BMW: Verbrenner finanzieren die E-Mobilität

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Das BMW Group Werk Steyr ist ein Dreh- und Angelpunkt in der Antriebsstrategie des Konzerns – sowohl für den klassischen Verbrenner als auch für die neue elektrische Ära. Im Interview mit der Automobilwoche betont Klaus von Moltke, Geschäftsführer des Werks und Leiter der weltweiten Antriebsproduktion, die Bedeutung des Standorts für die Neue Klasse von BMW. Gleichzeitig verteidigt er mit Nachdruck die weitere Entwicklung von Benzin- und Dieselmotoren.

Bereits im Jahr 2022 entschied sich BMW, das Werk Steyr zur globalen Entwicklungs- und Produktionsdrehscheibe für E-Antriebe der Neuen Klasse zu machen. Eine Entscheidung, die laut von Moltke „Zukunftssicherheit über das Jahr 2030 hinaus“ bringe. Der Standort investierte umfassend in neue Fertigungskapazitäten – bis zu 600.000 elektrische Antriebseinheiten pro Jahr sollen ab dem Hochlauf produziert werden.

Doch trotz des klaren Schwenks Richtung Elektromobilität bleibt das Bekenntnis zum Verbrenner deutlich – nicht zuletzt wegen von Moltkes eigener Rolle als Chefentwickler für Verbrennungsmotoren. „Der Verbrenner ist unser Fundament und finanziert auch das Geschäft der Zukunft“, so von Moltke. 2024 liefen in Steyr noch rund 1,2 Millionen Benzin- und Dieselmotoren vom Band. Diese Zahl sei nach wie vor „sehr wichtig – und bleibt es auch.“

BMW verfolgt laut von Moltke eine klar technologieoffene Strategie, die sich auch in der Produktionsarchitektur widerspiegelt: „Unsere Aufgabe ist es, uns so aufzustellen, dass wir die Märkte optimal bedienen.“ In der Praxis heißt das: flexible Produktionslinien, Mitarbeitende, die sowohl für elektrische als auch klassische Antriebe qualifiziert sind, und eine Kultur, die Verbrenner-Expertise ebenso wertschätzt wie Innovationskraft im E-Bereich. „Es wird sehr gefeiert von unserer Belegschaft, dass sie hochkompetent sind im Verbrenner und dass wir ihnen gleichzeitig eine Perspektive in der Elektromobilität geben.“

Technologische Offenheit: Fehler oder kluger Schachzug?

Diese technologische Doppelausrichtung wird von BMW offensiv als Stärke ins Feld geführt. Besonders hervorgehoben wird dabei die Integration des Inverters in die eigene Fertigung. Dabei handelt es sich um ein zentrales Bauteil des E-Antriebs, das bisher zugekauft wurde. Der Inverter werde nun erstmals in Steyr inhouse gefertigt – unter Reinraumbedingungen. Laut von Moltke trägt er maßgeblich zur Effizienzsteigerung bei: Die Energieverluste zwischen Gen5- und Gen6-Antriebstechnologie seien um 40 Prozent gesunken, bei gleichzeitig rund 30 Prozent Reichweitenzuwachs.

Trotz dieser Fortschritte sieht von Moltke die Transformation des Standorts noch nicht als abgeschlossen: „Die Transformation ist ja noch nicht vollzogen, noch sind wir einen Schritt davor.“ Wichtiger als das Produkt sei künftig das Wie der Fertigung – insbesondere im Hinblick auf Digitalisierung und Automatisierung. Gerade an einem teuren Industriestandort wie Steyr sei Effizienz der Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb arbeite man mit Hochdruck an der Umsetzung der BMW iFactory.

In Bezug auf das viel diskutierte EU-Verbot neuer Verbrenner ab 2035 bleibt von Moltke diplomatisch. Ob es dabei bleibe, sei für ihn nicht entscheidend: „Unser Job ist es, dass wir alle möglichen Szenarien durchgehen und uns auf jedes Szenario vorbereiten.“ Auch geopolitische Risiken wie die eingeschränkte Ausfuhr Seltener Erden aus China würden aktuell keine konkreten Auswirkungen auf den Hochlauf der Neuen Klasse haben. Die für die erste E-Maschine eingesetzte Technologie – ein fremderregter Synchronmotor (SSM) – komme sogar ohne Seltene Erden aus.

Die Aussagen von Klaus von Moltke fügen sich nahtlos in die langfristige Strategie von BMW ein, mit einem technologieoffenen Ansatz auf Marktschwankungen zu reagieren. Gleichzeitig ist sein Bekenntnis zum Verbrenner nicht nur ein strategisches Statement, sondern auch persönlich geprägt – schließlich verantwortet er weiterhin dessen globale Entwicklung. Dass die Marke BMW dabei auf maximale Flexibilität setzt, mag wirtschaftlich nachvollziehbar sein, stellt aber auch eine klare Absage an eine schnelle und konsequente Abkehr vom Verbrennungsmotor dar.

Quelle: Automobilwoche – BMW-Motorenchef Klaus von Moltke: „Der Verbrenner ist unser Fundament und finanziert auch das Geschäft der Zukunft“

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Zappelstrom:

BMW baut was der Markt fordert. Aber der Markt bzw. die Kunden entscheiden ja nicht frei. Auch die Politik entscheidet nicht frei. Sie hängt an den Wählern/Kunden. Diejenigen, die das meiste Geld verdienen entscheiden wo es langgehen soll, und das ist nun mal die Fossielindustrie. 1 Mrd. Gewinn täglich wird mit Öl und Gas verdient.

Gerd:

Ich habe mit einem I3s als vollelektrischem Erstauto angefangen, aber BMW ist für meine Bedürfnisse inzwischen komplett unkaufbar.
Wenn ich nur die Äußerungen von Zipse oder den Begriff „Technologieoffenheit“ höre, bin und bleibe ich weg von BMW.

Stephan:

Wie lange das China so subventionieren wird? Ganz klar: bis China die neue Nr. 1 ist und die Wirtschaftskraft dann ohne Subventionen auskommt. Leider schauen wir Deutschen immer mehr von der Seitenlinie dabei zu anstatt die Zukunft JETZT in die Hand zu nehmen. Und die Zukunft ist nicht der Verbrenner….

S. Eckardt:

… und kommt dann einst das Verbrenner-Aus werden die ewig „Technologie-Offenen“ Hersteller verzweifelt nach finanzieller Unterstützung durch den Staat rufen, weil man das Verbrenner-Aus so nicht hat kommen sehen können und außerdem immer nur das Beste für die Kunden wollte. …
Man ist also Opfer der Politik und braucht nun eine Entschädigung …

Und wie wird der Staat reagieren? Wir werden es erleben!

MMM:

Da hat jemand aber Null Ahnung von Förderungsrichtlinien in Deutschland.

Peter:

Und nicht zu vergessen die Subventionen die BMW für Wasserstoff bekommt und schlauerweise in BEV investiert.

brainDotExe:

Verstehen leider viele nicht, die immer fordern besser direkt Verbrenner einzustellen.

Wurzelsepp:

„Der Verbrenner ist unser Fundament und finanziert auch das Geschäft der Zukunft“

Nein echt jetzt? Wer hätte das gedacht. Also wenn ein Treppenbauer auf Balkongeländer umschwenkt, finanziert auch erst mal der Treppenbau das neue Geschäftsfeld…

Manfred:

Ach die Verbrenner wurden und werden vom Staat nicht subventioniert? Zum Beispiel Abwrackpremien, Dienstwagenförderung, Dieselbesteuerung, Kraftstoff-Steuerbefreiung der Landwirte. Die Gesamtsubventionen für fossile Energieträger belaufen sich auf über 60 Mrd Euro pro Jahr in Deutschland. Was machen wir besser und fairer als China?

brainDotExe:

Premium Weltmarktführer, sowohl bei E-Autos als auch insgesamt.

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