Ampel-Koalition strebt 15 Millionen reine E-Autos bis 2030 an

Cover Image for Ampel-Koalition strebt 15 Millionen reine E-Autos bis 2030 an
Copyright ©

shutterstock / Lizenzfreie Stockfoto-Nummer: 1178702479

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Unter dem Motto „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ haben die Partner der aller Voraussicht nach künftigen Regierung ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. In dem in den vergangenen Wochen erarbeiteten, 177 Seiten langen Papier geben SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und die FDP die Stoßrichtung für ihr politisches Handeln vor. Für Elektroauto-News-Leserinnen und Leser sind vor allem die Seiten ab 48 von Interesse. Hier skizzieren die Partner der Ampel-Koalition ihre Vorhaben in Sachen Mobilität.

Wir wollen die 2020er Jahre zu einem Aufbruch in der Mobilitätspolitik nutzen und eine nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und für alle bezahlbare Mobilität ermöglichen“, leiten die drei Parteien das Kapitel Mobilität ein. Speziell in Sachen E-Mobilität soll Deutschland bis 2030 ein Leitmarkt werden: Mindestens 15 Millionen E-Autos sollen bis dahin zugelassen sein – fünf Millionen mehr als im optimistischsten Szenario der vorherigen Koalition, die sieben bis zehn Millionen E-Autos angepeilt hatte. Damit dies gelingt, sollen Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen gezielt auf den Durchbruch der E-Mobilität ausgerichtet werden. Der Zusatz „vollelektrisch“ an der entscheidenden Passage verweist darauf, dass Plug-in-Hybride anders als bisher nicht mehr mit eingerechnet werden.

Auf ein konkretes Datum für den Ausstieg aus der fossilen Verbrennertechnologie haben sich die Koalitionäre dem Papier nach nicht geeinigt. Darin heißt es hierzu: „Gemäß den Vorschlägen der Europäischen Kommission werden im Verkehrsbereich in Europa 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen – entsprechend früher wirkt sich dies in Deutschland aus“. Wie dieses „früher“ interpretiert werden darf, bleibt abzuwarten. Mit CO2-neutralen Fahrzeugen jedoch sind nicht nur Batterie-E-Autos gemeint. Im Papier ist als Alternative hierzu auch explizit von „nachweisbar nur mit E-Fuels betankbaren Fahrzeugen“ die Rede.

Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur will die neue Regierung „dem Bedarf vorausgehen“ und deshalb „den vorauslaufenden Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur mit dem Ziel von einer Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglichen Ladepunkten bis 2030 mit Schwerpunkt auf Schnellladeinfrastruktur ressortübergreifend beschleunigen, auf Effizienz überprüfen und entbürokratisieren“. Die Förderung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur soll effektiver und effizienter ausgestaltet werden. Hemmnisse in Genehmigungsprozessen, bei der Netzinfrastruktur und den Netzanschlussbedingungen sollen abgebaut und die Kommunen bei einer vorausschauenden Planung der Ladeinfrastruktur unterstützt werden.

In der Folge dürfte der Wunschzettel einiger eingefleischter E-Mobilisten an vielen Punkten mit einem Häkchen versehen werden: „Wir werden bidirektionales Laden ermöglichen, wir sorgen für transparente Strompreise und einen öffentlich einsehbaren Belegungsstatus. Wir werden den Aufbau eines flächendeckenden Netzes an Schnellade-Hubs beschleunigen und die Anzahl der ausgeschriebenen Hubs erhöhen. Wir werden den Masterplan Ladeinfrastruktur zügig überarbeiten und darin notwendige Maßnahmen aus den Bereichen Bau, Energie und Verkehr bündeln sowie einen Schwerpunkt auf kommunale Vernetzung der Lösungen legen. Wir setzen uns für ambitionierte Ausbauziele auf europäischer Ebene ein“. E-Auto-Fahrer, was willst Du mehr, dürfte mancher sich bis hierhin denken.

Auch der Schwerverkehr soll klimafreundlicher werden: Die Parteien wollen sich für eine Weiterentwicklung der CO2-Flottengrenzwerte für Nutzfahrzeuge einsetzen und die Vorschläge der Europäischen Kommission für den Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur für Lkw unterstützen. Dabei soll auch eine emissionsfreie Stadtlogistik sowie klimaneutraler Busverkehr gefördert werden. Ein Punkt dürfte lärmgeplagten Anwohnern vielbefahrener Straßen Hoffnung geben: „Wir wollen Lärmbelastungen durch den Verkehr reduzieren, setzen uns für eine Reduzierung von mutwilligem Lärm ein und sorgen für mehr aktiven und passiven Lärmschutz“.

Im Gesetz zum autonomen Fahren wollen die Koalitionspartner die aktuellen Regelungen verbessern, Haftungsfragen klären und die Datenhoheit der Nutzer sicherstellen. Für eine nahtlose Mobilität im Verbund mit dem ÖPNV sollen Verkehrsunternehmen und Mobilitätsanbieter verpflichtet werden, ihre Echtzeitdaten unter fairen Bedingungen bereitzustellen. Anbieterübergreifend sollen digitale Buchung und Bezahlung ermöglicht werden. Auch digitale Mobilitätsdienste, innovative Mobilitätslösungen und Carsharing sollen unterstützt und in eine langfristige Strategie für autonomes und vernetztes Fahren öffentlicher Verkehre einbeziehen.

Auch Schiffe und Flugzeuge sollen nachhaltiger werden: Schiffe zum Beispiel durch die Förderung von Landstrom und alternativen Antrieben und Kraftstoffen. Dafür soll auch das Flottenerneuerungsprogramm für die klimafreundliche Binnenschifffahrt angepasst werden. Die Anzahl von Kurzstreckenflügen soll durch bessere Bahnverbindungen spürbar verringert werden. Beim CO2-neutralen Fliegen will Deutschland Vorreiter werden: „Unser Ziel ist die Schaffung von fairen Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb für einen wirksamen Klimaschutz im Luftverkehr, der Emissionen effektiv reduziert sowie Carbon Leakage vermeidet“, heißt es in dem Papier. Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer sollen für die Förderung von Produktion und Einsatz von CO2-neutralen strombasierten Flugkraftstoffen sowie für Forschung, Entwicklung und Flottenmodernisierung im Luftverkehr eingesetzt werden. Geplant sind ambitionierte Quoten für Power-to-Liquid (PtL-Quoten) im Luft- und Schiffsverkehr, um einen Markthochlauf anzureizen.

Im Energiesektor will die neue Bundesregierung den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu einem zentralen Projekt ihrer Regierungsarbeit machen. National, in Europa und international sollen Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Pfad ausgerichtet werden. Das Klimaschutzgesetz soll noch im Jahr 2022 konsequent weiterentwickelt und ein Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. Die Einhaltung der Klimaziele sollen anhand einer sektorübergreifenden und analog zum Pariser Klimaabkommen mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden.

Wir machen es zu unserer gemeinsamen Mission, den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen“, kündigen die Regierungspartner an. Dabei gehen sie von einem höheren Bruttostrombedarf von 680 bis 750 TWh im Jahr 2030 aus. Davon sollen 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammen, der verstärkt von dezentralen Erzeugern kommen soll wie etwa Photovoltaikanlagen bei Privatpersonen und Unternehmen: „Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden“, heißt es hierzu in dem Papier. Bürokratische Hürden will die neue Regierung abbauen und Wege eröffnen, um private Bauherren finanziell und administrativ nicht zu überfordern. Zudem entstehe so auch ein Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk. Auch der Ausbau von Windkraft an Land und auf See soll beschleunigt werden. Aus der Kohle will Deutschland „idealerweise“ schon vor 2030 aussteigen.

Die Wasserstoffstrategie soll 2022 fortgeschrieben werden mit dem Ziel eines schnellen Markthochlaufs. Erste Priorität habe die einheimische Erzeugung auf Basis Erneuerbarer Energien, die Elektrolysekapazität soll bis zum Jahr 2030 gut 10 Gigawatt erreicht haben. Dies soll u.a. durch den Zubau von Offshore- Windenergie sowie europäischen und internationalen Energiepartnerschaften sichergestellt werden. Zusätzlich sei ein engagierter Aufbau der notwendigen Infrastruktur erforderlich.

Quelle: SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und die FDP – Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


VestersNico:

Schäm Du Dich! Oder noch besser: Mund halten. Mit so jemand wie Dir will eh‘ keiner sprechen.

Frank:

Im Juli 2021 waren mehr als 1Mio zugelassen!

Alo:

Beim Tesla muß man keinen HUD konfigurieren. Man legt ihn einfach auf die Ablage.. :-)

KleinFritzchen:

Danke! Deine Behauptung war:

Man kann den ID.3 aber so konfigurieren wie er einem gefällt.

Genau das habe ich aber damit widerlegt … :P

Mike:

Lieber ein paar Monate länger aufs Auto warten als das komplette Autoleben etwas an dem Fahrzeug auszusetzen zu haben ;)

Ich bin ja überhaupt kein VW Fan, aber es geht ja eher ums Prinzip und da finde ich individuelle Fahrzeuge gerade in den Preisregionen schon ein Muss.

Spaß auf der Straße habe ich mit meinem jetzigen Diesel auch, die paar Monate bis der i4 abholbereit ist, werde ich noch aushalten.

David:

Man schätzt, dass nur 20 % der Wohnungen ohne eigenen Parkplatz sind. Das bedeutet im Umkehrschluss, 80 % der Wohnungen haben einen Parkplatz. Davon geschätzt 60 % könnten sofort einen Ladepunkt installieren, wenn sie nur wollten. Bei 30 % wäre es ein Aufwand und müsste über die Eigentümergemeinschaft etwas aufwändiger geklärt werden, kann aber letztlich nicht verhindert werden. Und nur die letzten 10 % sind schwierige Fälle. Diese 90% der Wohnungen mit Parkplatz sollte man erst einmal heben.

In der Zwischenzeit wird es mehr Anbieter für das Laden an der Straße geben. Es gibt ja die Initiative mit Strom aus den Straßenlaternen, aber das ist ja nicht die einzige Möglichkeit, man kann auch beim Arbeitgeber laden, da fließen jetzt die Fördergelder hin.

Letztlich beginnt in drei Jahren das autonome fahren in den Großstädten, wo ja die meisten Wohnungen ohne eigenen Parkplatz sind. Das dürfte für viele eine Erlösung sein, weil sie endlich das eigene Auto abschaffen können und die Parkplatzsuche abends entfällt.

Mike:

Design ist Geschmackssache.
Beim Model 3 kann ich auch nicht das hässliche Entlein Gesicht wegkonfigurieren.

KleinFritzchen:

… Man kann den ID.3 aber so konfigurieren wie er einem gefällt.

Wo bitte kann ich beim ID.3 das Seegurken-Design wegkonfigurieren?

David:

Dass du ausgerechnet das von den Praktiken her dreckigste Unternehmen unter allen Elektroautobauern, nämlich Tesla, immer wieder ins Spiel bringst, ist absurd. Nicht einmal in den USA, wo die Arbeitnehmerrechte vergleichsweise gering sind, darf Musk beim Präsidenten zu Autothemen am Tisch sitzen, so geächtet ist Tesla wegen ihrer miserablen Sozialstandards. Und das hatte der Präsident vor dem $137 Millionen Rassismusurteil gegen Tesla gemacht. Danach hätte ihn vermutlich sogar Trump rausgeschmissen.

Wo sind denn die Solarpaneele in Grünheide? So einige der Tesla-Käufer haben welche auf ihrem kleinen Hausdächern in semi-optimaler Lage, aber der Fabrikant selbst macht das nicht auf seinen riesigen unbeschatteten Dachflächen, obwohl er ja angeblich sogar selber Solarmodule verkauft. Wer auf Bedenken wegen der Wasserwirtschaft öffentlich antwortet, „Sieht es hier für Dich aus wie eine Wüste?“, dem ist die Umwelt komplett egal. Abgesehen davon, dass man es auch weiß, weil er ja bevorzugt mit schmutzigen Raketen spielt.

David:

Du machst wohl Witze. Die 216 Zellen sind ruckzuck montiert, denn sie sind groß und entsprechend gut konfektionierbar. Jede sieht quasi aus wie ein iPad-Pro, etwas schmaler, länger und dicker und wiegt etwa 1,5 kg, genau die ideale Bauteilgröße für Robotik. Nicht zu klein, aber auch nicht zu schwer. Und sie werden in Module wie Schubladen eingesetzt. Also kein aufwendiger Vorgang. 18 Stück pro Modul werden eingeschoben, rasten ein, dann laserschweißt ein Automat in einem Rutsch alle 18 Zellen. Denn die „Lötfahnen“ sind thermisch gar nicht sensibel und groß. Da dauert der ganze Akku einen Bruchteil der Zeit, indem nur ein filigranes 192er Modul bei Tesla entsteht.

Die B-Klasse war, wie gesagt, ein kompletter Entwicklungsauftrag an Tesla. Sie hat die komplette Tesla-Hardware, also die Motoren, Wechselrichter und sogar die Tesla-Rundzellen. Dass sie wirklich im Schnitt 28 kWh/100 km verbraucht hat, wäre mir neu. Wäre es so, dann wäre es eben der technische Stand von Tesla gewesen, nicht von Mercedes.

Ähnliche Artikel

Cover Image for MG zündet nächste E-Auto-Stufe: IM5 und IM6 setzen auf 800-Volt-Technik

MG zündet nächste E-Auto-Stufe: IM5 und IM6 setzen auf 800-Volt-Technik

Michael Neißendorfer  —  

Auf einer 800-Volt-Plattform aufbauend, versprechen die Elektroautos nicht nur flotte Ladezeiten sondern auch hohe Reichweiten und viel Leistung.

Cover Image for Munro Series M startet mit 20 Millionen Euro Auftragsvolumen

Munro Series M startet mit 20 Millionen Euro Auftragsvolumen

Sebastian Henßler  —  

Für härteste Einsätze gemacht: Munros elektrischer 4×4 bietet Nutzlast, Zugkraft und drei Aufbauformen – wartungsarm, geländetauglich und alltagstauglich.

Cover Image for Mit V2G und Heimladen bares Geld sparen: Ford zeigt, wie sich Elektromobilität rechnet

Mit V2G und Heimladen bares Geld sparen: Ford zeigt, wie sich Elektromobilität rechnet

Michael Neißendorfer  —  

Ein entscheidender Gamechanger in der Elektromobilität spielt sich nicht auf der Straße ab – sondern in der Einfahrt, wie Zahlen von Ford zeigen.

Cover Image for Rivian: Quad-Motor mit 754 kW Leistung für R1S und R1T

Rivian: Quad-Motor mit 754 kW Leistung für R1S und R1T

Sebastian Henßler  —  

Vier Motoren, 1625 Nm Drehmoment und Launch Cam: Rivian stattet R1T und R1S mit verbesserter Technik für Alltag und Offroad aus.

Cover Image for Wie Accumotive die Batterien für den Mercedes-Benz CLA fertigt

Wie Accumotive die Batterien für den Mercedes-Benz CLA fertigt

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Serienproduktion der Batterien für den vollelektrischen CLA setzt die Mercedes-Benz Tochter Accumotive in Kamenz einen großen Meilenstein.

Cover Image for Nur 1990 Stück: VW bringt ID.3 GTX Fire + Ice

Nur 1990 Stück: VW bringt ID.3 GTX Fire + Ice

Sebastian Henßler  —  

Ultra Violet trifft auf Flaming Red: Der ID.3 GTX Fire + Ice erinnert an den Golf-Klassiker von 1990 – jetzt mit Elektroantrieb, Design von Bogner und 240 kW Power.