„Lager der Vernunft“? CDU möchte Verbrennerverbot rückgängig machen

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Benny Weisenfels
Benny Weisenfels
  —  Lesedauer 4 min

Die CDU plant wohl einen Kurswechsel in Bezug auf Verbrennungsmotoren, wie laut Berliner Zeitung im neuen EU-Wahlprogramm der Union deutlich wird. Statt Elektroautos zu fördern, soll die Technologie im Bereich Verbrennungsmotoren erhalten und weiterentwickelt werden. Die Union strebe demnach an, das geplante Verbrennerverbot rückgängig zu machen und synthetische Kraftstoffe als zentralen Bestandteil einzusetzen. Dies werde als Sieg des „Lagers der Vernunft“ betrachtet.

Die CDU betont ihre Unterstützung für Autos unabhängig von ihrer Antriebsart und fordert eine rasche Überprüfung des Verbrennerverbots. Die Union will „eine Zukunftsperspektive für den sauberen Verbrennungsmotor schaffen“, dabei stünden sie zum Auto, „unabhängig von der Antriebsart“, heißt es weiter. Erst kürzlich erklärte Niedersachsens CDU-Landesvorsitzender Sebastian Lechner nach einer Klausurtagung seiner Partei in Dötlingen, dass ein starres Verbrennerverbot angesichts des Zertifikatehandels und der bereits unternommenen Schritte der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität nicht sinnvoll sei, wie die Zeit berichtet.

Jens Gieseke, Chefverhandler der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Überarbeitung der CO2-Flottengrenzwerte, kritisiert das Verbot von Verbrennungsmotoren als Fehlentscheidung und drängt auf eine rasche Korrektur, wie die Tageszeitung weiter berichtet. Er betont die Probleme mit der Akzeptanz von Elektroautos und der fehlenden Ladeinfrastruktur. Gieseke sehe die CDU im Einklang mit anderen konservativen Parteien in Europa, die ebenfalls für die Rücknahme des Verbrennerverbots eintreten. Er erwartet, dass die Rückkehr zum Verbrennungsmotor bald anerkannt wird und fordert andere Parteien auf, dem „Lager der Vernunft“ beizutreten.

Gieseke verweist auf einen entsprechenden Trend in der Industrie, wo große Hersteller wieder verstärkt auf Verbrennungsmotoren setzen. Er drängt darauf, die Entscheidung zum Verbrenner-Aus sofort nach der Europawahl zu revidieren, anstatt bis 2026 zu warten. Die Kehrtwende der EVP ist eine Niederlage für die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die das Verbot von Verbrennungsmotoren befürwortet hatte. Von der Leyen plane nun eine frühere Überprüfung der CO2-Flottengesetzgebung durch die Kommission, vermutlich aufgrund von Druck aus ihrer eigenen Partei.

"Lager der Vernunft": CDU möchte Verbrennerverbot rückgängig machen
Hersteller setzen verstärkt auf Plug-in-Hybride. So treibt zum Beispiel Stellantis die Entwicklung von Fahrzeugen voran, die teilelektrisiert neben Benzin auch Ethanol tanken können | Bild: Stellantis

Hersteller setzen wieder auf Verbrenner und Plug-ins

Teile der Industrie zeigten zuletzt einen Kurswechsel in Bezug auf die Antriebsformen in Autos. Mercedes-Benz, angeführt von Vorstandsvorsitzendem Ola Källenius, hatte kürzlich angekündigt, noch lange Zeit Autos mit Verbrennungsmotoren anbieten zu wollen, weil Kunden das so wollen. Auch der internationale Stellantis-Konzern, der eine Vielzahl von Marken wie Citroën, Peugeot, Opel, Fiat, Alfa Romeo, und Maserati besitzt, sowie die amerikanischen Marken Chrysler, Dodge und Jeep, plant, zwar weiterhin auf Verbrennungsmotoren zu setzen – will allerdings nicht am Verbrenner-Aus in der EU rütteln.

In Südamerika plane Stellantis eine massive Investition von sechs Milliarden US-Dollar für neue Motoren und Fahrzeuge, geht aus weiteren Medienberichten hervor. Diese Investition wird als die größte jemals im südamerikanischen Automobilsektor getätigte Investition betrachtet. Sie soll die Markteinführung von über 40 Autos unterstützen und die Entwicklung von Flex-Fuel-Motoren fördern, die sowohl mit Benzin als auch mit Ethanol betrieben werden können.

Darüber hinaus plane Stellantis die Entwicklung von Hybrid-Flex- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen, die die vielseitigen Verbrennungsmotoren mit Batterietechnologie kombinieren, um die Effizienz zu steigern. Trotzdem unterstützt der Autokonzern den Kurs der Europäischen Union, ab 2035 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zuzulassen. Carlos Tavares, CEO von Stellantis, ist der Meinung, dass die Elektromobilität stärker gefördert werden sollte. All das scheint gegensätzlich, zeigt aber auch die Unsicherheit der Autoindustrie, alles auf die eine Karte „E-Mobilität“ zu setzen.

"Lager der Vernunft": CDU möchte Verbrennerverbot rückgängig machen
Eigentlich hatte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gegen das Fortbestehen des Verbrenners eingesetzt, nun möchte ihre eigene Partei, die CDU, das Verbrennerverbot rückgängig machen | Bild: Europäische Kommission

Hohe Elektroauto-Preise schrecken Käufer ab

Hybrid-Lösungen erleben deshalb eine Renaissance, weil enttäuschende Verkaufszahlen bei Elektroautos dazu geführt haben, dass führende Automobilhersteller wie General Motors, Ford Motor und Volkswagen ihre ehrgeizigen E-Auto-Ziele zurückfahren. Die Verkaufszahlen von Hybridfahrzeugen bleiben dagegen robust, was auf einen neuen Realismus hindeutet: Viele Menschen seien zwar offen für die Elektrifizierung, aber noch nicht bereit für vollständig elektrische Autos.

Zudem hat gemäß der Berliner Zeitung ein Toyota-Vertreter aus Australien betont, dass nicht jeder Markt für rein elektrische Autos geeignet sei. Ein wesentlicher Grund für die Schwierigkeiten der amerikanischen und europäischen Hersteller im Elektroauto-Segment dürfte der Preis sein: Elektroautos gelten im Vergleich zu Verbrennern als teuer. Angesichts der Preisunterschiede ist es nicht überraschend, dass in Europa und den USA eine Rückkehr zu Verbrennungsmotoren angestrebt wird.

Quelle: Berliner Zeitung – Schlappe für von der Leyen: Ist der Traum vom Elektro-Auto ausgeträumt? / Die Zeit – CDU fordert Rücknahme von Verbrenner-Aus

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Benny Weisenfels

Benny Weisenfels

Schon als Kind hatte Benny im wahrsten Sinne des Wortes eine Schraube locker. All sein Taschengeld floss in neue Modellautos, um den Spielteppich mit schönen Flitzern zu füllen. Mit dem Erwachsenwerden wurde aus seiner Leidenschaft für Miniaturen eine Faszination für die echten Vorbilder. Heute begeistert ihn alles, was sich Auto nennen darf – egal ob Oldtimer, Sportwagen oder Elektroautos. Vor allem das lautlose Stromern hat es ihm angetan, nachdem er den ersten Tesla Roadster fahren durfte (schon ein paar Jahre her). In und nach seinem Journalismus-Studium schreibt er seit nunmehr mehr als zehn Jahren mit Leidenschaft und Erfahrung für renommierte Fachmedien und Tageszeitungen, stets mit dem Ziel, technologieoffen zu bleiben.
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Ingenieur bei großem deutschen OEM:

Einen 10 Jahre alten Verbrenner (als Neuwagen angeschafft) und einen 19,5 Jahre alten Verbrenner (als Neuwagen angeschafft), 3 Fahrer in der Familie. Ich möchte meine Autos mindestens 15+ Jahre fahren, auch zukünftig. Der 19,5 Jahre alte Verbrenner hat noch TÜV bis 09/2024 und geht anschließend in Rente. Dieser Zweitwagen wird aus finanziellen Gründen nicht ersetzt werden. Ganz so, wie es die Grünen wollen: Den Pkw-Bestand in D verringern …

Dodo:

Gleich die Gegenfrage, was fährst du? (Sorry, ich sitze in Diskussionsforen niemanden)
Gruß, der Automotivzulieferer, E-Komponenten :-)

alchemist:

Das ist doch ein richtiges Herangehen. Die bessere Technologie wird sich durchsetzen. Damals die Verbrenner, da es keine brauchbaren Batterien gab. In Zukunft wird es die Elektromobilität sein, da Batterien immer leistungsfähiger werden und die fossilen Brennstoffe zur Stromerzeugung durch Kernkraft und sogenannte „erneuerbare“ abgelöst werden.

Verbote sind nur ein Zeichen der Schwäche und Kurzsichtigkeit.

Ingenieur bei großem deutschen OEM:

Nun, wenn hier 100 % BEV gefahren wird, haben wir natürlich eine sehr eingeengte Sichtweise und Diskussion. Niemand, der schon BEV fährt, wird an einer Aufhebung oder Verschiebung des Verbrennerverbots interessiert sein, oder?

Letztlich werden die Konsumenten entscheiden, wie lange die alte Technik weiterlebt. Und diese Entscheidung wird nahezu zu 100 % über den Preis getroffen und da sind BEVs heutzutage einfach noch zu teuer im Anschaffungspreis.

Man muss vielleicht auch ein bisschen die Realität betrachten. So wurde das politische Ziel ausgerufen 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen. Wir alle wissen, dass das aktuell und auch in absehbarer Zeit nicht zu schaffen ist. Ebenso wurde das politische Ziel ausgerufen 15 Millionen E-Autos bis 2030 in Deutschland auf den Straßen zu haben. Wenn wir ehrlich zueinander sind, ist dieses Ziel auch nicht erreichbar. Somit muss die Politik zwangsläufig darüber nachdenken das Verbot zeitlich zu verschieben oder massiv den Kauf von E-Autos zu subventionieren (was wieder andere Probleme mit sich bringt).

Ich finde man sollte die Diskussion „ergebnisoffen“ und sachlich führen (das tut die Politik nach meiner Meinung aktuell). Letztlich wird es „nur“ um eine Verschiebung gehen und nicht um eine komplette Aufhebung. Der Kunde und somit alle Autofahrer in Deutschland (also wir) entscheiden über das Tempo. Meine Mutter (73, verwitwet seit mehr als 35 Jahren) wird sich nächste Woche voraussichtlich einen Jahreswagen (Benziner) kaufen, weil sie sich schlicht und ergreifend nichts anderes leisten kann. Also immer im Hinterkopf behalten, dass es noch viele andere Mitbürger gibt, die keine Ärzte, Rechtsanwälte, Unternehmer oder reiche Rentner etc. sind. Der (Anschaffungs-)Preis macht die Musik …

DR. ULRICH SANCKEN:

Nachschlag: Heute lese ich in den Nachrichten, dass es innerhalb der EVP sowie innerhalb der CDU selbst offenbar bedeutende Widerstände gegen das Ansinnen der CDU/CSU gibt, das so genannte Verbrennerverbot auszuhebeln. Das heißt, wenn die CDU mir ihrem Antrag wirklich Erfolg haben wollte, müsste sie notgedrungen mit der AFD und ihren europäischen Gesinnungsgenossen kooperieren. Sich selbst dann noch als „Lager der Vernunft“ zu bezeichnen, ist dann nicht mehr nur eine dreiste Selbstbeweihräucherung, man könnte so etwas auch „schwarz-blaue Kammer des Schreckens“ nennen.

DR. ULRICH SANCKEN:

Tja, die Info, wer unter den Kommentatoren ein BEV oder einen Verbrenner fährt, werden Sie hier ja nicht erhalten können, aber gehen Sie mal von annähernd 100% BEV aus. Falls der Kanal in 10 Jahren noch bestehen sollte, wird sich daran ja nichts Wesentliches ändern, warum dann also sollte sich die Einstellung bezüglich des so genannten „Verbrennerverbots“ ändern?

harald.f:

Ich finde es sehr unvernünftig irgendwas Rückgängig zu machen! Ich denke das ist ein Rückständiges denken! Ich bin der Meinung es gibt kein zurück mehr. Die Elektroautos werden sich durchsetzen, spätestens richtung 2030 wird sich das sehr schnell ändern.

Ingenieur bei großem deutschen OEM:

Interessant wäre hier die Info, wer von den bisherigen Kommentatoren eigentlich ein BEV fährt. Es scheinen ja alle das Verbrennerverbot, aus welchen Beweggründen auch immer, zu befürworten. Wer aber von denen fährt noch Verbrenner oder schon BEV? Wir können alle gespannt sein, wie die Sache hier in 10 Jahren aussieht.

DR. ULRICH SANCKEN:

Danke! Das ist eine wirklich sehr respektable Antwort. Findet man leider in vielen Internet-Kommentarleisten eher selten. Toll.

Mr.Hu:

Das habe ich nur aufgrund von Manfreds sehr selbstbewussten Kommentar. von wegen Analphabeten so“aufgeblasen. Ich möchte noch darauf verweisen, dass ich Manfred in seiner Kernaussage auch zugestimmt habe. Ist jetzt auch gut, ich wollte niemanden Verletzen! :)

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