Rio Tinto stoppt 2,5 Milliarden Euro schweres Lithiumprojekt in Serbien

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Tobias Stahl
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Das Bergbauunternehmen Rio Tinto hat sein geplantes, rund 2,5 Milliarden Euro schweres Lithiumprojekt Jadar in Serbien auf Eis gelegt. Das Konzernmanagement gab Anfang dieser Woche bekannt, dass das Projekt im Rahmen der Bemühungen zur Vereinfachung des Portfolios und zur „Priorisierung kurzfristiger Chancen” in den „Ruhezustand” versetzt werde, wie aus einer internen Memo hervorgeht, die Bloomberg vorliegt.

Ein Sprecher des britisch-australischen Bergbauunternehmens bestätigte den Inhalt des Memos, lehnte jedoch eine weitere Stellungnahme ab. Es handelt sich um den jüngsten Schritt in einer Reihe von Maßnahmen, die der neue Vorstandsvorsitzende des Unternehmens zur Straffung der Betriebsabläufe und zur Kostensenkung ergriffen hat.

Das Lithiumprojekt hatte schon seit Jahren mit Widerständen zu kämpfen

Das Lithiumabbauprojekt in der Jadar-Region war noch nicht in Produktion gegangen, galt allerdings als große europäische Hoffnung, um sich mit Blick auf Batterierohstoffe aus der Abhängigkeit von China zu lösen. Das Projekt wurde allerdings schon seit Jahren immer wieder von Problemen geplagt. Zwar kann der Standort mit hohen Lithiumgehalten und enormen Vorkommen aufwarten, die serbische Regierung schwankte jedoch bei der Erteilung von Genehmigungen. In den lokalen Gemeinden regte sich außerdem enormer Widerstand gegen das Projekt.

„Angesichts der mangelnden Fortschritte bei der Genehmigung sind wir nicht in der Lage, das gleiche Niveau an Ausgaben und Ressourcenzuweisungen aufrechtzuerhalten“, zitiert Bloomberg aus der Mitteilung. Die Entscheidung fällt in eine Zeit, in der Simon Trott, der im August an die Spitze des Unternehmens getreten ist, versucht, die Konzernstruktur zu vereinfachen und die Ausgaben auf Wachstum zu konzentrieren. Zu Trotts ersten Maßnahmen zählte Umstrukturierung von Rio in drei Geschäftsbereiche: Eisenerz, Kupfer und Aluminium in Verbindung mit Lithium.

Rio Tinto zählt zu den größten Bergbauunternehmen der Welt. Der Lithium-Chef des Unternehmens, Paul Graves, wird laut einer separaten internen Mitteilung, die Bloomberg im vergangenen Monat erhalten hat, das Unternehmen verlassen.

Rio kaufte im vergangenen Jahr das Unternehmen Arcadium Lithium in einer Bartransaktion im Wert von 6,7 Milliarden US-Dollar (rund 5,8 Milliarden Euro). Mit der Übernahme gewann Rio drei Lithiumprojekte hinzu, die sich bereits in der Entwicklung befanden. Außerdem investiert das Unternehmen stark in seine Rincon-Mine in Argentinien. Die aktuelle Überversorgung des Lithiummarktes bedeutet jedoch, dass die Preise immer noch rund 85 Prozent unter ihrem Höchststand von 2022 liegen.

Forscher und Umweltschützer fürchten Gesundheitsschäden und Grundwasserverschmutzung

Schon seit September 2021 kam es in Serbien zu Demonstrationen gegen die geplante Milliardeninvestition ist das Bergwerk bei Loznica. Professoren der serbischen Akademie der Wissenschaften warnten in einem offenen Brief an die Regierung vor „inakzepablen Risiken“. Das Jadar-Projekt sei weder ausreichend untersucht noch transparent, zitiert die Frankfurter Rundschau aus dem Schreiben. Eine Gefahr sei der hohe Arsengehalt des Erzes, so der Chemieprofessor Bogdan Solaja. Bei einer Laufdauer von 40 Jahren könnten demnach 6000 Tonnen Arsen auf den Abraumhalden landen – bestimmte Arsenverbindungen gelten als gesundheitsschädlich und krebserregend. Ein weiteres Risiko sei „die große Wahrscheinlichkeit“, dass das Bergwerk die Grundwasserreserven „komplett zerstören“ werde.

Im Januar 2022 stoppte die serbische Regierung das Projekt und zog seine bereits an Rio vergebene Abbaulizenz zurück, laut Regierungsangaben wegen des Drucks von Umweltschutzverbänden. Im Juli 2024 hob Serbiens Verfassungsgericht den Entzug der Abbaulizenz dann wieder auf. Ebenfalls im Juli verkündete die deutsche Bundesregierung eine Rohstoffpartnerschaft mit Serbien. Der damals amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz reiste nach Belgrad, wo EU-Kommissionsvize Maros Sefcovic eine Absichtserklärung unterzeichnete, die einen umweltverträglichen Lithium-Abbau in Jadar ermöglichen sollte.

Serbien verfügt über die größten europäischen Lithiumvorräte. Das Leichtmetall kommt in zahlreichen Arten von Batterien zum Einsatz, darunter auch E-Auto-Batterien. Nach Schätzungen von Rio Tinto könne das Bergwerk Jadar jährlich 58.000 Tonnen Lithium produzieren – genug, um damit Batterien für 1,1 Millionen Elektroautos herzustellen. Das entspräche etwa 17 Prozent der europäischen Produktion.

Quellen: Bloomberg – Miner Rio Tinto Mothballs $3 Billion Serbian Lithium Project / Redaktionsnetzwerk Deutschland – Bundesregierung hält an Lithium-Projekt in Serbien fest / Deutsche Welle – Ein Dorf kämpft gegen ein Lithium-Bergwerk / ZDFheute – Serbien will umfangreich Lithium abbauen / Frankfurter Rundschau – Rio Tinto gräbt nach Serbiens weißem Gold

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Tobias Stahl

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Tobias Stahl kann sich für alle Formen der Fortbewegung begeistern, aber nachhaltige Mobilität begeistert ihn besonders. Da ist es kein Wunder, dass er schon seit 2019 über E-Autos, erneuerbare Energien und die Verkehrswende berichtet.

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