VW-CEO fordert Tempo, Kostenbewusstsein – und Abkehr von E-Fuels für Pkw

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Volkswagen

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 5 min

In einer Welt, in der die Automobilindustrie einem rasanten Wandel unterliegt, steht Volkswagen Pkw an einem entscheidenden Wendepunkt. Unter der Leitung von Thomas Schäfer, dem CEO des Unternehmens, soll ein neues Zeitalter eingeläutet werden, das durch Geschwindigkeit, Effizienz und Innovation gekennzeichnet sein soll. Schäfer habe klare Vorstellungen davon, wie Volkswagen seine Position in einem immer härter umkämpften Markt behaupten könne. Henning Krogh von BusinessInsider hat sich mit der letzten Ausgabe des VW-Formats „Let’s talk“ auseinandergesetzt, in dem Thomas Schäfer mit VW-Hausmoderator Jesko Giesse über all diese Themen gesprochen hat.

Geht es nach Schäfer, sieht sich Volkswagen sich mit einer doppelten Herausforderung konfrontiert: der Notwendigkeit, den Entwicklungsprozess von Autos zu beschleunigen, und dem Druck, die Kosten zu senken. Der VW-CEO ist überzeugt, dass beide Ziele durch kürzere Produktlebenszyklen und effizientere Produktionsmethoden erreicht werden können. Diese Notwendigkeit wird besonders durch den Aufstieg neuer Konkurrenten aus China unterstrichen, die den Markt mit schnellen Innovationszyklen und kosteneffizienten Modellen überschwemmen.

Eine der signifikantesten Ankündigungen Schäfers ist die Reduzierung des Produktentstehungsprozesses (PEP) von 50 auf 36 Monate. Dieses ambitionierte Ziel erfordert aber eine radikale Umgestaltung der Entwicklungsprozesse bei Volkswagen. Schäfer sieht in der Digitalisierung einen Schlüssel zur Beschleunigung der Fahrzeugkonzeption und betont die Notwendigkeit, veraltete Prozesse zu überdenken und zu modernisieren. Trotz einiger skeptischer Stimmen innerhalb des Unternehmens bleibt er zuversichtlich, dass diese Herausforderung mit der richtigen Strategie und Einstellung bewältigt werden kann.

Elektromobilität als neuer Standard

Klar kommuniziert kündigte Schäfer an, dass der Nachfolger des beliebten Golf ausschließlich als Elektroauto geplant ist. Diese Entscheidung signalisiert eine klare Abkehr von Verbrennungsmotoren und unterstreicht das Engagement von Volkswagen für die Elektromobilität – an dem es in der Vergangenheit doch Zweifler gab. Schäfer ist sich der Bedeutung des Markennamens Golf bewusst und plant, diesen beizubehalten, um die langjährige Tradition und den Wert der Marke zu würdigen. Dabei wird auch klar, die ID.-Familie wird umstrukturiert, wie der VW-CEO zu verstehen gibt: „Irgendwann werden ID.3 und Golf zusammenlaufen, nicht mehr parallel, so viele Varianten wie bisher können wir nicht mehr machen“.

Er sieht auch großes Potenzial in der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) und anderen digitalen Technologien, um die Entwicklungsprozesse bei Volkswagen zu verbessern. Dabei zeigt sich Schäfer überzeugt, dass durch den Einsatz dieser Technologien nicht nur die Effizienz gesteigert, sondern auch die Qualität der Fahrzeuge verbessert werden kann. Die Möglichkeit, Prototypentests zu digitalisieren und somit zu beschleunigen, steht dabei im Vordergrund. Statt die bisherige Prototypenerprobung in zwei Wintern durchzuführen, lasse sich dies in einer einzigen kalten Jahreszeit bewerkstelligen: „Der Rest klappt digital, das machen die Anderen ja auch, man kann fast alles simulieren“.

Um die gesteckten Ziele zu erreichen, plant Schäfer umfassende organisatorische Veränderungen innerhalb von Volkswagen. Dazu gehört die Zusammenlegung von Abteilungen, die Vereinfachung von Entscheidungsprozessen und die Delegation von Verantwortung. Diese Maßnahmen sollen nicht nur die Bürokratie reduzieren, sondern auch die Agilität und Reaktionsfähigkeit des Unternehmens steigern.

Qualität bleibt Priorität

Trotz des Drucks, schneller und kostengünstiger zu werden, betont Schäfer, dürfe die Qualität der Fahrzeuge nicht darunter leiden. Er räumt ein, dass Volkswagen in der Vergangenheit Fehler gemacht hat, indem unfertige Produkte auf den Markt gebracht wurden. Um dies in Zukunft zu vermeiden, fordert er eine stärkere Fokussierung auf die Absicherung und Perfektionierung jedes neuen Modells.

Trotz der aktuellen Marktschwäche für Elektroautos bestätigt er, dass Volkswagen mit seinen E-Autos Gewinne erzielt, wenn auch nur knapp. Langfristig sieht Schäfer diese Situation als nicht tragfähig an und fordert eine Steigerung der Verkaufserlöse. Die aktuelle Querfinanzierung des Elektrogeschäfts durch die Erträge aus Verbrenner- und Plug-in-Hybridfahrzeugen beschreibt er als kostspielig, aber unvermeidlich, um die Transformation des Unternehmens voranzutreiben.

Die Vision von Thomas Schäfer für Volkswagen ist klar: Durch die Beschleunigung der Entwicklungsprozesse, die Fokussierung auf Elektromobilität und die Implementierung digitaler Technologien soll das Unternehmen gestärkt in die Zukunft gehen. Organisatorischen Veränderungen und die Betonung der Qualität sind dabei essenzielle Säulen seiner Strategie. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie erfolgreich Volkswagen unter seiner Führung diese ambitionierten Ziele umsetzen kann. Eins scheint aber klar, E-Fuels sind keine Option für den CEO von Volkswagen.

E-Fuels weiterhin keine Option für VW

Der VW-Chef positioniert sich klar gegen die Verwendung von E-Fuels für Neufahrzeuge. Schäfer begründet seine Ablehnung mit der Einschätzung, dass die Produktion von E-Fuels eine „totale Energieverschwendung“ darstellt. E-Fuels, also synthetisch hergestellte Kraftstoffe, die durch den Einsatz von erneuerbaren Energieträgern gewonnen werden, sind in der Theorie eine Möglichkeit, den Betrieb von Verbrennungsmotoren umweltfreundlicher zu gestalten.

Der VW CEO jedoch argumentiert, dass der energetische Aufwand für ihre Herstellung im Vergleich zum direkten Einsatz dieser Energien in E-Autos nicht effizient sei. Er betont, dass angesichts des globalen Energiebedarfs und der begrenzten Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien die Priorität auf der direkten Nutzung dieser Ressourcen liegen sollte, statt sie in einem aufwendigen Prozess in Kraftstoffe umzuwandeln.

Schäfer räumt ein, dass E-Fuels in spezifischen Bereichen wie der Luftfahrt, der Schifffahrt und bei Oldtimern noch ihre Berechtigung haben könnten, wo elektrische Alternativen entweder nicht vorhanden oder nicht praktikabel sind. Dennoch sieht er sie nicht als umfassende Lösung für die Automobilindustrie. Diese Haltung steht im Kontrast zu anderen Stimmen innerhalb des Volkswagen-Konzerns, wie etwa Oliver Blume, dem Konzernchef von VW und gleichzeitig Lenker der Sportwagentochter Porsche, der die Entwicklung von E-Fuels weiterhin vorantreibt.

Quelle: BusinessInsider – VW-Pkw-Chef verrät: VW plant unter dem Projektnamen „Amsterdam“ E-Auto für unter 20.000 Euro

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Hans:

Ich vermute, dass damit geplante Lebenszyklen der jeweiligen Modellgeneration gemeint sind. Zweck der Planung kürzerer Intervalle könnte es sein, Weiterentwicklungen und fallende Kosten im Bereich der Elektrotechnologie schneller in die Modellpalette einfließen zu lassen.

Christian:

Wird Blume ihm für die eFuel-Aussage auf die Finger hauen, oder hat er inzwischen eingesehen, dass eFuels Sinnlos sind?

Kona64:

Wenn ich Sie richtig verstehe erhoffen Sie sich fallende Preise durch Überkapazitäten. Das ist wenig realistisch. Alles bei EFuels wird knapp sein ( Strom, CO2, H2, die Anlagenkapazitäten zum Abscheiden des CO2, Elektrolyse des H2 und Synthetisierung ) und der Bedarf dagegen sehr groß.

Kona64:

Hat er das so formuliert? Produktlebenszyklen? Ich denke es ist Produktentwicklungszeit gemeint. Sonst liefe es auf schnellere Alterung und Verschleiß der Fahrzeuge hinaus.

Spiritogre:

In Deutschland werden ca. 8000 Schreibmaschinen im Jahr verkauft. Alleine in Deutschland wohlgemerkt.

Johannes:

Wer mit e-Fuel Auto fährt schreibt auch auf der Schreibmaschine und scannt es dann ein. Der Nostalgie willen. Wie groß ist der Markt für Schreibmaschinen heute?

Daniel W.:

E-Fuels werden gebraucht, aber nicht in Straßenfahrzeugen, diese Verschwendung sollte man sich ersparen, da es auf Jahrzehnte nicht genug E-Fuels geben wird, denn man kann sie nicht in großen Mengen aus der Erde holen wie Erdöl. Ökostrom wird vor allem für die Bevölkerung vor Ort gebraucht.

Man müsste riesige Solar- und Windparks in meist wasserarme Gegenden bauen, um Strom mit großen Verlusten und hohem Wasserbedarf in E-Fuels zu verwandeln, die dann mit hohen Verlusten in Verbrennerautos durch den Auspfuff gejagt würden und reichlich Abgase und Lärm vor Ort erzeugen.

E-Fuels sind Greenwashing. Im Auto wegen der großen Resourcenverschwendung und dadurch verursachtem hohen Energiebedarf und CO2-Ausstoß beim Bau der 6-fachen Anzahl an Solar- und Windparks gegenüber batterie-elektrischen Fahrzeugen, deren Akkus später als stationäre Stromspeicher noch genutzt werden können bevor sie recycled werden. E-Fuel-Verbrenner pusten CO2 in die Luft, das man dann wieder teuer aus der Luft holen müsste.

Bei Flugzeugen muss man sich fragen, ob wirklich soviele Leute, es sollen in Zukunft sogar noch viel mehr werden, viele tausend Kilometer durch die Luft fliegen müssen, um sich ganz weit weg am Strand in der Sonne „braten“ zu lassen, das dürfte durch den Klimawandel auch in der EU vermehrt möglich sein.

Guest-1871:

Je größer der Markt, desto großer ist das Potenzial für Investoren, d.h. produzierte Menge steigt und der Preis fällt. Was so Investitionen betrifft, da kann man die EU sowieso komplett vergessen.
Da E-Fuels so oder so gebraucht werden und es immer ein Vorteil ist wenn mehr produziert werden kann als verbraucht wird.

Gerd:

Wenn man sich in ein paar Jahren an die untergegangene FDP erinnert, wird man sich bei der Erinnerung an den E-Fuels-Schwachsinn lachend auf die Schenkel klopfen.

titan:

Nachhaltigkeit, heißt kleiner, leichter und langlebiger, da spielt dann der Preis, bei sinnvoller Nutzung, nicht die entscheidende Rolle. Kann man in der Luftfahrt ja sehr beobachten … aber hier geht es um den schnellen EURO

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