Rimac Technology hat auf der IAA Mobility 2025 in München die Richtung für die kommenden Jahre klar gemacht: Die Feststoffbatterie steht im Zentrum der Entwicklungsarbeit. Gemeinsam mit ProLogium und Mitsubishi Chemical Group präsentierte das Unternehmen eine Plattform, die höhere Energiedichte, mehr Sicherheit und geringeres Gewicht vereinen soll.
Für Rimac ist diese Technologie nicht bloß ein Ausblick, sondern ein strategischer Baustein für den Ausbau der Rolle als Tier-1-Zulieferer für globale OEMs. „Wir sehen drei zentrale Herausforderungen: Reichweite, Ladezeit und Sicherheit. Erst wenn diese gelöst sind, wird die Batterie zur Commodity – bis dahin bleibt sie ein Unique Selling Point für Automobilhersteller“, sagte COO Nurdin Pitarević im Hintergrundgespräch am Rande der Messe.
Rimac Technology: Start-up-Mentalität trifft Industriepartnerschaften
Der Weg dorthin ist klar umrissen. Bereits vor zwei Jahren hat Rimac die Kooperation mit ProLogium gestartet. Der Anspruch: nicht mit einem riesigen Konzern, sondern mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der selbst noch eine Start-up-Mentalität hat und Raum für gemeinsames Weiterentwickeln lässt.
Mitsubishi liefert die passenden Verbundwerkstoffe, die künftig Aluminium- oder Stahlrahmen ersetzen sollen. „Wir wollen das Gewicht der Batterie optimieren. Für den Nevera haben wir das noch inhouse gelöst, für die Industrialisierung brauchen wir Partner, die Materialien liefern und Prozesse skalierbar machen“, erklärte Pitarević.
Die Rolle von Rimac beschreibt er dabei als Integrator. Die Zelle sei nur ein Teil der Lösung, entscheidend sei das Zusammenspiel von Elektronik, Batteriepaket und Integration ins Auto. Rimac bringt dafür eigene Kompetenz aus dem Hypercar Nevera mit, etwa beim Thermomanagement oder der Steuerungselektronik. „Wir bieten unseren Battery Management Controller an. Er ist das Herzstück, das fast jede Batterie bedienen kann. Dazu kommen Power Distribution Unit (PDU) und Sicherheitsarchitektur. Unser Ziel ist es, nicht produktorientiert zu arbeiten, sondern technologieorientiert“, so Pitarević.
Feststoffbatterie: Kostenparität mit heutigen NMC-Zellen erwartet Rimac Technology erst um 2035
Der Zeitplan für die Feststoffzelle ist ambitioniert, aber realistisch. 2028 sollen erste B-Muster entstehen, die als Funktionsprototypen in Elektroautos erprobt werden. Den Beginn einer Kleinserie peilt Rimac für 2030 an. Kostenparität mit heutigen NMC-Zellen erwartet das Unternehmen erst um 2035. „Theoretisch könnte man zukünftig jedes Auto mit Feststoffzellen ausstatten, aber niemand würde den Preis bezahlen. Deshalb starten wir mit geringem Volumen, wo Innovation wichtiger ist als Kosten“, erläuterte Pitarević. Anwendungen sieht er zunächst im sportlichen Segment oder in SUVs, bei denen das Limitieren von Kosten pro Kilowattstunde nicht oberste Priorität hat.
Dabei bleibt Rimac bewusst zellunabhängig. Auf der Messe zeigte das Unternehmen denselben Batteriepack sowohl mit zylindrischen NMC-Zellen als auch mit Feststoffzellen. Ziel sei es, flexibel zu bleiben und je nach Kundenanforderung die passende Technologie zu liefern. „Solid State ist für uns wichtig, aber wir wollen nicht nur auf einen Zellentyp setzen. Manche Hybride sind leistungsorientiert, andere reichweitenorientiert – wir müssen für beides vorbereitet sein“, sagte Pitarević.
Die Frage nach Skalierung und Kosten beantwortet Rimac mit einer klaren Trennung zwischen Innovation und Industrialisierung. Pitarević berichtete von einem Innovationsboard, in dem jede Idee zunächst als positiv betrachtet werden muss. „Wir haben die Mentalität gewechselt. In Innovationsmeetings muss jeder erklären, warum eine Idee funktioniert – nicht, warum sie scheitern könnte“, sagte er. Gleichzeitig baut das Unternehmen hochautomatisierte Fertigungslinien auf, setzt auf digitale Zwillinge und simuliert Produktionsprozesse vorab. Ein Automatisierungsgrad von 85 Prozent ist heute schon Realität. „Ein Startup mit einer Fertigung im Wert von über 100 Millionen Euro gibt es nicht. Sobald man OEMs beliefert, ist man kein Startup mehr. Aber wir wollen die Mentalität beibehalten“, so Pitarević.
Nurdin Pitarević, COO Rimac Technology: „Europa muss eigene Stärken nutzen – nicht Asien kopieren“
Die Abgrenzung zu etablierten Zulieferern ist für ihn entscheidend. Während andere durch Restrukturierungen oder Altsysteme gebremst würden, könne Rimac von Beginn an die modernsten IT- und Fertigungssysteme implementieren. Das Unternehmen setzt auf neue ERP- und MES-Lösungen und muss keine veralteten Systeme ersetzen. „Wir dürfen nicht so arbeiten wie die etablierten Tier-1-Player, sonst sind wir zu langsam“, so der COO der Marke gegenüber Elektroauto-News.
Für Europa sieht er Chancen, wenn man die eigene Stärke – Skalierung und Industrialisierung – nutzt und nicht versucht, asiatische Vorbilder zu kopieren. „Wir sagen: Nein, es ist nicht zu spät. Wir machen den ersten Schritt. Aber wir dürfen nicht kopieren. Asien hat 20 Jahre versucht, den Verbrenner zu kopieren, ohne Erfolg. Diesen Fehler dürfen wir nicht machen“, betonte er.
Dass Rimac in Kroatien produziert, sieht er nicht als Nachteil. Im Gegenteil: Mit niedrigeren Kosten als in Deutschland, aber voller Innovationskraft und internationalem Team mit mehr als 50 Nationalitäten habe das Unternehmen eine Basis geschaffen, die europäische und globale Kunden überzeugt. Erste Großaufträge mit BMW und Porsche zeigen, dass der Weg stimmt.