Im oberösterreichischen Steyr entsteht ein wichtiger Baustein für die Zukunft von BMW. Hier laufen die Vorbereitungen für die Produktion elektrischer Antriebe auf Hochtouren. Gleichzeitig bleibt das Werk ein bedeutender Standort für Benzin- und Dieselmotoren. Mit einer Investitionssumme von rund einer Milliarde Euro bis zum Ende des Jahrzehnts will BMW beide Welten unter einem Dach vereinen, dies berichten sowohl die Automobilwoche als auch Automotive News Europe.
Das Werk Steyr ist seit Jahrzehnten bekannt für seine Kompetenz bei Verbrennungsmotoren. 2024 liefen hier rund 1,2 Millionen Motoren vom Band. Nun soll der Standort auch bei elektrischen Antrieben eine zentrale Rolle spielen. Der Umbau erfolgt schrittweise. Bisher wurden rund 500 Millionen Euro in neue Anlagen und Maschinen investiert – bereits 2022 wurden erste Schritte hierfür eingeleitet.
Zwei Produktionslinien sind für die E-Antriebe vorgesehen. Die erste Linie fertigt stromerregte Synchronmaschinen (SSM) – eine Version für Heckantrieb, eine für Allrad. Der Vorserienbetrieb begann im Herbst 2024. Ab Ende August startet nun die Serienproduktion. Ein Jahr später soll dann die zweite Linie folgen. Sie ist für permanent erregte Synchronmaschinen (PSM) vorgesehen, die mehr Leistung ermöglichen. Die Testphase beginnt im kommenden Herbst, die Serienfertigung im Herbst 2026.
600.000 E-Antriebe aus Steyr für BMW
Insgesamt plant BMW mit einem jährlichen Produktionsvolumen von 600.000 E-Antrieben in Steyr. Davon entfallen etwa 200.000 Einheiten auf die SSM-Variante der ersten Linie. Die restlichen 400.000 Einheiten sollen aus der zweiten Linie mit PSM-Antrieben stammen. Vergleicht man diese Zahlen mit dem weltweiten Absatz von BMW im Jahr 2024 – rund 2,45 Millionen Autos – entspricht die geplante E-Antriebsproduktion einem Anteil von knapp 25 Prozent. Zum Vergleich: Der Anteil vollelektrischer BMW-Modelle lag 2024 bereits bei rund 17 Prozent und dürfte 2025 weiter steigen.
Trotz allem bleibt BMW zurückhaltend, was die Erwartungen an die Neue Klasse betrifft. Der iX3 wird ab dem kommenden Herbst das erste Modell dieser neuen Generation sein. Die Antriebe dafür kommen aus Steyr, produziert für fast alle Märkte außer China. Dort betreibt BMW eigene Werke. Der Ausschluss Chinas aus der Belieferung sei nicht tarifbedingt, sondern liege an der regionalen Lieferkette und der Nähe zum Markt.
Die bestehende Generation elektrischer Antriebe soll weiterhin angeboten werden. Die Neue Klasse ersetzt nicht abrupt alle bisherigen Systeme. Stattdessen läuft beides parallel. BMW hält am Ziel fest, bis 2030 etwa die Hälfte seiner weltweit verkauften Autos mit E-Antrieb auszuliefern. Auch wenn die Investitionen in den Standort deutlich auf Elektrifizierung hinweisen, bleibt der Anteil der Fläche für E-Antriebe überschaubar. Von insgesamt 300.000 Quadratmetern sind aktuell nur rund 85.000 Quadratmeter für die neue Technik reserviert.
Klaus von Moltke, seit Ende 2022 Werksleiter in Steyr, sieht in der Kombination aus Entwicklung und Produktion am selben Ort einen strategischen Vorteil. Ideen könnten so schneller umgesetzt werden. Er verantwortet inzwischen auch konzernweit die Produktion von Antriebskomponenten. Von Moltke spricht offen über die Herausforderungen beim Umbau. Die Belegschaft habe anfangs mit Unsicherheit reagiert. Doch die Entscheidung, Steyr zum globalen Zentrum für E-Antriebe zu machen, habe für langfristige Perspektiven gesorgt.
Technologische Vielfalt bleibt weiterhin gesetzt
An seiner grundsätzlichen Haltung hat das nichts geändert. Er betont regelmäßig die Bedeutung technologischer Vielfalt. Steyr soll in der Lage sein, sowohl Verbrenner als auch E-Antriebe zu liefern. Produktionssysteme und Mitarbeitende sind entsprechend geschult. Die Technik entwickelt sich stetig weiter. In Zukunft wird auch der Inverter – bislang zugekauft – im eigenen Werk gefertigt. Er gilt als zentrales Bauteil für Effizienz und Leistung.
Im Vergleich zur aktuellen E-Antriebsgeneration habe sich die Energieeffizienz deutlich verbessert. Laut von Moltke wurden die Verluste um 40 Prozent reduziert, das Gewicht gesenkt und damit die Reichweite der Autos um etwa 30 Prozent erhöht. Dennoch sei die Produktion nicht einfacher als bei klassischen Motoren. Der Arbeitsaufwand sei vergleichbar. Die Fertigungstiefe bleibe hoch, etwa durch die Integration von Stator, Rotor und Getriebe.
Für die kommenden Jahre plant BMW, die Zahl der Beschäftigten in Steyr stabil bei knapp 4900 zu halten. Rund 700 davon arbeiten in der Entwicklung. Von Moltke lässt offen, ob die Produktion weiter ausgebaut wird. Entscheidend sei die Nachfrage. Für alle Szenarien gebe es fertige Pläne. Flexibilität sei der Schlüssel – sowohl bei der Technik als auch bei der Ausrichtung des Werks.
Quelle: Automobilwoche – Neue Klasse: Interne Planungen zeigen, wie vorsichtig BMW ist / Automotive News Europe – BMW engine boss discusses balancing EV, ICE future at Austrian production hub