Wenn aus einer Männerfreundschaft eine Feindschaft wird, dann ist dieser Umstand nie besonders angenehm. Handelt es sich bei den beiden zudem um Alpha-Männlein, wird die Schlammschlacht besonders heftig. Die beiden Kontrahenten sind Donald Trump, 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und Elon Musk, Tech-Unternehmer sowie laut der Forbes-Liste der reichste Mann der Welt.
Der Konflikt entzündete sich aufgrund Musks Kritik an Trumps Steuer- und Haushaltsgesetz, das die Staatsverschuldung erhöhe, statt sie zu senken. Der Konter des Präsidenten ließ nicht lange auf sich warten. Musk sei nur sauer, weil der Steuervorteil für den Kauf seiner Elektroautos mit dem Gesetz wegfalle. Elon Musks Ego lässt eine solche Schlappe natürlich nicht zu. Seiner Meinung nach kann er es ohnehin am besten. Wie? Indem er eine eigene Partei gründet.
Die Konsequenz aus diesem Gefecht, das hauptsächlich auf sozialen Netzwerken ausgetragen wurde, kostete dem Tesla-Gründer viel Geld. Tesla war plötzlich nicht mehr cool. Enttäuschte Jünger des selbsternannten E-Mobilitäts-Messias klebten Sticker mit der Aufschrift „I bought this before Elon went crazy” auf ihre Autos. Auf Deutsch: „Ich habe das gekauft, bevor Elon verrückt wurde.“ Die Verkäufe brachen ein und die Teslas standen wie Blei bei den Händlern. Die Börse reagierte nervös. Am 5. Juni erlebte Musk seinen Schwarzen Donnerstag. Die Aktien des Elektroautobauers rauschten um mehr als 14 Prozent auf knapp 285 US-Dollar. Das entsprach einem Verlust von rund 153 Milliarden Dollar. Aus dem Branchen-Primus ist ein Sorgenkind geworden.
Die Kritik an Musk ist lauter geworden
Die Kritik ist mittlerweile noch lauter geworden. Elon Musk sollte sich nicht verzetteln. Es scheint, als hätte der Firmengründer das Interesse an Tesla verloren, um seinen Lebenstraum zu verwirklichen und mit einer Weltraummission seiner Firma SpaceX zum Mars zu fliegen. Für solche Luftschlösser haben die harten Geschäftsmänner in den USA natürlich nur wenig Verständnis.
Jed Dorsheimer, Aktienanalyst bei William Blair erklärte im TV-Sender CNBC seine Herabstufung der Tesla-Aktie: „Investoren wollen, dass sich ein CEO um seine Firma kümmert.“ Die Quittung gab es in den USA postwendend. Die Detroit Free Press berichtet, dass Tesla in den ersten sechs Monaten dieses Jahres etwa 255.000 E-Autos auf dem Heimatmarkt verkauft hat. Das entspricht einem Rückgang von 13 Prozent gegenüber 2024. Der Trend ist nicht Teslas Freund: Im zweiten Quartal brachten die Tesla-Händler etwa 125.000 Autos an den Mann, 16,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Konkurrenten wie General Motors hingegen legen bei der Elektromobilität zu.
Elon Musks politische Ambitionen in den USA sind nur ein Teil der Wahrheit. Die Tesla-Verkäufe bröckeln generell. In China ist Teslas Marktanteil bei den „New Energy Vehicles“ (NEV) im Juni 2025 laut der CnEVPost von fast 7 Prozent im Vorjahr auf gut 5,5 Prozent gesunken. Die absoluten Zahlen verdeutlichen den Negativtrend: Im Mai entschieden sich lediglich 38.588 Käufer für einen Tesla. Ein satter Rückgang um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Von Januar bis Mai gingen die Zulassungen um 7,8 Prozent zurück. Die Tatsache, dass das Model Y mit 24.770 verkauften Autos das meistverkaufte SUV in China war, ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Die Palette ist in die Jahre gekommen
Die Probleme liegen tiefer. Das mittlerweile etwas angestaubte Design der Autos aus Kalifornien lässt sich durch Facelifts noch vergleichsweise leicht beheben. Die Plattformen, auf denen die Autos basieren, sind bis zu 13 Jahre alt. Das Model S ist der Veteran und das Model Y mit fünf Jahren das Nesthäkchen. Allerdings betrachtet der Elektroautobauer aus Kalifornien ein Fahrzeug wie ein Smart Device und liefert ständig Software-Updates. Doch auch die IT-Experten können nicht zaubern. Gerade beim Infotainment und dem autonomen Fahrfunktionen laufen BYD, Xiaomi, Nio & Co. dem ehemaligen Branchenführer mittlerweile den Rang ab. Wenn man sich vergegenwärtigt, was BYD mit seinem God’s Eye abliefert, das wie Tesla ohne Lidar-Radarsensoren auskommt, weiß, wohin die Reise geht.
Ein Befreiungsschlag soll das Robotaxi werden, das in Austin, Texas startet und bald auch in der San Francisco Bay Area unterwegs sein wird. „Der Start von Tesla verlief zuletzt sehr holprig und machte auch mit Unfällen und Pannen von sich reden“, erklärt Stefan Hecht von der Unternehmensberatung Advyce & Company und ergänzt: „Das Projekt Robotaxi bei Tesla ist in gewisser Weise zum Erfolg verdammt, da Bewertung und Nimbus des Autobauers massiv mit dem Projekt verbunden sind. Hier von Konkurrenten in puncto Sicherheit und Fahrerlebnis abgehängt zu werden, ist für Musk hochproblematisch.“ Autonome Taxen sind in Deutschland noch kein Thema. Lediglich Mercedes hat ein zulassungsfähiges Level-3-System auf den Markt gebracht.
Bei Tesla herrscht Alarmstufe Rot
In puncto Ladeleistung überholt die europäische Konkurrenz mit den 800-Volt-Plattformen die Amerikaner. Teslas Supercharger-Ladenetz ist nach wie vor ein Argument für einen Tesla. Auch beim Verbrauch und der Effizienz sind die Amerikaner top. Doch bei Tesla herrscht mittlerweile Alarmstufe Rot. In Deutschland wurden Juni lediglich 1860 Modelle des amerikanischen Autobauers zugelassen – ein Minus von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Eine Momentaufnahme? Mitnichten. Im ersten Halbjahr 2025 gingen die Neuzulassungen um 58,2 Prozent auf 8890 Einheiten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück.
In Europa zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Laut dem Branchenverband ACEA hat Tesla in Europa im April lediglich 5475 Fahrzeuge verkauft – ein Rückgang von 52,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Auch im bisherigen Jahresverlauf sieht es düster aus. In den ersten vier Monaten des Jahres sank der Absatz um 46,1 Prozent auf insgesamt 41.677 Fahrzeuge. Elon Musk hat unlängst eingestanden, dass Europa ein Problemfall ist.
Die Addition dieser drei Kernregionen verheißt auch global nichts Gutes. Weltweit brach der Umsatz im ersten Quartal des Jahres um circa 13 Prozent ein, im zweiten um 13,5 Prozent. In absoluten Zahlen ergibt das 720.803 Auslieferungen im ersten Halbjahr 2025, mehr als 100.000 weniger als im Vorjahr mit 830.776 Einheiten. Für 2025 prognostizieren Experten etwa 1,65 Millionen verkaufte Autos, was einem Rückgang von etwa acht Prozent gegenüber dem Vorjahr entspräche. Angesichts der aktuellen Ergebnisse ist das immerhin ein minimaler Fortschritt.
Diese Zahlen kommen auch im Tesla Werk in Grünheide nahe Berlin an, wo das Model Y produziert und in mehr als 30 europäische und asiatische Länder exportiert wird. So ist man gegen die lokalen Abastzeinbrüche einigermaßen abgesichert. Aber nicht gänzlich. Im Rahmen des weltweit geplanten Stellenabbaus, von dem zehn Prozent der Belegschaft (rund 14.000 Mitarbeiter) betroffen sind, mussten auch in Grünheide 400 Beschäftigte gehen. Für rund 2500 Leiharbeiter ist das Abenteuer Tesla offenbar vorbei. Aktuell sind angeblich keine weiteren Entlassungen geplant. Die Produktion beläuft sich auf 5000 Einheiten pro Woche, also etwa 250.000 pro Jahr. Weit weg, von den ursprünglichen Zielen von einer Million Autos. Der Verkaufseinbruch stellt auch die Logistik vor eine Herausforderung. Der frühere Militärflugplatz Neuhardenberg wird mittlerweile als Lagerfläche genutzt und auch Erweiterungen der Fabrik sind erst einmal auf Eis gelegt.
„Prinzipiell benötigt jedes Automobilwerk eine spezifische Auslastung, um eine schwarze Null zu erreichen. Langfristig kann kein Hersteller hier darunter bleiben. Der aktuelle Tesla-Absatz in Europa könnte hier kritisch werden“, so Klaus Schmitz von der Beratung Arthur D. Little. Der Experte sieht jedoch keine Gefahr für einen unmittelbar bevorstehenden Kahlschlag bei der Belegschaft. „Tesla wird insgesamt sicher alles tun, um den Absatz in Europa zu stabilisieren und wieder zu steigern. Auch Modellwechsel können eine große temporäre Rolle spielen sowohl auf der Absatz- als auch auf der Produktionsseite. Tesla berichtet, die Produktion in Grünheide schon auf das überarbeitete Model Y umgestellt zu haben, absatzseitig wird dies gerade erst erste Auswirkungen haben.“