Opel-Chef Florian Huettl sieht die Elektromobilität weiterhin als zentralen Weg, aber nicht in der Geschwindigkeit, die Politik und Hersteller ursprünglich erwartet hatten. „Opel hat von allen deutschen Herstellern am frühesten und intensivsten auf die Elektromobilität gesetzt, aber das Ziel, bis 2028 nur noch rein elektrisch zu sein, wird nicht funktionieren“, erklärt Huettl im Gespräch mit Motorprofis.
Opel biete heute jedes Modell auch als Elektroversion an, doch der Hochlauf verlaufe in vielen Ländern deutlich langsamer als geplant. „Der Markt ist nicht auf dem Niveau, das wir uns alle vorgestellt haben, inklusive der Europäischen Union. Deshalb war es wichtig, zu korrigieren.“ Die Entscheidung, auf Multi-Energy-Plattformen zu setzen, bezeichnet Huettl als richtig: „So können wir den Kunden weiterhin anbieten, was sie wollen.“
Trotz dieser Kursanpassung bleibt das Ziel klar: „Unser Fokus liegt ganz klar auf der Elektromobilität als zentralem Weg in die emissionsfreie Zukunft.“ Einen wichtigen Schritt sieht der Opel-Chef im kommenden Corsa der nächsten Generation, der als Elektroauto für rund 25.000 Euro angeboten werden soll. „Um das zu schaffen, muss das Produkt von Anfang an auf die Elektromobilität optimiert werden“, so Huettl. Möglich mache das die neue Stellantis-Plattform STLA Small, bei der Batterie, Antrieb und Karosseriearchitektur konsequent auf Kosten- und Effizienzoptimierung ausgelegt seien. „Der Corsa Electric hat vor nicht allzu langer Zeit noch 35.000 Euro gekostet, heute sind wir bei 28.000 Euro – da hat sich schon einiges getan.“
Opel: Elektro-Kleinwagen aus Deutschland unter 25.000 Euro nicht zu schaffen
Produziert wird das Einstiegsmodell jedoch nicht in Deutschland. „Einen elektrischen Kleinwagen für 25.000 Euro in Deutschland zu bauen, schaffen wir nicht“, betont Huettl. Die hohen Arbeits- und Energiekosten, das Sozialsystem und überdurchschnittliche Krankenstände machten eine wirtschaftliche Produktion hierzulande unmöglich. Stattdessen sollen Kleinwagen wie der Corsa in Ländern wie Spanien oder der Slowakei entstehen. „In Deutschland bauen wir das C-Segment, wie den Grandland.“
Auch auf politischer Ebene fordert Huettl mehr Realismus. „Die Politik hat verstanden, wie wichtig die Industrie für Deutschland ist“, sagt er mit Blick auf den jüngsten Autogipfel. Doch die aktuellen EU-Flottengrenzwerte hält er für zu streng. „Im Nutzfahrzeugbereich brauchen Sie rund 20 Prozent Elektroanteil, der Markt liegt aber bei zehn. Da drohen massive Strafzahlungen, die wir uns als Industrie nicht leisten können.“ Der Opel-Chef plädiert für eine flexiblere Regulierung, ähnlich wie im Pkw-Segment, wo bereits eine Anpassung auf Drei-Jahres-Zeiträume erfolgt sei.
Das geplante Verbrenner-Aus ab 2035 sieht der Opel-Chef skeptisch. „Es ist nicht realistisch, dass die 15 Millionen Autos, die pro Jahr in Europa verkauft werden, bis 2035 nur noch elektrisch sind.“ Ladeinfrastruktur, Kaufkraft und Marktdurchdringung reichten vielerorts nicht aus. „Wenn wir gezwungen sind, nur noch Elektroautos zu verkaufen, dann können wir das heute. Aber dann verkaufen wir bei Opel keine 700.000 Autos mehr, sondern 200.000 oder 300.000. Die Industrie würde sich halbieren.“ Er fordert daher eine Flexibilisierung, um Transformation und Wettbewerbsfähigkeit zu vereinen.
Opel-CEO: Bleiben Elektrostrategie treu
Trotz der Herausforderungen bleibt Opel bei seiner Elektrostrategie. Am Beispiel des neuen Grandland erläutert Huettl die Fortschritte: „Die STLA-Medium-Plattform ist eine BEV-First-Plattform mit optimaler Abstimmung zwischen Batterie, Lade- und Antriebstechnik.“ Reichweiten von 520 bis fast 700 Kilometern und eine Allradversion mit über 300 PS sollen Kunden überzeugen. „Wir investieren in Technologie, damit Elektromobilität Spaß macht.“ Auch Aufklärung spiele eine große Rolle: „Viele Kunden müssen anfangs verstehen, wie Laden funktioniert. Aber wer einmal elektrisch fährt, bleibt dabei – die Rückgabequote liegt bei 0,24 Prozent.“
Zur oft kritisierten Preisdifferenz zwischen Verbrennern und E-Autos sagt Huettl: „Das ist verständlich. Aber langfristig rechnet sich das. Wer zu Hause für 20 Cent pro Kilowattstunde lädt, fährt 100 Kilometer für 3,60 Euro.“ Hinzu kämen geringere Wartungs- und Betriebskosten. Auch sportliche Modelle haben bei Opel weiter Platz. „Ich halte den GSE-Weg für vielversprechend“, so der Opel-Chef. Elektromobilität ermögliche ein anderes, modernes Fahrgefühl. „Eine gewisse Leistung wird erwartet, und das liefern wir – etwa mit dem Grandland mit 325 PS.“
Auf die Konkurrenz aus China reagiert Huettl pragmatisch. „Einige chinesische Hersteller sind uns in Bereichen wie Batterietechnologie voraus. Aber das ist für uns Ansporn. Die Kunden kaufen nicht nur nach Preis, sondern vertrauen Marken, die sie kennen.“ Opel profitiere hier von jahrzehntelanger Glaubwürdigkeit: „Eine Marke wie Opel hat einen Wert, den Kunden schätzen.“
Zum Abschluss fordert Huettl eine europäische Initiative für leistbare Mobilität. Strenge Regulierungen hätten Kleinwagen praktisch vom Markt verdrängt. „Ich bezweifle, dass viele unserer 200.000 Corsa-Kunden sagen: Ohne Pupillenüberwachung möchte ich mein Auto nicht mehr fahren.“ Systeme wie Spurhalteassistent oder Müdigkeitsüberwachung sollten optional bleiben, nicht verpflichtend. „Wir brauchen eine Fahrzeugkategorie für urbane Kleinwagen bis vier Meter, um Mobilität bezahlbar zu halten.“ Denn die Folgen betreffen auch den Klimaschutz: „Der europäische Fahrzeugbestand wird immer älter – im Schnitt zwölf Jahre. Ein solches Auto stößt 70 Gramm mehr CO₂ aus. Den Fuhrpark mit modernen, bezahlbaren Autos zu erneuern, wäre ein großer Schritt Richtung Dekarbonisierung.“
Quelle: Motorprofis.at – Opel-Chef Florian Huettl im Interview: „Elektromobilität ist eine Einbahnstraße“







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