IEA-Energiebericht beziffert Wachstum der Stromnachfrage

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Maria Glaser
Maria Glaser
  —  Lesedauer 6 min

Die International Energy Agency (IEA) hat einen neuen Bericht mit verschiedenen Marktanalysen und Prognosen rund um das Thema Strom veröffentlicht. Der Bericht mit dem Namen „Electricity 2025“ sagt einen stark steigenden Verbrauch bis 2027 voraus, der vor allem von den Bereichen Gebäude, Verkehr und Industrie verursacht werde.

Mit Prognosen zu Nachfrage und Angebot von Strom sowie den CO2-Emissionen verschiedener Länder und Regionen weltweit bietet Electricity 2025 Einblicke in den Markt der nächsten Jahre. Dieser werde sich fundamental ändern, so der Bericht. Neben der Elektrifizierung von Gebäuden, Verkehr und Industrie trage auch eine steigende Nachfrage an Klimaanlagen und Rechenzentren dazu bei, dass sich Strom zum Fundament der globalen Wirtschaft entwickelt. Von einem neuen Zeitalter ist bei der Energieagentur die Rede.

Neben Entwicklungen in der Elektrifizierung, dem Ausbau der Stromnetze und dem Strommix untersucht Electricity 2025 auch, wie zielführend aktuelle Strategien sind, um Sicherheit, Widerstandsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Stromnetze zu gewährleisten. Dabei wurde ein Teil des Berichts eigens der Stromnachfrage in China gewidmet.

Trends rund um die Elektrizität

Aufgrund der Expansion stromintensiver Sektoren wird sich das weltweite Wachstum der Stromnachfrage beschleunigen. Bis 2027 rechnet man laut Bericht mit durchschnittlich 4 Prozent pro Jahr. Damit werde die weltweite Nachfrage mit jedem Jahr um den jährlichen Stromverbrauch Japans steigen.

Entwicklung in China

Mit knapp 85 Prozent soll der größte Teil der zusätzlichen Nachfrage in den nächsten drei Jahren aus den Schwellen- und Entwicklungsländern kommen. Die Beschleunigung der globalen Elektrizitätsnachfrage verdeutliche die bedeutenden Veränderungen, die in den Energiesystemen auf der ganzen Welt stattfinden, so der Direktor für Energiemärkte und -sicherheit bei der IEA, Keisuke Sadamori. Außerdem stelle sie die Regierungen vor neue Herausforderungen, um eine sichere, erschwingliche und nachhaltige Stromversorgung zu gewährleisten.

Führend ist bei diesem Trend der Entwicklungsländer vor allem China, wo der Stromverbrauch 2024 um 7 Prozent stieg und bis 2027 voraussichtlich um durchschnittlich rund 6 Prozent wachsen wird. Dieses Nachfragewachstum liegt unter anderem darin begründet, dass die Industrie von der stromintensiven Herstellung von Solarpanelen, Batterien oder Elektroautos geprägt ist.

Entwicklung in den USA

In den Vereinigten Staaten wird ein Anstieg der Stromnachfrage bis 2027 um durchschnittlich 2 Prozent jährlich erwartet. Damit steige die Nachfrage in den nächsten drei Jahren um den derzeitigen Stromverbrauch von Kalifornien. Grund dafür seien vor allem Datenzentren und zusätzliche Produktionsanlagen für Batterien und Halbleiterchips, aber auch die fortschreitende Elektrifizierung des Transport- und Gebäudesektors.

Zugleich sind die Stromnetze der USA großen Belastungen durch Naturkatastrophen ausgesetzt und müssen entsprechend widerstandsfähig sein. Die Wirbelstürme Helene und Milton führten beispielsweise dazu, dass 4,7 Millionen bzw. 3,4 Millionen Menschen ohne Strom waren. Dies betrifft auch andere Regionen der Erde, beispielsweise Brasilien, Australien, Ecuador, Kolumbien oder Mexiko, wo Stromausfälle aufgrund von extremen Wetterbedingungen wie Hurricanes oder Dürren, die die Wasserkraft beeinträchtigen, auftreten können. Energiesicherheit ist ein entsprechend zentrales Thema und der Ausbau nachhaltiger Energien gilt als unverzichtbarer Teil, um den Klimawandel zu verlangsamen.

Entwicklung in Europa

Ein relativ geringes Wachstum der Stromnachfrage von durchschnittlich 1,7 Prozent jährlich wird für die Europäische Union prognostiziert. Frühestens 2027 soll wieder das Niveau von 2021 erreichen werden, das den Höhepunkt vor der Energiekrise 2022 und 2023 darstellte.

„Während die Schwellen- und Entwicklungsländer in den kommenden Jahren den größten Teil des Wachstums der weltweiten Stromnachfrage ausmachen werden, wird auch in vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften nach einer Zeit der relativen Stagnation mit einem Anstieg des Verbrauchs gerechnet. Die politischen Entscheidungsträger müssen diese sich verändernde Dynamik genau beobachten, die auf dem internationalen Gipfel über die Zukunft der Energiesicherheit, den die IEA gemeinsam mit der britischen Regierung im April in London veranstaltet, angesprochen werden wird.“ – Keisuke Sadamori, Direktor für Energiemärkte und Energiesicherheit bei der IEA

Das durchschnittliche jährliche Wachstum der Stromnachfrage in Deutschland wird mit 1,2 Prozent bis 2027 prognostiziert. Das gesamte Wachstum könne jedoch, so der Bericht, von erneuerbaren Energien gedeckt werden. Auch Deutschland ist von der europäischen Energiekrise betroffen und wurde 2023 von einem Nettoexporteur von Strom zu einem Nettoimporteur.

Nachhaltiger Strom wird immer wichtiger

Aus dem Bericht Electricity 2025 geht auch hervor, dass das Wachstum emissionsarmer Energiequellen insgesamt ausreicht, um den gesamten Anstieg der weltweiten Stromnachfrage in den nächsten drei Jahren zu decken. Dabei werden erneuerbare Energien, aber auch Kernenergie als emissionsarm eingestuft.

Erneuerbare Energien

Erst vor einem Monat hat der vom Thinktank Ember veröffentlichte European Electricity Review für das vergangene Jahr gezeigt, dass sich erneuerbare Energien in der Europäischen Union etablieren. So hat 2024 Solarenergie die Kohlekraft überholt und der Gasanteil ging innerhalb der EU im fünften Jahr in Folge zurück. Insgesamt nahmen erneuerbare Energien mit 47 Prozent fast den halben Anteil am Strommix ein.

Laut der Prognose der IEA werde die Stromerzeugung aus Photovoltaik etwa die Hälfte des weltweiten Stromnachfrageanstiegs bis 2027 abdecken, was unter anderem durch politische Maßnahmen unterstützt werde. Während die Europäische Union bereits große Anteile am Strommix hat, erwarte man in China, den Vereinigten Staaten und Indien einen Anteil der Photovoltaikenergie an der jährlichen Stromerzeugung von 10 Prozent bis 2027.

Atomenergie

Gleichzeitig werde die Kernenergie ein starkes Comeback erleben, so die IEA, und für die nukleare Stromerzeugung wird ab 2025 jedes Jahr ein neuer Höchststand prognostiziert. Entsprechend werden sich die Kohlendioxidemissionen aus der weltweiten Stromerzeugung voraussichtlich einpendeln.

Steigende Nachfrage durch Elektromobilität

Neben der erhöhten Stromnutzung in der Industrie und bei Gebäuden sowie einer steigenden Nachfrage nach Klimaanlagen wird für das globale Wachstum der Stromnachfrage auch der Verkehrssektor als Grund genannt. Die Elektrifizierung der Mobilität hat einen starken Einfluss auf die Statistik.

Ende 2024 fuhren in China mehr als 30 Millionen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, von denen rund 70 Prozent Elektroautos waren. Der gestiegene Anteil am gesamten Fahrzeugbestand von 3 Prozent im Jahr 2021 auf etwa 9 Prozent 2024 verdeutlicht einen Trend, der ein starkes Wachstum der Stromnachfrage verursacht. Das Laden von Elektroautos in China hat sich zu einem wichtigen Treiber der Stromnachfrage entwickelt und verbrauchte 2023 etwa 80 Terawattstunden und 2024 knapp über 100 Terawattstunden Strom. Damit machte es im Zeitraum von 2021 bis 2024 schätzungsweise 5 Prozent des gesamten Anstiegs der Stromnachfrage aus. Bis 2027 soll dieser Anteil auf voraussichtlich 7 Prozent ansteigen.

Unklar sei, wie sich das autonome Fahren auf die Stromnachfrage der nächsten Jahre auswirke, so der Bericht. Nach 2027 seien Prognosen mit größeren Unsicherheiten in Bezug auf 5G-Trends verbunden, denn die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung des Verkehrs, die mit einem Ausbau von 5G-Netzen einhergeht, dürfte sich stark darauf auswirken.

Auch in den USA sei die Elektrifizierung des Verkehrswesens in den letzten fünf Jahren erheblich vorangekommen, wobei der Anteil der Elektroautos von nur 2 Prozent im Jahr 2019 auf 10 Prozent im Jahr 2024 gestiegen ist. Ob sich dieser Trend mit dem Regierungswechsel zu Trump weiter durchsetzt, der Entscheidungen der Vorgängerregierung zur Verkehrswende rückgängig machen will, ist unklar.

In Europa stagniert der Absatz Automobilindustrie, was auch die Mobilitätswende in Mitleidenschaft zieht. Dies wirke sich, so die IEA, auf die gesamte Lieferkette aus, auch auf die Batterieproduktion. Viele europäische Unternehmen, wie Northvolt, Schaeffler, Umicore oder Michelin sind dadurch beeinträchtigt. Insolvenz, Werksschließungen und Stellenabbau unterstrichen, dass die gesamte europäische Automobilzulieferkette unter Druck steht. Wie die EU gegenlenken will, zeigt sich kommende Woche, dann will die EU-Kommission ein Maßnahmenpaket vorstellen, um Europas Industrie wieder in Schwung zu bringen. 

Quelle: International Energy Agency – Growth in global electricity demand is set to accelerate in the coming years as power-hungry sectors expandElectricity 2025 Overview / Electricity 2025 Report 

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Maria Glaser

Maria Glaser

Aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich kommend, verbindet Maria Glaser bei Elektroauto-News.net seit 2023 ihre Liebe zum Text mit fachlichen Inhalten. Seit ihrem Studium in Berlin und Wien arbeitet sie im Bereich Lektorat, Korrektorat und Content Writing, vor allem zu Mobilität.

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adson:

Beim geplanten Bau eines relativ kleinen Batteriespeichers hier in der Nähe, hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die dies wegen der Nähe zum Wald und zum Ort ablehnt.
Wenn Sie so ein Verfahren einleiten für den Bau eines Atomkraftwerkes oder eines Endlagers – na dann viel Erfolg!

Tom 1:

So ein Atomkraftwerk ist ja schnell gemacht, kostet halt das drei oder fünf fache,und strahlt so schön auf der ganzen Welt.
Wer hat bisher ein ,, Endlager ,, Skandinavien wohl im Bau .
Traurig das ganze

ediwi:

„Gleichzeitig werde die Kernenergie ein starkes Comeback erleben, so die IEA, und für die nukleare Stromerzeugung wird ab 2025 jedes Jahr ein neuer Höchststand prognostiziert. Entsprechend werden sich die Kohlendioxidemissionen aus der weltweiten Stromerzeugung voraussichtlich einpendeln.“

Was für ein irrsinniger Quatsch.

Atomenergie ist unbezahlbar, lebensbedrohend, und der Atommüll muß unter Kontrolle gehalten werden. Wer soll diesen „Ewigkeitsdienst“ bitteschön bezahlen?

„Wir wollten das Problem der Energieknappheit mit atomarem Strom lösen. Und was kam heraus: Die Entsorgung des Jahrtausende strahlenden Restmülls ist ein viel größeres Problem als die vermeintlich rationale Lösung der Energieknappheit durch Atomkraftwerke.“ …

„Auf Erden können Probleme nur durch die Schaffung neuer Probleme gelöst werden. Auch Heilmittel können krank machen: Auf jedem Beipackzettel steht doch: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt. Die Folgeprobleme kann man akzeptieren, wenn sie kleiner sind als das Ausgangsproblem. Aber die Interaktion zwischen vielen kleinen Folgeproblemen beherrscht niemand, weil sie zu komplex ist. Bei der Atomenergie sind Folgeprobleme – siehe Harrisburg, Tschernobyl, Fukushima und sogar die kleine Asse – in jedem Fall größer als die zugrunde liegende Energieknappheit, der man durch Einsparung besser begegnete.“
aus – „Ich bringe Menschen zum Parallelswingen“, Bazon Brock https://taz.de/!617871/
– – – übrigens, das ist ein lesenswerter Artikel.

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