich weniger Leistung.

Außerdem sind im Elroq einige Extras wie die Rückfahrkamera, der 13 Zoll Infotainmentbildschirm sowie der Spurhalte- und Spurwechselassistent ab Werk vorhanden. Wenn man sich an der Leistung orientiert, legt man beim Karoq 1,5l TSI DSG mit 110 kW / 150 PS mindestens 37.380 Euro hin. Da sind die Verhältnisse eindeutig.

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Schauen wir uns mal die direkten Wettbewerber genauer an. Der Kia EV3 startet bei 35.990 Euro und der BYD Atto 3 bei 37.990 Euro. Ein Geheimnis des Skoda-Preises ist, dass der Elroq im Grunde die elektrische Version des Karoq ist. Eine alte Weisheit in der Fibel für Automobilmanager lautet: Gleichteile sorgen für Synergien und das senkt die Kosten. Allerdings muss Skoda auch abliefern. Ein zusammengedengeltes Auto würden die deutschen Käufer nicht akzeptieren und für Lachkrämpfe in Shanghai, Beijing und Seoul sorgen. Da hilft es, dass der Stromer einen Radstand von 2,76 Metern hat, was sich positiv auf die Platzverhältnisse auswirkt.

Typisch Skoda: Praktisch, geräumig und clever

Den ersten Punkt können wir schon mal abhaken. Der Elroq bietet typische Skoda-Attribute. Der Tschechen-Stromer ist sauber verarbeitet und das Exterieur nimmt das Facelift des Enyaq vorweg, das Anfang des nächsten Jahres erscheint. „Modern Solid“ nennen die Designer die neue Formensprache.

Wir sitzen in einem Skoda Elroq 85. Das bedeutet 210 kW / 286 PS, Hinterradantrieb und eine Batterie, die eine Kapazität von 82 Kilowattstunden (77 kWh netto) hat, aber auch mindestens 43.900 Euro kostet. Außerdem stehen perspektivisch noch zwei Akku-Varianten mit 63 kWh (59 kWh netto beim Elroq 60) beziehungsweise 55 kWh (52 kWh netto beim Elroq 50) und der erwähnten Leistung von 125 kW / 170 PS sowie 150 kW / 204 PS zur Auswahl.

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Später kommt noch eine Allradversion mit 220 kW / 299 PS dazu. Diese tschechische Batterie Dreifaltigkeit ist bemerkenswert, da man damit eine breitere Kundschaft anspricht. Die größte Batterie ist für Flottenkunden interessant, die beiden anderen Alternativen für die Privatiers. So soll der Elroq, der im Januar bei den Händlern steht, das Elektro-Volumenmodell der VW-Tochter werden. Als Messgröße dient der Enyaq, bei dem es rund 20.000 verkaufte Einheiten pro Jahr werden.

Sobald man im Elroq Platz nimmt, findet man schnell eine bequeme Sitzposition. Der Innenraum mit dem fünf Zoll großen digitalen Cockpit und dem 13 Zoll großen Touchscreen wirkt modern. Ein Head-up-Display mit Augmented Reality, das die Inhalte auf die Straße projiziert, ergänzt das Informationskonzept. Die Anzeigen sind übersichtlich und die fliegenden Navigationspfeile sind jetzt auch bei hellem Sonnenlicht gut zu erkennen. Die Bedienung hat uns ebenfalls vor keine großen Herausforderungen gestellt. Wie mittlerweile üblich, kann man auch das Smartphone per Apple CarPlay oder Android Auto in das Infotainment einbinden, was bei unserem Testwagen auch problemlos geklappt hat.

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Wie schaut es eigentlich mit der Reichweite aus? Bei einem Elektroauto ist das ja nicht ganz unwichtig. Skoda gibt bei der 82-kWh-Batterie (77 kWh netto) eine WLTP-Reichweite von 579 Kilometern an. Die Ladeleistung mit maximal 175 kW bei den großen Akkus ist ordentlich, wenn auch nicht top. Bei den beiden anderen Akkus sind maximal 165 kW (Elroq 60) beziehungsweise 145 kW (Elroq 50 Tour) möglich. Zum Vergleich: Der Kia EV3 schafft aktuell 128 kW bei der größeren Batterie und 101 kW bei der kleineren.

Reichweite und Verbrauch im Alltag getestet

Bei unserem Fahrtantritt waren die Energiespeicher gefüllt, was laut dem System für 447 Kilometer gut ist. Dieser Wert basiert auf den bisherigen Verbrauchswerten. Wir kamen bei unserer Testfahrt auf einen Durchschnittsverbrauch von 21,3 kWh/100 bei einer Außentemperatur von 6,5 Grad. Im Datenblatt stehen 16,6 kWh/100 km. Dabei machte der Elroq eine gute Figur. Das Fahrwerk ist ausgewogen-verbindlich abgestimmt, kann aber eine gewisse Grundstraffheit nicht verleugnen, was sich aber beim Fahren nicht negativ auswirkt. Ganz im Gegenteil.

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Die Fahrmodi Eco, Normal und Sport unterscheiden sich merklich. Wobei man auch mit Eco flott genug unterwegs ist. Gut: Sobald man einen deutlich spürbaren Druckpunkt im Gaspedal „überfährt“, wird die gesamte Leistung inklusive des Drehmoments von 545 Newtonmetern freigesetzt. Holt man alles aus dem Antriebsstrang heraus, absolviert der Elroq den Standardsprint von null auf 100 km/h in 6,6 Sekunden und ist bis zu 180 km/h schnell. Das sind 20 km/h mehr als bei den beiden anderen Akkugrößen.

Wer will, kann sich im Fahrprogramm Individual sein eigenes Menü zusammenstellen. Auch die Rekuperation ist variabel und lässt sich über die Wippen am Lenkrad in drei Stufen plus Segeln einstellen. Das One-Pedal-Fahren bis zum völligen Stillstand ist selbst in der stärksten Rekuperationsstufe nicht möglich.

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Einfach clever: Praktische Details im Alltag

In Sachen Raumangebot spielt Skoda traditionell in der ersten Liga des jeweiligen Segments. Das ist beim Elroq in der Kompaktklasse nicht anders. Im Fond finden Erwachsene bequem Platz. Der Kofferraum hat mit 470 Litern ein großes Volumen, legt man die Lehnen der Rückbank um, bleibt der Ladeboden eben und das Fassungsvermögen wächst auf 1580 Liter.

Neben dem üppigen Platzangebot gehören die Simply-Clever-Lösungen zu jedem Skoda. Der Schirm in der Fahrertür ist mittlerweile Standard. Dass Skoda das Ladekabel in einem Netz unter der Hutablage unterbringt, ist eine gute Idee. So muss man nicht den Kofferraum leerräumen, um an das Kabel unter dem Ladeboden herauszukramen. Schiebt man die Kofferraumabdeckung etwas zusammen, bringt man auch seinen Mantel entspannt unter.

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Wolfgang Gomoll

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Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

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Christian:

Der Konzern ist VW.

Matze:

Eines der besten Autos dieses Konzerns. Da kann VW schon lange nicht mehr mithalten…

Wim Dieker:

Ich hätte gerne meine Meinung kundgetan wenn nicht eine Werbung der BW-Bank den gesamten Text überdeckt hätte und nicht zu entfernen war.

Thomas:

Interessantes E-Auto in diesem Segment, leider bietet es kein Panorama/Schiebedach. Da muss ich wohl auf den neuen Enyaq warten.

Martin:

Einige hier scheinen unsere Ansicht nicht zu teilen. Ginge man den Fakten mal auf den Grund, würde sich schnell herausstellen, dass große Teile der Karosserie inkl. Türen und vorderen Kotflügeln, Interieur und Antrieb identisch mit dem Enyaq sind. Das ist ja objektiv gesehen kein Nachteil, im Gegenteil. Nur mit der Konstruktion des Karoq hat er definitiv nichts gemeinsam.

Oliver Schaper:

Was ist eigentlich mit bi-direktionalem Laden beim Elroq? Für einige von uns wird so ein Auto erst damit richtig wertvoll :-)

Philipp:

Komm mal aus der Blase. Natürlich haben beide Autos sehr viel gemeinsam.
Nämlich das, was das Auto ausmacht: Breite, Höhe, Länge, Sitzplätze, Kofferraum, Gestaltung, etc.
Der Antrieb bringt einen nur vorwärts, das Auto ist das, was dich die ganze Zeit umgibt und was den Mehrwert ausmacht. Nicht?

Philipp:

Es ist die Karoq Klasse. Format und damit der Markt.

Philipp:

Ich habe den 85 bereits für 38400 gesehen. Bestellwagen.

Martin:

Der Elroq ist im Grunde die elektrische Version des Karoq? Die beiden Autos haben konstruktiv nicht das geringste gemeinsam. Es ist viel einfacher: der Elroq ist bis auf das kürzere Heck nahezu identisch mit dem Enyaq, man hätte ihn auch EnyaqK nennen können, K für kurz.

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