Ladeinfrastruktur: Immer mehr Handelsunternehmen als „Tankstellen“

Cover Image for Ladeinfrastruktur: Immer mehr Handelsunternehmen als „Tankstellen“
Copyright ©

Shutterstock / 1536284255

Hannes Dollinger
Hannes Dollinger
  —  Lesedauer 3 min

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis Ende 2030 rund 15 Millionen Elektroautos auf Deutschlands Straßen unterwegs sein sollen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein massiver Ausbau der Ladeinfrastruktur notwendig. Doch wo sollen die alle entstehen? Es scheint aktuell nicht so, als ob Städte und Kommunen besonders aktiv im Ausbau von Lademöglichkeiten sind. Hier kommen Handelsunternehmen ins Spiel. Mit großen Parkplätzen, auf denen Autos für die Zeit während des Einkaufs geparkt werden, haben sie das Zeug, die neuen „Tankstellen“ der Elektromobilität zu werden, so das EHI Retail Institute in einer aktuellen Mitteilung.

Das EHI Retail Institute ist ein Forschungs-, Bildungs- und Beratungsinstitut für den Handel. Es hat sich zur Aufgabe gemacht, den Handel bei der Umsetzung von Elektromobilitätslösungen zu unterstützen. Mit der Initiative Mobilität im Handel, die 2018 ins Leben gerufen wurde, arbeitet das EHI daran, Handelsunternehmen über bestehende Konzepte und Lösungen zu informieren und diese weiterzuentwickeln. Die jährlich erscheinende Studie Elektromobilität im Handel gibt Aufschluss über den aktuellen Stand der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität auf Kundenparkplätzen.

In den letzten Jahren haben demnach Handelsunternehmen zunehmend Ladeinfrastruktur auf ihren Parkplätzen aufgebaut. Laut dem EHI-Whitepaper Elektromobilität im Handel 2023 bieten bereits über 70 Prozent der Handelsunternehmen Ladestationen für Elektroautos an. Weitere 15 Prozent planen, dies in Zukunft umzusetzen. Nur für 14 Prozent der befragten Unternehmen ist das Thema Ladesäulen nicht relevant, hauptsächlich aufgrund von Innenstadtlagen oder gemieteten Objekten, für die Vermieter zuständig sind.

Bis zum nächsten Jahr plant mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen, zwischen 51 und 300 neue Ladestationen zu errichten. Weitere zehn Prozent wollen sogar über 300 Neueinrichtungen umsetzen. Anfang des Jahres hat die Bundesnetzagentur bereits über 80.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte gezählt.

Neben der steigenden Anzahl an Ladepunkten ist laut der Studie auch die Ladeleistung in den letzten Jahren gewachsen. Der Anteil von DC-Ladesäulen mit Gleichstrom liege bei über 50 Prozent auf Handelsparkplätzen. Damit wird es oftmals möglich, in der Zeit des Einkaufs die Fahrzeuge voll zu laden.

Kundenbindung und Klimaziele gehen Hand in Hand

Als Hauptgründe für das Angebot von Ladesäulen geben die Handelsunternehmen an, sie wollen ihrer Kundschaft einen zusätzlichen Service bieten. 81 Prozent der Befragten nennen Kundenbindung als Hauptgrund. Aber auch Klimaziele spielen eine immer größere Rolle, wie 58 Prozent der Händler betonen – im Vergleich zu nur 42 Prozent in der Vorjahresbefragung. Die Gesetzgebung ist für 47 Prozent der Unternehmen Motivation für die Errichtung von Ladestationen, während 42 Prozent das Geschäftsmodell als Grund angeben.

Angesichts der hohen Strom- und Investitionskosten haben viele Handelsunternehmen ihre kostenlosen Lademöglichkeiten überdacht und Gebühren eingeführt. 71 Prozent der Händler verlangen nun eine Bezahlung, verglichen mit 42 Prozent im letzten Jahr. Der Anteil der Unternehmen, die den Ladestrom vergünstigt für ihre Kundschaft anbieten, ist von 26 auf 14 Prozent gesunken, während nur noch 11 Prozent der Handelsunternehmen den Ladestrom kostenfrei abgeben.

kostenfreier_Ladestrom_handel
EHI

Durch den Ausbau von Ladestationen auf den Parkplätzen entstehen natürlich auch Synergieeffekte für die Unternehmen: Während die Kunden ihre Einkäufe erledigen, können sie gleichzeitig ihr Fahrzeug aufladen. Dies erhöht die Verweildauer der Kunden und kann somit auch zu höheren Umsätzen führen.

Große Parkplätze mit Lademöglichkeiten werden somit immer mehr zur Realität und ermöglichen es, Elektroautos gerade in städtischen Gebieten besser zu integrieren. Dies trägt mit zur Beschleunigung des Übergangs zu Elektromobilität bei.

Allerdings ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht ohne Herausforderungen. Eine flächendeckende und effiziente Ladeinfrastruktur erfordert nicht nur den Ausbau von Ladestationen, sondern auch die Verbesserung der Netzkapazitäten, um den steigenden Strombedarf bewältigen zu können. Hier sind auch politische Entscheidungsträger und Energieversorger gefordert, um die notwendigen Rahmenbedingungen für den Erfolg der Elektromobilität zu schaffen.

Quelle: EHI Retail Institute – Pressemitteilung vom 28.04.2023

worthy pixel img
Hannes Dollinger

Hannes Dollinger

Hannes Dollinger schreibt seit Februar 2023 für Elektroauto-News.net. Profitiert hierbei von seinen eigenen Erfahrungen aus der Welt der Elektromobilität.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Matthias Geiger:

Es müsste selbstverständlich sein, dass keine großen Parkplätze gebaut werden ohne Ladesäulen. Das Hauptproblem sind die hohen Strompreise. Solange die über 30 ct/kWh liegen wird sich die E-Mobilität nicht durchsetzen.

Groß:

Ich verstehe diese Diskussion nicht, weil dies in Asien schon seit langen so ist.
In neuen Shoppingcenter sind teilweise 100 oder mehr Ladesäulen.
Tesla, Nio, Xpeng usw. haben teilweise zusätzlich noch ihre Ladestationen.
Gegen zuparken von Verbrennern ist eine Bodensperre angebracht welchen man mit der Bezahl-App weg klappt und dann an die Ladesäule kommt.
Selbst von Audi/VW habe ich schon 5 Ladesäulen neben jeweils 10 von Nio und 10 von Xpeng gesehen.
Hier wird anderst gedacht. Da denkt man nicht, dass man jetzt neben oder in den Auto zum Laden sitzen muss. Das Laden ist ein Vorgang wenn man etwas anders macht bis man wieder zurück kommt.
Selbst Arbeitgeber bieten Lademöglichkeiten auf den Parkplatz an zum wärerendder Arbeiteszeit laden zu können. Wann mit den E-Rollern angefangen hat wird dort mit den Autos fortgesetzt.
Umdenken ist angesagt und nicht stur im Verbrenner-Modus denken.
In Asien bekommen selbst die deutschen Autobauer dies hin aber nicht in Deutschland.
Genau so wie die Batteriewechselstationen von Nio. In Europa wissen die wenigsten, dass Nio nicht der einzige ist der Batterien wechselt, In China zum Beispiel stehen in mehrene Metropolen die verschiedenen Wechsekstationen mit ihren Systemen nebeneinander.

Ein „hoch“ auf die deutschen Ladeinfrastruktur.

Nick8888:

Ja, beim Einkauf passt das Verhältnis Ladezeit/ Anwesenheit gut.
AC laden hat dagegen das Problem der Blockiergebühr. Welcher Anwohner parkt schon (Nachts) sein Auto um?!

Jan:

Ich halte die Ladesäulen bei Einzelhandelsparkplätzen für diewchtigsten öffentlichen Lademöglichkeiten. Da muss man ohnehin eine Weile halten. Schön wäre es, wenn alle Ketten (Aldi, Lidl, Rewe, Netto, Norma, Edeka, …) das überall anbieten könnten. Hoffentlich machen es sich die Einzelhändler nicht zu einfach und lassen Aral & Co. die Säulen aufstellen. Die Hotelerie ließ ihre WLAN-Angebote in den ersten Jahren von externen Anbietern einbauen und betreiben. Die haben dann die Zeit genutzt und die Übernachtungsgäste ausgepresst. Ein wenig mehr Hirmschmalz und Geld investieren und selbst die Ladesäulen aufstellen – dann funktioniert es.

Uwe Bosse:

Wenn die Kommunen nicht ausreichend in Eigenregie das Ladenetz ausbauen, wäre das eine Variante, in Zusammenarbeit mit den Handelsketten am Rand der Geschäfts-Parkplaetze Ladesäulen aufzustellen.

Ähnliche Artikel

Cover Image for MG zündet nächste E-Auto-Stufe: IM5 und IM6 setzen auf 800-Volt-Technik

MG zündet nächste E-Auto-Stufe: IM5 und IM6 setzen auf 800-Volt-Technik

Michael Neißendorfer  —  

Auf einer 800-Volt-Plattform aufbauend, versprechen die Elektroautos nicht nur flotte Ladezeiten sondern auch hohe Reichweiten und viel Leistung.

Cover Image for Munro Series M startet mit 20 Millionen Euro Auftragsvolumen

Munro Series M startet mit 20 Millionen Euro Auftragsvolumen

Sebastian Henßler  —  

Für härteste Einsätze gemacht: Munros elektrischer 4×4 bietet Nutzlast, Zugkraft und drei Aufbauformen – wartungsarm, geländetauglich und alltagstauglich.

Cover Image for Mit V2G und Heimladen bares Geld sparen: Ford zeigt, wie sich Elektromobilität rechnet

Mit V2G und Heimladen bares Geld sparen: Ford zeigt, wie sich Elektromobilität rechnet

Michael Neißendorfer  —  

Ein entscheidender Gamechanger in der Elektromobilität spielt sich nicht auf der Straße ab – sondern in der Einfahrt, wie Zahlen von Ford zeigen.

Cover Image for Rivian: Quad-Motor mit 754 kW Leistung für R1S und R1T

Rivian: Quad-Motor mit 754 kW Leistung für R1S und R1T

Sebastian Henßler  —  

Vier Motoren, 1625 Nm Drehmoment und Launch Cam: Rivian stattet R1T und R1S mit verbesserter Technik für Alltag und Offroad aus.

Cover Image for Wie Accumotive die Batterien für den Mercedes-Benz CLA fertigt

Wie Accumotive die Batterien für den Mercedes-Benz CLA fertigt

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Serienproduktion der Batterien für den vollelektrischen CLA setzt die Mercedes-Benz Tochter Accumotive in Kamenz einen großen Meilenstein.

Cover Image for Nur 1990 Stück: VW bringt ID.3 GTX Fire + Ice

Nur 1990 Stück: VW bringt ID.3 GTX Fire + Ice

Sebastian Henßler  —  

Ultra Violet trifft auf Flaming Red: Der ID.3 GTX Fire + Ice erinnert an den Golf-Klassiker von 1990 – jetzt mit Elektroantrieb, Design von Bogner und 240 kW Power.