Daimler Truck-Chef kündigt „Feuerwerk an Technologie“ an

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Daimler Truck

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Martin Daum, CEO von Daimler Truck, sprach in einem Interview mit Edison ausführlich über die Herausforderungen der Antriebswende im Straßengüterverkehr, was die deutsche Energiepolitik damit zu tun hat und wie er den Bus- und Lkw-Hersteller erfolgreich in eine nachhaltige Zukunft führen will.

In Europa und vor allem in Deutschland müsse sich standortpolitisch betrachtet „eine ganze Menge“ ändern, damit hier zu wirtschaften attraktiv bleibt, so Daum: „Wir brauchen günstige grüne Energie. Die Betonung liegt auf günstiger UND CO2-freier Energie“, stellt der Daimler-Chef klar. Das sei „ein schwieriges Thema, das auch dauerhaft ein problematisches Wettbewerbsthema für Deutschland werden“ könne, vor allem wenn man es in Relation zu anderen Ländern sieht, etwa Frankreich, das mit der Kernenergie eine weitere CO2-arme Energiequelle habe.

Die Energiewende sehe ich als größere Herausforderung als die Transformation, die wir im Automobilbereich zu vollziehen haben“, sagt Daum. Erschwerend hinzu komme, dass Europa im globalen Vergleich auch in puncto Subventionen an Attraktivität verliere: Hierbei sollte sich Europa „am amerikanischen IRA, Inflation Reduction Act, der die Inflation ausgleicht und Subventionen für Transformationen regelt, ein Beispiel nehmen“. Der IRA sei „höchst attraktiv“, was mit ein Grund sei, warum Daimler „zusammen mit zwei Wettbewerbern, Accelera beziehungsweise Cummins und Paccar, eine Batteriezellenfabrik in den USA“ aufbaut.

Das europäische Subventionsrecht hingegen sei erstmal eines: langsam. „Sie müssen ein dreiviertel Jahr lang möglichst genau wissen, was Sie machen. Das reichen Sie dann ein. Dann dürfen Sie erst einmal eineinhalb Jahre lang quasi gar nichts machen“, erklärt Daum zu den Vergabepraktiken, die in Europa „völlig praxisfern“ seien. „In den USA dagegen ist es ganz einfach: Wer am schnellsten und am leistungsfähigsten ist, der erhält den Zuschlag.“

Das europäische Subventionsrecht müsse „grundlegend reformiert werden“, findet der Daimler-Chef. Europa neige „zur Überregulierung“ und wolle „alles behördlich vorschreiben“. Mit dem für Europa nachteiligen Ergebnis, „dass dann die Wahl einfach auf andere Standorte fällt, weil die schneller sind“.

Mit seinem Nordamerika-Geschäft sei Daum „mit einem klaren Ja“ sehr zufrieden. Dort ist Daimler mit den Marken Freightliner, Western Star und Thomas Built Buses aktiv und gehe „seit bereits mehr als zehn Jahren von einem Erfolg zum andern“, der Marktanteil liege bei mehr als 40 Prozent. „Und wir haben durchaus Appetit auf noch mehr“, sagt Daum.

„Dass es immer noch besser gehen kann, ist klar“

Aber auch mit dem europäischen Geschäft, das lange ein „Sorgenkind“ gewesen sei, sei Daimler Truck & Buses bei der Ertragsentwicklung zuletzt „sehr zufrieden“. Die neuen Fahrzeuge wurden „sehr gut vom Markt aufgenommen“, sei es mit Brennstoffzelle oder Batterie für den Antrieb. Als „Highlight für die Langstrecke“ bezeichnet Daum aber auch den Elektro-Lkw eActros 600. Und für die kommenden Monate und Jahre stellt der Daimler-Chef ein „Feuerwerk an Technologie“ in Aussicht. „Dass es immer noch besser gehen kann, ist klar“, sagt der Manager.

Daimler setzt in seinem Antriebsportfolio explizit auf zwei Antriebsoptionen, Wasserstoff und Batterie. Wobei Daum anmerkt, es handle sich „genau betrachtet um nur eineinhalb Säulen, weil beides ist ein elektrischer Lkw“, sagt er. Hinter der Brennstoffzelle und hinter der Batterie seien beide Fahrzeuge „relativ identisch“. Daimler sei „der Überzeugung, dass die Gesellschaft beides braucht“, vor allem wegen des Themas Infrastruktur, die eine „deutlich größere Herausforderung“ darstelle, „als gute Batterie- oder Brennstoffzellenfahrzeuge zu entwickeln“.

Und Daum erklärt sehr anschaulich, warum dies so ist. Wir erlauben uns daher, die längere Passage 1:1 zu zitieren: „Es ist schlicht das mathematische Phänomen, dass der erste batterieelektrische Lkw relativ einfach aufladbar ist; hundert Lkw sind schwierig, tausend sehr teuer. Und für 15.000 ist es fast unmöglich, den elektrischen Strom an einer Strecke zur Verfügung zu stellen. In punkto Skalierung ist der Verlauf der Investitionskosten für den Strombedarf exponentiell. Bei der Brennstoffzelle dagegen ist es gerade umgekehrt. Für ein Fahrzeug eine Wasserstoffinfrastruktur aufzustellen, ist unmöglich. Für hundert Fahrzeuge ist es extrem teuer, für tausend okay. Ab zehntausend wird es richtig interessant. Da wir aber hunderttausende Fahrzeuge in punkto Antrieb umstellen müssen, brauchen wir beides“.

Essenziell sei, jetzt mit dem Aufbau der verschiedenen Tank- und Lademöglichkeiten zu beginnen, und das möglichst schnell: „Ist die Struktur nicht da, wird niemand einen batterieelektrischen oder wasserstoffangetriebenen Lkw kaufen“, sagt Daum. Es gelte für die Abnehmer der Fahrzeuge, zu differenzieren, und sich je nach Einsatzszenario für die passende Option zu entscheiden: batterieelektrische Lkw eher für städtisches Umfeld und Wasserstoff-Brennstoffzelle hauptsächlich dort, wo das Fahrzeug flexibel auf der Langstrecke unterwegs sein soll.

Ob ein moderner Diesel mit synthetischen Kraftstoffen eine Option sei, wollte Edison wissen: Daum entgegnet ein knappes „Nein.“ Und räumt dem Wasserstoff-Verbrenner als Alternative hierzu deutlich höhere Chancen ein. Synthetische Kraftstoffe solle man besser für Altbestandsfahrzeuge reservieren, damit auch diese CO2-ärmer gefahren werden können.

Quelle: Edison – Daimler Truck-CEO Daum zündet „Feuerwerk an Technologie“

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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rabo:

….beides ist ein elektrischer Lkw“, sagt Daum. Hinter der Brennstoffzelle und hinter der Batterie seien beide Fahrzeuge „relativ identisch“. Daimler sei „der Überzeugung, dass die Gesellschaft beides braucht

So ist es in der Tat!! ein guter Artikel von Daimler Trucks (für 1 FCEV schlecht / für 10-100 tausende günstiger – und genau umgekehrt für BEVs). und dabei hat die Meinung der BEV-Fanboys in diesem Forum etwa die gleiche Bedeutung als wenn jemand in Asien eine Tür zumachte.

Daniel W.:

Zum Thema FCEV-Lkws und -Busse mal hier meine Kommentare dazu lesen

>> https://wp.elektroauto-news.net/news/isuzu-honda-wasserstoff-lkw

Gerhard Demel:

Seid wann ist ein LKW 40 Meter lang? Bitte genau informieren

Frank:

Wie groß / schwer ist die Batterie, die den ganzen Tag durchhält und welcher Hersteller baut sowas ?

Frank:

Bitte sage es den Experten, dass vier Säulen reichen, die rechnen mit 50 Ladesäulen auf jeder Seite der Autobahn und bei den großen wie den Niedersachsenpark mit 560 LKW Stellplätze mit deutlich mehr und es fehlen noch 31.000 LKW Parkplätze in Deutschland.
Herr Daum hat es so einfach erklärt, dass es jedes Kind versteht.

Marc:

Naja, Philipp, dass deine Rechnung nicht so sinnvoll ist, weißt du ja wohl selber. Denn es wurde nicht gesagt, dass in jeder Sekunde 15.000 LKW auf der Strecke sind. Und zudem kenne ich recht wenige Autobahnen ohne Gegenrichtung.

Ich vermute als Grundlage dieser Zahl aktuelle Meldungen von der A2, der befahrendsten Autobahn in Deutschland, wo die belebtesten Abschnitte bei Hannover am Tag täglich im Schnitt von 11.000 LKW passiert werden. Das könnten in einigen Jahren 15.000 LKW werden, so vermutlich die Idee. Dann muss das Laden auch klappen.

Nur muss man eben wissen, nicht jeder, der diesen Streckenabschnitt passiert, muss dort auch laden. Genauer gesagt werden die allerwenigsten LKW auf der A2 laden. Dann bekanntlich werden 90 % der Kilometer von LKW auf Kurz- und Mittelstrecken absolviert. Es laden also maximal 1500 LKW am Tag auf den 1000 km, nämlich 500 km in beide Richtungen. Die Ausfahrten sind im Schnitt 8 km auseinander. Das sind also geschätzt 60 beidseitige Ausfahrten, Rastplätze gibt es 54. Das sind 114 potenzielle Ladeparks für 1500 LKW. Macht 13 LKW in 24 Stunden pro potenziellem Ladepark. Da braucht man gar keinen echten Ladepark. Dafür reichen vier Säulen.

Und da reden wir von der befahrendsten Autobahn in Deutschland, alle anderen sind weniger frequentiert.

Daniel W.:

Mal genau lesen was die FCEV-Lobby schreibt …

XXL-Konfigurationmehr als 40 Lkw pro Tag und Station

…. einer angestrebten Betankungszeit von 10 bis 15 Minuten

… mit der großen H2-Tankstelle mehr als 40 Lkw pro Tag und Station (nicht pro Zapfsäule) und die „12 Lkw pro Stunde“ mit 2 Zapfsäulen sind reines Wunschdenken.

Vermutlich braucht die Aufbereitung (Druck und Kühlung) des Wasserstoff doch mehr Zeit als die reine Betankung (10-15 min), deshalb gibt es wohl den Unterschied.

Zum Vergleich:

Über 40 BEV-Lkws an 2 Megawatt-Ladesäulen á 1 Stunde sind über 20 Stunden und beim Stromnetz braucht es keine Aufbereitungszeit für den Ladestrom. Und es braucht auch keinen zusätzlichen LKW-Verkehr, um den vielen Strom anzuliefern.

Sven:

Pro 100 gefahrene Kilometer ist Wasserstoff teurer als Strom. Also eine klare Entscheidung für Fuhrparkbetreiber gegen Wasserstoff, egal was eine Zapf- bzw. Ladestation kostet.

Daniel W.:

Ich gehe davon aus, dass das LKW-Gewerbe keine teueren FCEV-Lkws mit hohen laufenden Kosten will, wenn es keine übertrieben hohen Subventionen für FCEV mehr gibt.

Jakob Sperling:

Da hat sich einer schwindlig gerechnet, bis er selbst nicht mehr wusste, was hinten und was vorn ist.

Mit einem H2-Tank und 2 H2-Zapfsäulen kann man 12 FCEV-LKW pro Stunde tanken. Für den gleichen Durchsatz mit BEV-LKW braucht man 12 MegaCharger mit den entsprechenden Plätzen, also 6 mal mehr Plätze.
Entsprechend kann man mit 4 H2-Zapfsäulen 24 FCEV-LKW pro Stunde tanken, und für den gleichen Durchsatz von BEV-LKW braucht es 24 MegaCharger (mit 24 MW Zuleitung) und 24 Plätze für LKW.

Was wohl teurer ist, kann sich jetzt jeder selber hochrechnen.

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