Nach dem doch eher mäßigen Erfolg mit dem unkonventionell konzipierten Mazda MX-30 hat der japanische Automobilhersteller wieder ein reines Elektroauto auf dem deutschen Markt, das vielen gefallen dürfte. Schließlich ist der Mazda 6 eine beliebte Limousine, die auch als Mazda 6e mit Elektromotor eine sehr gute Figur macht. Allerdings darf das E-Auto zwar das Markenlogo der Japaner tragen, für die Herstellung zeichnet sich aber weitgehend der chinesische Hersteller Changan verantwortlich. Wir haben uns die wunderschöne E-Limousine eine Woche lang näher anschauen dürfen.
Als Testwagen vorgefahren ist die Version mit dem kleineren 68,8 kWh fassenden Akku mit 190 kW (258 PS) Leistung. Der Mazda 6e ist 4,92 Meter lang, leer etwas mehr als zwei Tonnen schwer und kann maximal 175 Stundenkilometer schnell fahren. Folgende Dinge sind uns im Testzeitraum besonders aufgefallen:

Die Pluspunkte des Mazda 6e
Die Optik: Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, doch dem Vernehmen nach ist unser Autor nicht alleine mit der Meinung, dass der Mazda 6e ein wunderschönes Elektroauto geworden ist. Die typische Limousinen-Linienführung macht ihn zu einem schicken und eleganten Fahrzeug, das zudem mit einem hübschen Lichtdesign und sogar sportlichen Highlights wie einem automatisch ausfahrenden Heckspoiler glänzen kann.
Innen setzt sich der positive Eindruck fort, auch wenn die hellbraune Velourleder-Nachbildung vermutlich nicht unsere erste Wahl gewesen wäre. Der Materialmix wirkt aber insgesamt stimmig und stilvoll. Wer die Form von schicken Limousinen mag, der wird sicher auch den 6e als durchaus hübsch empfinden. Der 6e ist eine willkommene Abwechslung zu all den vielen E-SUV, die den Markt so stark dominieren.
Die Geräumigkeit: Ein herber Kritikpunkt an E-Limousinen ist aber oft der fehlende Stauraum, der meist durch schmale Kofferraumöffnungen und den durch den Akku fehlenden Platz nach unten limitiert wird. Da ist der 6e eine erfreuliche Ausnahme. Zwar ist der Kofferraum mit 466 Litern Fassungsvermögen nicht überbordend groß, eine weit aufschwingende Heckklappe sorgt aber dafür, dass sich dieser Raum ideal nutzen lässt. Ein großer Kinderbuggy plus zwei kleine Reisetaschen oder Rucksäcke passen gut hinein. Und in den zusätzlichen Frunk passt mit 72 Litern Fassungsvermögen deutlich mehr als die in unserem Testwagen vorhandene Einkaufstasche mit Ladekabel.
Im Innenraum sitzt es sich sehr angenehm und mit genügend Beinfreiheit vorne wie hinten. Bei der Kopffreiheit stoßen größere Menschen in der hinteren Reihe bei fehlender Vorsicht wortwörtlich an ihre Grenzen, aber das ist bei asiatischen Modellen fast immer der Fall. Insgesamt können aber vier Erwachsene mit Gepäck angenehm Platz finden, solange sie die 435 Kilo maximale Zuladung nicht überschreiten.

Der Komfort: Im Mazda 6e lässt es sich sehr komfortabel reisen. Das liegt zum einen an den angenehmen Sitzen und dem griffigen Lenkrad. Vor allem aber liegt die E-Limousine sehr gut auf der Straße und hat eine äußerst ausgewogene Federung. Das Panoramaglasdach ist mit einem elektrischen Rollo versehen, sodass sich die Helligkeit im Wagen bequem regulieren lässt. Die Ambientebeleuchtung mit 64 Farben zur Auswahl ermöglicht zudem die persönliche Wohlfühlatmosphäre. Die Rundum-Kameras sorgen für einen guten Überblick, Parkmanöver lassen sich entspannt meistern.
Der Verbrauch: Aufgrund seiner schnittigen Form lässt sich der Mazda 6e durchaus sparsam bewegen. Bei hohem Autobahnanteil bei kühlen Temperaturen kamen wir kombiniert auf etwas mehr als 19 kWh Verbrauch, doch auch Werte um die 15 bis 16 kWh lassen sich bei moderater Fahrweise erreichen. Laut Mazda liegt die kombinierte Reichweite bei knapp 480 Kilometern, bei unserer alltagsnahen Fahrweise sind 350 sorgenfreie Kilometer drin.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis: In der von uns getesteten höchsten Ausstattungsstufe Takumi Plus starten die Listenpreise bei 46.900 Euro – ein sehr fairer Preis für das Gebotene. Für das sehenswerte Mazda-Rot als Metallic-Lackierung kommen 1200 Euro dazu, womit der Testwagen 48.100 Euro kostet. Dafür gibt es ziemlich viel Auto – wobei es aber auch ein paar Schwächen zu berücksichtigen gilt…

Die Minuspunkte des Mazda 6e
Die Ladeleistung: Zwar soll der Mazda 6e mit dem kleineren Akku in der Spitze mit 165 kW Ladeleistung an DC-Ladestationen geladen werden können, diese Werte sind in der Realität aber allenfalls sehr kurz zu erreichen. Bei unserem einzigen Schnellladevorgang begannen wir mit einer Restakku-Kapazität von 31 Prozent. Die Ladeleistung pendelte sich dabei schnell auf etwa 67 kW ein – und blieb dort konstant, ehe sie ab 75 Prozent sank. Eine Recherche anderer Testberichte zeigte dabei, dass die typische Ladekurve des 6e mit kleinem Akku den Peak von mehr als 165 kW offenbar nur bei einem sehr niedrigen Akkustand erreichen kann und schon bei nur viertelvoller Batterie auf das von uns beobachtete Niveau abstürzt. Theoretisch soll der Ladevorgang von 10 bis 80 Prozent nur 24 Minuten dauern, doch zumindest bei kühleren Temperaturen gehen wir von eher 35 bis 40 Minuten aus.
Hinzu kommt, dass es zwar auch eine Variante mit einem 80 kWh fassenden Akku gibt, diese jedoch anders als von anderen Elektroautos gewohnt langsamer lädt als die Version mit dem kleineren Akku. Als Spitzenwert sind hier lediglich 90 kW angegeben, Mazda gibt hier die Ladezeit von 10 bis 80 Prozent mit etwa 47 Minuten an. Bei weiteren Reisen nehmen sich beide Varianten also nicht viel, sodass man getrost auch zur günstigeren Version mit kleinerer Batterie greifen kann – sofern man sich mit den vergleichsweise langen Ladezeiten arrangiert.
Ebenfalls interessant war, dass bei drei AC-Ladevorgängen die Ladeleistung zwischen 6 und 10 kW statt der eigentlich möglichen 11 kW lag – und das jeweils konstant über die komplette Ladedauer. Ein Eingreifen eines Lastmanagements seitens der Ladeinfrastruktur konnte ausgeschlossen werden, offenbar legt sich also das Fahrzeug beim Ladestart auf eine Ladeleistung fest, die es dann durchweg zulässt. Das kann störend sein, wenn man mit 11 kW Ladeleistung rechnet, das Auto sich aber in der gleichen Zeit nur etwas mehr als die Hälfte des Stroms zieht.
Anstrengende Assistenten: Als Fahrer eines Xpeng freute sich unser Autor zunächst einmal, dass weite Teile der Bedienung im Mazda gleich oder sehr ähnlich ablaufen wie im chinesischen Mitbewerber – offenbar gibt es da auch Überschneidungen bei den Zulieferern. Die Funktionalität der Assistenten hingegen wirkte an einigen Stellen deutlich weniger ausgereift als bei der Konkurrenz. Besonders unangenehm empfanden wir den Spurhalteassistenten, der auf teils gefährliche Weise übergriffig agierte und vor allem in Baustellen höchste Entschlossenheit bei absoluter Ahnungslosigkeit an den Tag legte. Wir können uns nicht daran erinnern, jemals so gegen einen Assistenten angekämpft zu haben, da er sich obendrein intuitiv nicht während der Fahrt ausschalten lässt.
Ebenfalls lästig, sofern nicht abgeschaltet, ist der Aufmerksamkeitsassistent, der jedes Mal Alarm schlug, wenn wir auch nur eine Sekunde zu lange statt auf die Straße auf ein Display oder in den Rückspiegel schauten. Jedes Mal wurde dies von Klingeln und der vielleicht nervigsten Kaffeetasse der Welt begleitet. Vor jeder Abfahrt ist also zu prüfen, ob auch wirklich nur diejenigen Assistenten eingeschaltet sind, die man auch wirklich nutzen möchte. Hier sollte noch das ein oder andere Software-Update Erleichterung bringen.

Die Sprachsteuerung: Das gilt auch für die Sprachassistenz, die ganz offenkundig sehr traurig darüber ist, dass sie außer der Lautstärkeregelung nicht viel an Hilfe anbieten kann. Eine Kostprobe eines typischen Dialogs mit der Sprachsteuerung, bei dem Sie sich als Stimme des Autos eine antriebslose, zutiefst depressive Frauenstimme vorstellen müssen: „Hallo Mazda! – Ich bin hier. – Starte das Radio! – Das kann ich nicht machen. – Beenden! – Ich gehe vorerst. Rufen Sie mich auf, wenn Sie wieder was brauchen„. Man entwickelt regelrecht Mitleid mit dieser KI, auf der alle Last der Welt zu liegen scheint. Aber hier soll ein baldiges Software-Update zumindest eine gewisse Funktionalität ermöglichen. Vielleicht ist Frau Mazda dann ja auch nicht mehr ganz so traurig.
Fazit
Wer sich für den Mazda 6e entscheidet, der bekommt ein bildschönes Elektroauto zu einem an sich sehr attraktiven Preis, muss dafür jedoch den ein oder anderen Kompromiss eingehen. Für wen weite Fahrten häufig an der Tagesordnung sind, für den verliert der 6e angesichts der sehr mäßigen Ladeperformance schnell an Reiz. Zudem muss der ein oder andere nervige Assistent abgestellt und zumindest vorerst noch auf echte Unterstützung der Sprachassistenz verzichtet werden. In Summe ist der Mazda 6e aber ein durchaus reizvolles Elektroauto, das in unserem Testzeitraum so einige neugierige und auch bewundernde Blicke geerntet hat.
Disclaimer: Mazda hat uns den Testwagen für eine Woche kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies beeinflusst aber nicht unsere hier dargelegte ehrliche Meinung.







Kommentare (Wird geladen...)