Dacia: Gegen den E-Mobilität-Trend und trotzdem mit Absatzwachstum

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Dacia

Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 4 min

Kaum ein Hersteller in Europa, der derzeit nicht nahezu alles auf die Elektromobilität setzt. Dacia geht einen völlig anderen Weg. Die Franzosen setzen auf ebenso solide wie bezahlbare Technik und sind damit überaus erfolgreich. Seit Jahren ist der Renault-Ableger die erfolgreichste Marke auf dem europäischen Privatmarkt.

Das Volk stimmt bekanntlich mit den Füßen ab. Und wenn es nicht um Tageszulassungen, Flottenfahrzeuge und Dienstwagen geht, schauen viele Privatkunden bei der Anschaffung auf jeden Euro. Kein Wunder, dass der Dacia Sandero seit mittlerweile fünf Jahren die Verkaufsstatistiken der Privatverkäufe in ganz Europa anführt. Hauptargument für Dacia und speziell das Einstiegsmodell Sandero nebst seinem rustikal angehauchten Bruder Sandero Stepway ist der günstige Preis. Für 64 Prozent der Käufer in den fünf Kernmärkten ist der Preis der wichtigste Anschaffungsgrund, gefolgt vom Design (22 Prozent) und der Markentreue (18 Prozent). Mit kompakten Abmessungen und Platz für vier, notfalls auch für fünf Personen geht es bei knapp unter 10.000 Euro los.

Die von den meisten Herstellern ausgerufene Elektrifizierung der Modellpalette sucht man bei Dacia vergeblich – mit einer Ausnahme: seit knapp zwei Jahren hat Dacia den elektrischen Spring im Angebot. An sich kein Dacia im engeren Sinne, sondern eine europäische Version des asiatischen Renault City K-ZE, gefertigt vom chinesischen Anbieter Dongfeng. Die schmalen 33 kW / 45 PS / 125 Nm reichen für 125 km/h Spitze und durch das kleine 27-kWh-Akkupaket sind Reichweiten von bis zu 225 Kilometern drin. Wer im kleinen Dacia Spring unterwegs ist, merkt schnell, dass das chinesische Elektroauto in Sachen Technik, Fahrkomfort und Sicherheit nicht auf dem Niveau der anderen europäischen Dacia-Modelle unterwegs ist, die den Billigheimer-Charme der Anfangsjahre längst erfolgreich abgelegt haben.

Deutlich besser ist man mit den anderen Dacia-Modellen unterwegs und das hat sich längst europaweit herumgesprochen. Gerade der Sandero ist ein Bestseller, doch auch der Duster ist ein Erfolgsmodell und der Jogger laufen gut. Nichts jedoch gegen die Sandero, von dem in seinen bisher drei Modellgenerationen seit 2008 bisher 2,6 Millionen Fahrzeuge verkauft wurden. Mit knapp 293.000 Fahrzeugen in diesem Jahre ist er auch markenübergreifend eines der erfolgreichsten Fahrzeuge seines Segments. Angeboten wird der Dacia Sandero in weltweit 44 Ländern. Besonders erfolgreich ist er in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien.

Dacia hat es sich seit dem Neustart der Marke 2007 zur Aufgabe gemacht, mit jedem neuen Fahrzeug das günstigste Modell in der jeweiligen Klasse anzubieten. Dabei ist es längst nicht mehr so, dass sie wie einst beim Erstlingswerk Dacia Logan die meisten Kunden für das nackt ausgestattete Basismodell entscheiden. Zum einen sind viele Komfort- und Sicherheitsausstattungen mittlerweile auch in den Dacia-Modellen serienmäßig geworden; zum anderen entscheiden sich immer mehr Kunden für die besser ausgestatteten Versionen mit entsprechenden Komfortdetails.

Mittlerweile entfallen international 66 Prozent des Sandero-Absatzes auf den Stepway, in Deutschland sind es immerhin 63 Prozent. Dabei bekennt sich Dacia mehr als andere Marke zu seiner Enthaltsamkeit in Sachen Elektroantrieb. Wer sich mit den normalen Benzinermodellen mit 49 kW / 65 PS oder 67 kW / 90 PS nicht zufrieden geben will, interessiert sich unter Umständen für einen anderen alternativen Antrieb. 42 Prozent aller Modelle ist mit einem bivalenten Autogasantrieb des Dacia Sandero TCe 100 Eco-G ausgestattet, der die Betriebskosten signifikant senkt und durch die beiden Tanks Reichweiten von bis zu 1.000 Kilometer ohne Tankstopp ermöglicht.

Doch so ganz kann sich Dacia der Elektromobilität auch im Volumen nicht länger verschließen. So gab es zuletzt nicht nur ein neues Markendesign, sondern auch die Ankündigung, dass das Familienauto Dacia Jogger ab kommendem Frühjahr als Hybridversion angeboten werden soll. Etwas überraschend nicht mit der mittlerweile etablierten Plug-in-Technik, sondern als serieller Hybrid ohne Ladestecker.

Eher als Designspielerei ist die Studie des Dacia Manifesto anzusehen, die jüngst auf dem unwichtig gewordenen Pariser Autosalon vorgestellt wurde. Wichtiger ist der Ausblick auf einen neuen 4,60 Meter langen Mittelklasse-Crossover auf der CMF-B-Plattform, den Dacia unter dem Projektnamen Bigster für die Mitte des Jahrzehnts plant und damit in den erfolgreichen Fahrspuren von Skoda unterwegs sein will. Denn mittelfristig wird es immer schwieriger, kleine und günstige Fahrzeuge ertragreich zu produzieren. Auch Dacia wird mit seinen neuen Modellen nach oben wachsen müssen, um weiter so erfolgreich zu sein – mit und ohne Elektroantrieb.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.
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Heiko:

Ich habe vor einiger Zeit einen TV Beitrag gesehen, da gibt oder gab es eine Firma die Fabrikneue
Clio oder Twingo auf einfache Weise umgebaut haben. ist schon paar Jahre her ….
Ob sich das durch das jetzt bestehenden BEV Angebote noch lohnt, weiß ich nicht.
Für ältere, langsam sterbende VW T5 gibts das auch.

Herwig:

Das Problem ist, dass keiner ein Auto mit derart „geringer“ Reichweite kauft:
Lt. einer Umfrage fährt der durchschnittliche Teilnehmer 10.000 km pro Jahr (das sind auch bei „Wochenendruhe“ nur knapp 50 km pro Tag), aber die gewünschte Reichweite ist 360 km!
Hauptgrund dafür ist wahrscheinlich die jährliche Fahrt in den Urlaub. Statt (wie ohnehin empfohlen) alle 2 – 3 Stunden eine Pause einzulegen (und so die Fahrtzeit um vielleicht eine Stunde je Richtung zu verlängern), investiert man lieber viel Geld in hunderte Kilo Batterien, die das ganze Jahr als Zusatzlast herumkutschiert werden müssen und den Verbrauch erhöhen.

Läubli:

Ja genau… das habe ich im letzten Satz ja auch mitgeteilt.

Leander Schwar:

Sehr viele Privatkäufer kaufen ja keine deutschen Neuwagen, auch wenn sie sich’s locker leisten könnten. Insb. den fünfstelligen Wertverlust in den ersten 1, 2.. Jahren möchten sie sich nicht antun.
Unser gutverdienender Sohn bspw. steht somit vor der Entscheidung, einen jungen Gebrauchten deutscher Hersteller zu kaufen oder eben einen fabrikneuen Dacia. Es wird auf den Dacia hinauslaufen. Markenimage hin, Markenimage her, das ist in jener Generation vielen egal.

Franz Rittar:

Viele Autokäufer sind nicht so, sagen wir mal, technikinteressiert. Denen ist das Chassis egal und ob es „alt“ oder „recycelt“ ist. Das Auto soll preiswert sein, es soll funktionieren und einfach zu bedienen sein und Händler und Werkstatt um die Ecke. Vor allem beim Zweitwagen.

P. Zerfaus:

Zeigt wieder mal, dass der konkrete Händlerbetrieb große Rolle spielt oder spielen kann. Bei uns hier hat ein alteingesessener Mehrmarkenhändler (Fiat, Jeep, Suzuki,..) seit 2021 MG mit ins Angebot genommen: Das Kundeninteresse ist groß, viele am Ort interessieren sich nun für den MG4 und dessen Markenbrüder.
Much business is local.

Silverbeard:

Den Spring gibt es bereits elektrisch.

Läubli:

Absolut gut in die Zukunft gedacht :) …nur, leider will so ein Auto noch niemand bauen, weil alle denken, damit könne man nichts verdienen. Die Deutschen werden sowas wohl nie bauen, die wollen teure Autos verkaufen. Aber Renault hätte dazu durchaus das Zeugs für kleine Autos… das mit dem Preis müssten sie aber auch noch hinkriegen, das kann noch niemand.

Daniel W.:

Mit kompakten Abmessungen und Platz für vier, notfalls auch für fünf Personen geht es bei knapp unter 10.000 Euro los.

Wenn man mit etwas Fantasie dieses Fahrzeug einfach mal umbauen würde:

A) Tank für Benzin / Diesel durch Akkupacks ersetzen.

560 kg für 98 kwh (Akasol 2023) wären rund 60 kg für 10 kWh x 250 Euro pro kWh gleich 2.500 Euro.

B) Verbrenner mit Getriebe vorne wird durch kleinen E-Motor und weiterem Akkupacks ersetzen.

Die Motoraufhängungspunkte könnte man weiter verwenden und dort das E-Einbauset einsetzen.

Akku 15 kWh rund 90 kg plus E-Motor und Einganggetriebe dürfte Verbrennergewicht entsprechen.

15 kWh x 250 Euro pro kWh gleich 3.750 Euro.

C) Kosten bzw. Mehrpreis.

E-Motor mit Einganggetriebe dürften nicht mehr kosten als ein Verbrenner mit Mehrganggetriebe.

Akkupacks 10 + 15 = 25 kWh, etwa 150 kg und rund 6.250 Euro

Mein Fazit:

Für 16.000 Euro dürfte ein E-Auto mit rund 140 km Reichweite entstehen, das den meisten Leute für ihre Kurzstrecken (durchnittliche Fahrstrecke knapp 40 km am Tag) vollkommen genügen würde.

Bei 20.000 Euro wären rund 4.000 Euro Luft für zusätzlich 16 kWh an Akkupack, also 41 kWh ingesamt oder 235 kg an Akkugewicht, mit E-Motor zusammen rund 300 kg – Reichweite rund 225 km.

Die 300 kg sind kaum mehr Gewicht als Verbrenner, Mehrgang-Getriebe, Auspuffanlage und Tank mit Inhalt.

S. Eckardt:

für Wenigfahrer bis max. 9.000 km rechnet sich ein e-Auto für 30.000 € oder noch mehr finanziell einfach nicht. Das sind in 10 Jahren 90.000 km.
Wer jetzt die Öko-Keule schwingen möchte:
Der damit verursachte persönliche CO2-Fußabdruck dürfte damit immer noch deutlich geringer sein als bei den e-Auto-(Viel)-Fahrern, wenn man auch den CO2-Fußabdruck bei der Fahrzeug- und Akku-Herstellung einrechnet.

Attraktive e-Fahrzeugangebote für diesen Kundenkreis fehlen (noch); viele Hersteller sehen ihr Heil in „Wertigkeit“ und Luxus-Varianten.

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