Mercedes-Benz: „E-Autos müssen Teil des Energienetzes werden“

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Michael Neißendorfer
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  —  Lesedauer 3 min

Mercedes-Benz-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer sprach in einem Interview ausführlich über den vor wenigen Wochen vorgestellten Plan des Autoherstellers, ein weltweites Ladenetzwerk für Elektroautos aufzubauen. Aber die Vorhaben, um die E-Mobilität voranzubringen, reichen noch viel weiter, wie Schäfer erklärt.

Um Elektromobilität nach vorn zu bringen, reicht es nicht aus, nur tolle E-Autos anzubieten“, sagt Schäfer. „Der Kunde möchte ein gesamtheitliches Erlebnis, das zu unserer Marke passt“, schiebt er nach. Und um beim Thema Erlebnis Laden Geschwindigkeit aufzunehmen, hat der Hersteller beschlossen, Geld zu investieren. Viel Geld: „Allein in Nordamerika sind es eine Milliarde Dollar für rund 400 Stationen, die wir mit unserem Energiepartner MN8 bis Ende 2027 investieren“, erklärt der Mercedes-Vorstand. Für das Schnellladenetzwerk vorgesehen seien 350-kW-Ladesäulen, „mit der Option eines Upgrades auf 500 kW“, so Schäfer.

Das Ziel seien weltweit 2000 Stationen mit mehr als 10.000 Ladepunkten. Zu der Milliarde Dollar in den USA dürfte also noch eine Handvoll Milliarde Dollar mehr hinzukommen, bis das globale Ladenetzwerk fertig aufgebaut ist. An der Beteiligung am europäischen Ladenetz Ionity werde das eigene Engagement nichts ändern: „Wir halten an unserer Beteiligung fest und gehen bei der weiteren Finanzierung mit den übrigen Anteilseignern mit“, erklärt Schäfer, der „sehr zufrieden mit der Entwicklung bei Ionity“ sei. Auch die bereits gut eine Million Ladepunkte, die Mercedes-Benz über Verträge in seinem Roaming-Netzwerk gebündelt hat, bleiben bestehen. All dies sei „eine gute Ergänzung zu dem jetzt geplanten eigenen Ladenetzwerk“.

Exklusiv für Mercedes-Benz-Fahrer soll das eigene Netzwerk aber nicht sein, so Schäfer. Jeder soll dort laden können. Der Hersteller suche bewusst nach „Premium-Standorten“, so der Entwicklungsvorstand, wo es etwa bereits Gastro-Angebote sowie Toiletten gibt. „In den USA haben wir bereits Standorte an hochwertigen Einkaufszentren ausgewählt“, nennt Schäfer als Beispiel. Auch in Deutschland soll es bald losgehen, erste Ladeparks sollen noch „im Laufe des Jahres 2023“ öffnen. Die Standorte habe der Hersteller bereits „im Auge. Die genauen Orte kommunizieren wir noch nicht, weil es einen Run der Wettbewerber auf die besten Plätze gibt“, erklärt Schäfer.

Geplant seien „überdachte und beleuchtete Flächen, die von Kameras überwacht werden“. Bei den Schnellladesäulen habe sich der Autohersteller für Chargepoint entschieden, „einen Qualitätsanbieter von Schnellladern“, so Schäfer, dem es „um hohe Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und korrekte Abrechnung der Ladevorgänge“ geht. Dass an den Säulen Ökostrom in die Akkus fließt, versteht sich von selbst. „Wir haben viele Gespräche mit Energieerzeugern in Europa geführt“, sagt der Mercedes-Vorstand hierzu.

Der 360-Grad-Ansatz von Mercedes-Benz

Außerdem ist der Autohersteller bereits selbst in die Energieerzeugung eingestiegen, und baut unter anderem eigene Windräder auf seinem Teststrecken-Gelände in Papenburg sowie einen Offshore-Windpark in der Nordsee. Unterstützt durch Photovoltaik-Anlagen auf den Fabrikdächern will Mercedes-Benz „mittelfristig die Hälfte der Energie, die wir in der Produktion benötigen, selbst erzeugen“, erklärt Schäfer.

Mercedes-Benz habe sich bewusst „für einen 360-Grad-Ansatz bei der Elektromobilität entschieden, weil in vielen Bereichen die passenden Angebote fehlten“, so der Entwicklungsvorstand: „Wir decken inzwischen von der Rohstoffförderung in Minen über die Zellproduktion bis hin zur Fahrzeugproduktion alles ab“. Weitere „Puzzlestücke“ seien das Ladenetz und auch das Batterie-Recycling.

Als nächstes stehe auch das Thema bidirektionales Laden an, welches der Hersteller in Japan bereits anbietet. „In Europa bestehen noch einige regulatorische Themen beim Einspeisen in öffentliche Netze, die geklärt werden müssen“, so Schäfer. Klar aber sei, dass E-Autos „Teil des Energienetzes werden müssen“. Ein weiteres Puzzlestück also beim 360-Grad-Ansatz.

Quelle: Golem – „Nur tolle E-Autos reichen nicht aus“

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Daniel W.:

In der Stadt reichen 2 Spuren, wenn statt im Durchschnitt nur 1,2 Personen im Auto, dann z.B. 36 Personen im Bus sind, also statt 30 Autos fährt 1 Bus durch die Stadt.

An den Straßenrändern stehen nicht mehr rechts und links hunderte Autos herum, das bedeutet 2,5m pro Seite bzw. 5m pro Straße stehen dann den Menschen zur Verfügung.

Ausserdem stehen dann die vielen großen Parkplätze und Parkhäuser in der Stadt als Spiel- und Freizeitplätze sowie als Bauplätze für Wohnungen zur Verfügung, also grüner leben und wohnen in der Stadt statt Lagerplatz für unzählige Blechkisten auf 4 Rädern.

Die Radstraßen kann man auf bestimmten Abschnitten auch auf Ständer stellen, so dass darunter Busse und Lieferfahrzeuge fahren sowie Fußgänger laufen können, ohne das sie Radfahrern in die Quere kommen, die dann ohne Ampeln schnell durch die Stadt kommen.

Läubli:

Na klar… ist alles so einfach – leider nicht ganz:

Dann braucht es aber noch dicke, breite zusätzliche Straßen in der Stadt für die ÖV, das sind ja meisten Busse, oder Schienen für Trämmli (Straßenbahn) oder Hochbahnen usw. sonst bringst du die ganzen Leute nicht in die Stadt und wieder raus, wenn du möglichst alle PW’s aus der Stadt verbannen willst.

Ich will nur sagen – denke daran, es werden auch in einer „grünen Stadt“ genau gleich viele Menschen rein und raus wollen/müssen… das geht weder mit dem Velo noch zu Fuss.

Daniel W.:

Ich erwarte für die Zukunft eine menschfreundlichere grüne Stadt mit schmaleren Straßen für Autos, breite Fußgängerstreifen und separate Radstraßen. Da bleibt für große E-Autos in der Stadt kaum noch Platz, diese werden dann auf großen Parkplätzen am Stadtrand abgestellt und sind per ÖPNV erreichbar.

Läubli:

Nein, der zweite Teil ist falsch:

Man weiß bei modernen Systemen jederzeit, ob man angeschlossen ist oder nicht… das sieht man bei guter Software der Autos sogar in der App auf dem Handy, ohne dass man da sonst was tun müsste.

Auch die Ausgaben und Einnahmen für diesen Strom müssen ja abgerechnet werden.

Etwas Anonymes, wie du das anzunehmen scheinst, kann es nicht geben – das wäre auch ein Datenschutzproblem.

Läubli:

Genau – diesbezüglich gibt es immer noch nur einen Anbieter, mit dem das kein Problem ist und auch Fernrouten bestens funktionieren – schon Jahrelang.

Das ist der Marktleader im BEV-Segment – um einmal nicht den Namen zu nennen, damit ich hier nicht wieder die Falschen triggere.

panib:

Na, zieht nun auch in diesem Forum eine zunehmende Neiddebatte in Sachen E-Auto ein? Könnte man fast meinen. So wirklich klar wird mir nicht, was du uns sagen willst.

panib:

400 Ladestationen in den USA. Na super. Damit kann jeder Mercedesfahrer davon ausgehen, dass er in 500 bis 800 km (?) Entfernung eine Mercedes Ladesäule anfahren kann. In der kleinen Schweiz sähe das schon anders aus. Aber bei uns ist es mit Ionity ja nicht anders. Ich komme auf meinen potentiell zu fahrenden Strecken nicht annähernd zurecht, wenn ich bei meiner Ladeplanung ’nur Ionity Ladesäulen‘ als Filter setze.

Daniel W.:

Für mich sind die großen E-Autos mit den großen Akkupacks in Zukunft ideale Ökostromspeicher auf den großen Parkplätzen am Stadtrand, wo sie langsam auf Ziegelsteinen aufgebockt vor sich hin rosten.

Und wenn die vielen großen alten E-Autos nicht mehr bewegt werden, dann kann man sie eng an eng stellen, den Parkplatz mit PV-Anlagen überdachen und die Innenräume der E-Autos den Obdachlosen überlassen.

Was für eine großartige E-Auto-Zukunft für Mercedes – größster Parkplatzbetreiber für Second-Life-Akkupacks, Ökostromproduzent und sozialer Wohnungsbau auf nur 10 m² – die Aktionäre wird es freuen.

Soweit meine satirische Betrachtung der Zukunft von Mercedes und großen E-Autos – Klimawandel sei Dank.

rotzlöffel:

Dann muss der Hersteller aus The LÄND seine E-Karren zu massenkompatiblen Preisen anbieten.Sonst: Nur ein wohlfeiles Lippenbekentnis.

Martin G:

Sono Motors wird mit dem Sion Bidirektionalität anbieten. Hoffe die SaveSion Kampagne wird erfolgreich.

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