Unerwartetes Revival: Kommt der Range Extender zurück?

Cover Image for Unerwartetes Revival: Kommt der Range Extender zurück?
Copyright ©

Stellantis / Ram

Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 6 min

In der Anfangszeit der Elektromobilität wurde der Range Extender zum Reichweitenberuhiger für Neukunden. Nachdem die ungeliebte Technik schnell wieder verschwand, erlebt sie nun ihre Wiederauferstehung – nicht mehr nur in China.

Es gab auf dem europäischen Markt nicht allzu viele Modelle mit Range Extender, die es letztlich auf nennenswerte Volumen brachten. Da war der alles andere als erfolgreiche Opel Ampera und der kaum weniger gewinnbringende BMW i3, die beide mit einem Range Extender auf längere Reichweiten kamen, als ihnen das die entsprechenden Akkugrößen im Fahrzeug ermöglicht hätten. Doch nachdem der Ampera schnell wieder aus dem Opel-Modellprogramm gestrichen wurde, ließ auch BMW die Antriebsalternative des BMW i3 einschlafen, als eine Version mit immerhin 42 kWh großem Akkupaket vorgestellt wurde.

Prototypen wie der Mazda 2 oder ein Audi A1 – jeweils mit einem Range Extender in Form eines besonders kompakten Wankelmotors – schafften es gar nicht erst in die Serie. Schon vor 13 Jahren hat Audi in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsdienstleister AVL einen Kreiskolbenmotor in die Reserveradmulde eines Audi A1 gepackt und mit einem Elektromotor kombiniert. Bei Mazda schaffte es der Wankelmotor als Range Extender in den MX-30 EV, der sehr unter seiner minimalen elektrischen Reichweite litt. Gerade die deutschen Hersteller wollen an sich reine Elektroantriebe und arrangieren sich seit Jahren mit der teuren Plug-in-Technik und setzen daher bei vielen Modellen auf günstigere 48-Volt-Bordnetze mit Startergenerator, die die Realverbräuche senken sollen.

„Die deutschen Hersteller zwingen ihre Kunden, sich zwischen Verbrenner und E-Auto zu entscheiden. Immer mehr chinesische Anbieter weisen ihren Kunden einen Ausweg aus diesem Dilemma: Range Extender“, sagt Thorsten Rixmann, CMO der Obrist Group, „der Antrieb arbeitet mit einem Elektromotor, aber die Stromversorgung erfolgt durch einen sparsamen Minibenziner statt großer und schwerer Batterieblöcke. Elektrisch fahren und Sprit tanken mit Reichweiten von über 1000 Kilometern trifft den Kundenbedarf heute und in den nächsten Jahren.“

Die Obrist-Gruppe bietet als Zulieferer Energiekonzepte wie Range Extender an. Der sogenannte Zero Vibration Generator dient mit einem Verbrauch von 1,5 Litern pro 100 km Benzin oder 3,3 Liter Ethanol allein der Stromerzeugung. Trotz kompakter Abmessungen sollen mit dem Hyper-Hybrid rein elektrische Reichweiten von 80 Kilometern drin sein; zusammen mit dem Verbrenner sind das rund 1000 Kilometer, ohne laden oder tanken zu müssen.

Doch was ist ein Range Extender überhaupt? Ein Range Extender bei einem Elektroauto dient als Stromgenerator, der von einem kleinen Tank mit Kraftstoff gespeist wird. Leert sich das verbaute Batteriepaket unter einen bestimmten Ladestand, springt der Verbrenner an und versorgt das Akkupaket mit frischer Energie. Einige Range Extender hatten zudem einen Autobahnmodus, bei dem der Verbrenner in höheren Geschwindigkeiten auch einen direkten Durchtrieb zur Achse hatte.

Die erste Generation an Range Extendern war nicht wirklich beliebt

Doch es haperte mit der Kundenakzeptanz und auch die Hersteller hatten an sich keine Lust auf die Range Extender, denn er brachte Aufwand und Komplexität ins Auto – für den Fall der Fälle, wenn der Akku einmal leer sein sollte. Da die Akkugrößen jedoch längst alltagstaugliche Reichweite garantieren, hatte der Range Extender gerade in Europa nur ein kurzes Intermezzo. Doch jetzt kommt er aus Asien und speziell China kommend zurück und schafft dabei sogar den Sprung nach Nordamerika.

BMW i3 REX Technik
Der Range Extender brachte Aufwand und Komplexität ins Auto, wie hier etwa im BMW i3 REX / BMW

Das war an sich nicht geplant, doch die zögerliche Akzeptanz der reinen Elektromodelle auf vielen Märkten und ein länderspezifisch alles andere als flächendeckendes Ladenetz machen den Range Extender für einige Marken interessant. Bestes Beispiel ist der 1500 Ramcharger von Ram, denn nachdem der rein elektrische Ram weiter nach hinten geschoben wurde, weil es mit der Elektromobilität in den USA abseits der Küstenregionen sehr zögerlich nach vorne geht, hat der Stellantis-Konzern mit dem Ramcharger 1500 einen offroadtauglichen Fullsize-Pick-up mit Range Extender auf den Markt gebracht.

Der Ram 1500 Ramcharger, produziert im Stammwerk Sterling Heights / Michigan, wird von einem 3,6 Liter großen V6-Benziner angetrieben, der allein als 130 Kilowatt starker Generator genutzt wird. Dieser Range Extender versorgt eine 92 kWh große Batterie im Unterboden, die ihre Leistung an zwei Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse (250 kW + 238 kW) abgibt. Als Gesamtantriebspaket für den über 5,30 Meter langen Pick-up stehen somit 488 kW / 663 PS sowie 900 Nm maximales Drehmoment zur Verfügung. „Mit seiner unbegrenzten batterieelektrischen Reichweite ist der Ram 1500 Ramcharger die Spitze des Segments der leichten Pick-ups“, sagt Ram-CEO Tim Kuniskis, „der neue Ramcharger ist ein Biest unter den leichten Nutzfahrzeugen – 663 PS, 900 Nm Drehmoment und keine Notwendigkeit für ein öffentliches Ladegerät.“

Ganz ähnlich sieht es in Japan aus, wo Nissan unter der Bezeichnung „e-Power“ seit Jahren auf eine Kombination von Verbrennungsmotor und Elektroantrieb setzt. Hierbei wird ein Verbrennungsmotor mit einer E-Maschine und einer kleinen Batterie gekoppelt und dient als Range Extender. Der Benzinmotor gibt niemals Kraft an die Antriebsräder ab, denn dafür ist ausschließlich der Elektromotor zuständig. Bei Nissan läuft das Antriebspaket in Modellen wie dem Qashqai erfolgreich, denn bisher sind in 68 Ländern mehr als 1,6 Millionen Autos mit dem e-Power-Antrieb verkauft worden.

Herzstück der dritten Generation ist ein 1,5-Liter-Turbodreizylinderbenziner, der sein Verdichtungsverhältnis während des Betriebs stufenlos anpassen kann. Durch die kontinuierliche Anpassung operiert der Verbrennungsmotor stets im optimalen Wirkungsgrad, was zu einem niedrigen Verbrauch führt. Da das neue e-Power-Antriebsmodul auch in Nordamerika und Europa zum Einsatz kommen wird, ist es auch höhere Geschwindigkeiten auf Autobahnen optimiert. Bei schneller Fahrt soll der Verbrauch um 15 Prozent sinken. Ebenso wie der Benziner bleibt auch die Kapazität der Batterie mit 1,8 Kilowattstunden gleich. Allerdings ist die Einheit leichter und der Gesamt-Verbrauch geht im Vergleich zur zweiten Generation um neun Prozent nach unten. Die Leistung steigt von 140 kW / 190 PS auf 150 kW / 204 PS bei einem unveränderten Drehmoment von 330 Newtonmetern.

Auch VW arbeitet am Range Extender

Speziell in China gibt es mittlerweile immer mehr Marken, die auf die Range Extender setzen. Eines der auffälligsten Beispiele sind die großen Crossover von Li Auto oder Yangwang. Der mächtige Geländewagen Yangwang U8 überzeugt nicht allein auf der Straße oder offroad, sondern sogar als schwimmendes Amphibienfahrzeug. Seine Kraft kommt von vier Elektromotoren mit insgesamt 800 kW / 1197 PS. Auf Asphalt wuchten die vier E-Maschinen den 3,5-Tonnen-Koloss in 3,6 Sekunden von null auf 100 km/h. Öffnet man jedoch die Motorhaube, erblickt man einen zwei Liter großen Verbrennungsmotor, der einzig als Range Extender dient und ist zu keiner Zeit am Vortrieb beteiligt ist.

Auch Volkswagen experimentiert seit längeren mit der Range-Extender-Technik. Zunächst nur mit Fokus auf den chinesischen Markt, kommt der Reichweitenverlängerer ab 2027 auch in die USA. Die neu kreierte Offroad-Marke Scout wird nach der überschaubaren Nachfrage nach Elektro-Geländewagen und Pick-ups nicht nur reine Elektromodelle von Scout Traveler und Terra mit Reichweiten von über 500 Kilometern, sondern auch Versionen mit Range Extender geben, der den Aktionsradius bis zum nächsten Ladestopp auf mehr als 900 Kilometer ausdehnen kann. Für den Antrieb beider Fahrzeuge sorgen dabei Elektromotoren, die deutlich mehr als 367 kW / 500 PS und über 1200 Nm Drehmoment leisten sollen. Für schnelle Nachladen sind Scout Traveler und Terra mit einem 800-Volt-Bordnetz ausgestattet, das Ladegeschwindigkeiten von bis zu 350 Kilowatt ermöglichen soll.

Worthy not set for this post
Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


SID:

Range Extender sind OK für abgelegene Gegenden, aber IMHO nichts für den Massenmarkt (mit einem idealerweise gut ausgebauten Ladenetz).
Zum Beschleunigen dient der Akku und auf der Langstrecke läuft der Range Extender hocheffizient (z.B. im Atkinson-Zyklus), um den Reibungs- und Luftwiderstand abzudecken und so der Entladung des Akkus entgegenzuwirken.
Aber Langfristig gesehen, sollte ein Verbrenner nicht mehr in einem Auto stecken.

Hiker:

Ich klugscheissere noch ein wenig rum. Hätte er kWh geschrieben anstelle von Kw würde das ganze noch verständlicher.

Hiker:

Du redest hier von Elektroautos von vor fünf Jahren? Und schliesst daraus, dass elektrische Autos „erheblich teurer“ sein sollen? Schlaf weiter.

Nik8888:

Auf dem Papier sieht das gut aus, aber auf Dauer glaube ich nicht, dass die Käufer mit diesen Autos glücklich werden.

Aber okey, es mag Nischen für diese Technik geben

Meiner Ansicht ist es seitens der Hersteller aber eher ein Versuch, die Flottengrebzwerte schön zu rechnen analog der PHEVS

Nik8888:

Wer keine Lademöglichkeit hat fährt nen Hybrid ohne Stecker und wer ne Lademöglichkeit hat, für den ist ein BEV mit Abstand die beste Wahl.

Und wer nen „Edge-Case“ hat (Anhänger/ Vertreter/ Pickup) kauft sich am besten halt nen gebrauchten Diesel

onlineschorty:

Höhere Wartungskosten und höheres Defektpotential gegenüber reinem E-Auto mag ja noch angehen. Allerdings sind Verbrennungsmotoren inzwischen sehr ausgereift. Beim höheren Neupreis kann ich erfahrungsgemäß widersprechen. Als ich mir vor 5 Jahren ein E-Auto angeschafft hatte, war der Mitsubishi Outlander PHEV das einzige Modell, das ich mir überhaupt als Neuwagen leisten konnte. Bei reinen E-Autos sind die Mehrkosten für die große Batterie erheblich höher, als die Kosten für den zusätzlichen Verbrenner.

Dani:

Mit jeweils h hintendran stimmt die Rechnung von Thorsten schon.

Dani:

Also ich hatte ja auch schon Autos mit 80 Liter Tank, wo mir beim Volltanken schon fast die Tränen gekommen sind. Aber 100-150 Liter ist dann schon vom Raumvolumen und der Tankrechnung her eher schwierig….

Dirk Dirk:

Dann eben 800 KM nachts auf der Autobahn aus Bayern hin zum Reitturnier nach SH, da bräuchte ein F150 Pick- UP mit Pferdeanhänger bestimmt 50 KWh/100 KM oder ?

REICHWEITE dann maximal 200 KM oder 2 Stunden Fahrt bis zum ersten Laden, dann alle 150 KM laden, das bedeutet dann 5x 30 Minuten Laden auf auf der Strecke, was gar nicht cool ist für Mensch und Tier.

Der geplante neue Scout mit REX und 70 KWh und 100 Liter Tank würde mit einem 5 Minuten Stopp und schneller nachts durchfahren und wäre 4h früher da.

Und übrigens ich habe kein Pferd und kein Boot und keinen Wohnwagen, aber es gibt solche Leute

Wolfbrecht Gösebert:

„… auf der langen Reise vielleicht mit lebendem Pferd im Anhänger kann man eben mal 3-4 Stunden durchfahren und 500 [km] schaffen in einer Nacht.“

Dein Motto: »Ich mach‘ mir die Welt, wie sie mir gefällt!«?
Märchenonkel, Du möchtest mit Pferd im Anhänger also eine DURCHSCHNITTS-Geschwindigkeit von mindestens 125 bis hin zu 166 km/h fahren? Ja, nee – is‘ klar!

Ähnliche Artikel

Cover Image for Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Neuen Klasse startet BMW ab Ende 2025 in eine neue Ära des rein elektrischen Fahrens. Eine entscheidende Komponente: die Batterien.

Cover Image for Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Michael Neißendorfer  —  

Der Ioniq 6 N soll den Erfolg des Ioniq 5 N fortsetzen und integriert Technologien aus dem Motorsport in ein alltagstaugliches E-Auto.

Cover Image for BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

Michael Neißendorfer  —  

Ohne das starke Absatzplus der elektrifizierten Fahrzeuge wäre das Minus bei BMW deutlich schmerzhafter ausgefallen.

Cover Image for Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Michael Neißendorfer  —  

Weltweit steigt der Anteil von E-Autos an Neuwagenverkäufen von 20 auf 25 Prozent, trotz Wachstumsschwäche in wichtigen Märkten.

Cover Image for Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Michael Neißendorfer  —  

Mit dem EV5 bringt Kia ein weiteres E-Auto in das beliebte Kompakt-SUV-Segment, die größte und am schnellsten wachsende Fahrzeugklasse in Europa.

Cover Image for Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Wolfgang Plank  —  

Erfreulich gegen den Trend ist der Mazda 6e in Sachen Karosserie unterwegs. Leider muss man sagen aber auch bei der Ladeleistung.