Deutsche Autohersteller holen in China auf

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Die E-Mobilität setzt ihren Wachstumskurs fort und hat 2023 wichtige Wegmarken geknackt, gegen Jahresende allerdings weltweit sowie in Deutschland an Dynamik eingebüßt. Das zeigt der aktuelle „Electric Vehicle Sales Review“ von PwC Autofacts und Strategy&, der Strategieberatung von PwC, in dem die Neuzulassungszahlen in weltweit 20 ausgewählten Märkten ausgewertet werden.

In China wurden 2023 demnach erstmals innerhalb eines Quartals mehr als 2 Millionen reinelektrische Fahrzeuge verkauft. In den USA kletterten die E-Auto-Absatzzahlen im gesamten Jahr 2023 auf über 1 Million. Trotz der Rekorde schwächte sich das Wachstum insgesamt leicht ab. So legte der weltweite Elektroauto-Absatz 2023 um 28 Prozent zu, 2022 waren die Verkäufe noch um 60 Prozent gestiegen.

Nach einem starken dritten Quartal verzeichnete Deutschland zum Jahresende eine leichte Delle. Im Dezember wurden 48 Prozent weniger Elektroautos abgesetzt als im überdurchschnittlich guten Dezember 2022, in dem noch viele E-Auto-Käufer kurz vor Jahresfrist von deutlich höheren Fördersätzen profitieren wollten. Auf Jahressicht fiel Deutschland mit 11 Prozent E-Auto-Wachstum sogar hinter den EU-Schnitt mit 21 Prozent Wachstum zurück. Vor allem die bisherigen Nachzügler Italien und Spanien legten mit Zuwachsraten von 35 Prozent und 66 Prozent hingegen deutlich zu. Mit Abstand wichtigster Markt für Elektroautos innerhalb der EU bleibt dennoch Deutschland, mit 42 Prozent der europäischen E-Auto-Absätze.

Deutsche Hersteller machen Boden gut

Während die Elektroauto-Nachfrage in ihrem Heimatmarkt leicht zurückging, setzten die deutschen Autobauer im internationalen Wettbewerb zur Aufholjagd an und konnten ihre Verkäufe weltweit sowie im größten Absatzmarkt China deutlich steigern. Demnach verkauften die deutschen Hersteller im vergangenen Jahr in China 49 Prozent mehr Elektroautos als im Vorjahr, der Gesamtmarkt legte lediglich um 24 Prozent zu. Im vierten Quartal 2023 wuchsen die deutschen Hersteller mit einem Plus von 63 Prozent sogar fast dreimal so schnell wie der chinesische Markt.

Trotz dieser Aufholjagd verharren die absoluten Verkaufszahlen der deutschen Autobauer in China auf niedrigem Niveau. Ihr Marktanteil stieg 2023 um nur einen Prozentpunkt auf 5 Prozent. Weltweit erhöhten die deutschen Hersteller ihre Elektroauto-Verkäufe um 47 Prozent, der Gesamtmarkt schaffte ein Plus von 28 Prozent. Der Marktanteil der deutschen Hersteller liegt damit global bei 14 Prozent, was einem Zuwachs von 2 Prozentpunkten entspricht.

Für die deutschen Autobauer war 2023 in vielerlei Hinsicht ein Entscheidungsjahr. Mit wettbewerbsfähigen Modellen auch abseits des Premiumsegments konnten sie sich einerseits eindrucksvoll zurückmelden. Zugleich merken sie immer stärker, dass der E-Auto-Markt endgültig im Mainstream angekommen ist – Preiskampf und Streichungen staatlicher Subventionen inklusive“, sagt Felix Kuhnert, Partner und Automotive Leader bei PwC Deutschland.

Obwohl 2024 von geopolitischen Unsicherheiten wie etwa der Wahl in den USA geprägt sein wird, rechnen wir insgesamt mit neuer Dynamik am Markt“, so Kuhnert weiter. „Gerade das abrupte Ende der Förderung in Deutschland setzt die hiesigen Hersteller allerdings erst einmal unter Druck, zumal chinesische Hersteller mit innovativen und günstigen Modellen nach Europa drängen“. Für die deutschen Hersteller sei es deswegen entscheidend, ihre Produktpalette zu erweitern und vor allem im Bereich 20.000 bis 30.000 Euro konkurrenzfähige Modelle anzubieten.

Gebrauchtwagenmarkt für Elektroautos gewinnt an Relevanz

Aus Sicht potenzieller Käufer:innen lohnt sich inzwischen auch ein Blick auf den neu entstehenden E-Auto-Gebrauchtwagenmarkt. Dort werden laut Strategy&-Analyse zurzeit Elektroauto in Deutschland drei Jahre nach Erstkauf im Schnitt 10 Prozent günstiger angeboten als vergleichbare Modelle mit Verbrennungsmotor. Der Preisvorteil ist dabei bei günstigeren E-Autos mit einem Anschaffungspreis unter 55.000 Euro mit knapp 12 Prozent fast doppelt so hoch wie bei Premiummodellen mit Neupreisen ab 70.000 Euro.

Da allein in Deutschland inzwischen 1,2 Millionen Elektroauto auf der Straße sind, steigt automatisch auch das Angebot gebrauchter Stromer. Gleichzeitig ziehen Kund:innen gebrauchte E-Autos immer häufiger in ihre Kaufentscheidung ein. Laut eReadiness Studie 2023 von Strategy& können sich weltweit 60 Prozent aller Kund:innen vorstellen, ein gebrauchtes E-Auto zu kaufen, in Europa sind es sogar 71 Prozent.

Gebrauchte Elektroautos sind häufig nicht nur deutlich günstiger, sondern angesichts der bisweilen langen Lieferzeiten auch viel schneller verfügbar als Verbrenner. Für das Sorgenkind Batterie, das viele vom Kauf eines gebrauchten E-Autos abhält, geben inzwischen fast alle Hersteller eine achtjährige Garantie“, sagt Jörn Neuhausen, Senior Director und Leiter Elektromobilität bei Strategy& Deutschland.

Für die kommenden Jahre erwarten wir daher starkes Wachstum im Gebrauchtwagenmarkt. Das schafft einerseits großes Potenzial für neue Geschäftsmodelle wie etwa die Wertbestimmung der gebrauchten Batterie, verleiht aber auch dem Thema Recycling enormen Schwung“, so Neuhausen weiter. „Wenn jetzt ausreichend und an den richtigen Stellen investiert wird, kann Europa in der Batteriezellenproduktion bereits 2035 ein knappes Drittel seines Bedarfs an Lithium, Nickel und Kobalt mit recyceltem Material decken, bis 2040 sogar mehr als zwei Drittel. Das stärkt nicht nur die wirtschaftliche Souveränität, sondern lohnt sich auch für die beteiligten Unternehmen, die mit dem Recycling von Akkus in Europa bereits vor 2035 ein rentables und nachhaltiges Geschäft machen können.“

Quelle: Strategy& – Pressemitteilung vom 30.01.2024

 

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Frank:

Einmal die Woche laden kenne ich nicht, wenn man 600km Autobahn fährt, muss man zweimal laden am Tag aber mein Handy hält so ca. 4 Tage.
Warum wird immer gesagt, dass der Elektrolyt bei 40C² vergast und man die BEV nicht in die Sonne stellen soll, wenn die Batterien Tag und Nacht auf Temperatur gehalten werden.

MatthiasGe:

Viel Text, wenig klare Information. Die deutschen Hersteller laufen dem Markt hinterher, sowohl im Software als auch im unteren und mittleren Preisbereich. Das Jahr 2024 wird es zeigen. Alles andere ist Wunschdenken.

Roland:

Auch mal für Dich: Ein Elektroauto ist kein Smartphone! Dass zu Vergleichen ist völliger Unsinn. Auf die Anzahl Ladezyklen kommt es ua. an. Ein Smartphone läuft 24h am Tag und muss vier bis fünf mal die Woche vollständig aufgeladen werden. Ein Auto Akku lädt man üblicherweise einmal die Woche vollständig auf. Das ist schon mal ein riesiger Unterschied. Dann verfügt ein Auto über ein BMS dh. der Akku wird permanent überwacht, geheizt oder gekühlt. Alles Sachen die man beim Smartphone aus preislichen Gründen nicht macht. Es gäbe noch viele weitere Unterschiede.

Smartino:

„Deutsche Hersteller machen Boden gut.“
Erfreulich: Die Nachricht scheint die Aktien der deutschen Autohersteller zu beflügeln:
VW + 1.9 % (02.02.24 10:00 Uhr)
:)))

Philipp:

Ja, nein, doch!
Wenn man es entsprechend aufsetzt, dass eine Zelle ausgetauscht werden kann, oder eben ein Modul, dann ist das möglich, auch in 20 Jahren.

Beispiel: Bei meinem eGolf gibt es entsprechend große und kleine Module zu Kosten von 700 bzw. 900€ und der Prozess des Austauschs ist dokumentiert und machbar. Kann das jeder wie eine Starterbatterie austauschen? Natürlich nicht, aber auch nicht jeder ist in der Lage einen 8-Zylinder in der eigenen Garage zu wechseln oder gar ein anderes Modell einzubauen.

Und eine Akkuzelle ist auch kein Hexenwerk. Mit entsprechenden Parametern (sofern man es vorsieht), kann man auch Austauschzellen anlernen.

Produkthaftung? Weiß nicht warum das hier relevant sein soll. Wenn bei deinem serienmäßig vielleicht 5 Jahre altem Auto die Batterie oder das Steuergerät Feuer fängt, weil ein kleiner Fertigungsfehler vorlag (sehr sehr selten, kommt aber vor, wie bei Verbrennern auch), was haftet da heute der Hersteller bitte? Auf dem Schaden bleibst du allein sitzen. Oder meinst du die Haftung der Werkstatt beim Umbau? A) Die macht nur was sie kann und wenn es dokumentiert ist, dann handelt sie nicht grob fahrlässig und B) Ist bei keiner groben Fahrlässigkeit die Haftpflicht der Werkstatt zuständig. Wie gesagt: Auch bei Verbrennern kann die Benzinleitung nicht komplett dicht sein und bei der nächsten langen Strecke geht dein Auto in Flammen auf. Kommt alles vor.

Deswegen wiederhole ich: Wenn es vorgesehen ist, dann wird es möglich sein. Das wird sich aber erst einpendeln, wenn die Restwerte das wiederspiegeln und der Erstkäufer merkt, eine undokumentiert Sandwhichbatterie ist ein Restwertvernichter.
Mein eGolf dagegen wird auch in 10 Jahren noch ein Modul ersetzt bekommen – wenn auch nicht neu aber von gebrauchten Unfall-eGolfs.

Frank:

Zellen kann man vielleicht andere einsetzen wenn man jemanden bekommt der sich mit den neuen Zellen auskennt und die Ladegeräte anpasst und die Software für das Auto, bei den Motoren und Umrichter gibt es schon wegen der Bauform und den Busprotokolle Probleme, welche Hersteller sind in 20 Jahren noch in Europa präsent oder haben zumindest die Quellcode offen gelegt? Wenn Fremdgeräte verbaut werden, erlischt auch die Produkthaftung und auch die Zulassung CE usw.

Peter:

Warum sollte es 20 Jahre Garantie geben? Bei Verbrennern sind 2 Jahre Garantie üblich, da beschwert sich keiner wenns nach der Garanie nen Motorplatzer gibt.

Frank:

Wieviel Energie willst Du in eine 20 Jahre alten Akku hineinstecken um ihn zu laden und wie lange willst Du denn laden.
Wenn Du 20 Jahre Garantie auf den Akku bekommst, wird dann die maximale km Leistung reduziert ?
Ich fahre lieber neue BEV da habe ich keine Probleme, reicht schon beim Smartphone, das ich mittlerweile überall ein Ladegerät haben muss.

Philipp:

Sehe ich nicht so.
Auch ein Verbrennermotor hat keine 20 Jahre Garantie, ganz im Gegenteil, nach 2 Jahren ist üblicherweise Schluß.
Aber ein Verbrennermotor läßt sich häufig reparieren, solange es kein kapitaler Motorschaden ist und auch der läßt sich mit einem Gebrauchtmotor und nicht Neumotor ersetzen (habe ich in meiner Geschichte 2 mal gemacht).

Ich denke es wird um die Reparaturfreundlichkeit der Batterien gehen:
Wenn man einzelne (defekte) Zellen/Module leicht austauschen kann, ist das was anderes als wenn z.B. die komplette Sandwhichbatterie getauscht werden muss. Oder es werden auch für Sandwhichbatterien, in der teilweise alle Zellen eingegossen sind, auch einzeln Zellen irgendwann tauschen lassen.
Wenn das nicht möglich ist, dann wird auch nicht der Hersteller eine 20 Jahre alte Batterie zum Austauschen garantieren, kann er gar nicht weil die Zellen schon seit über 15 Jahren nicht mehr gefertigt werden.
Ich möchte nicht über den Restwert der Autos nachdenken, wo eine Reperatur nicht möglich ist… Manche Autos sehen halt recht günstig beim Kauf aus, sind könnten aber nach 8 Jahren so gut wie gar nichts mehr Wert sein, wenn die Batterie zickt.

heinr:

Ich denke wenn der Mainstream erstmal 5 Jahre Batterie Erfahrungen hat wird es spannend. Dann wird wohl nix mehr ohne 20 Jahre Garantie auf die Batterie gehen.

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