Northvolt kämpft um Rettung – Gläubigerschutz möglich?

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Northvolt

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Der schwedische Batteriezellhersteller Northvolt steht inmitten einer schwierigen finanziellen Lage. Insidern zufolge wird sogar ein Gläubigerschutz nach US-Recht, das sogenannte Chapter 11, als mögliche Lösung diskutiert. Dieser Schritt würde Northvolt einen zeitweiligen Schutz vor Gläubigern bieten und eine finanzielle Neuordnung ermöglichen, wie das Manager Magazin ausführt. Parallel dazu bemüht sich das Unternehmen, seine finanzielle Stabilität mit Hilfe von Investoren und Partnern wiederherzustellen. Diese Gespräche sind von entscheidender Bedeutung, da Northvolt mit ernsthaften Produktions- und Lieferproblemen kämpft, die seine Geschäftsentwicklung stark beeinträchtigen.

Eine besonders enge Partnerschaft verbindet Northvolt mit dem schwedischen Lkw-Hersteller Scania, der zur Volkswagen-Tochter Traton Group gehört. Scania hat große Pläne für die Elektrifizierung seiner Flotte und möchte bis 2030 die Hälfte seiner Verkäufe mit Elektro-Lkw erzielen. Aktuell liegt der Anteil jedoch bei weniger als einem Prozent – auch aufgrund der Schwierigkeiten bei Northvolt, wie aus einem aktuellen Artikel von Reuters hervorgeht.

Christian Levin, CEO von Scania und Traton, erklärte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur, dass Scania weiterhin fest zu Northvolt stehe. Die Zusammenarbeit sei besonders wichtig, da Northvolt laut Levin „die einzigen grünen Zellen in der Industrie“ produziere. Trotz der Unterstützung spricht Scania mit anderen Batteriezellherstellern, um sicherzustellen, dass eventuelle Probleme bei Northvolt nicht den gesamten Elektrifizierungsplan gefährden. Levin betonte, dass man flexibel bleiben müsse, um Engpässe zu vermeiden, gab aber keine Namen möglicher Alternativen preis.

Northvolt: Finanzierungssorgen und Produktionsprobleme

Northvolt gerät nicht nur durch die eigene Produktion unter Druck, sondern auch durch die Anforderungen und Erwartungen seiner Partner. Die finanzielle Unterstützung und das Vertrauen seitens Scania und anderer Investoren sind von zentraler Bedeutung. Die enge Verbindung mit Volkswagen, dem größten Anteilseigner von Northvolt, spielt dabei ebenfalls eine Rolle. Allerdings verlässt der Investmentchef von Volkswagen den Vorstand von Northvolt – ein Schritt, der zusätzliche Unsicherheit in der Zusammenarbeit auslösen könnte.

Während Levin sich mit seinem Vorstand auf einer Asienreise befand, betonte er, dass die Herausforderungen für den grünen Wandel weit über die reine Zellproduktion hinausgehen. Er sieht die langsame politische Unterstützung als eines der größten Hindernisse für den Ausbau der Elektromobilität. Besonders die politische Situation in den USA bereitet ihm Sorgen. Der künftige Präsident Donald Trump könnte Steueranreize für E-Fahrzeuge streichen und das Pariser Klimaabkommen erneut verlassen, was die globalen Klimabemühungen erheblich zurückwerfen würde. Für Unternehmen wie Scania, die stark in die Elektromobilität investieren, bedeutet dies zusätzlichen Druck. Levin betonte, dass die Welt in Bezug auf den grünen Wandel „aus dem Takt“ sei und politische Entscheidungsträger weltweit mehr tun müssten, um die Transformation zu unterstützen.

Im September setzte Northvolt aufgrund dieser Belastungen den Ausbau seiner Fabrik in Skellefteå vorübergehend aus. Zusätzlich wurden konzernweit 1600 Stellen abgebaut. Neben den Produktionsproblemen musste Northvolt auch in Bezug auf wichtige Kunden einen herben Verlust hinnehmen. Der deutsche Autobauer BMW hatte im Juni einen Großauftrag storniert.

Die Herausforderungen, vor denen Northvolt steht, zeigen exemplarisch die Schwierigkeiten, mit denen die gesamte Branche konfrontiert ist. Die enge Verbindung von Partnern wie Scania verdeutlicht, dass der Erfolg eines Unternehmens wie Northvolt weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette der Elektromobilität hat. Gemeinsam mit Investoren und politischen Akteuren gilt es, Lösungen zu finden, die langfristige Stabilität und nachhaltiges Wachstum ermöglichen.

Quelle: Manager Magazin – Northvolt verhandelt über Gläubigerschutz nach US-Recht / Reuters – Scania in talks with EV battery suppliers as partner Northvolt stutters, CEO says

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Tom H.:

Der Starrsinn der europäischen – und damit vor allem der deutschen Automobilindustrie ist schon bemerkenswert.
Dabei wäre es dringend geboten, das Thema Zelltechnologie und deren Fortschritt endlich EU weit entschlossen und geschlossen zu diskutieren, vorzugsweise ohne Arroganz, Überheblichkeit und Ignoranz.
Dazu müsste man freilich zunächst (an)erkennen, dass exklusive Exzellenz und technologischer Vorsprung Europas in vielen Bereichen nicht mehr existieren und auch politisch nicht herbeigeredet oder konserviert werden können.

Es kann passieren, dass aus Technologievorsprung auch mal Technologierückstand wird. Das kommt sogar recht häufig vor. Dann gilt es Extrameilen zu laufen um das wieder zu drehen. Europa hat alle Ressourcen dafür, alle bis auf eine: Die ehrliche Erkenntnis, dass es so ist, wie es ist.
Operativ wäre zudem die Erkenntnis wichtig, dass ein strategisches Zusammenwirken von Ökonomie und Staat erforderlich ist – sowie: Kapitaleinsatz!
Aber solange sowohl technologisch als auch operativ behauptet wird, am besten mache man alles wie bisher und spare sich durch die Krise, werden wir weiter viel über erstaunliche und an sich durchaus positive Fortschritte bei der Forschung und Entwicklung neuer Speichersysteme lesen.
Nur eben nicht in Europa.

Sledge:

Der Super GAU für die europäische Batterieindustrie ist vermutlich eingetreten. Northvolt geht wahrscheinlich in die Insolvenz. Damit wird die Abhängigkeit der europäischen Automobilindustrie von den Asiaten zementiert. Die Aussichten für die europäischen Automobilhersteller trüben sich immer weiter ein. Ein Ende ist nicht mehr auszuschließen. Das Einzige was mich überrascht, ist die Geschwindigkeit in der die Dinge von statten gehen.

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